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Einige Fragen der Überlegenheit des sozialistischen Lagers gegenüber dem kapitalistischem System auf militär-ökonomischem Gebiet (2. Teil) A.us einem Vortrag, gehalten vor der Studienschaft der Hl'M im September 1958 von Oberleutnant Luge. Welche Schwächen zeigt das NATO-Hinterland, wenn die Standortverteilung der Industrie näher untersucht wird? Die Rüstungszentren der NATO in Westeuropa konzen trieren sich auf die am dichtesten besiedelten Gebiete. Sie sind im Gegensatz zu denen der sozialistischen Län der vollständig aufgeklärt. Die NATO-Flugplätze liegen in der Nähe großer Städte. Ihre Geheimhaltung und Tarnung ist kaum gewährleistet. Alle wichtigen Eisen bahn- und Autobahnlinien führen durch große Städte bzw. dicht daneben vorbei. Das alles besagt, daß die westeuropäischen Länder überdurchschnittlich empfind lich gegen Kernwaffenschläge sind. NATO-Militärs gaben in Informationen bekannt, daß, wenn England hunderprozentig gegen Atomschläge empfindlich ist, die USA mit 78 Prozent und Westdeutschland mit 74 Prozent Empfindlichkeit rechnen müssen. Verglichen mit Eng land habe die Sowjetunion nur eine Atomempfindlich keit von 25 bis 27 Prozent. Auch aus den USA sind zahlreiche Informationen vor handen, die ernsthaft vor den Auswirkungen eines Atomschlages auf die amerikanischen Industriegebiete warnen. Eine Gruppe hoher USA-Offiziere stellte fest, daß, wenn bei Kriegsausbruch die USA mit 5 Wasser stoffbomben getroffen würde, sie außerstande wäre, als Lieferant von Kriegsmaterial an ihre Verbündeten auf zutreten. Diese wenigen Beispiele kennzeichnen zur Genüge den Empfindlichkeitsgrad der amerikanischen Rüstungsindustrie gegen atomare Schläge. Über die Standortverteilung der Industrie wurde bereits einiges gesagt. Die westliche Militärliteratur beschäftigt sich schon seit geraumer Zeit mit dieser Frage und kommt übereinstimmend zu der Schlußfolgerung: Neben der günstigen Standortverteilung der Industrie ist die Raumtiefe der Sowjetunion ein bedeutender strate- gischer Überlegenheitsfaktor. Trotz des vorgeschobenen Stützpunktsystems der amerikanischen „Strategischen Luftwaffe“ müßten diese Flugzeuge mehrere tausend Kilometer zurücklegen, um die Industriegebiete in Zentralasien und Sibirien anzufliegen. Aus all dem ergibt sich, was die luftstrategische Lage der Sowjet union gegenüber der NATO und den USA betrifft, folgender Gedankengang: 1. Die Raumtiefe der Sowjetunion besitzt außerordent liche Bedeutung für eine erfolgreiche Luftverteidi gung. Jeder Kilometer, den die angreifenden USA- Maschinen über sowjetischen Territorium zurück legen müßten, steigert die Verluste des Angreifers. 2. In der Luftkriegsführung gilt immer noch das Prin zip der Sicherheit einer gewissen Anzahl von Flug zeugen. Bei Tagangriffen wäre ein Jagdschutz un erläßlich, was aber an der mangelnden Aktionsfähig keit auch moderner Jagdflugzeuge scheitert. 3. Die vorgeschobenen amerikanischen Stützpunkte liegen im Zerstörungsbereich der sowjetischen Luft waffe und Raketenwaffen, was die Aussichten einer anhaltenden Luftoffensive der USA vermindert. Im Gegensatz zum kapitalistischen Lager besitzt das sozialistische ein einheitliches und geschlossenes Terri torium. Unser Lager besitzt den Vorteil der inneren Linie. Jede beliebige Kräftekonzentration des Gegners ist genau zu erkennen und damit auch die Möglichkeit gegeben, diese im Ernstfall massiert zu zerschlagen. Die gewaltigen Ausmaße des sozialistischen Territoriums gestatten es nicht, eine lückenlose Einkreisung durch die USA und ihre Partnerstaaten zu organisieren. Die geographische Lage, in der sich die NATO-Staaten befinden, trennt die Front vom Hinterland und ver hindert den Aufbau einer zusammenhängenden Front in Europa. Das führt zu einer Zersplitterung der mili tärischen Kräfte. Das Transport- und Versorgungssystem ist eine der verwundbarsten Stellen der NATO. Amerika ist durch den Atlantischen Ozean 6000 Kilometer von Westeuropa getrennt. Die USA bilden aber das ökonomische Hinter land der NATO, da im NATO-Hauptquartier die Ansicht besteht, daß die Versorgungszentren Westeuropas im Kriegsfälle im wesentlichen ausfielen. In Friedenszeiten sind etwa 2500 Handelsschiffe erforderlich, um Ver sorgungsgüter zwischen den USA und den NATO- Staaten Westeuropas zu transportieren. Diese Handels tonnage reicht im Kriegsfälle nicht aus. Der Schiffs transport über den Atlantik würde im Kriegsfälle auf eine schlagkräftige Unterseeflotte der Sowjetunion stoßen, die außerdem auf Unterstützung starker Luft streitkräfte rechnen kann. Die europäische Wehrkorrespondenz schrieb: Angesichts der sowjetischen U-Boot-Waffe, die nicht nur zahlenmäßig die einstige deutsche U-Boot-Waffe weit übertrifft, sondern durch moderne Bootstypen auch die Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen erheblich herab gesetzt hat, wird die unbedingt erforderliche Offen haltung der Seewege nicht nur zu einem entscheidenden, sondern auch zu einem sehr schwer zu lösenden Problem der westlichen Verteidigung machen. Berechnungen sagen aus, daß eine 3- bis 4monatige Blockade Westeuropas genügen würde, um das Ver sorgungssystem der NATO zusammenbrechen zu lassen. Diese unvorteilhafte militärische Lage soll nach An sichten Heusingers mit Atomwaffen ausgeglichen wer den. Aber diese Bewaffnung kann die Gefahr eines Atomkrieges nur verschärfen und gefährdet im höchsten Maße die Bevölkerung der westeuropäischen Staaten. Dieser kleine Einblick in die militärische Stärke des sozialistischen Lagers soll vorerst genügen, um allen L.esern einen Einblick in das militär-ökonomische Potential des sozialistischen Lagers und der NATO- Mächte zu geben. Die kühnen ökonomischen Pläne zum Aufbau der sozialistischen Gesellschaftsordnung und der Verwirk lichung der ersten Etappe zum Sieg des Kommunismus in der Sowjetunion werden die Kampfkraft und Moral der sozialistischen Armeen noch weiter festigen, wäh rend die Zerfallserscheinungen des kapitalistischen Systems nicht ohne Auswirkungen auf die NATO- Armeen bleiben werden. Die Deutsche Demokratische Republik bildet einen untrennbaren Bestandteil des sozialistischen Welt systems und besitzt heute eine eigene schlagfeste moderne Arbeiter-und-Bauern-Armee. Ein Drittel Deutschlands ist dem imperialistischen Ein fluß entzogen. Die unmittelbare Grenze, die die NATO von den Warschauer Signatarstaaten trennt, bildet die Westgrenze unserer Republik, der CSR und Polen. Das erhöht die Verantwortung unseres Staates bei der Sicherung des Friedens in Deutschland und Europa. Die Beschlüsse des V. Parteitages der SED vom Juli 1958 weisen den Weg, die aggressiven Kräfte in West deutschland zu bändigen und schaffen die Voraus setzungen, die deutsche. Frage mit friedlichen Mitteln zu lösen. Dieser Kampf kann nur mit dem Sieg der fortschritt lichen Kräfte unter Führung der Arbeiterklasse enden, wobei die politische und ökonomische Stärke der Deut schen Demokratischen Republik von entscheidender Bedeutung sind. Jeder Aggressor soll begreifen, daß er die Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik nicht einen Fuß breit übertreten darf, ohne auf die entschlossenen Gegenschläge der vereinigten Streitkräfte des War schauer Vertrages zu stoßen. Für jeden jungen Menschen muß es zur Ehrenpflicht werden, seinen militärischen Beitrag dadurch zu leisten, daß er freiwillig in die Nationale Volksarmee eintritt, um an der Seite mit den anderen sozialistischen Bruderarmeen den Frieden zu sichern.