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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 7.1963
- Erscheinungsdatum
- 1963
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196300009
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19630000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19630000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 7.1963
-
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- Ausgabe Nr. 2, 10. Januar 1
- Ausgabe Nr. 3, 17. Januar 1
- Ausgabe Nr. 4, 24. Januar 1
- Ausgabe Nr. 5, 31. Januar 1
- Ausgabe Nr. 6, 7. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 14. Februar 1
- Ausgabe Nr. 8, 21. Februar 1
- Ausgabe Nr. 9, 28. Februar 1
- Ausgabe Nr. 10, 7. März 1
- Ausgabe Nr. 11, 14. März 1
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- Ausgabe Nr. 13, 28. März 1
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- Ausgabe Nr. 21, 24. Mai 1
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- Ausgabe Nr. 25, 20. Juni 1
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- Ausgabe Nr. 31/32, 15. August 1
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- Ausgabe Nr. 41, 10. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 42, 17. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 43, 24. Oktober 1
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- Ausgabe Nr. 46, 14. November 1
- Ausgabe Nr. 47, 21. November 1
- Ausgabe Nr. 48, 28. November 1
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Band
Band 7.1963
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- Universitätszeitung
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Parfisanengräber I I I I I 1957 I I So leb ich denn bei der Station Sim; steh auf vorm Frühlicht - Spaß macht derlei Ding. Im Lastwagen aufs Kornfeld und von da noch weiter, bis ich wo hinunterspring, betracht das sommerliche Blühen rings und staun: Wie schwarz die Erde der Taiga! Im Grase fault so manche Preiseibeer, die Hagebutten glühen um so mehr mit rötlichen Flauschhaaren in den Beeren. Rings spricht, scheints, alles: „Du mußt klüger werden, nur klügle du dabei nicht allzusehr!" Durch fade Eitelkeit nicht mehr geplackt, auf Zucht und Ruh im Innersten gerichtet, von heilig Hohem willentlich gepackt, tret ich hinaus auf eine stille Lichtung: Zum Denkstein mit dem Stern, der fünfgezackt. Von Himbeersträuchern, Birken sanft umgeben, Für B. Morgunow liegt ihr im Schlaf, ihr Partisanengräber. Es ist euch Gräbern Sonderbares eigen: Mußt dich vor ihnen ob der Bürde neigen, schwer ists ums Herz dir und auf einmal leicht, weil tief wie nie dein Bück ins Weite reicht. Ich les die Namen „Pjotr Belomestnich, Klewzowa Nastja, - Kusmitschow Maxim" und „Sie fanden", feierlich gemeißelt les ichs, „den Heldentod im Kampf für den Marxismus." Und meine Seele - bei der Inschrift blieb sie: Vor langem, neunzehnhundertneunzehn, schrieb die ein wortkundger Naiver emsig hin und sah darin des Lebens wahren Sinn. Sie hatten sicherlich Marx nicht gelesen und glaubten wohl gar an ein höchstes Wesen, doch trieben sie die Bourgeoisie zu Paaren, und es kam so, daß sie Marxisten waren ... Gefalln fürs Neue, Junge, das wir heut sehn, ruhn sie, Sibiriens bäurisch-echte Herrn, mit Kreuzen auf der Brust, nicht unter Kreuzen, nein, unterm proletarisch-roten Stern. Ich steh im Gras mit Halbschuhen voll Taus. Fühl älter mich nach dieser Stund, gestrafft. Hab zwar Marxismus-Prüfungen geschafft, doch d i e Marxismus-Prüfung steht noch aus... Lebt wohl, ihr Gräber, bleibet treu gehegt! Habt mir geholfen, wie nur ihrs vermögt. Lebt wohl! Muß weiter: mir tun Müh und Plage gut. Die Welt braucht mich, braucht meinen Kampf und Wagemut. Welt, deren Pracht Naturgewalten lenken und Menschen, der Unsterblichkeit geweiht, Welt, wo Lebendige an Tote denken und Tote den Lebendgen stehn zur Seit. WER IST NUN EIGENTLICH JEWTUSCHENKO? Jewgeni Jewtuschenko: Mit mir ist fol gendes geschehen... Gedichte in Russisch und Deutsch. Aus gewählt, eingeleitet und aus dem Rus sischen übertragen von Franz Leschnit- zer. Verlag Volk und Welt Berlin 1962, 168 Seiten, 7,20 DM. Dieses Buch selbst brauchen wir nicht mehr zu propagieren: Es war schon ver- Eriffen, als es noch gar nicht erschienen War. Die Buchhandlungen bekamen nur Venige Exemplare und hatten doch viele Vorbestellungen, „Neuauflage ist nicht zu erwarten ..." Es kann uns nur um Jewtuschenko selbst gehen, um seine Dichtung, die Ursachen seiner Popularität. Auf den ersten Blick ist alles wie gewöhnlich: Gedichte mit revolu- tjonärem Pathos, bei dem man an Maja- kowski erinnert wird, daneben Gedichte Über Alltagserlebnisse, einiges über die Hiebe. Doch das ist der erste Eindruck. Dann verwundert das enge Beieinander der sinzelnen Themen, die vielfache Verflech- tung. Das Bild der rötlich glühenden Hage- butte ist die notwendige Voraussetzung für die Worte über den Stein mit dem roten Stern, der zum Gedanken an gefallene Par- tisanen mahnt. Die Heldengcäber sind von Weißen Birken umgeben. Die einfache Schönheit eines Apfels ist für Jewtuschenko bedeutsam — aus den Kernen können Säume werden. Die Erinnerung an die Lei ben der Älteren und an die eigenen Leiden der Kindheit, die vom Krieg aufgezehrt Worden war, begründet nicht die Pflicht zu Epigonentum, sondern das Recht auf das neue Lebensgefühl der Jugend. Man spürt Plötzlich, daß seine Gedichtbände nicht des- halb politische Gedichte und Liebeslyrik Und wieder politische Gedichte in so bunter Folge bringen, weil das vom althergebrach ten Schema schlechthin abweicht, sondern Weil Einheitliches eben nicht in einzelne Themen getrennt werden darf. Das gehört alles zusammen und macht erst zusammen jenes starke Gefühl von der Schönheit un serer Welt aus. •Jewtuschenko ist gerade in den kämpfe rischen Gedichten ohne jede Pose und da durch wesentlich stärker als viele seiner Vorgänger — er schreibt gegen die Pose, Segen Phrasendichtung. Die philosophische Tiefe vieler Gedanken basiert auf dem Einfachsten. Es sind oft alltägliche Gedan- ken, die dichterisch bedeutsam werden. Es sind Gedanken aus allen Erlebnisbereichen. Gedanken eines Me-schen. der vieles durch- lebt und durch fühlt. Es sind Gedanken un serer Zeit, wie ja eben Jewtuschenko ein Kind unserer Zeit ist. Er ist ein Kind des XX. Parteitages, jener Epoche, die die Frage nach den realen Ergebnissen stellt, die den Menschen nicht nach seinen Dekla rationen mißt, sondern tiefer schaut und alles Hohe und Unproduktive beiseite wirft ’ Wie man darnus einen antisowjetische Dichter konetrvieren kann, bleibt das Ge heimnis der westlichen Skandalpresse. Übrigens: an jenem Jewtuschenko- Abend, an dem uns von der Studenten bühne in gelungener Auswahl und fast durchweg sehr gutem Vortrag- einiges aus dem Büchlein geboten wurde, gab es auch Zuhörer, die von den Gedichten kämpferi sehen Inhalts wie „Groß sein!“ enttäuscht Waren. Ob das wohl am Dichter lag oder am Charakter der „Enttäuschten“? Und doch sieht Jewtuschenko uns. unsere V Generation etwas einseitig. Es gibt bei ihm Gedichte, auch aus den letzten Jahren, die davon zeugen, daß seine Verbindung zu den (Menschen unserer Zeit nicht sehr fest ist. Die Verkündung des Rechts auf Stöckelschuhe und moderne Rhythmen ist eine gute Sache — doch erleben wir nicht noch mehr? Fehlt da nicht eine ganze Sphäre, die Sphäre unseres Schaffens, die Sphäre, in der wir erst einmal unsere Kraft beweisen wollen, ehe wir bereit sind, uns resignierend pensionieren zu lassen. So alt sind wir wohl noch nicht, daß wir wie Großväter auf die vordringende Jugend schauen müssen, die uns angeblich beiseite schiebt. Diese Stimmungen klingen auch in dem Gedicht „Neid“ an, obwohl sie hier nicht Hauptproblem sind. Die Verbindung zu den sibirischen Holz fällern scheint zeitweilig abgerissen zu jein, es tauchen Themen auf, die auf ein un fruchtbares Milieu hindeuten. Die Verbin dung muß erst wiederhergestellt werden, sonst würde sich auch das echte Pathos Jewtuschenkos aushöhlen. Es ist Heines alte Geschichte von dem Riesen Antäus, der nur stark ist, wenn er die Mutter Erde be rührt, der seine Kraft verliert, sobald er in die Lüfte emporgehoben wird. Und vorläu fig sollten wir mit Epitheta wie „genial“ und „genialst" in bezug auf den talentier ten Dichter Jewtuschenko noch sparsam umgehen. Ter Nachdichter hat es sich sehr schwer V gemacht. Er stellt sich dem Publikum und druckt die russischen Gedichte neben die Übertragungen. Er hält der Prüfung stand und erweist sich wieder als einer der besten deutschen Interpreten sowjetischer Lyrik. Einiges ist allerdings zu intellektua- lisiert, so daß sich gegenüber dem Original plötzlich ein anderer Adressat ergibt. La teinische und französische Ausdrücke wer den eingefügt, Wendungen wie „scheint Dorf Jessenino ins Grün gehockt“ (S. 73), ..Spaß macht derlei Ding“ (97), „daß kein Schamgefühl mich striemt“ (87) tauchen auf, die die klare, einfache russische Sprache Jewtuschenkos nicht wiedergeben, eine Sprache, deren Energie uns noch viel von dem Dichter erhoffen läßt. Mitunter auch klingt der Berufsjargon der alten Überset zerschule an: „wenn dein eigen Auge bricht“ (163), „in weher Wonne, sel’ger Qual“ (87), „ein schmerzübermannter Blick“ (93) u. a. Doch sind solche Fälle erfreulich selten, und meist bleibt Leschnitzer ent weder dicht am Original, oder er versetzt sich in die Situation des Dichters und ge staltet daraus eigene, der Idee des Werkes gerechte Bilder. Über Auswahlprinzipien läßt sich wirk lich trefflich streiten. Wir hätten uns das Liebesthema etwas reicher gewünscht, vor allem Gedichte aus dem doch aktuellen Zyklus des Kampfes gegen die kleinbür gerlichen Züge im Leben junger Menschen. Gedichte über di Freude an der Schönheit der einfachen Dinge, die Jewtuschenko meisterhaft zum Ausdruck bringt. Franz Leschnitzer hat leider eine Reihe seiner gu ten Übertragungen früherer Jahre ausge lassen. Wir möchten ganz einfach mehr ha ben. als uns geboten wird. Aber warum sollten unsere Studenten nicht selbst zur Feder greifen und übersetzen? * M an muß noch einmal auf die niedrige ^Auflage zu sprechen kommen. Haben wir es nötig, künstlich eine Sensation zu schaffen, indem wir die Exemplare dieses Buches rationieren? Ist Lyrik unpopulär oder nicht? Offensichtlich hängt das von der Lyrik ab. Warum aber schränkt man plötzlich die Wirkung der Lyrik ein? Die Aufgeschlossenheit gegenüber diesem Dich ter sollte zu einer breiten Propagierung auch anderer Dichter führen. Sind etwa Lugowskoi, Martynow oder Sluzki schlech ter oder weniger interessant? Daß Twar dowskis „Fernste Femen“ noch nicht in einer gültigen Nachdichtung vorliegen, spricht nicht für unsere Verlage. Ist über haupt bekannt, daß Jewtuschenko schon längst nicht mehr der jüngste sowjetische Dichter ist trotz seiner erst 29 Jahre? Da gibt es Namen und Leistungen, die bei uns noch völlig unbekannt sind: Firsow, Blynski, Wassiljew, Achmadulina... Wol len wir da auch erst warten, bis von diesen jungen Dichtern in der Sowjetunion je neun Gedichtbände erschienen sind, ehe wir sie * bei uns bekanntmachen? Wenn aber jetzt so eine Verwunderung spürbar ist über echte Dichtung, von der man nichts wußte, so hängt das wohl auch damit zusammen, daß wir Slawisten uns nicht so recht verantwortlich fühlen für die Propagierung der neuesten Sowjetliteratur, obwohl über diese Aufgabe am Slawischen Institut schon lange Jahre viel geschwätzt wird. Dies Thema, scheint’s gehört auch zur Diskussion über den Nutzen der Gesell schaftswissenschaften. Dr. Roland Opitz * Anmerkung der Redaktion: Wir erkundigten uns beim Verlag Volk und Welt betreffs der niedrigen Auflage und er fuhren: Die Auflage war bereits wesentlich höher als es sonst bei Lyrik-Bänden üblich ist, dennoch war die Nachfrage bedeutend höler als erwartet. Inzwischen ist auch eine zweite Auflage erschienen. Als wir in der „Leipziger Volkszeitung“ Anfang Januar mehrere vorbereitende Ar tikel über eine vorgesehene Lyrikerlesung vorfanden, waren wir auf diesen Abend sehr gespannt. Der Erfolg sprach für sich, und wir begrüßen diese Methode, die neue sten Werke unserer Lyriker auf diese Art einem möglichst großen Kreis unserer Be völkerung bekannt zu machen. Zugleich müssen wir Studenten bedauerlicherweise feststellen, daß gerade von den Germani sten Studenten kaum und Wissenschaftler überhaupt nicht anwesend waren. Wir be rufen uns auf den Artikel vom Genossen Dr. Klaus Schuhmann in der UZ vom 10. 1. 1963 „Versäumnisse und Aufgaben unserer Germanisten“ und meinen, daß der Lyrikerabend in zweierlei Hinsicht für die Wissenschaftler des Instituts für Deutsche Literaturgeschichte, aber auch für die Stu denten der Germanistik wertvoll gewesen wäre: Genosse Dr. Schuhmann sieht einen Mangel für das Zurückbleiben der Ger manisten in der „politischen und ästheti schen Unsicherheit bei der Bewertung von Büchern junger sozialistischer Autoren und der Unterschätzung der politisch-erzieheri schen Potenzen unserer sozialistischen Literatur“. Dieser Abend hätte den Ger manisten für die Beurteilung von Werken lunger sozialistischer Lyriker sehr viel ge ben können. Zum anderen hat Genosse Dr. Schuh mann eine Reihe von Fakten genannt, die besonders bei der Beurteilung von Werken junger, noch unerfahrener Schriftsteller herangezogen werden sollten — er setzte sozusagen Maßstäbe. Wieviel hätten die Germanisten den anwesenden jungen Lyri- Groß sein! Für E. Neiswestni Vom Arzt, und von dem, der mir ’n Mantel näht, vom Lastträger: durch die Bank verlang ich die anständigste Qualität — das wäre zuviel verlangt?! Es darf nichts geben, was durchschnittlich ist- . vom Gummischuh bis zum Stuck. Was durchschnittlich ist, auch unsittlich ist, so unsittlich wie der Betrug. Daß und wie sehr du glorios bist— du befiehl dirs allein. Schmach über den, der nicht groß ist. Jeder hat es zu sein! 1958 Bin sibirischen Stammes Aß mit Lauch nur mein Brot. Zog mit Kraft eines Mannes schon als Junge ein Boot: Eines Fährmanns Genosse, fuhr ich lang die Oka. Wie zerbrannte die Trosse jeden Finger mir da! Muskelkräftig geraten, hab’ ich Nieten geschweißt, tief gestoßen den Spaten, wo und wie es Geheiß. Und man hat nicht geschrien, keinen Unsinn geklönt, hat ein Beil mir geliehen, mich an Arbeit gewöhnt. Und wenn’s doch einen Hieb gab weil ich’s Holz schlecht zerkleint, dann bloß, weil man mich lieb hatt’ und es gut mit mir meint’. kern helfen können. — Vielleicht! Gerade dieser -Abend gab einen guten Einblick in die Probleme der Gegenwartsdichtung. Eine Zusammenfassung der Aussprache nach der Lesung gab Klaus Kopeke in seinem in der LVZ am 12. 1. 1963 erschie nenen Artikel „Zum Kampf sind wir gebo ren“. Wir möchten hier besonders das Pro blem der sogenannten Lyrik des Unbeha gens zur Diskussion stellen. Klaus Höpcke hat recht, wenn er sagt, daß man Unbeha gen nicht mit einer schöpferischen Unruhe gleichsetzen kann, wie man das nach der Aussprache bei einigen Dichtern annehmen muß. Unter Unruhe verstehen sie eine ein seitige Darstellung von Schwierigkeiten beim Aufbau des Sozialismus und glauben, daß diese auf eine Reihe von Fehlern der Partei und Regierung zurückzuführen seien, so wie das Peter Hacks in seinem Stück „Die Sorgen und die Macht“ gestal tet hat. Drückt sich hier nicht ein Unbeha gen, das heißt eine Unzufriedenheit über unser Leben aus? Symptomatisch für diese Richtung scheint uns das Gedicht von Hel mut Richter zu sein, das mit den Wor ten endet: „Vielleicht sind wir alle zu früh geboren“. Erfaßt nicht Werner Bräunig die Schönheit und den wahren Inhalt unserer Zeit viel besser, wenn er in dem Gedicht Brief an meine Gefährtin“ schreibt: und um glücklich zu sein, muß man klar sehen wollen und gehn in der Reihe der Unruhvollen und unermüdlich kämpfen.“ Unter wirklicher, echter Unruhe in unse rer Zeit verstehen wir den ständigen Kampf der Jugend und überhaupt alle: Menschen der Deutschen Demokratischen Hab, wie nie vorher, wacker schweißgebadet geplackt, hab mich windschief gerackert mit der Hacke, der Axt. Drum: Vor Schwermutergüssen bleib’ ich kühl bis ins Mark. Meine Hände, zwar rissig, sind wie Schraubstöcke stark. Es gibt nichts, was ich nicht wag’. Selbst den Feind lächl ich an, weil ich’s nun mal vermag; weil ich’s nun einmal kann ... 1956 Manuel und die Sterne Manuel ist der Hoteljungs einer, der das Schwärmen und das Streiten liebt; und Havannas Himmel, diesen reinen, hat sein scharfes Auge längst zersiebt. Strahlt rings Neonlicht in Höh und Tiefe, greift er feurig mit der Bürste zu: putzt blitzblank des Miliciano Stiefel, putzt auch der Französin Stöckelschuh. Nun, und trotzdem schaut er aufgzum Himmel; läßt nichts unbemerkt vorüberziehn; und dafür, allwissend, gar nicht grimmig, schaut der Himmel seinerseits auf ihn. Was hat diesem Bürschchen anbefohlen, spät, wie’s nur dem Liebenden sich lohnt, mit dem Blick dich, Venus, herzuholen oder dich, du lilafarbner Mond? Des Hotels vormaliger Besitzer, wie man sagt, ein Weiblein, recht bejahrt, litaneit, vor Feindseligkeit schwitzend, alles sei jetzt schlechter, als es war; brummt und brabbelt, Seife geb es selten und zuwenig Fett, zuwenig Fleisch ... Nun, für Manuel zuwenig Welten - unbedingt braucht er das Sternenreich! Sonderbar der Menschen Wesenskerne. Sage, was du magst - ich habe recht: Ewig denkt der eine an die Sterne, und der andre findet alles schlecht. Manuel wünscht als Pilot zu fliegen. Warm wird ihm ums Herz, es pocht und schwillt wie vom Ruf zu niegesehnen Flügen von des ersten Kosmenauten Bild. „Er kommt her!" Das flüstern wetterharte Lippen schon seit Wochen schnell und hell. Ihn, Gagarin, Juri, ihn erwartet hier auf Kuba grad auch Manuel. Ja, der wird Pilot, und einmal ist er’sl Geht das Leben weiter so draufzu, putzen eines Tages Kapitalisten, die sonst arbeitslos sind, ihm die Schuh! Durch die Straße, die schon mitternächtig, geht er mit dem Schritt des reifen Manns. An ihn denkt, heut hierzu mit ermächtigt, allzeit die Regierung seines Lands. Wie er sich den Sternen anverwandt fühlt! Saugt mit ganzer Brust den Himmel ein, während die Musik am Straßenrand spielt irgend etwas eigens ihm allein. Und derweil sie ihre wunderbaren Hände lind ihm auf die Schultern legt, geht Havannas künftiger Gagarin, heut ein Stiefelputzer, seinen Weg. Havanna, 13. Juli 1961 Republik für die großen Aufgaben, die uns gerade jetzt der VI. Parteitag stellt, den Drang, sich mit dem Leben auseinanderzu setzen und es schön und sinnvoll zu gestal ten und auch, wenn es sein muß, eine par teiliche Kritik an offensichtlichen Fehlern und Mängeln. Ein zweites Problem in der Aussprache war die Frage der Parteilichkeit in der Literatur. Wir erklären uns nicht einver standen mit der Meinung des Genossen Hasso Grabner, der während der Diskus sion die Ansicht vertrat, daß man bei uns nicht immer die Wahrheit sagen konnte und damit die Auffassungen des dort auf tretenden freischaffenden Schriftstellers Berhard Kräder unterstützte. Wir Studenten habe die Erfahrung ge macht, daß gerade das offene Vertreten der Wahrheit unser Studium erfolgreich macht. Deshalb unterstützen wir auch die Ansich ten von Hans-Jürgen Schmidt, Schauspieler am Theater der jungen Welt, und einiger anderer Diskussionsteilnehmer, sie alle hätten nicht nur die Wahrheit zu sagen „gedurft“, sondern sie wären von der Par tei immer wieder aufgefordert und an gehalten worden, sie zu sagen und zu ver breiten. Das ist unsere Meinung zu einigen Pro blemen, die während der Diskussion um die Gegenwartslyrik aufgetreten sind. Uns würde interessieren, welche Anregungen, aber auch Probleme andere Studenten un serer Universität aus dieser Lyriklesung mitgenommen haben. Hildegard Hantzsch, Renate Krause, Rudolf Cöhl, Germ./Hist. HI/1 Universitätszeitung, Nr. 6, 7. 2. 1963, S. 5 Geimanisten hätten den Lyrikern helfen müssen
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