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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 7.1963
- Erscheinungsdatum
- 1963
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196300009
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19630000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19630000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 7.1963
-
- Ausgabe Nr. 1, 3. Januar 1
- Ausgabe Nr. 2, 10. Januar 1
- Ausgabe Nr. 3, 17. Januar 1
- Ausgabe Nr. 4, 24. Januar 1
- Ausgabe Nr. 5, 31. Januar 1
- Ausgabe Nr. 6, 7. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 14. Februar 1
- Ausgabe Nr. 8, 21. Februar 1
- Ausgabe Nr. 9, 28. Februar 1
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- Ausgabe Nr. 11, 14. März 1
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- Ausgabe Nr. 13, 28. März 1
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- Ausgabe Nr. 15, 11. April 1
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- Ausgabe Nr. 19, 9. Mai 1
- Ausgabe Nr. 20, 16. Mai 1
- Ausgabe Nr. 21, 24. Mai 1
- Ausgabe Nr. 22, 30. Mai 1
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- Ausgabe Nr. 24, 13. Juni 1
- Ausgabe Nr. 25, 20. Juni 1
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- Ausgabe Nr. 28, 11. Juli 1
- Ausgabe Nr. 29, 19. Juli 1
- Ausgabe Nr. 30, 1. August 1
- Ausgabe Nr. 31/32, 15. August 1
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- Ausgabe Nr. 35/36, 12. September 1
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- Ausgabe Nr. 38/39, 26. September 1
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- Ausgabe Nr. 41, 10. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 42, 17. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 43, 24. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 44, 31. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 45, 7. November 1
- Ausgabe Nr. 46, 14. November 1
- Ausgabe Nr. 47, 21. November 1
- Ausgabe Nr. 48, 28. November 1
- Ausgabe Nr. 49/50, 5. Dezember 1
- Ausgabe Nr. 51/52, 12. Dezember 1
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Band
Band 7.1963
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(Fortsetzung von Seite 1) und zwar die Erforschung und Lehre der Geschichte des sozialistischen Weltsystems, so gibt uns insbesondere die Rede des Ge nossen Chruschtschow überaus wichtige Hinweise. Das betrifft vor allem den Kampf gegen den internationalen Imperialismus, insbesondere gegen den westdeutschen Mi litarismus und Revanchismus, gegen die westdeutsche Ostforschung. Genosse Chru schtschow gibt uns wichtige methodolo gische Hinweise, wie wir in Zukunft diesen Kampf zu führen haben. Gleichzeitig zeigt er uns, welche Rolle ge rade unserem Institut im Zusammenhang mit der Abweichung der albanischen Füh rer vom Marxismus-Leninismus zufallt. Wir haben die neueste Geschichte Alba niens so darzustellen, daß die Forderung Chruschtschows erfüllt wird, die Zeit für uns arbeiten zu lassen, damit erkannt wird, Wer recht hat und wer sich irrt. Das Allerwichtigste, das die Rede uns gibt, ist Chruschtschows Hinweis, daß das sozialistische Lager durch seine ökonomi schen Erfolge, durch seine wirtschaftliche Überlegenheit über den Weltkapitalismus Sieger wird. In diesem Sinne besteht die Hauptaufgabe gegenwärtig für unser Institut im Studium und in der Verallgemeinerung der sieghaf ten, durch die Praxis des Lebens erhärte ten historischen Erfahrungen der kommu nistischen und Arbeiterparteien des sozia listischen Weltsystems. Wenn wir diese Erfahrungen nicht stu dierten und verallgemeinerten, könnten wir als Fachrichtung auch nicht die Forderun gen des Programms der SED restlos erfül len, in der als die wichtigste Aufgabe der Historiker der DDR die Forschungsarbeit Gedanken zum VI. Parteitag über die Geschichte der deutschen Arbei terbewegung und die Schaffung einer um fassenden Geschichte des deutschen Volkes der DDR erklärt wird. Prof. Dr. Armin Uhlmann, Theoretisch-Physikalisches Institut: Anregungen für die lehre Bei den Beratungen des VI. Parteitages haben mich zwei Dinge besonders beein druckt: Das erste ist die immer wieder kehrende und begeisternde Feststellung, daß die Erhaltung des Friedens mit den wichtigsten Fragen der Arbeiterbewegung und der Entwicklung der Menschheit ver bunden ist. Es ist beruhigend zu wissen, daß die Arbeiterparteien all ihre Kraft, für die Verhinderung eines furchtbaren Krieges einsetzen und sich nicht durch die Imperialisten provozieren lassen. Das zweite ist, daß das Ziel, der um fassende Aufbau des Sozialismus, die Ab wendung des Krieges und die Stärkung der sozialistischen Ideen, in erster Linie von der Steigerung der Arbeitsproduktivi tät abhängt. Dabei spielt selbstverständ lich die Wissenschaft eine große Rolle. Bedeutsam erscheint uns die Feststellung Walter Ulbrichts, daß es darauf ankommt, einen möglichst großen Anteil unseres Nationaleinkommens für die Akkumula tion zu verwenden. Das Tempo des wissenschaftlich-technischen Fortschritts in der Industrie hängt in sehr großem Maße davon ab, inwieweit Mittel zur Verfügung gestellt werden können. Gerade die Ein führung der Ergebnisse der modernen Wissenschaft erfordert oftmals große An fangsinvestitionen, die dann allerdings einen großen Nutzen bringen. Ich erwarte, daß nach dem Parteitag gewisse ökonomische Hindernisse, die in den Betrieben bei der Einstellung von Wissenschaftlern bestehen, überwunden werden. Wenn wir auch bemüht sind, die Stu denten so auszubilden, daß sie in mög lichst kurzer Zeit meßbaren Nutzen im Betrieb bringen, so ist doch zu beachten, daß der Einsatz wissenschaftlich ausgebil deter Kräfte mit einer langfristigen Inve stition zu vergleichen ist. Für uns ist es wichtig, die Ausbildung so zu verändern, daß unsere Absolventen im Betrieb selb ständiger und mit größerer Initiative ihre Aufgaben lösen, auch in Hinsicht auf noch vorhandene Widerstände. Voraussetzung dafür ist eine genügend fundierte Grund lagenausbildung, damit die Absolventen nicht in bloßen Praktizismus verfallen, sondern die Entwicklungslinie der Wis- senschaft zielstrebig weiter verfolgen. In diesen beiden Richtungen wollen wir uns um die Verbesserung der Ausbildung be mühen. Es gibt bereits eine Fülle von Ideen zur Veränderung der Ausbildung. Einziger Maßstab bei der Bewertung der Ausbil dung können nur die Leistungen unserer Absolventen sein. Die Ergebnisse jeder Veränderung können im Prinzip erst nach fünf bis acht Jahren sichtbar werden. Wir sind daher an der Durchführung einer Reihe von „Experimenten“ inter essiert, um auch auf diese Weise die gün stigsten Methoden auszuwählen. So er proben wir eine Veränderung in der Aus bildung in theoretischer Physik, die dar auf hinausläuft, den Stoff zu differenzieren in die Fundamente der theoretischen Physik wie Mechanik und Elektrodynamik und in Disziplinen, die mehr „abgeleiteten“ Charakter besitzen, aber von außerordent licher Bedeutung sind wie Optik, Mecha nik usw. Von der damit verbundenen zeitlichen Umstellung einiger Vorlesungen erhoffen wir uns eine günstige Auswir kung auf die weitere Ausbildung, da die Studenten bereits mit Kenntnissen der Quantentheorie ausgerüstet sind, wenn sie ihre Arbeit in den Abteilungen des Instituts beginnen. Die Quantentheorie ist die theoretische Grundlage vieler moder ner Zweige wie Halbleiterphysik, Spek troskopie usw. Das Institut hat für dieses Jahr weiter hin einen etwas größeren Teil seiner Mit tel für die Modernisierung des Praktikums eingeplant. Wir hoffen, daß wir dadurch neue Versuchsformen ermöglichen wer den, die die Selbständigkeit der Studenten und ihre Praxisverbundenheit stärken. So sollen die Studenten einige physikali sche Gesetzmäßigkeiten sowohl am Modell, das klar die physikalischen Prin zipien erkennen läßt, als auch an technisch durchentwickelten Geräten kennenlernen. Aus dem sorgfältigen Studium der Do kumente des VI. Parteitages werden sich noch viele Ideh und damit verbundene Veränderungen für die Lehre, Forschung und Erziehung ergeben. Besonders das neue Programm unserer Partei wird für eine lange Etappe die Richtung unseres Denkens und Handelns zum Wohle unse rer Republik bestimmen. Prof. Dr. Erich Mühle, Direktor des Instituts für Phytopathologie: Unser Beitrag zur friedlichen Koexistenz Mit großer Aufmerksamkeit habe ich den Verlauf des VI. Parteitages der SED verfolgt. Mein Interesse gilt insbesondere dem Referat Walter Ulbrichts, das alle Seiten des gesellschaftlichen Lebens um fassend berücksichtigt. Dabei möchte ich besonders die Bemühungen der SED um die Erhaltung des Friedens hervorheben. Der Gedanke der friedlichen Koexistenz und die Vorschläge zu deren Verwirk lichung bei der Lösung der Deutschland frage sind nicht hoch genug einzuschätzen. Sie lassen sich nur durch angestrengte schöpferische Arbeit in die Tat umsetzen. Unser konkreter Beitrag dazu soll die Realisierung des neuen Studienplanes, die enge Verbindung und Unterstützung der sozialistischen Praxis und die Anfertigung von zwei Lehrbüchern und zwei Lehrbrie fen auf dem Gebiet des Pflanzenschutzes sein. i Leben und Schablone Einige Bemerkungen zur „Schubfach“-Diskussion Die Suche nach Wegen zur Überwin- ! düng dogmatischer, mechanischer Züge in der wissenschaftlichen Arbeit — diese Aufgabe geht uns alle an, Wissenschaft ler wie Studenten. Von der Warte des Studierenden bedeutet das: Wie gelingt | es mir, das „bequeme Denken“, das | Denken in Schemata zu bekämpfen, und wie werde ich vom Dozenten oder Se minarleiter dabei unterstützt? Ein konkretes Beispiel: Am Institut für Philosophie werden im I. Studien jahr Grundlagen des dialektischen Ma terialismus vermittelt. Bei der Dar legung der Dialektik von Allgemeinem, Besonderem und Einzelnem lernen die Studenten, daß die philosophischen Grundlagen von Revisionismus und Dogmatismus in Entstellungen der Be ziehung zwischen Allgemeinem, Beson derem und Einzelnem zu finden sind. Die Studenten merken sich also: Revi sionismus — das ist Überbetonung des Besonderen und Nichtbeachtung des Allgemeinen; Dogmatismus und Sektie rertum — das ist starres Überbetonen des Allgemeinen und Nichtbeachten des Besonderen. An konkreten Fakten aus der Entwicklung des sozialistischen La gers läßt sich das nachweisen. Der „bequem denkende“ Student prägt sich die Begriffe Revisionismus und Dog matismus mittels dieses leicht verständ lichen Schemas ein. Ist ihm ein Vorwurf daraus zu machen? Beim weiteren Studium kann das Schema zur Schablone werden. Eine Seite der Erscheinungen des gesell schaftlichen Lebens, wie Revisionismus und Dogmatismus, wird zum Kriterium für das Einordnen der anderen Erschei- nungen unter diese Begriffe. Dabei muß es notwendigerweise zu unüberwind lichen Schwierigkeiten kommen, eben weil sich das Leben nicht in Schablonen pressen läßt. Wie hilft sich der „bequem denkende“ Student? Er zwängt allen Widerständen zum Trotz das Leben in die Schablone, schneidet alles Unpas sende ab, indem er die Veränderungen, die Entwicklung ignoriert. So gelangt er schließlich an das Ende der Sackgasse und wundert sich über die hohe Mauer: Er stellt fest, daß das Leben anders ist als das Gelernte. Er stellt fest, daß der Dogmatismus die Abenteurer an der Spitze der Partei Albaniens zur Aufgabe allgemeiner Gesetzmäßigkeit der sozia listischen Revolution führte — ein Fall, der dem Schubfach Revisionismus „zu kam“. Er stellt weiter fest, daß die Führer des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens (bis dahin ein integrieren der Bestandteil des Schubfaches Revisio nismus) bei den letzten internationa’en Ereignissen einen marxistisch-leninisti schen Standpunkt einnahmen, daß eine Annäherung Jugoslawiens und der übri gen Länder des sozialistischen Lagers in den wichtigsten Fragen vor sich gebt. Das Leben hatte also bestimmte, zeit weilig richtige Erkenntnisse und For mulierungen überrollt. Das ist natürlich und nicht zu ändern. Aber unnatürlich " und zu ändern ist ein starres Festhalten an diesen Erkenntnissen. Und das be ginnt schon, bzw. die Grundlagen dafür werden gelegt bei einer solchen Form der Wissensvermittlung wie eingangs geschildert. Dieter Dünger Komplexe soziologische Forschung endlich organisieren! „Was ist soziologische Forschung? Was haben wir unter marxistischer Soziologie zu verstehen?“ — diese Frage legten sich beim Studium des Programmentwurfs der SED und im Verlauf der UZ-Diskussion viele Gesellschaftswissenschaftler vor. Es bestehen tatsächlich verschiedene Auffas sungen über Begriff, Gegenstand und Auf gaben der marxistischen Soziologie. Die Unklarheiten darüber waren eine — wenn auch nicht die wichtigste — Ursache für den schleppenden Beginn der soziologischen Forschungsarbeit. Der Meinungsstreit sollte die Grundauf- gabe. die der gesellschaftswissenschaft lichen Forschung gestellt ist, deutlich ge- macht haben: Sich enger mit dem Kampf der Partei zu verbinden, mitten in das Leben hinein zugreifen, die Scheu vor der Kleinarbeit bei konkreten Untersuchungen zu überwin- den, die realen gesellschaftlichen Tatsachen exakt zu erforschen, nicht nur zu beschrei ben, sondern an der Veränderung der ge sellschaftlichen Verhältnisse mitzuwirken, schöpferisch die Gesetzmäßigkeiten unserer gesellschaftlichen Entwicklung aufzudek- ken und mutig neue Fragen, die sich aus dem umfassenden Aufbau des Sozialismus ergeben, aufzuwerfen. Diese Orientierung zu geben war das Anliegen des einleitenden Artikels zur UZ- Diskussion von Professor Dr. R. Schulz. Leider entstanden durch die unscharfe Bestimmung des Begriffs soziologische Forschung einige Mißverständnisse. Die einen verstanden unter soziologischer For schung eine Sonderdisziplin, eine Art phi losophische Forschung, die man, wie bei spielsweise im Diskussionsbeitrag von Dr. Bienert zum Ausdruck kam, wohl wollend unterstützt Professor Dr. Schulz vertrat jedoch gerade eine der Fama von den Philosophen als den „großen Zusam- menfassern" entgegengesetzte Auffassung und bezeichnete jede praxisnahe gesell schaftswissenschaftliche Forschung als so ziologische Forschung. Die anderen griffen gerade diesen Gedanken auf und sagten: „ökonomische Forschung ist gesellschafts wissenschaftliche Forschung schlechthin, also soziologische Forschung; warum die Unruhe? Das machen wir doch schon lange!" Abgesehen davon, daß eine Unruhe, die Von Herbert F. Wolf, Institut für Marxismus-Leninismus der stärkeren Orientierung auf die Praxis dient, durchaus begrüßenswert ist, be stehen doch noch gelinde Zweifel, ob die ser Drang zur Forschungsarbeit in der Praxis an allen Instituten der Wirtschafts wissenschaftlichen und der Philosophischen Fakultät schon so ausgeprägt entwickelt ist. Am Institut für Marxismus-Leninismus ist er jedenfalls — worüber unten noch ein Wort zu verlieren ist — keine allgemeine Erscheinung. In der Diskussion entstand eine andere Frage: „Wenn soziologische Forschung nichts weiter heißt als praxisverbundene gesellschaftswissenschaftliche Forschung, warum brauchen wir dann einen neuen Namen dafür? Geht es um die Rehabilitie rung eines etwas vernachlässigten Begriffs? Oder wollen wir jetzt ein marxistisches Gegenstück zur bürgerlichen empirischen Soziologie schaffen?“ Tatsächlich ist der Begriff Soziologie mit der einsetzenden Krise der bürgerlichen Ideologie entstanden. Er wurde von Auguste Comte, einem Denker, in des sen Werk sich die wachsenden reaktionären Tendenzen der Bourgeoisie widerspiegeln, in den dreißiger Jahren des vorigen Jahr hunderts geprägt und diente zunächst zur Bezeichnung einer von der progressiven bürgerlichen Philosophie und Ökonomie losgelösten Gesellschaftslehre, deren Auf gabe es war und blieb, dem Siegeszug des Marxismus entgegenzutreten, besonders die Auffassung von der Gesetzmäßigkeit des geschichtlichen Fortschritts und von der Unvermeidbarkeit des Untergangs des Kapitalismus zu bekämpfen. In der Folgezeit wurde der Begriff Soziologie jedoch auch als Synonym für Gesellschaftswissenschaften überhaupt be nutzt; so von Lenin. In diesem Sinne kann man den Marxismus-Leninismus als soziologisches System bezeichnen. In der Diskussion, die gegenwärtig unter marxistisch-leninistischen Wissenschaftlern geführt wird, geht es um die Bestimmung des Begriffs der marxistischen Soziologie in engerem Sinne. Nicht ein marxistisches Pendant zur bürgerlichen Soziologie soll geschaffen werden. Der historische Mate rialismus als allgemeine marxistische Soziologie war im ganzen früher entwik- kelt als die bürgerliche Soziologie. Wenn Termini und bestimmte Techniken in der marxistischen Soziologie angewendet wer den, die in der bürgerlichen Soziologie be nutzt werden, so hat doch unsere Sozio logie eine der bürgerlichen genau ent gegengesetzte Klassenfunktion; und vom Inhalt her erhalten Formen und Metho den ihre Bestimmung. Zur soziologischen Forschung Bestimmend für die Entwicklung unserer Gesellschaftswissenschaften sind vielmehr die Erfordernisse der Praxis. Obwohl phi losophische Monographien, historische, lite raturgeschichtliche und andere Arbeiten, Auseinandersetzungen mit der imperiali stischen Ideologie nach wie vor ihre unge schmälerte große Bedeutung haben, bedarf es bei den Gesellschaftswissenschaften der Hinwendung zur praxisnahen Forschung mit hohem Nutzeffekt, zu Problemen des umfassenden sozialistischen Aufbaus. Ge nügt hier aber die streng einzelwissen schaftliche Forschung oder ist es nicht viel mehr notwendig, daneben und in Verbindung damit bestimmte Schwerpunktprobleme durch die Gemeinschaftsarbeit mehrerer gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen gründlich zu erforschen? Für diese und nur für solche komplexe Untersuchungen er scheint mir die Einführung des neuen Begriffs der soziologischen Forschung ge rechtfertigt. Professor Dr. Schulz spricht von einem „Programm komplexer For schung der Gesellschaftswissenschaftler“ in Böhlen, begnügte sich aber bei der Bestim mung der Soziologie mit einer allgemeinen Abgrenzung des Begriffs. M. E. geben Hahn und Kumpf in „Einheit“ 11/62 die zwei wichtigsten Be stimmungsmerkmale marxistischer Sozio logie. Sie ist 1. „die gesellschaftswissenschaftliche For schung, die, gestützt auf den historischen Materialismus ... sich speziell mit der Untersuchung und Verallgemeinerung be stimmter gegenwärtiger, vor allem konkret gegebener gesellschaftlicher Erscheinungen beschäftigt, um auf diese Weise zur Auf deckung von Gesetzmäßigkeiten beizutra gen.“ 2. „Soziologische Forschung in diesem Sinne ist nicht die ausschließliche Ange legenheit einer Wissenschaft. Sie hat nicht zuletzt gerade solche allgemeinen gesell schaftlichen Erscheinungen, Prozesse und Beziehungen zum Objekt der Untersuchung, die nicht ausschließlich in den Gegen standsbereich einer bestimmten Gesell schaftswissenschaft fallen, woraus sich not wendig der komplexe Charakter soziologi scher Forschung ergibt.“ („Einheit“ 11/62, Seite 96.) Wir sind aber noch gewohnt, nur eine bestimmte Seite, vielleicht die wichtigste an ihnen zu sehen und sie dann der Unter suchung der betreffenden Spezialdisziplin zuzuweisen. Zweifellos ist der Nutzeffekt der Automatisierung ein ökonomisches Problem, aber die Aussage, die schließlich für die staatliche Leitungstätigkeit aus schlaggebend ist, würde noch fruchtbarer, wenn unter Mitarbeit anderer gesellschafts wissenschaftlicher Disziplinen auch die an deren Seiten der Automatisierung gründ lich erforscht würden. Oder: Welche Diszi plin untersucht beispielsweise die Leitungs tätigkeit im sozialistischen Industriebetrieb? Die Industrieökonomik allein? Treten hier nicht auch psychologische, pädagogische philosophische und andere Fragen auf? Es kann kein Zweifel bestehen, daß neben den einzelwissenschaftlichen Unter suchungen solche komplexe Forschungs arbeiten dringend notwendig sind. Sagt man aber ja zum komplexen Charakter der soziologischen Forschung, dann muß man von der platonischen Bejahung zur praktischen Organisierung übergehen. Pro fessor Dr. Schulz leitet eine solche kom plexe Arbeitsgruppe in Böhlen. Das Thema „Der Kampf um den wissenschaftlich-tech nischen Höchststand“ erfordert, wie Pro fessor Dr. Schulz schreibt, die Mit arbeit mehrerer gesellschaftswissenschaft licher Disziplinen. Es wäre jetzt notwen dig, daß eine Reihe anderer Institute dieser Initiative folgen und Arbeitsgemeinschaf ten bilden, die über den engen Rahmen ihrer speziellen Disziplin hinausgehen. Die Führung solcher Arbeitsgemeinschaften ist kein Privileg von Philosophen. Die in der soziologischen Gemeinschaftsarbeit feder führende Disziplin wird durch den Charak ter des zu untersuchenden Objekts und durch die Aufgabenstellung bestimmt. Sollte deshalb nicht der Prorektor für die Gesellschaftswissenschaften die Initiative ergreifen und in einer Beratung aller Institutsdirektoren der gesellschaftswissen schaftlichen Institute solche Schwerpunkte soziologischer Forschung zur Diskussion stellen und in der Folge festlegen? Die Entwicklung der soziologischen For schung erfordert neben dieser wissenschaft lich-organisatorischen Aufgabe die Über windung einer Reihe ideologischer und anderer Hindernisse. Bei den Mitarbeitern des Instituts für Marxismus-Leninismus steht die im Artikel von Dr. E s c h 1 e r anklingende Meinung nicht allein da, daß sich in philosophischer Sicht manche Pro zesse besser einschätzen ließen als in müh seliger und vielleicht im Einzelfall unzu verlässiger Kleinarbeit. Nicht unberechtigt ist weiter die Befürchtung von Assistenten, daß sie bei konkreten soziologischen Unter suchungen von einer Lawine von Proble men erdrückt werden und die Dissertation nicht in der bemessenen Frist abschließen. Neben der Forderung nach Beschränkung der Thematik muß betont werden, daß soziologische Untersuchungen notwendig die Gemeinschaftsarbeit erfordern. Die Forderung nach Vorlage eines Forschungs programms durch die bereits bestehenden Forschungsgemeinschaften zielt nicht zu letzt darauf ab, die im Institut für Marxis mus-Leninismus vorhandene wissenschaft liche Potenz in den Dienst fruchtbarer Gemeinschaftsarbeit zu stellen und gleich zeitig die Aufgaben der raschen Qualifizie rung durch Mitarbeit in solchen Arbeits gemeinschaften besser zu lösen. Der Selbst lauf in der Wahl der Dissertationsthemen muß, wie Dr. Striebing bereits forderte, überwunden werden. Schließlich gehört aber zur soziologischen Forschung ein Schuß Begeisterung, jene Forscherfreude, die Schwierigkeiten über winden hilft und ihre Erfüllung darin fin det, durch exakte, nützliche Forschungs ergebnisse dem umfassenden Aufbau des Sozialismus zu dienen. Universitätszeitung, Nr. 4, 24. 1. 1963, S. 3
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