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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 7.1963
- Erscheinungsdatum
- 1963
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196300009
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19630000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19630000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 7.1963
-
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- Ausgabe Nr. 5, 31. Januar 1
- Ausgabe Nr. 6, 7. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 14. Februar 1
- Ausgabe Nr. 8, 21. Februar 1
- Ausgabe Nr. 9, 28. Februar 1
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- Ausgabe Nr. 31/32, 15. August 1
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- Ausgabe Nr. 41, 10. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 42, 17. Oktober 1
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- Ausgabe Nr. 46, 14. November 1
- Ausgabe Nr. 47, 21. November 1
- Ausgabe Nr. 48, 28. November 1
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Band
Band 7.1963
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Vorbild Sowjetliteratur Von Dr. Erhard Hexeischneider Unbestritten spielte und spielt die So wjetliteratur eine bedeutende Rolle bei der Erfüllung der kulturellen Grundaufgabe, die in der Formung und Bildung des so zialistischen Menschen besteht. Das Bild des neuen Menschen schwebt der Mensch heit in ihren guten Träumen in der So wjetliteratur voran, sagte Becher. Tatsäch lich hat die Sowjetliteratur in ihrer fast fünfzigjährigen Geschichte einen stetigen und ständig wachsenden Einfluß auf die deutsche Arbeiterklasse und nach 1945 auf die breitesten Volksschichten in der DDR, aber auch auf die Schriftsteller selbst aus geübt. Um noch einmal Becher zu zitieren: „Ein Umschwung auf allen Gebieten un seres kulturellen Lebens, die Entstehung einer neuen Kultur- ... kann nur erfolgen, wenn das deutsch-sowjetische Freund schaftsbündnis auf politischem Gebiet wir kungsvoll ergänzt wird durch ein deutsch- sowjetisches Freundschaftsbündnis auf kul turellem Gebiet und wenn unsererseits die Bereitschaft vorhanden ist, aus der So wjetkultur auf allen ihren vielartigen Ge bieten zu lernen und diese Errungenschaf ten schöpferisch in unseren eigenen Kul- chen Werke, in denen der Held in extreme Situationen gestellt wird, die sogenannte Heldenlosigkeit des Alltags; die tägliche Arbeit des Menschen ist doch nicht so in teressant, ja langweilig; der negative Held sei doch „interessanter“ und „vielschich tiger“, komplizierter als der positive Held, der seine Pflicht tagtäglich gegenüber der Gesellschaft erfüllt usw. Dazu kommen aber auch feindliche Auffassungen der imperialistischen Ostforschung, die die Frage nach dem Heldentum im Sozialis mus von vornherein verneinen und den heldenhaften und Helden hervorbringen den Charakter unserer Epoche und ihre Widerspiegelung in der Sowjetliteratur zu diffamieren suchen. So schrieb unlängst ein westlicher Kritiker: „Der positive Sowjet held ist schematisiert, eine Stelzfigur, bar jeder Menschlichkeit, farblos, künstlerisch unbeholfen“ (zitiert von A, Hirsche in Zeit schrift für Slawistik, 1963, H. 4, S. 616—17). Oder Barbara Bodt in „Osteuropa“: Die Zei len opfermütigen Heroismus, des Romantis- mus der freien Persönlichkeit sind in der Welt vorbei. Für Wolodja (die Hauptgestall eines zu Recht wegen seines Nihilismus KUNSIUND INTERATUR IM MEINUNGS- Sozialistische Kultur stimuliert humanistische Leidenschaft STREEN turleistungen auszuwerten und sie darüber hinaus breitesten Kreisen unseres Volkes zugänglich zu machen. (J. R. Becher, Über Literatur und Kunst, Bin. 1962, S. 377). Eine der Kernfragen, von der unsere eigene Literatur so unendlich viel lernen kfK, ist die künstlerische Darstellung des neuen Menschen, der zum Kommunismus strebt, des kommunistischen Menschen in seiner ganzen harmonischen Ganzheit und Schönheit. Dieses Thema wurde in der fast fünfzigjährigen Geschichte der Sowjet literatur schon von vielen Schriftstellern bewältigt. Es seien hier nur die Namen und Erfahrungen Gorkis, Majakowskis, Scholochows, Ostrowskis, Gladkows, Maka- renkos u. a. genannt. Zweifellos haben die genannten Schriftsteller auch Einfluß auf die deutsche sozialistische Literaturent wicklung ausgeübt, ein Problem, das leider weder von Germanisten noch von Slawi sten ausreichend ausgearbeitet ist. Es sei hier nur aus der jüngsten Zeit an unzwei felhafte Beziehungen zwischen Scholochow und Bernhard Seeger und zwischen G. Ni- kolajwas „Schlacht unterwegs“ und Erik Neutschs „Die Spur der Steine“ erinnert. Unsere Überlegungen am Institut gingen dahin, daß es selbstverständlich nach wie vor in Lehre und Forschung unsere Pflicht ist, die klassischen Werke der Sowjetlite ratur (Gorki, Majakowski. Scholochow u. a.) zu vermitteln und zu erforschen. Noch dringlicher aber ist die wissenschaft liche Untersuchung der Sowjetliteratur der letzten Jahre, die vornehmlich dem Auf bau des Kommunismus mit all seinen Problemen gewidmet ist. . Uns scheint, daß eine besondere Schwie rigkeit für viele Menschen, vor allem auch für unsere Studenten, darin besteht, im scheinbar so gleichartigen heutigen Alltag die Züge des Menschen von Morgen zu sehen und zu gestalten. Das sind Diskus sionen .und Argumente vom Typ: Wir brau- und Skeptizismus sehr kritisierten Film szenarismus von V. Rosow — Dr. H.) ist kein Platz in dieser Welf der Masken und Sklaven, der falschen Demokratie und der Volksführer!“ („Osteuropa“, Jg. 1963, H. 1, S. 20). Und das bezieht sich nicht etwa auf die untergehende Bour geoisie, sondern auf jene Sowjetmenschen, die zur gleichen Zeit, ’a)ls'dieses Gesudel erschien, den Jenissei abriegelten. e pat ■■ - etiqa* ,:y0j4 Die „Ansichten“ des inzwischen republik- flüchtig gewordenen Prof. Mayer über die Sowjetliteratur unterschieden sich leider in nichts, nicht einmal in Nuancen, von den Thesen der von Bonn ausgehaltenen Ost forschung. Die Theorie vom angeblichen Niedergang der Sowjetliteratur unter Sta lin (tatsächlich liegen in diesen Jahren die wichtigsten Werke von Scholochow, Tolstoi, Twardowski, Simonow usw.), von der Nichtbewältigung des sowjetischen Alltags durch die Sowjetliteratur, von der Regle mentierung der Sowjetliteratur durch die Partei usw. — alle diese Thesen sind be reits hundertmal dagewesen und min destens ebenso oft von den sozialistischen Wissenschaftlern der Sowjetunion und der DDR widerlegt worden. Es ist eine Tatsache, daß wohl noch nie in der Geschichte der DDR soviel sowjeti sche Belletristik ins Deutsche übersetzt wurde, wie gegenwärtig. Fast alle wichti gen Werke der Sowjetliteratur (mit wenigen Ausnahmen), die in der UdSSR derzeitig am meisten diskutiert werden, sind oder werden in der DDR übersetzt. Und das ist gut so! Denn die Frage nach dem Helden unserer Zeit ist zum Angel punkt der gesamten Literaturentwicklung geworden: Wie ist er beschaffen, welche Eigenschaften und Merkmale besitzt der Mensch der Zukunft. Dieses schöpferische Suchen drückt die Sowjetliteratur aus. (Dieser Diskussionsbeitrag konnte aus Zeit, gründen auf der Beratung nicht mehr gehalten weiden und wurde daher schriftlich eingereicht.) „ERNTEABEND“ und „FÜR DEN FRIEDEN" nannte Klaus Koker die Holzschnitte, die wir hier wiedergeben. Sie gehören zu einem Zyklus von sechs Blättern, der sich „Studenten" betitelt und 1962 geschaffen wurde, Klaus Koker ist seit 1961 Lehrbeauftragter in der Abteilung Kunsterziehunga A lle Formen des gesellschaftlichen Be wußtseins stehen zueinander im Verhält nis der gegenseitigen Beeinflussung und Durchdringung. Dieser reale und bewiesene Sachverhalt muß bei der Ausbildung und Erziehung unserer Literatur- und Kunst studenten zu sozialistischen Lehrern mehr beachtet werden, und zwar von allen Lehr kräften! Hier soll es in erster Linie um den Zusammenhang und die Wechselwirkung von Kunst und Literatur einerseits und marxistischer Philosophie und Politik an dererseits gehen. In wichtigen Fragen ist es gelun gen, Positionen der ideologischen Ko existenz erfolgreich zu beseitigen. Aber gerade in dieser Problematik — die Un möglichkeit der ideologischen Koexistenz — werden auf künstlerischem Gebiet einige Züge sichtbar, in denen unter dem Schein „rein“ ästhetischer Spezies klassenindiffe rente, apolitische Fragestellungen über haupt für möglich gehalten wurden. So z. B. sagte mir im Sommer dieses Jahres eine Studentin: Wir machen große Anstren gungen im ökonomischen Wettbewerb mit Westdeutschland. Aber müßten wir nicht mehr tun, um die künstlerische Qualität zu steigern? Im Westen hat doch die Li teratur ein höheres künstlerisches Niveau. Es stellte sich heraus, daß diese Studen tin dabei nicht etwa mit antikommunisti schen Elaboraten sympathisierte oder an die Memoiren von geschlagenen Hitler generalen dachte. Sie meinte die anti faschistisch-demokratischen, humanistischen Autoren in Westdeutschland und sagte zu sammenfassend, daß sie eben besser und interessanter als wir schreiben. Deutlich zeigte sich also, daß die Frage der künstlerischen Gestaltung, das Pro blem der künstlerischen Meisterschaft hier in absoluter Verselbständigung gegenüber dem Inhalt, gegenüber der sozialen Aus sage, gegenüber dem Grad des Wahrheits gehaltes aufgeworfen wurde. Das weist auf Versäumnisse von uns allen hin, denn es liegt hier sowohl ein literarisches als ein politisches Fehlurteil zugleich bei der Studentin vor. Eine andere Erscheinungsform solch un wissenschaftlicher, sogenannter rein künst lerisch gefaßter und doch hochpolitischer Literaturinterpretation trat auch noch eine ganze Zeit nach der Diskussion um Hacks Stück „Die Sorgen und die Macht“ auf. Im Seminar wurde an uns folgende ehr liche Frage gestellt: Wir begreifen sehr wohl — mit dem Verstand — daß dieses Stüde falsch ist. Aber es gefällt uns doch irgendwie. Wie kommt das? Unverkennbar ist auch hier, daß die Antwort auf diese Frage nicht mehr allein innerhalb spezifisch-literarischer Katego rien gegeben und überzeugend gemacht werden kann. Zwar ist exakte Literatur wissenschaft immer sozialpolitische Dis ziplin, aber hier gerade wird meines Er achtens deutlich, wie tief das literarische Urteil in Philosophie und Politik, als an dere Formen des gesellschaftlichen Be wußtseins, mit verankert ist. Wie die Kunstproduktion Reflex der Wirklichkeit im Lichte einer bestimmten Weltanschauung und politischer Ideale ist, so kann auch das Auf nehmen und Weiter vermitteln durch unsere Lehrer, das Be geistern für unsere sozialistische Kunst nur im Lichte unserer Philosophie und unserer sozialistischen, politischen Ideale ge schehen. Da liegt die gemeinsame Aufgabe aller Wissenschaftler. Jene Frage der Studenten in Bezug auf Hacks — „Irgend etwas gefällt uns doch daran“ — weist uns darauf hin, wo und wie wir theoretisch gründlicher die im Marxismus-Leninismus gefundenen Ant worten entwickeln müssen. Jene Frage be rührt das Verhältnis von Wissen und Ge fühl, über dessen sonderbares Auseinan- Von Dr. Hermann Willmann derfallen in ihrem Bewußtsein die Stu denten selbst wie erschrocken waren. Da nun die Kunst so entscheidend die ästhetischen Emotionen bewegt, hat sich auch seit eh und je der philosophische Idealismus, verworren und verwirrend, in dieser Sphäre des Gefühlslebens getum melt, und er besitzt gewisse Reservate in manchen Köpfen, die erst durch materiali stische Konsequenz im philosophischen Denken und durch politische Klarsicht un ter Beteiligung am politischen Kampf wei chen können. Wir sind uns von Seiten der Abteilung Marxismus völlig-darüber im klaren, daß' wir solche Fragen! Was gefällt, was inter essiert? aufwerfen müssen. Wir dürfen Mit den Beiträgen von Dr. Will mann und Dr. Hexeischneider schlie ßen wir die Berichterstattung von der Konferenz der Universitäts-Parteilei tung und des Akademischen Senats mit Kunst- und Literaturwissen schaftlern vom 9. September 1963 ab. nicht sagen, daß es ja doch mehr oder weniger ästhetische Kategorien sind. Wir sind uns vielmehr klar darüber, daß wir von der Philosophie und von der Politik her solche Fragen mit den Studenten dis kutieren müssen, warum ihnen etwas ge fällt. Andererseits möchte ich aber betonen, daß auch die Genossen und Kollegen der verschiedenen Fächer die politischen Be züge in diesen Kategorien sichtbar ma chen müssen, was in der Kunst schön ist, was gefällt, was gut und interessant ist, das wird davon entschieden, was im Le ben so empfunden wird. Und das wiederum wird von der politisch-praktischen Stellung und Entscheidung des Betreffenden im Klassenkampf bestimmt. Aber wir dür fen uns hier nichts leicht machen. Jene Studenten, von denen ich sprach, sind für den Sozialismus und für die Arbeiter klasse. Aber es gibt bekanntlich Wesens erkenntnisse erster, zweiter, dritter Ord nung usf. Es gibt Graduationen. Wenn die sen Studenten an einer Aussage, von der sie selbst erklären, daß sie sie als falsch erkennen, „künstlerisch“ noch etwas ge fällt, dann haben wir ihnen noch nicht alles klar gemacht, dann haben sie ihre Gefühle noch nicht als Ensemble ihrer ge samten, insbesondere ihrer politischen Be ziehungen zur Wirklichkeit verstanden und sich bewußt gemacht. Die künstlerische Unwahrheit oder Halbwahrheit kann dann nicht mehr ge fallen, nicht mehi’ schön sein, ganz gleich, in welcher Form ' sie geboten wird, wenn die Welt als die neue, die andere Welt schon existent ist und als diese neue Welt des Sozialismus begriffen wird. Wo der Sozialismus als gesetzmäßige deutsche Zu kunft, wo die Errungenschaften der deut schen Arbeiterklasse als unrevidierbar er kannt, wo die Führung der Partei als be rechtigt und verwirklicht verstanden wor den ist, da haben doch irgendwelche Aus sagen in der Kunst, die dem gegenüber nicht wahr sind, nicht mehr den Reiz des Schönen, gefälligen und ästhetisch Höher wertigen. Das heißt, wenn das vom Ver stand und Herzen begriffen worden ist. Die Frage der Meisterschaft, die bei der zitierten Studentin noch anklang, die Frage der künstlerischen Qualiät, sie ist erstgradig eine Frage der Wahrheit. Na türlich ist dazu noch mehr zu sagen. Es erscheint mir notwendig, um auf solche Fragen Antwort zu geben, daß wir im mer mehr von allem Zufälligen und Sche matischen in den Lehrveranstaltungen ab rücken und gründliche Antworten auf Fra gen der Studenten ausarbeiten, wie auf die nach den Maßstäben, nach der künst lerischen Meisterschaft, nach dem Warum des Gefallens oder Nicht-Gefallens. Man muß heute zugestehen, daß das stärkste Kunstwerk in seiner Kraft und Erkenntnistiefe größere Wirkung hat, wenn diejenigen, die das Kunstwerk erleben, größere Festigkeit und Klarheit in welt anschaulicher und politischer Position ha ben. Diese vollendete Kraft haben nun einige Werke unserer sozialistischen Lite ratur noch nicht. Sie verkörpern noch nicht höchste künstlerische Meisterschaft, aber oft werden dann diese Werke auf der gleichen Ebene gemessen mit der westdeut schen Literatur, anstatt — auch kritisch - von der Position der prinzipiellen Über legenheit des Sozialismus sie parteilich und objektiv einzuschätzen. Ich möchte gerade zu dem Schriftsteller Böll ein paar Bemerkungen machen, weil der immer wieder von Studenten genannt wird. Von Böll kennen wir ein Selbstzeugnis, das eine bestimmt Ohnmacht der künst lerischen Aussage vermittelt, wenn er er klärt, daß die Menschheit blühenden Wie sen entgegengeht oder dem Chaos, das wis sen wir nicht. Oder: er läßt eine seiner Gestalten sagen, die Trauer und die Furcht vor der Zukunft beständen darin, daß es gegen über den reaktionären Kräften in West deutschland „die anderen nicht gebe“. Eine Aussage also, in der die Existenz der DDR, die Führung der fortschrittlichen Kräfte durch die Arbeiterklasse, gar nicht einmal als Realität zur Kenntnis genom men wird. Bölls „Billard um halb zehn“ habe ich z. Z. aus meiner Volksbücherei entliehen. Es muß zum Nachdenken anregen, daß die Kollegen dieser Bücherei — die ja nicht einmal einfach „Laien“ sind — diesem Buch eine Inhaltsübersicht folgender Art beigeben: Der Roman zeige, daß „das ewig faustische Antlitz des deutschen Men schen“ (!) eine „tiefe Tragik“ bedeute, diese sei ein „ewiges Spiel und Widerspiel“ zwir sehen dem „Antlitz des Grauens“ und dem „Humanistischen“. Man möchte fast sagen; diese schwülstig-irrationalistische und völ lig fehlorientierende Interpretation hat Böll nicht verdient. Aber wie kam sie zu- stände? Böll schildert Menschen, die im Faschis mus gelitten haben und kämpfen, und sie haben die Sympathie des Autors. Aber weil keinerlei Wesenserkenntnisse sozialen Inhalts vermittelt werden, bleiben die Konturen der künstlerischen Bilder unge nau, die Aussagen gegenüber der Wirk lichkeit unadäquat und gerade infolge dessen verhelfen die originellen Metaphern und Symbole eher zu Illusionen über „ewige“ Kategorien als zur historischen Wahrheit. So sind neben den Leserköpfen durchaus Autor und Buch selbst Ursachen für die genannte Romaneinschätzung. Auch dieses Beispiel unterstreicht, da» das Miteinanderleben im Sinne der prak tischen Koexistenz den ideologischen Mei nungsstreit einschließt. Es ist unsere hu manistische Pflicht. Das müssen wir den Studenten sagen, um ihnen die genannten falschen Auffassungen zu nehmen. Diese Aufgabe ist unbedingt mit der Überlegenheit unserer Literatur und Kunst zu erfüllen, aber auch nicht allein mit ihr* sondern mit der wissenschaftlichen Totali tät unserer gesamten Ideologie. Die sozis- listische Kultur stimuliert die humanisti sche Leidenschaft für gute Gedanken und Taten. Wir, die wir diese Wissenschaften an der Universität vertreten, sollten selbst auch leidenschaftlichen Optimismus leben dig repräsentieren, wenn wir als Lehrend« tätig sind. Universitätszeitung, Nr. 42, 17.10.1963, S. 4
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