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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 7.1963
- Erscheinungsdatum
- 1963
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196300009
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19630000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19630000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 7.1963
-
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- Ausgabe Nr. 6, 7. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 14. Februar 1
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- Ausgabe Nr. 48, 28. November 1
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Band
Band 7.1963
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Schwestern vor der Kamera Amateurfilmzirkel der Kliniken dreht für die II. Universitätsfestspiele Ein junges Mädchen kommt in den Raum, sie zieht sich einen gar nicht vor handenen Mantel aus, geht zum Tisch und liest — ja aber was? Einen Brief, die Zei tung? 15 Augenpaare beobachten kritisch Schwester Ortruds Tun und registrie ren jeden Fehler. Schließlich geht sie auf atmend an ihren Platz zurück, und jetzt beginnt die Kritik: „Du hast dich ablenken lassen“; „so faltet man keinen Brief“. Nun erhebt sich die Nächste und das Ganze be ginnt von vorn. So sieht es bei einem Übungsabend des Filmstudios der Medizi nischen Klinik aus. Die Schwestern und Angestellten, Mitglieder dieses Amateur filmzirkels üben Etüden, das heißt, sie ver suchen einfache, kleine Handlungen aus dem Alltag ohne alle Hilfsmittel darzustel- Jen. Daß das nicht so einfach ist, wird je- der schnell begreifen; der es einmal ver- susht ht nur ab — das haben schon andere versucht und nicht geschafft — aber wir ließen nicht locker, und bald gehörte Kollege Pätzold zu unseren glühenden Verteidigern und macht heute noch begeistert bei uns mit. Ja, und dann begannen wir einfach zu dre hen — ein Film aus dem Schwesternmilieu sollte es werden, und die ersten Diskussio nen gab es um das Drehbuch. Es geht dar in um die Aufgaben einer Schwester, die Herzlichkeit und Fürsorge für die Patien ten und ihre Angehörigen, die im norma len Leben manchmal gar nicht so selbst verständlich sind.“ Bei der Arbeit an diesem Film bewahr heitete sich Oberschwester Sanders Ruf als Motor des Filmstudios. Wenn alle verzwei felten und glaubten, daß es nicht mehr weiter gehe, weil die Mittel fehlten, weil keine Apparaturen da waren usw,, dann half ihr Optimismus und ihre Umsicht — ich gar nicht, wie ich mich bewegen sollte. Auch auf der Station, auf der wir filmten, gab es große Aufregung, und der ganze Drehstab half dann das Mittagessen an die Patienten auszuteilen, damit alles recht zeitig fertig wurde. Ich finde es sehr gut, daß wir jetzt Etüdenabende und andere Übungen durchführen, denn dadurch ler nen wir doch etwas und begreifen wenig stens ein Stückchen von der Größe und der Schwierigkeit des Schauspielerberufes.“ Und dann gab es wieder Diskussionen. Das Filmstudio erhielt von der UGL den Auftrag, einen Film über den 1. Mai zu drehen. Was ist überhaupt der 1. Mai? Es zeigte sich, daß diese Frage gar nicht bei allen Zirkelteilnehmern so klar war und daß auch einige aus dem Zirkel bisher zum 1. Mai nur mitgelaufen waren, weil es alle taten. So wurden bei der Besprechung des Drehbuches viele Meinungen laut: Was Pflichten vorbildlich erfüllt, wird von den Zirkelmitgliedern aufgenommen. Auch das ist Erziehung. Pläne für die Universitätsfestspiele Die weiteren Pläne des Zirkels? Vorläu fig wird erst einmal an der Grundausbil dung gearbeitet. Der Schauspieler Teu scher leitet die Etüdenabende, Kollege Börne bereitet einen Vortrag über techni sche Fragen vor usw. Aber auch ein neuer Film ist geplant. Es geht dabei um das Problem einer jungen Liebe. Was ist wich tiger — eine gesellschaftliche Verpflichtung oder der Wunsch der Geliebten, mit ihr den lange gewünschten und geplanten Konzertbesuch zu unternehmen. Das ist wieder nicht nur Problem des Films, son ¬ dern Problem der Zirkelmitglieder selbst die sich über das Thema die Köpfe heiß reden. Wenn der Wettergott den Filmama teuren günstig ist, werden sie mit diesem Film zum ersten Male bei den Universi tätsfestspielen im Dezember an die Öffentlichkeit treten. Wir können darauf gespannt sein. „Ja, filmen heißt eben nicht nur vor oder hinter der Kamera stehen und große Rollen haben, filmen ist auch viel Klein arbeit“; meint Kollege Herfurth, Kul turleiter in den medizinischen Kliniken und Mitinitiator des Zirkels. „Wir haben einen umfangreichen Arbeitsplan. Wir beschäfti gen uns mit Dramaturgie, mit der Regie, mit dem Filmschnitt und mit der Darstel lung. Jeder von uns hat schon einmal einen Film geklebt, und jeder wird auch einmal selbst Regisseur sein und einen kleinen Film drehen. Vorläufig sind wir aber noch ganz am Anfang unserer Arbeit, denn unser Zirkel existiert ja noch nicht einmal ein ganzes Jahr.“ Wie es begann Wie war denn das überhaupt, wie ka men denn die Schwestern auf die Idee, zu filmen? Da ist die Klinikoberschwester Margarete Sanders, sie ist die Leiterin des Filmstudios und überhaupt sein guter Geist. „Als im vorigen Jahr Kollege Her furth zu mir kam und den Vorschlag machte, einen Film zu drehen und einen Filmzirkel aufzubauen, war ich sofort da bei, denn ich habe schon immer eine Schwäche für die Kultur und freute mich, daß es damit jetzt endlich auch bei uns vorwärtsgehen sollte. Es stellte sich aber heraus, daß unser guter Vorsatz gar nicht so einfach zu verwirklichen war. Wir er hielten sehr wenig Unterstützung. Unser AGL-Vorsitzender Kollege Pätzold winkte und dann wurde der Film doch fertig. Aber damit waren noch lange nicht alle Schwierigkeiten überwunden. Dreimal mußte der Ton neu aufgenommen werden, und Oberschwester Sander fuhr extra ins Kopierwerk nach Berlin-Johannistal, um alles in Ordnung zu bringen. „Mit dem Synchronisieren, das war so eine Sache“, erinnert sie sielt, „wir waren alle schreck- lieh aufgeregt, und obwohl wir so und so oft geübt hatten, kam doch immer wieder ein falsches Wort oder ein Räuspern da zwischen, und wir mußten von vorn begin nen. Bei diesem Film kam auch Schwester Helga zu uns. Wir suchten eine junge Schwester für die Hauptrolle, und . die Wahl fiel auf sie.“ Hauptrolle für Schwester Helga Helga K a d 1 e r, 25 Jahre, Schwester in der Hautpoliklinik hatte sich eigentlich noch nie für das Filmen interessiert, und sie war sehr verwundert, als sie im Herbst vorigen Jahres zur Klinikoberschwester gerufen wurde und dort eine ganze Menge Leute vorfand, die sie nun auf „Filmtaug lichkeit“ prüfen wollten. Jedenfalls wurde sie für die Hauptrolle gewählt, und obwohl es viele freie Sonntage kostete und der Verlobte oft warten mußte, war sie bald mit Begeisterung dabei. „Zuerst war es ja ein bißchen komisch und auch schwer. Ich hatte doch keine Ahnung vom Filmen, und als ich zum ersten Male geschminkt und angezogen vor der Kamera stand, wußte soll gefilmt werden, wie und wo? Was ist überhaupt typisch für den 1. Mai? Zum Schluß wurde nicht nur der Film ein Er folg, auch den Mitgliedern des Zirkels war das Motiv des Films klar geworden. Technik in Nöten Die Dreharbeiten zu dem Film waren sehr schwierig, denn das Studio hatte keine eigene Kamera. Der erste Film war noch zusammen mit dem „Studio 62“ im Amateurfilmzentrum gedreht worden, aber nun mußte die Technik immer borgen ge hen. Und wenn es da einmal nicht klappte und die Mitglieder des Zirkels, die ja alles in ihrer Freizeit machen, enttäuscht • II. Universitätsfestspiele vom 9. bis 17.Dezember herumstanden, dann war es nicht gerade ermutigend. „Na, am 1. Mai klappte es dann doch, und wir waren schon morgens um drei Uhr auf den Beinen. Am 8. Mai wurden die Dreharbeiten noch fortgesetzt, und hinter her haben wir tage- und nächtelang an der Fertigstellung des Filmes gearbeitet — zer schnitten, geklebt und wieder geschnit ten —. Aber der Film wurde fertig und konnte am 30. Mai bei der Delegiertenkon ferenz der UGL uraufgeführt werden. Un sere Zusammenarbeit mit der Gewerk schaftsorganisation und auch der Partei organisation ist nämlich sehr gut, und sie haben uns schon einmal geholfen, und da wollten wir sie auch nicht enttäuschen.“ Das erzählt uns der Feinmechaniker- aus der Zahnklinik Siegfried Börne. Zusam men mit seinem Kollegen G e b u r z i hat er die technische Seite des Studios über nommen, und beiden ist es sehr ernst mit ihrer Arbeit. Das ist schon daran ersicht lich, daß beide jetzt ein Fernstudium auf genommen haben, Siegfried Börne als Amateurfilm-Regisseur und Karl-Heinz- Geburzi als Amateurfilm-Kameramann, Siegfried Börne wird demnächst sein De büt als Regisseur im Zirkel geben; die Idee für seinen Film hat er schon. Kollege Börne ist schon seit 1955 Besitzer einer Schmalfilmkamera und seit dieser Zeit be geisterter Filmamateur. „Er sorgt für Ord nung", sagen die anderen Zirkelmitglieder von ihm, und so ist es auch. Er achtet streng darauf, daß alle geplanten Veran staltungen auch durchgeführt werden und jeder regelmäßig teilnimmt. Natürlich ist er selbst mit Leib und Seele bei allem. Aber er ist auch ein ausgezeichneter Fach arbeiter, und das ist überhaupt bestimmend für den Zirkel: Nur wer seine beruflichen Volkskünstlei: helfen bei der Ernte Wir Mitglieder des Louis-Fürnberg- Ensembles Ähren wie in jedem Jahr auch diesmal wieder in einen Landkreis zu den Genossenschaftsbauern, um ihnen durch unsere Aufführungen Freude und Ent spannung, aber gleichzeitig auch Anregung für ihre kulturelle Arbeit zu bringen. Doch beschränkte sich unsere Arbeit in Bantikow nicht nur auf Aufführungen, sondern der zweite wichtige Punkt waren das Studium und die ersten Proben zur „Spanischen Hochzeit“ von Louis Fürnberg. Während unseres Sommerlagers führten wir neun Kulturabende mit den Genossen schaftsbauern aus Dörfern des Kreises Kyritz durch. Noch drei werden in der Zeit der Ernte folgen. Wir benutzen die Auftritte dazu, der Bevölkerung bei der Wahlvorbereitung zu helfen. So führten wir unseren ersten Dorfabend hier in Bantikow im Rahmen einer Kandidaten vorstellung durch. Auch während der Erntezeit; die für uns am 16. September begonnen hat, werden wir künstlerisch arbeiten. Klubabende des Ensembles werden die Freizeit ver schönen und den Kontakt mit der Bevöl kerung festigen helfen. Zweimal in der Woche haben wir Probe. Auch politisch bilden sich die Freunde im Lager weiter. Gemeinsam mit der Bevölkerung von Ban tikow führen wir den „Tag der Jungwäh ler“ durch. In Seminaren werden wir zu wichtigen politischen Ereignissen Stellung nehmen. Auf diese Art und Weise bereiten sich die Freunde und Genossen auf das neue Studienjahr vor. Gegenwärtig ringen wir um höchste Ernteergebnisse. Das soll unser Beitrag zu den Volkswahlen 1963 sein. Die Ergebnisse der ersten drei Tage sollen unsere Bemü hungen zeigen: Wir schafften bei einem durchschnittlichen Hektarertrag von 150 Dezitonnen 1200 dt Kartoffeln. Unsere besten Freunde sammelten 14 dt am Tag- Zwölf Freunde arbeiten als Schichttrak toristen. Joachim Hoffmann, Mitglied des Louis-Fürnberg-Ensembles Bulgarisches Sinfonieorchester kommt Seit mehr als vier Jahren verbindet das Akademische Orchester eine herz- liche Freundschaft mit dem Studenten sinfonieorchester Sofia. Der erste Höhe punkt dieser Freundschaft war das Gastspiel des Orchesters Sofia in der DDR und der Gegenbesuch des Akade mischen Orchesters in mehreren bulga rischen Städten. In diesem Jahr wird durch einen er neuten Austausch die Freundschaft ver tieft. Vom 13. bis 23. Oktober ist das Studentensinfonieorchester in der DDR und wird sich den Leipziger Konzert freunden am 22. Oktober in der Kon greßhalle im ersten Anrechtskonzert des Akademischen Orchesters vorstellen. Zur Aufführung kommen Werke von Leviev, Paganini, Bizet, Schumann und Sta j n o v. Das Or chester spielt unter der Leitung von Alipi Naidenow. Violinsolist ist Emil K a mil ar o v, Volkskünstler. Träger des Dimitroff-Preises und Preis träger verschiedener internationaler Wettbewerbe (unser Bild). Die Geschwister: Ein Vergleich mit dem „Geteilten Himmel“ von Christa Wolf Brigitte Reimann: Die Geschwister. Erzählung. Aufbau-Verlag Berlin 1963. Preis 7,20 DM. E in Vergleich zwischen Brigitte Reimanns Erzählung und Christa Wolfs „Geteiltem Himmel" (wir schrieben darüber in unserer Ausgabe vom 30. Mai 1963) drängt sich förm lich auf. In beiden geht es um einen jungen Hochschulabsolventen, der seine idealistischen Vorstellungen vom Sozialismus nicht mit der rauhen Wirklichkeit der Zeit des stürmischen Werdens mit all ihren überlieferten Unvoll kommenheiten und den zählebigen mensch- lischen Unvollkommenheiten in Einklang zu bringen weiß, aus Bequemlichkeit zum Den ken und zum Kämpfen resigniert und schließ lich den einzigen Ausweg im Verlassen der Republik sieht. Beide Erzählungen spielen kurz vor dem historischen August des Jahres 1961, und beide bieten den Stoff, so daß er ungeachtet der veränderten Bedingungen heute noch genau so aktuell ist wie vor zwei Jahren, Dort ist es das geliebte Mädchen, das — selbst kaum der Bedeutung ihrer Ent scheidung bewußt, aber mit Herz und Seele ihrer Umwelt fest genug verbunden — dem Freund nicht über die Grenze folgt; hier ist es die in einem Großbetriebe arbeitende junge Malerin, die um ihren Bruder, den Schiffsbauingenieur Ulrich Arendt, drei Tage lang ringt und schließlich gewinnt. D aß sich beide Erzählungen im entschei- — denden Punkt des Handlungsablaufes un terscheiden, tut der Ähnlichkeit der Problema tik kaum Abbruch, zumal bei Brigitte Reimann nicht das äußere Geschehen im Vordergrund steht, sondern die Erzählung durch zeitliche Vorgriffe, Rückhandlungen und Reflexionen vorwiegend vom Gedanklichen her gegliedert ist. Das pädagogische Ziel beider Bücher mußte es sein, den Dunstkreis zu zerstören, in dem die beiden Resignierenden befangen waren und das tatsächlich Bemerkenswerte Und Typische, die „unerhörten Begebenheiten" Universitätszeitung, Nr. 40, 3.10. 1963, S. 6 unseres Lebens zu enthüllen. Und das galt es weniger mit agitierender Rede und Gegen rede, sondern vorwiegend mit spezifisch künstlerischen Mitteln anzustreben. Daß ge rade dies Brigitte Reimann gut geglückt ist, ist der große Gewinn der Erzählung. Ihr Kernstück ist nämlich die eigene Geschichte der jungen Malerin Elisabeth Arendt. Sie er zählt dem Bruder von ihrem schweren Anfang im Betrieb, von Mißtrauen und Mißverstehen, Intrigen und der schließlich unaufhaltsamen Klärung, die kommen mußte, weil unter unseren Verhältnissen - nicht automatisch, sondern durch das Wirken vieler ehrlicher und prächtiger Menschen, durch das Wirken der Partei, zu der Elisabeth Vertrauen faßt - solche widrigen Dinge keinen Bestand haben können und die Vernunft wie die neuen Mo ralnormen unnachgiebig ihr Recht fordern. U ns scheint, daß es Brigitte Reimann im ganzen noch wirksamer gelungen ist, die praktischen Probleme, mit denen sich ihr „Held" herumschlägt, direkt zu beantworten (z. B. wo ihm die Schwester nachweist, daß er und sie selbst einst solche Fehler gemacht haben, die ihn jetzt bei anderen — da er selbst davon betroffen ist - empören.) D.as mag damit Zusammenhängen, daß die .Male rin Elisabeth Arendt als unmittelbare Gegen spielerin ungleich reicher an Lebenserfahrung ist als die junge Lehrerstudentin im „Geteil ten Himmel" und dementsprechend auch viel mehr handelnde Person, während jene mehr die Gegensätze zu verwischen, zu ignorieren bemüht ist, im Glauben, so die drohende in nere Entfremdung überwinden zu können und nur in letzter Instanz richtig handelt. Dieser Nachteil wird dort zwar zum guten Teil wettgemacht durch eine Reihe von Ne benfiguren, die als lebendige Gegenzeugen sichtbar machen, wie kleinlich und borniert der Skeptizismus des Chemikers Manfred Herrfurt ist, trotzdem entbehren einige von ihm vor gebrachte Anklagen und Vorwürfe einer aus reichenden und direkteren Antwort. Was Christa Wolfs Erzählung vor der Bri gitte Reimanns voraus hat, ist unseres Erach tens die eingehende und außerordentlich ein fühlsame Motivierung des Geschehens. Schritt für Schritt, vom Anfang bis zum Ende der Er zählung hindurchgehend, wird Manfreds We sen beschrieben und gezeigt, wie er sich immer mehr verrennt, wie damit für die bei den Liebenden immer mehr eine Gefahr her- aufzieht Das ist so fein nuanciert, so wenig grob und sprunghaft, daß letztlich die Ent scheidung des Mädchens, wieder zurückzukeh- ren aus Westberlin, überzeugend wirkt. D rigitte Reimann aber beschränkt sich hier Dfast ausschließlich auf einige knappe An deutungen Ulrichs über seine Beweggründe - ein unbequemer Vorgesetzter, unerfüllte Wünsche nach größeren Aufgaben, Ärger über Ablehnung seiner Bewerbung bei einer Werft im Grenzgebiet. Weil er nicht tatsäch lich in den Wechselbeziehungen seiner Um welt gezeigt wird, sondern nur einige Punkte aus seiner Vergangenheit knapp skizziert werden, kann man sich nur schwer in ihn hin einversetzen, kann man sich nur schwer ein Bild von seiner ganzen Persönlichkeit und seiner Entwicklung bis zu diesem Punkte hin machen, an dem die Erzählung spielt. Auch Elisabeth fällt förmlich aus allen Wolken, als ihr Bruder ihr während des gemeinsamen Osterurlaubs im Elternhaus seinen Entschluß anvertraut, in wenigen Tagen nach Hamburg zu gehen. „Es kränkte mich auch, ... daß ich nichts geahnt hatte." Es paßt nicht recht zu der (übrigens etwas kindlichen) Geschwister- liebe, diesem engen Vertrautsein, das uns geschildert wird, daß dis Schwester erst jetzt beginnt, die Gedankenwelt des Bruders zu ergründen. Und letztlich bleibt die Frage un beantwortet, die Elisabeths Verlobter am Schluß stellt: „ich frage mich, warum ihr, Bru der und Schwester, verschiedene Wege ein geschlagen habt Ihr seid vor derselben Tür aufgebrochen, ihr habt die gleiche Bildung, die gleichen vielfältigen Möglichkeiten, mit der Umwelt ins reine zu kommen .. ." Eine umfassendere Charakterisierung Ulis -wäre aber noch deshalb besonders not wendig gewesen, um die frappierende Widei- sprüchlichkeit seiner Person zu begründen und in ihren Wurzeln zu analysieren, die Wi dersprüchlichkeit, die darin zum Ausdruck kommt, das er einerseits der DDR den Rük- ken kehren will, andererseits sich z. B. zur algerechen Befreiungsarmee melden wollte („... Er wollte etwas tun, mit dem Gewehr in der Hand... In Algerien gibt es ja keine Seminargruppen und keine Kaderleiter") und jetzt in diesem Bewußtsein nach Westdeutsch land gehen will. („Ich gebe eure Leute auf, aber nicht unsere Sache. Ich habe nie dar an gezweifelt,... daß die Welt der Zukunft eine kommunistische Welt sein wird. Kein Mensch, der die Gesetze der Geschichte be griffen hat, kann daran zweifeln..."). In Westdeutschland will er sich sogar der KPD änschließen und sich für die Überführung der Großbetriebe in Volkseigentum einsetzen; aber gleichzeitig gibt er sich als Nur-In genieur, dem es gleich ist, wofür und für wen er Schiffe baut. — Diese Widersprüchlichkei- ten werden aber in der Erzählung nicht nä her ergründet, sondern als gegeben ange- nommen; Ulis Milieu, sein Tätigkeitsbereich; sein Werden bleiben fast vollständig außer- halb des Geschehens. Sicher würde es den Rahmen einer Erzäh- •lung sprengen, wollte man all dies einbe ziehen, und sicher muß man viele Dinge ein- fach als gegeben annehmen; doch hier han delt es sich um eine sehr wesentliche Seite des Problems, die im halbdunklen Hinter gründe bleibt, nämlich um das Verhalten Ulis gegenüber seiner Umwelt, mit der er nicht zurechtkommt, und um diejenigen, mit denen er hadert. Und in dieser Beziehung ist die erzählte Geschichte der Malerin kein Ersatz für die vorenthaltene Geschichte des Diplom ingenieurs. Diese Überlegungen aber gehen schon über die Erzählung hinaus, sie machen letztlich darauf aufmerksam, daß der Roman erst noch geschrieben werden muß, der uns den Wissenschaftler zeigt, der sich in seinem Milieu, durch Auseinandersetzung innerhalb dieses Milieus aus vielfältig hemmenden Ver strickungen löst und sich zum immer bewuß ter für den sozialistischen Staat Tätigen ent wickelt; der Roman, der die komplizierten Probleme der sozialistischen Entwicklung aus der Sicht der Intelligenz umfassend und vor allem von der positiven Seite her gestaltet. Trotz der oben genannten Lücken und ol len Einschränkungen, die sich in bezug ouf Einzelheiten noch machen ließen, ist Brigitte Reimanns Erzählung aber ohne Zweifel außerordentlich anregend und farbig. Wer sie liest, empfindet ihre hautnahe Aktualität, er findet darin sicher manches seiner eigenen Probleme beqntwortet und wird bestätige' 1 müssen, daß es der Schriftstellerin in hohem Maße gelungen ist, dem neuen sozialisti schen Lebensgefühl auch bemerkenswerte künstlerische Gestalt zu geben. * Günter Lippold
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