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■■■■■■■■■■■■«■■■■■■■■■■■ a • „Als ich elf Jahre alt war, begann a ich Puppen zu basteln, Handpuppen a waren es damals; Hexen, Kasper ■ und Wassermännner, zottlig und M glotzäugig. Angeregt wurde ich • durch eine Serie Handpuppen mit ■ Pappmacheköpfen, die ich auf un- ■ serem Dachboden fand. Nach eini- a gen Experimenten mit verschiedenen # Materialien sagte mir die Stoff- # plastik am meisten zu. Neben Hand- • puppen interessieren mich beson- m ders Standpuppen mit einem Draht- # gestell als inneres Gerüst. Je älter ■ ich selbst wurde, desto typisierter a • wurden auch meine Puppen. Durch a sie glossierte ich meine Umwelt. ■ Meist entstanden nur einzelne Pup- B pen, zu einer größeren Gruppe J fehlte mir stets die Zeit, denn für M eine Puppe sind etwa 8-16 Stunden ■ intensive Arbeit nötig. Aber der a Gedanke, einmal eine Serie zu- # sammenzustellen, ließ mich nicht m mehr los ..." Die 23jährige Hanne- # lore Klemm, beheimatet im Erz- a gebirge, Lehrerstudentin in den Fä- ä ehern Kunsterziehung und Germa- ■ nistik, gab bei der Kunsterziehung B eine Staatsexamensarbeit ab, wie a sie dort bisher einmalig war. Sie a stellte 19 Puppen, 15 cm hoch, her • - Gestalten für das Märchen „Des " Kaisers neue Kleider". Fotos: Schmidt • et e ' ”0 Prüfung im Dunkeln Die Fenster waren verhängt, und nur der matte Schimmer eines Bildwerfers ließ Staatsexamenskan didaten und Prüfungskommission im dusteren Raum erscheinen. Eine Filmvorführung? Ein Lichtbiider- vortrag? Aber was hätte dies mit einer Staats examensprüfung der Abteilung Kunsterziehung zu tun? Es fand sich keine Zeit zu neugierigen Fragen. Eine Stimme im Hintergrund war schneller: „Des Kaisers neue Kleider. Ein Märchen von Hans Chri stian Andersen." Auf einer breiten Leinwand leuch teten bunte Dias auf - Szenenbilder zum Märchen, die mit dem Originaltext auf Tonband kommentiert wurden. Jedes Bild ist ein kleines Kunstwerk für sich. Typisierung der Märchenfiguren, ihre Physio gnomie, Stellung, passende Kleidung, sind so ge wählt und aufeinander abgestimmt, daß sich der Beschauer Andersens Absicht gar nicht besser inter pretiert vorstellen kann. Es ist die Staatsexamensarbeit der Studentin Hannelore Klemm. Sie besteht aus einem Figuri- nen-Puppenspiel, das in Bewegungseinrichtungen fotografiert und in einer Diaserie zusammengestellt wurde. „Ausgezeichnet" Die Prüfungskommission gab auf diese Arbeit „Ausgezeichnet". (In den letzten zehn Jahren hat das Institut diese Note noch nie auf eine Einzel leistung vergeben.) Die Begründung? Frau Prof. Meyer-Dennewitz: „Eine einzigartige, bisher am In stitut noch nie dagewesene künstlerische Arbeit. Man muß sich Gedanken machen, was damit wird und wie man der Absolventin helfen kann, ihr Ta lent weiter zu entwickeln." Lektor Olbrich: „Die Lei stung deutet darauf hin, daß sich die Studentin mehr als alle anderen Staatsexamenskandidaten mit ihrem Stoff auseinandergesetzt hat. Die Schwie rigkeiten beim Herausholen der Physiognomie mit den vorhandenen Mitteln, das Zusammenwirken der Figurinen innerhalb der Bühne sind für eine Stu dentin einmalig, meisterhaft bewältigt worden." Tischtennisbälle und Plastilina Die Studentin Hannelore Klemm, der von Kind heit an das Basteln mit Puppen Lieblingsbeschäfti gung ist, gab ihren Wunsch nicht auf, das zum Staatsexamen zu bieten, wozu sie sich am fähig sten fühlte. Erst gab es Skepsis beim Lehrkörper, als sie zu Beginn des letzten Semesters mit ihrer Bitte zum Betreuer kam, Figurinen und Dekoratio nen zum Märchen „Des Kaisers neue Kleider" zu erarbeiten. Nach der völligen Ablehnung ihres Ge suchs erhielt sie die Erlaubnis, sich mit Buchgestal tung und Illustration eines Märchens auseinander zusetzen, dem im zweiten Teil einige Standpuppen zugefügt werden könnten. Aber Hannelore ließ ihre Idee nicht mehr los. So begann sie auf gut Glück mit der Arbeit. Monatelang beschäftigte sie sich intensiv mit Kostümkunde, Architektur und Innen raumgestaltung. Fünf Monate vor Abgabetermin begann sie mit der praktischen Arbeit an Puppen, Möbeln und anderen Utensilien. Tischtennisbälle wurden für die Köpfe, Plastilina für die Haare, Draht, Garn, Watte für die Körper verwendet. Als die ersten Puppen fertig waren, ging sie damit zu Lektor Olbrich, ihrem Betreuer. Er sah diese klei nen Kunstwerke, war begeistert und wurde zum hartnäckigen Fürsprecher, daß Hannelore ihre Staatsexamensarbeit ganz auf das Puppenspiel spezialisieren dürfte. Nun ging die Arbeit erst richtig los. Hannelore verbesserte und erweiterte ihre Konzeption. Sie bemühte sich, den Sinn des Märchens entsprechend mmSHM ihrer spezifischen Arbeitsmittel zu betonen, ging dabei sehr schöpferisch heran, nahm hier und da auch kleine Änderungen im Märchen vor. Kleben, Nähen, Bemalen der Puppen, Herstellen von Ku lissen, Kaiserthron, Kronleuchter, Früchten bean spruchte Tage und Nächte. Die Arbeit am Kaiser allein kostete über 20 Arbeitsstunden (abgesehen von der Zeit für den Entwurf). 14 Tage vor Abgabetermin nahm Hannelore ihre Puppen und den Bühnenkasten und zog damit ins Institut. Jetzt galt es, die einzelnen Szenen aufzu bauen und in Dias festzuhalten. In Herrn Schmidt, Lektor 1 für Fotografie, hatte sie einen ausgezeich neten, stets hilfsbereiten Berater. Eine Woche lang arbeitete sie mit ihm und einem Hilfsassistenten im Fotolabor an den Szenenbildern. Bis zu acht Stück schafften sie täglich. Manchmal probierten sie über eine Stunde an einer einzigen Einstellung. So entstand aus dem Wissen um die eigene Fä higkeit, dem Ringen, sie zu nutzen und unermüd lichen Fleiß eine Arbeit, die, wie Frau Prof. Meyer- Dennewitz betonte, ein außergewöhnliches Talent offenbart. Und die Lehrkräfte der Abteilung Kunst erziehung wurden hier ihrer Verantwortung, ■ Bega bungen zu fördern, gerecht. Einmal, indem sie der Studentin jegliche fachliche und technische Unter stützung boten und schnell anfängliche Vorurteile überwanden. Zum anderen, weil sie auch jetzt noch gemeinsam mit ihr Wege suchen, wie sie ihr Talent richtig nutzen kann. Es wird überlegt, sich ans Trickfilmstudio zu wenden. Jiri Trnka, der tschechi sche Figurinenmeister, erhält eine Serie. Es wird Möglichkeiten geben, daß Hannelore Klemm nicht zum letzten Mal ein Figurinenspiel gearbeitet hat. Aber fest steht erst einmal, daß sich die Kinder der fünften Klasse freuen werden, wenn ihre Leh rerin so schönes Anschauungsmaterial mitbringt. poe. •Müüüae “ —b * ^um Staatsexamen