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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 6.1962
- Erscheinungsdatum
- 1962
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196200007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19620000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19620000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust. Heft 9-10 in falscher Reihenfolge eingebunden, fehlerhaft gezählt.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 6.1962
-
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- Ausgabe Nr. [10], 8. März 1
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- Ausgabe Nr. 30, 28. Juli 1
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- Ausgabe Nr. 32, 9. August 1
- Ausgabe Nr. 33, 16. August 1
- Ausgabe Nr. 34, 23. August 1
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- Ausgabe Nr. 45, 8. November 1
- Ausgabe Nr. 46, 15. November 1
- Ausgabe Nr. 47, 24. November 1
- Ausgabe Nr. 48/49, 29. November 1
- Ausgabe Nr. 50, 6. Dezember 1
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Band 6.1962
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Phantom „Einheit der deutschen Wissenschaft“ (III) Unter dem Kommando von Strauß Von Dr. Werner Berthold, Wolfgang Bode, Brigitte Glöckner und Günter Wendel Mit dem Wiedererstehen des deutschen Monopolkapitals in Westdeutschland war auch ein Wiedererstehen jener alten Ab- hängigkeits- und Unterordnungsverhält- nisse im Bereiche der Wissenschaft ver bunden, wie sie für die Wissenschaft im Nazistaat kennzeichnend waren. In den Verwaltungsgremien solcher Spitzeninstitu tionen der westdeutschen Wissenschaft wie „Deutscher Verband technisch-wissenschaft- licher Vereine“, „Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte“, „Deutsche For schungsgemeinschaft“, „Max-Planck-Gesell- schäft zur Förderung der Wissenschaften“ u. a. nahmen die Herren der Großbanken, der führenden Monopolgruppen Kohle- Eisen-Stahl und besonders der Gruppe Che mie-Elektro ihre ehemaligen bestimmenden Positionen wieder ein, es entstanden wie der die alten „Förderergesellschaften“ der Hochschulen und vor allem der „Stiftver band für die Deutsche Wissenschaft“. Konti nuität in der mehr als 60jährigen Geschichte des deutschen Monopolkapitals, Kontinuität in den Personen, in der Rassen- und Ost landideologie, in der Militärideologie und im Antikommunismus sowie auf allen Ge bieten der politischen und gesellschaftlichen Demagogie, Kontinuität in der besonderen Aggressivität und in der Vorbereitung neuer Verbrechen am deutschen Volke und an der Menschheit, Kontinuität auch in der Beherrschung und im Mißbrauch der Wis senschaft, das sind die Merkmale dieser westdeutschen Entwicklung. Zwar hat die Fassade gewechselt, statt arisch gibt man sich heute christlich, die Diktatur nennt man heute Demokratie statt Führerprinzip, bas Vaterland wurde durch Abendland, europäische Integration und atlantische Union ersetzt. Die offene Unterdrückung der Wissenschaft im Faschismus betreibt man heute auf „klügere“, auf raffiniertere Art, indem man die Fiktion der „Freiheit der deutschen Wissenschaft“ aufrechterhält, de facto aber den alten wissenschafts feindlichen Dirigismus nicht nur fortsetzt, sondern sogar verstärkt. Bonner Staat unterwirft die Wissenschaft den Monopolen Eine besondere Rolle spielt dabei die Unterordnung der Wissenschaft unter das Profit- und Rüstungsinteresse der Mono pole mit Hilfe der staatsmonopolistischen Entwicklung, die, wie auf allen Gebieten, auch im Bereiche der westdeutschen Wissenschaft im Vergleich zum Faschismus Weiter fortgeschritten ist. Wir fragen die Westdeutschen Wissenschaftler: Welche auch nur irgendwie humanitär gearteten Aufgaben hat die „Wissenschaftskommis sion der NATO“? Waren die Bildung des Bonner Atomministeriums mit dem IG- Farben-Vertreter Balke an der Spitze oder des Wissenschaftsrates, in dem die Mono pole, Banken und Regierungsvertreter den feestimmenden Einfluß ausüben, etwa keine Maßnahmen zur Unterwerfung der Wissen schaft unter die Monopole mit Hilfe des Bonner Staates? Welche Überlegungen lie ßen dem Zusammenschluß einiger Fach- gesellschaften auf dem Gebiete der Kern forschung, der Raketen- und Luftfahrt forschung, wie er erst kürzlich erfolgte, so wie den Bemühungen um die Bildung eines Bundeswissenschaftsministeriums zu grunde? Handelt es sich nicht in erster Linie um Maßnahmen zur Konzentration der Forschung, zur Schwerpunktbildung auf militärisch besonders wichtigen Ge bieten? Werden nicht in zunehmendem Maße, oft verdeckt unter verharmlosenden Bezeichnungen, Forschungseinrichtungen gegründet und Forschungsprogramme ent wickelt, die für die vorrangige Erledigung sogenannter „wehrwissenschaftlicher Auf gaben“ bestimmt sind? Oder welches Ziel Verfolgen die Straußschen „Hochschul ¬ gruppen für Wehrkunde“ und die „Studien beihilfen für den technischen und wissen schaftlichen Nachwuchs der Bundeswehr und Bundeswehrverwaltung“ an den west deutschen Universitäter und Hochschulen? Liefert nicht auch die Entwicklung der westdeutschen Max-Planck-Gesellschaft ein typisches Beispiel für die im Vergleich zum Faschismus weiter fortgeschrittene staatsmonopolistische Unterwerfung der Wissenschaft? Während zum Beispiel die Vorgängerin dieser großen Forschungsein richtung, die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, noch in den letzten Kriegsjahren zu 50 Pro zent direkt Von den Monopolen finanziert wurde, ist dieser Anteil an der Finanzie rung der Max-Planck-Gesellschaft auf zwölf Prozent gesunken. Obwohl der Bon ner Staat heute also den größten Teil der Mittel für Durchführung der Grundlagen forschung bereitstellt, nehmen die Mono polvertreter nach wie vor die früheren Lei tungspositionen in dieser Gesellschaft ein und bestimmen im Verein mit Atommini ster Balke, auf welchen Gebieten diese Grundlagenforschung besonders zu fördern ist. AU diese Beispiele beweisen, daß Staat und Monopole die Wissenschaftler in ein Netz von Abhängigkeits- und Unterord nungsverhältnissen verstrickt haben, wie es selbst im Nazistaat teilweise noch nicht erreicht war. 'Der Zweck ist allzu offen sichtlich: Es geht um die Beteiligung an der „wissenschaftlichen“ Vorbereitung eines Verbrechens, von dessen Dimensionen die faschistischen Massenmörder selbst im Jahre 1945 noch kaum zu träumen wagten. Max-Planck-Gesellschaft — F or schungseinrichtung der reaktionärsten Konzerne Wenn Adenauer und Strauß heute nicht einfach mehr verstärkte Rüstung, sondern spezifisch nukleare und Raketenwaffen verlangen, dann fordern sie Waffen, deren Basis in der Gruppe der aggressivsten Monopole liegt, so in den IG-Farben-Nach- folgegesellschaften, im AEG- und Siemens- Konzern, im Flick-Konzern, in den Mono polvereinigungen Haniel, Mannesmann, MAN, Daimler-Benz u. a. sowie ihrer Monopolbank, der Deutschen Bank. Dieses Interesse an der Atom- und Raketen rüstung spiegelt sich z. B. unmittelbar wider in der Entwicklung der Max-Planck- Gesellschaft. Noch lange bevor Bonn mit der offiziellen Wiederaufrüstung begann, saß der IG-Mann und ehemalige Wehr wirtschaftsführer Hitlers, Prof. Wurster, im Haushaltausschuß der Max-Planck- Gesellschaft und bekundete sein besonderes, Interesse an der Atomforschung. 1954 wird der inzwischen verstorbene IG-Mann Haberland in den Senat gewählt, 1955 die Herren Abs und Hermann von Siemens. 1956 tritt Hermann Winkhaus (Mannes mann AG) neu in den Senat ein. 1958 rückt Wurster in den Verwaltüngsrat der Ge sellschaft auf. 1960 werden der dritte IG- Vorsitzende Winnacker, der Bonner Atom minister Balke und der Leiter des For schungslaboratoriums der Siemens-Schuk- kert-Werke, Trendelenburg, in den Senat aufgenommen, Wurster wird zum ersten Vizepräsidenten der Gesellschaft ernannt. 1961 schließlich tritt auch der Vorsitzende der Siemens-Halske-AG, Kerschbaum, in den Senat ein, Hermann Reusch (Haniel) ist Schatzmeister der Gesellschaft. Parallel mit dieser personellen Besetzung der Leitungsfunktionen geht die „groß zügige“ Förderung aller Forschungsvor haben auf dem Gebiet der Atomforschung. Vorhandene und neu errichtete Kernfor schungsinstitute werden zu sogenannten Großforschungsinstituten entwickelt, die Industrie und besonders das Atomministe rium Balkes sind mit bedeutenden Sum men an der Finanzierung dieser Industrie beteiligt. 1961 unternahm der westdeutsche Bundespräsident Lübke alle Anstrengun gen, um die Forscher der Max-Planck-Ge sellschaft auch für die Raketenforschung, getarnt als Weltraumforschung, zu ge winnen. Militärische Grundlagenforschung „im Rahmen der allgemeinen Wissenschaftspflege“ Typisch bei all diesen Maßnahmen ist, daß die Grundlagenforschung auf all diesen militärisch wichtigen Gebieten zum großen Teil im Bereich der allgemeinen Wissen schaftspflege betrieben und gefördert wird, das heißt nicht nur in speziellen militäri schen Forschungsinstituten bzw. in den großen Forschungslaboratorien der Indu strie, und typisch ist auch, daß für die Er forschung dieser naturwissenschaftlichen Grundlagen Forscher herangezogen wer den, die mehrfach ihre Weigerung bekun det haben, an der Bonner Atom- und Raketenrüstung in irgendeiner Weise mit zuarbeiten, wie z. B. die 18 Göttinger Atomwissenschaftler. Ist das nicht ein Widerspruch? Die Antwort auf diese Fragen gaben die Vertreter des deutschen Militarismus be reits zu einer Zeit, als von Atom- und Raketenrüstung noch gar keine Rede sein konnte. So hieß es z. B. in dem erwähnten Brief des preußischen Kriegsministeriums vom 4. 11. 1918 über die Fortführung der Gaskriegsarbeiten: „Das erworbene wissenschaftliche Kapital soll nicht zerflattern und damit seine Frucht barkeit verlieren, sondern im öffentlichen In teresse möglichst vollständig ausgenutzt wer den. Damit wird zugleich dem Sonderinter esse der Heeresverwaltung am besten gedient sein" 8 ) Und in dem Schreiben des damaligen Generalstäblers von Wrisberg an das preu ßische Kriegsministerium vom 13. 2. 1917 findet sich die bemerkenswerte Äußerung: „Die Umbildung des Kaiser-Wilhelm-Insti- tuts für physikalische Chemie und Elektro chemie (in ein Militärinstitut für Gaskriegs forschung, d. V.) ist eine reine Kriegsmaß nahme, die für die weitere Friedensentwick lung kein Vorbild abgibt. Im Frieden finden die rein naturwissenschaftlichen Forschungs aufgaben meines Erachtens auch dann, wenn ihre Lösung im militärischen Interesse ge legen ist, ihre Bearbeitung zweckmäßiger im Rahmen der allgemeinen Wissenschaftspflege als im Bereiche der Heeresverwaltung.“ 9 ) Und Herr Balke im Jahre 1961: „Man dürfe die Dinge nicht weiter so laufen lassen wie bisher. Der Staat dürfe nicht nur als Geldgeber auftreten. Er müsse heute auch Forderungen an die Wissen schaft stellen. Nach Art. 73/13 GG habe der Bund das Recht und die Pflicht, Forde rungsmaßnahmen zu ergreifen ... Ein Wis senschaftsministerium soll nach Balke den vorhandenen Institutionen, wie Kultus ministerkonferenz, Wissenschaftsrat, For schungsgemeinschaft, keine Funktion fort nehmen. Man wolle keine Verwaltung im Sinne des Vollzugs, sondern die Selbstver waltung stärken. Es ginge um die Anpas sung der Wissenschaftsförderung an die Formen der Staatsordnung. Man müsse da bei eine Lösung finden, die einen Dirigis mus vermeidet. Auf der anderen Seite dürfe die Wissenschaft nicht länger in ihrem elfenbeinernen Turm sitzen. Das Endziel müsse die Bildung eines wissen schaftlichen Stabes bei der NATO sein, der die militärischen Belange zu ergänzen habe.“ Balke verlangte weiter die „Auf stellung von geschlossenen Übersichten über Personalien aus dem wissenschaft lichen Bereich (besonders wichtig für die Erklärung des Notstandes).“ 10 ) 8) a. a. O., (Hervorhebung, d. V.) 9) a. a. O., Rep. 92, Nachlach Schmidt-Ott, B LXXVI, Nr. 4 (Hervorhebung d. V.) 20) Handelsblatt — Deutsche Wirtschaftszei tung v. 24. 10. 1961 (Hervorhebung, d. V.) Die „Deutsche Soldatenzeitung“: „Unbestritten waren und sind die farbentragenden, vor allem die schlagenden Verbindungen Träger nationaler Überlieferungen und Überzeu gungen, und aus diesem Grunde bei jenen verhaßt, die gegen die Pflege nationaler Über lieferungen und Überzeugungen sind.“ Konservierung des Militarismus, das ist ihre Tra ditionspflege, ihre antinationale Konzeption: „Die Geschichte lehrt, daß eine große Zahl aktiver (und ehemaliger) Mensurstudenten hervorragend tapfere Soldaten waren.“ Feto: Zentralbild „So stehen sich heute zwei deutsche Staaten auf deutschem Boden feindlich gegenüber, jeder von ihnen verkörpert ein anderes Deutschland, grundsätzlich verschiedene deutsche Traditionen.“ (Aus dem Dokument des Nationalrats.) Z ur politischen Haltung der deutschen 24 Professoren im ersten Weltkrieg“ so ist ein Artikel von Klaus Schwabe überschrie ben, der kürzlich in der in Westdeutsch land erscheinenden „Historischen Zeit schrift“ abgedruckt wurde (Band 193, Heft 3). Es sei gleich vorweggenommen: Schwabe stellt sich mit diesem Artikel an die Seite eines Gerhard Ritter, der schon seit Jahren den deutschen Militarismus zu rehabilitieren versucht und die Ziele des Westdeutschen Monopolkapitalis zu recht fertigen sich bemüht. Jene „Historiker“ tun das, weil sie im Dienste dieser Verderber der deutschen Nation stehen, deren Pläne Wiederholt scheiterten. Für einen neuen Feldzug aber braucht man Menschen, die nicht die Niederlagen sehen, sondern das, Was an ihren Plänen „fehlkonstruiert“ war: das heißt, man braucht Soldaten, die im Interesse des Monopolkapitals und seiner Generale die ..Lehren aus der Geschichte“ ziehen. Da solche „Lehren“ der historischen Wahrheit widersprechen, muß man die Ge schichte fälschen, indem man die fort schrittlichen Traditionen verschweigt und an die antinationalen Traditionen an knüpft. Die Wissenschaft, die in der DDR betrie ben wird, setzt die guten Traditionen fort, von denen Walter Ulbricht auf dem 15. Ple num sagt, daß sie durch eine „große schöp ferische Arbeit auf allen Gebieten der Ideologie“ den Menschen bewußt werden müssen, um ihr Handeln danach bestim- men zu können. Es sind die Traditionen des deutschen Volkes, darin liegt die Stärke, darin liegt die Kraft, mit der wir den Kriegstreibern das Recht nehmen, in Deutschland Geschichte zu machen. S chwabe gehört zu denen, die die Ge- • schichte mystifizieren und fälschen. Was sagt er nämlich zum Beginn des ersten Weltkrieges? So fälschen sie die deutsche Geschichte „Wissenschaftliche Rechtfertigung imperialistischer Kriegspolitik — eine Tradition, an die Bonn anknüpft „... Dem Beispiel seiner Vorfahren von 1848 folgend, setzte auch jetzt das Bürgertum wissenschaftliche und politische Qualifikation gleich; in hellen Scharen drängte es sich über all zu den Kundgebungen, in denen berühmte Gelehrte das Wort ergriffen, um ein Gesche hen zu deuten, über dessen Ursprung und erst recht über dessen Ziel weiteste Unklarheit herrschte . ..“ (Seite 606.) Allerdings sieht die Wirklichkeit etwas anders aus. So konnte gerade im Januar 1912 üe Sozialdemokratie ihren größten Wahlsieg vor dem ersten Weltkrieg feiern, als sie durch die Stimmen von 4,2 Millio nen Wählern mit HO Abgeordneten als weitaus stärkste Fraktion in den Reichstag einzog. (Vgl. Fritz Klein, Deutschland 1897 bis 1917, Berlin 1961.) Dieser Sieg zeigte die tiefe Kluft zwi schen den Kriegszielen und Verelendungs programmen des deutschen Imperialismus und dem Willen und Interesse der deut schen Arbeiterklasse und anderer Schich ten. Bei großen Teilen der arbeitenden Be völkerung herrschte Klarheit über die wahren Ziele, deshalb war es auch nicht einfach, durch die These der Verteidigung, den Massen „Klarheit“ im Interesse der Kriegstreiber einzuimpfen. Schwabe sucht die Schuld und findet sie bei der Reichs leitung (!), die „...sich außerstande zeigte, den plötzlich hereinbrechenden Weltkrieg propagandistisch einen anderen Sinn zu geben als den der reinen nationalen Ver teidigung.“ (Ebenda.) Was damals die Historiker, Philoso- sophen usw. taten, verlangt heute Schwabe wiederum. Und um die entsprechenden Kreise zu ermuntern, schildert Schwabe mit rührseligen Worten die Stimmung jener Professorenkreise: „Eine Schicksals- und staatsgläubige Stim mung hatte sich der Gebildeten Deutschlands bemächtigt. Sie beruhte auf der festen Hoff nung auf einen baldigen deutschen Sieg, die ihrerseits weniger auf militärischem Kalkül aufbaute als auf dem Glauben an die Über legenheit der eigenen guten Sache. Das Schick sal des Krieges wurde nicht verwünscht, son dern vertrauensvoll willkommen geheißen. Denn war nicht Kraftprobe dem Reiche von seinen angriffslustigen Feinden aufgezwungen worden?“ (Seite 607.) W enn Schwabe zu jenen „Gebildeten“ solche Leute wie Haller, Spahn, Tir- pitz, Meinecke, Dellbrück, Troeltsch u. a. rechnet, dann geben wir ihm recht: Sie waren Lakaien des Monopolkapitals. Die von ihnen verkörperten Traditionen wer den heute von Rothfels, Ritter u. a. in Westdeutschland fortgesetzt. Schwabe iden tifiziert sich mit den Auffassungen der da maligen „Gelehrten“ und formuliert, Deutschland sollte „Beschützer aller noch .unverschluckten* Staaten“ werden, „modern ausgedrückt... zu einer dritten Kraft zwi schen den Großmächten werden“. (Ebenda, siehe auch Fr. Klein, a. a. O., S. 315 ff.) Unter diesem Gesichtspunkt bemüht sich Schwabe krampfhaft, die Rolle dieses Teils der deutschen Professorenschaft (Schwabe selbst sieht sich gezwungen, die Naturwis senschaftler auszuklammern) mit dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit zu umkleiden. Allerdings sieht sich Schwabe zunächst genötigt, festzustellen: „Auch über die Mittel, mit denen Deutsch land diese Stellung erringen und behaupten sollte, gab es im Prinzip keine Meinungsver schiedenheit: Es brauchte einen ungehinderten Zugang zu allen Meeren und uneingeschränkte Expansionsmöglichkeiten für seinen Han del ...“ (Seite 608.) Das aber war und ist das Programm der deutschen Reaktion, jener Junker, Mono polisten und Generale, die bei der Neuauf teilung der Weltmärkte sich einen „Platz an der Sonne“ holen wollten und es heute wiederum versuchen. Die Oktoberrevolution jedoch leitete die allgemeine Krise des Kapitalismus ein; das heißt, alle Pläne des internationalen und auch deutschen Imperialismus mußten sich letztlich als undurchführbar erweisen. D as möchte Herr Schwabe aber nicht wahrhaben und schon gar nicht seine Leser wissen lassen. Darum jammert er über Meinungsverschiedenheiten in bezug auf die Taktik der Welteroberung darüber, daß die Konsequenz der maritim-kolonialen Besitzvergrößerung „allein... nur die we nigsten Professoren... zogen. Für die mei sten ihrer Kollegen traten angesichts der Abschnürung des Reichs von allen über seeischen Gebieten kontinental-europäische Expansionspläne in den Vordergrund.“ In dem er antagonistische Gegensätze kon struiert zwischen den sogenannten An nexionisten und den Gemäßigten oder Liberalen, versucht er die wahren Gegen sätze zu vertuschen. Damals erreichten die deutschen Mili taristen nicht ihr Ziel, heute würde es ihnen noch weniger gelingen. Denn es gibt einen Staat auf deutschem Boden, der die fort schrittlichen, humanistischen Traditionen fortsetzt. Schwabe umschreibt den antinationalen Charakter aller anderen Traditionen, der Traditionen des deutschen Imperialismus fakten Bonner Geschichtsfälschung beginnt in den Schulbüchern „Hitler war der größte Leiter der Solda ten. Er sorgte für seine Arbeiter, denn er holte Brot und was zu trinken für sein Volk, vor allem im Krieg. Er hat immer für Essen und Ordnung gesorgt. Hitler war ein guter und getreuer Mann.“ Dies ist das Geschichtsbild eines elfjährigen Mädchens aus Kassel über Hitler, enthalten in einem Geschichtsaufsatz, den Waltraut Kueppers in ihrem jetzt im Ernst-Kett-Verlag Stutt gart erschienenen Buch „Zur Psychologie des Geschichtsunterrichts“ zitiert. Waltraut Kueppers hat in ihrer Analyse über das Geschichtswissen der westdeut schen Jugend, die erschreckende Beispiele von Unwissenheit über die Verbrechen des Hitlerfaschismus ans Tageslicht brachte, Gespräche in 16 Volks-, Mittel- und Hoch schulklassen zugrunde gelegt und 1281 Bo gen mit je 50 Fragen ausgewertet. Von je drei schriftlichen Arbeiten von Schülerin nen und Schülern aus dem sechsten Schul jahr der Volksschule sprechen sich zwei positiv über Hitler aus. Namen von deut schen oder ausländischen Widerstands kämpfern gegen das Hitlerregime wurden in fast keinem der Aufsätze genannt. „Mythos des Kriegers in Stahlgewittern“ „Das Werk gilt als das klassische Zeug nis des ersten Weltkrieges, an dem sich der letzte Mythos des europäischen Geistes, nämlich des Kriegers in Stahlgewittern ge bildet hat.“ Mit derartigen Sätzen preist der Stuttgarter Emst-Klett-Verlag seine Neuauflage von Ernst Jüngers „In Stahl gewittern“ an, als „Denkmal höchster Mannesbewährung“ im „sagenumwobenen ruhmbeglänzten Bereich des Einzelkämp fers“. Jünger spricht immer wieder von jenem Hochgefühl, das ihn bei Zweikämp fen im feindlichen Schützengraben über kam, wenn er das ,Schwarze Auge des Gegners* sah.“ Diesen Mörder-Mythos ver sucht der westdeutsche Verlag heute, nach dem unermeßlichen Leid zweier Welt kriege, dem Bundesbürger und vor allem der westdeutschen Jugend als Leitbild zu verkaufen. österreichische Studentenschaft verurteilt Neofaschismus - Neonazistische Studenten verließen den Saal Zu einer Auseinandersetzung zwischen Vertretern des neonazistischen „Rings frei heitlicher Studenten“ (RFS) und den übri gen Studentenvertretern kam es in der letzten Sitzung des Zentralausschusses der österreichischen Hochschülerschaft. Als die „Sozialistischen Studenten“ und andere eine Resolution einbrachten, in der sie sich zur demokratischen Republik bekannten und scharf alle neofaschistischen Aktivitä ten der letzten Zeit in Österreich verurteil ten, verließen die RFS-Leute unter Protest geschlossen den Saal. Danach wurde die Resolution einstimmig angenommen. Die Wiener Staatsanwaltschaft hat jetzt gegen fünf Jugendliche, die sich in Unter suchungshaft befinden, Anklage wegen Ver dachts neonazistischer Umtriebe erhoben. Die Jugendlichen, meist „deutschvölkische“ Burschenschaftler, werden verdächtigt, an den Provokationen vor dem österreichi schen Parlament im vergangenen Jahr be teiligt gewesen zu sein. Am 28. November 1961 hatten Faschisten nachts das Parla mentsgebäude vom Auto aus beschossen. Sie hinterließen ein Plakat mit der Auf schrift „Die deutschen Burschenschaften werden kämpfen“ und einer Schleife in den Farben der westdeutschen Bundesrepu blik. und Militarismus, wenn er zusammenfas send feststellen muß: „Es mußten die deutschen Professoren am Ende des Krieges erkennen, daß sie mit der politischen Aufgabe, die sie sich zu Kriegs beginn gestellt hatten, in jeder Hinsicht ge scheitert waren. Es war ihnen nicht gelungen, einen überparteilichen Standpunkt zu wahnen; es war ihnen ebenso mißglückt, ihre je weilige Konzeption der Weltkriegspolitik ihrem Volke nahezubringen und glaubhaft zu machen. R. Seeberg mußte sich von einem Arbeitervertreter Mitte Oktober 1918 sagen lassen, der hohen Worte seien jetzt genug ge fallen, die Professoren täten besser, wenn sie sich um eine gerechte Lebensmittelversorgung kümmern. Wenig später mußten dieselben Gelehrten hilflos mit ansehen, wie gleich zeitig mit der militärischen Niederlage Deutschlands auch seine .innere* Front zu sammenbrach, zu deren Erhaltung sie sich 1914 geistig .mobilgemacht* hatten.“ (Seite 629.) Ein interessantes Eingeständnis. Ja, die Lakaien des Monopolkapitals waren eben sowenig wie jenes selbst imstande, die Niederlage zu verhindern. Die revolutionäre Nachkriegsperiode bewies eindeutig den Antagonismus zwischen den Imperialisten und der Masse des Volkes. „Daß ihre (der Professoren — N. Z.) Gedan ken schließlich Theorie blieben und nicht an der politischen Wirklichkeit erprobt werden konnten, dieser Umstand war auf Faktoren zurückzuführen, die außerhalb der Reich weite ihres Einflusses lagen.“ (Seite 634). Dieser Meinung schließen wir uns vorbe haltlos an. Ein Volk läßt sich auf die Dauer nicht knechten, wenn es auch zeitweise dem Imperialismus gelingt, Teile von ihm zu verdummen. Schwabe verherrlicht die Mis sion derjenigen Professoren, die an der Seite der Militaristen Niederlage auf Nie derlage erlitten. Das ist ihre Tradition, an diese knüpfen sie an. 1 ) 1) Vgl. den Artikel in der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ 1/1962 von Nikolaev, Versuche zur Rehabilitierung des deutschen Militarismus in der modernen westdeutschen Historiographie. Norbert Ziegenhagen Universitätszeitung» Nr. 15, 12. 4. 1962, S. 5
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