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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 6.1962
- Erscheinungsdatum
- 1962
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196200007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19620000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19620000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust. Heft 9-10 in falscher Reihenfolge eingebunden, fehlerhaft gezählt.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 6.1962
-
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- Ausgabe Nr. 2, 11. Januar 1
- Ausgabe Nr. 3, 18. Januar 1
- Ausgabe Nr. 4, 25. Januar 1
- Ausgabe Nr. 5, 1. Februar 1
- Ausgabe Nr. 6, 8. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 15. Februar 1
- Ausgabe Nr. 8, 22. Februar 1
- Ausgabe Nr. [10], 8. März 1
- Ausgabe Nr. [9], 1. März 1
- Ausgabe Nr. 11, 15. März 1
- Ausgabe Nr. 12, 22. März 1
- Ausgabe Nr. 13, 29. März 1
- Ausgabe Nr. 14, 5. April 1
- Ausgabe Nr. 15, 12. April 1
- Ausgabe Nr. 16, 19. April 1
- Ausgabe Nr. 17, 26. April -
- Ausgabe Nr. 18, 3. Mai 1
- Ausgabe Nr. 19, 10. Mai 1
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- Ausgabe Nr. 22, 1. Juni 1
- Ausgabe Nr. 23, 7. Juni 1
- Ausgabe Nr. 24, 14. Juni 1
- Ausgabe Nr. 25, 21. Juni 1
- Ausgabe Nr. 26, 28. Juni 1
- Ausgabe Nr. 27, 5. Juli 1
- Ausgabe Nr. 28, 12. Juli 1
- Ausgabe Nr. 29, 19. Juli 1
- Ausgabe Nr. 30, 28. Juli 1
- Ausgabe Nr. 31, 2. August 1
- Ausgabe Nr. 32, 9. August 1
- Ausgabe Nr. 33, 16. August 1
- Ausgabe Nr. 34, 23. August 1
- Ausgabe Nr. 35, 30. August 1
- Ausgabe Nr. 36, 6. September 1
- Ausgabe Nr. 37, 13. September 1
- Ausgabe Nr. 38, 20. September 1
- Ausgabe Nr. 39, 27. September 1
- Ausgabe Nr. 40, 4. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 41, 11. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 42, 18. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 43, 25. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 44, 1. November 1
- Ausgabe Nr. 45, 8. November 1
- Ausgabe Nr. 46, 15. November 1
- Ausgabe Nr. 47, 24. November 1
- Ausgabe Nr. 48/49, 29. November 1
- Ausgabe Nr. 50, 6. Dezember 1
- Ausgabe Nr. 51/52, 13. Dezember 1
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Band
Band 6.1962
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faxten Korporierte und Pressefreiheit Die reaktionären Korporationen und Burschenschaften versuchen in letzter Zeit verstärkt, jede nur einigermaßen liberale Meinungsbildung an westdeutschen Univer sitäten zu unterdrücken. Bezeichnend da für sind zunehmende Angriffe auf die links liberale Studentenpresse. So hat die von Korporierten beherrschte „Vollversamm lung“ der Studentenschaft der TH Stuttgart nach großen Tumulten, die mit dem Aus zug des ASTA aus dem Saal endeten, be schlossen, die Zeitung „notizen“ in Zukunft finanziell nicht mehr zu unterstützen. In Westberlin hatten die Korporierten der Studentenzeitschrift „Colloquium“, die es ab und zu gewagt hatte, von der offiziellen Bonner Linie ein Quäntchen abzuweichen, ein ähnliches Ende zugedacht. Unter dem Druck der Studenten mußte jedoch der Stu dentenkonvent seinen Beschluß, die finan ziellen Zuschüsse zu streichen, wieder zu rücknehmen. Notstandspraktiken gegen Prof. Dr. Schmidt Der durch seinen Kampf gegen die Atom rüstungspolitik bekannte Arzt Prof. Dr. Siegmund Schmidt aus Bad Rothenfelde ist von der politischen Staatsanwaltschaft Oldenburg „staatsfeindlicher Umtriebe" ver dächtigt worden. Gegen den Wissenschaft ler wurde ein Ermittlungsverfahren ein geleitet, weil er in Leipzig auf einer Tagung der Liberaldemokratischen Partei Deutsch lands über die medizinischen Aspekte der Atomversuche gesprochen und vor den Ge fahren der Versuche gewarnt hatte. ... und gegen Prof. Dr. Schneider In Würzburg wurde dem Professor für Staatswissenschaften Dr. Franz Paul Schneider aus sehr durchsichtigen poli tischen Gründen ein Dienststrafverfahren angehängt. Sein „Vergehen“ besteht darin, daß er sich in dem oppositionellen „Frän kischen Kreis“ aktiv betätigt hat, ferner hatte er sich mutig für die Unterstützung der Weltfestspiele in Helsinki und für die Arbeit des westdeutschen Friedenskomitees eingesetzt. Dieses Eintreten für die Sache des Friedens wird ihm als „Verletzung der Treuepflicht als Beamter gegenüber dem Freistaat Bayern“ ausgelegt. In der Verhandlung vor der Dienststraf kammer beim Landgericht Würzburg sagte Prof. Schneider, er stehe nach wie vor zu jedem seiner Worte. Prof. Schneider setzte sich für die Idee der friedlichen Koexistenz und für Friedensverhandlungen des Westens mit der Sowjetunion und der DDR ein. Verteidigung eines Grinsens Der Erstchargierte der Münchener Bur schenschaft „Feldherrnhallia" drückt das schwarzweißrote Brustband zwei Milli meter höher, haut den Humpen auf armes Treudeutscheichenholz und sagt zum muckenden „Fuchsstall" hinüberblickend: „Behner, holen Sie doch mal die Strauß büste aus dem Vorsaal. Unser verehrter Gast, der Herr Ponsel vom RCDS, spricht ä In der Deutschlandfrage stellt sich Ultra politik jetzt über seine Erlebnisse beim 12. Bun desdelegiertenkongreß seiner Truppe in Westberlin." Herr Ponsel tritt zackig vor, grüßt stummen Blickes das feixige Gesicht seines Landes herrn, das der Fuchs Behner beflissen her eingeschleppt hat, verneigt sich vor den uniformierten Altherren-Fotos an der be- schlägerten Wand und hebt an: „Herr Präsident, meine Damen (Verzei hung) und Herren! Wir haben bei unserem Kongreß wieder mal viel Gutes über Herrn Adenauer ge hört. - Eine Wohltat. Zum Beispiel hat eine Erklärung verteilt hatte, in der 8 § Bundesminister Strauß aufgefordert % wurde, auf sein Amt nicht zu ver- ¥ ^zichten.'Strauß_könne, so hieß es in der Erklärung, überzeugt sein, daß weite Kreise der akademischen Ju- 8 gend seinen Rücktritt nicht billigten, g Diese Erklärung löste allerdings hef- % tige Proteste bei der Mehrheit der Versammlung, darunter auch bei den § ^bayerischen Delegierten, aus. Strauß-Jünger Herr Amrehn, CDU-Bürgermeister, über unseren „geistigen Unterbau" gesprochen. Das Studium muß nämlich wegen der Kom munisten zurückstehen. In Berlin ist das prima, dort läßt man gleich mal eine Vor lesung schwimmen, wenn von unseren Jun ¬ gens an der Mauer was los gemacht wird. Und das ist in erster Linie Sinn des Stu diums, so ähnlich hat Herr Amrehn ge sagt. Und dann waren wir auch bei Dibelius. Meine Herren, eine Predigt auf preußisch erfreut auch katholische Bayern. Brauchba rer Mann, meinte, wir sollen nicht dem Zug der Zeit folgen. - Na, wir sind doch keine Kommunisten! Und dann sprachen die Altgetreuen, Lemmer, Thedick und der geschäftsführende Vorsitzende der CDU, Dufhues. Wir Jung akademiker alten Schlages werden eben von den Größen groß genommen. Das wird schon zu etwas gut sein. Dem Osten haben die es vielleicht ge geben! Und die elenden Demokraten, die — wehe ihnen - auch an unserer Univer sität herumgeistern, kriegten ihr Fett! Das wäre doch auch was für Sie, meine Herrn Kameraden! Die Innenpolitik hätte gar Notstandspolitik nicht solch eine Bedeutung verdient, meinte Dufhues. Das haben nur die „Spiegel"- Kommunisten aufgebracht, diese Stänkerer. Na, und wir bayrischen RCDSIer sind na türlich den heimatlichen Traditionen treu geblieben und haben uns dafür eingesetzt, daß der da vorn nicht abtritt. Aber in der Beziehung waren die anderen alle schon von der Mauer angekränkelt. Hätten unse ren Kongreß doch lieber in Schwabing durchführen sollen! Wir sind nämlich für die angestammte Führung. — Heil Strauß! — Auch wenn die SPD ihre Verdienste hat- schließlich sind trotz der prima Führung noch Proleten in dem Verein. Aber zurück zum Kongreß, meine Her ren. Da kam ja noch der Clou. Herr The dieck sprach über den Widerstand in der Zone. Kolossal. Der passive Widerstand dort drüben besteht zum Beispiel auch darin, daß Studenten Fora mit führenden Funktionären machen, darin, daß noch nicht alle Einwohner in der SED sind und daß die Zuckerrüben — obwohl und trotz der EI-Pe-Ge-isierung - gewachsen sind. Im übrigen wurde uns noch gesagt, daß wir Hefe sind, nämlich Hefe für den Teig unseres verehrten Herrn Bundeskanzlers. Und wir rechnen auf Sie. Denn wir müssen doch zusammenhalten, wir Jungen vom alten Korn und Schrot. Parole: Wehe, wer den „Spiegel" liest, diese unfaire Aus ¬ legung der Demokratie. Und nun, Herr Wehner — oder wie sie heißen - stellen Sie unseren lieben Herrn Strauß ruhig wie der in den Vorsaal, wir werden ihn schon wieder hereinholen." Herrn Ponseis begeisternde Rede endet mit einem Fall Schwarz-Weiß-Rot. Ein Neokolonialismus Bursche hat die Strauß-Büste aus den Hän- = den verloren. Das dicke Grinsen zerspringt = auf dem mit Emol gebohnerten Fußboden. E 440.2« I „Die Hefe im 8 % % Teig der CDU" ssssssusaasaxasasazzzsazsasouweasoszzssa „Wer Strauß fallen läßt, nützt Chru- = schtschow", zetert der Erstchargierte, Bier- E schäum vor dem Mund. „Marsch, auf die = Strafbank!" Und alle Wackeren im Saal E sammeln schon für einen neuen Strauß. = „Hoppla, Vorsicht“, sagt der Hausmeister, E der die Scherben aufsammelt. = Karo = *) In den Faksimiles sind Ausschnitte = aus Berichten der Frontstadtpresse über = den 12. Bundeskongreß des RCDS (Ring E Christlich-Demokratischer Studenten), der = akademischen Kaderorganisation der = Adenauer-CDU/CSU, wiedergegeben. Der E Kongreß fand Ende November in West- = berlin statt. = Sozialistisches Musikschaffen... (Fortsetzung von Seite 6) WERNER WOLF: Die Bemerkungen zu Eislers Lenin-Kantate werfen wieder eine Frage auf. Man muß untersuchen, ob die Lenin-Kantate so aufrüttelnd wirkt, weil sie in der Zwölftontechnik geschrieben ist, oder ob sie diese Wirkung unbeschadet der darin verwendeten, dabei wesentlich ab gewandelten Technik erreicht. Ferner ist zu untersuchen, ob die von vornherein er folgende Begrenzung auf zwölf Töne, die Vorherige Festlegung eines bestimmten Ablaufes, vielleicht gar noch die serielle Festlegung in bezug auf Klangstärke usw. geeignet ist, ein neues Lebensgefühl, neue Inhalte auszudrücken. Oder ist es nicht umgekehrt so, daß die Zwölftontechnik nur Unter solchen Umständen entstehen konnte, wie es eben bei Schönberg der Fall war: in einer weitgehenden Isolierung, in einer Hoffnungslosigkeit, in Angst und Qual. Eisler stand mitten in der Auseinandersetzung Als Schüler Schönbergs geriet Eisler mit ten in diese Auseinandersetzung hinein, die für ihn selbst gewiß nicht leicht war. Dabei ist eine Besonderheit gegenüber den Kom ponisten der Aufklärung und der Klassik festzustellen. Jene Meister kamen aus dem Stand, der die Aufklärung vertrat und der um seine Freiheit, um die Gewinnung der Macht, um die gesellschaftliche Anerken nung im allgemeinen kämpfte. Aber in unserer Zeit kommen alle namhaften Komponisten aus dem Bürgertum. Für sie ist nicht leicht, sich aus vielen liebgeworde nen und durchaus nicht immer verwerf lichen, aber nicht mehr brauchbaren Ge wohnheiten des Bürgertums zu lösen, sich zur Arbeiterklasse zu bekennen und im Sinne einer neuen Aufgabenstellung zu wirken. Gegenüber dem um seinen Auf stieg kämpfenden Bürgertum hatte die Ar beiterklasse in Deutschland bis 1945 nicht viele Möglichkeiten, Wissenschaftler und Komponisten aus ihrer Reihe zu entwik- keln, wie es im 18. Jahrhundert das Bür gertum konnte. Ein Komponist wie Hanns Eisler mußte sich erst von seiner Klasse lösen, zu einer anderen Klasse, zur Arbei terklasse, bekennen. Das ist ein in vielen Dingen sehr schmerzlicher Prozeß, und man Wird auch bei Eisler untersuchen müssen, wie weit ihm das gelungen ist, inwieweit er noch von herkömmlichen Erscheinungen oder Gewohnheiten beeinflußt war. Das schmälert nicht seine Verdienste, sondern dient nur der wissenschaftlichen Klärung. Eine weitere Frage ist, wie die weitere Entwicklung unserer Musik auszusehen hat. Das bedarf gründlicher Untersuchungen auch durch die Musikwissenschaft; denn durch Untersuchung der gesellschaftlichen Hintergründe, der geistigen Haltung, durch Analysen, Vergleiche, Aufdeckung histori scher Parallelen wie Unterschiede kann die Musikwissenschaft diese Entwicklung wesentlich fördern. Um diese Probleme gilt es ernsthaft zu ringen, und in Leipzig scheint mir manches nach- und aufzuholen sein. DR. PETER SCHMIEDEL: Ich freue mich sehr, daß nun diese Fragen im Raume stehen, die mich sehr bewegen, und ich freue mich besonders, daß diese Fragen nun tatsächlich als Fragen im Raume stehen, das sind sie nämlich auch. Herr Wolf hatte eben gefragt: Ist es so, daß Eisler seine Wirkung dadurch erzielte, daß er die Zwölftontechnik verwendet, oder erzielte er sie, obwohl er die Zwölftontech nik verwendet? Er hat das als Frage hin- gestellt. Herr Lippold sagte soeben auch: Gibt es denn nicht objektive Kriterien, die jetzt zeigen können, das ist dekadent, das ist sozialistisch? Das sind aber eben Fra gen im Augenblick. Und es wäre wohl ver messen zu sagen, man hat Antworten pa rat, die man auf den Tisch legen kann. Aber worum es gehen muß, ist eben, sich solche objektiven Kriterien zu erarbeiten, jedenfalls zu versuchen, sie zu erkennen. Und ich habe mir als Aufgabe für die Ar beitsgemeinschaft für Musik in der Hoch schulgruppe gestellt, daß man sich diese Fragen vorlegt. Also zum Beispiel: Kann man von bestimmten Techniken als von „dekadenten“ Techniken sprechen, von an deren als von „sozialistischen“ Techniken, oder kann man überhaupt jetzt schon ob jektive Kriterien haben, oder wie müssen wir sie uns erarbeiten? DR. ERHARDT JOHN: Ich möchte nur einige Gedanken als Anregung äußern. Gestatten Sie mir, dabei vom Stand punkt der allgemeinen Ästhetik aus zu sprechen. Idi will dabei betonen, daß diese Ästhetik sich nicht als „Überwissenschaft“ von der Kunst betrachtet und nicht bean sprucht, Fragen allein zu klären, die nur in einer engen Gemeinschaftsarbeit mit den konkreten Kunst- und Literaturwis senschaften geklärt werden können. Hier her gehört z. B. die Frage, welche konkrete Formen ein sozialistisch-realistisches Mu sikschaffen annimmt. Aber unser Gespräch hat auch gezeigt, daß jeder spezialwissenschafltichen Unter suchung explicit oder implicit bestimmte allgemeintheoretische Anschauungen zu grunde liegen. Auch von Herm Klemm z. B. wurden bestimmte allgemein-ästhe tische Fragen aufgeworfen. Ich möchte mich zu ihnen äußern. Die Wirkung des Kunstwerkes ist immer eine Wechselwirkung zwischen dem Kunst werk und dem kunstgenießenden Subjekt. Ich glaube, Lichtenberg hat dies einmal sehr drastisch so formuliert: Wenn ein Buch und ein Kopf Zusammenstößen und es klingt hohl, so ist nicht immer das Buch schuld. Wir wollen uns nicht so zugespitzt ausdrücken und schlicht sagen: Die Wir kung jedes Kunstwerkes ist abhängig von dem, was das Kunstwerk an ideellem und emotionalem Gehalt und künstlerischer Gestaltung repräsentiert. Andererseits' wird es wesentlich von Weltanschauung, Lebenserfahrung und ästhetischer Kultur desjenigen beeinflußt, der dieses Kunst werk aufnimmt. Ja sogar die subjektive, augenblickliche Stimmung spielt eine Rolle. Auch bei jedem einzelnen Menschen ist das Erlebnis des gleichen Kunstwerkes nie zweimal völlig gleich. Aber es wäre falsch, aus der Unwieder holbarkeit einzelner Züge eines Kunst erlebens die absolute Unwiederholbarkeit auch der wesentlichen ableiten zu wollen. Dies gilt für ein Individuum wie für eine Klasse oder eine Gesellschaft. In der ge genwärtigen Übergangsperiode liegen da bei die Dinge besonders kompliziert. Übrigens gibt es auch die Erscheinung der „privaten Symbolik“. Unter Umständen können bestimmte künstlerische, formale wie inhaltliche Elemente für eine be- bestimmte kleine Gruppe, unter Umstän den für ein einzelnes Individuum einen gesellschaftlich nicht existenten Erlebnis gehalt besitzen. Deshalb spielt ja im Bitterfelder Weg die Forderung eine so große Rolle, eine enge Verbindung des Künstlers mit dem Leben herzustellen und in einem reichen Kultur leben eine wechselseitige Erziehung von Künstler und Werktätigen zu erreichen. Eine weitere wichtige Frage ist die Bedeu tung des „Mittels“ oder der künstlerischen Technik „an sich“. Ich glaube, es gibt hier zwei extreme Auffassungen. Eine schreibt bestimmten Darstellungsmitteln eo ipso, außerhalb ihrer Stellung in einem konkre ten Kunstwerk, eine gewissermaßen „un verrückbare“ inhaltliche Bedeutung zu. Man könnte Parallelen z. B. zur Literatur ziehen — zu dem Versuch, auch den End reim als „historische Kategorie“ und „kleinbürgerlichen Kling-Klang“ abzutun. Aber ob ein literarisches Kunstwerk bloß „Glockengebimmel" ist — das hängt von dem Glöckner ab. Erich Weinert z. B. hat mit diesen künstlerischen Darstellungsmit teln zum Sturme geläutet. Das andere Extrem ist die Meinung, künstlerische Darsteliungsmittel wären so indifferent gegenüber dem künstlerischen Inhalt, daß man sie beliebig umfunktionie ren könne. Und man kann doch nicht mit allen künstlerisch-technischen Möglichkei ten unter allen Bedingungen alles Belie bige ausdrücken. Ich möchte sogar sagen: Ein wichtiges Merkmal jeder künstlerischen Meister schaft ist es, daß der Künstler ein feines Empfinden dafür hat, mit welchen künst lerisch-technischen Möglichkeiten er einen bestimmten künstlerischen Inhalt optimal ausdrücken kann. Weiterhin möchte ich vor einer Tendenz zur Enge warnen — die unter Umständen äußerlich als Ruf nach „Weite“ auftritt. Es wäre wohl ein Fehler, wollten wir unsere Bemühungen nur darauf richten, Fragen der Zwölftonmusik zu klären und darüber zu diskutieren, wie ihre Möglichkeiten um zufunktionieren sind. Natürlich muß auch diese Frage theoretisch und praktisch be ¬ antwortet werden. Aber wir sollten beson ders achtsam jene Grundprinzipien der so zialistischen Kulturpolitik beachten, die fordern, sich in der sozialistischen Kultur revolution all das anzueignen und kritisch zu verarbeiten, was die Menschheit bisher an Wertvollem auf kulturell-künstle rischem Gebiet geschaffen hat. Wir sollten nicht vergessen, daß in der Klassengemein schaft auf ideologischem Gebiet die letzten Leistungen einer Klasse oder Gesellschaft nicht durchaus ihre besten zu sein brau chen — ja es gesetzmäßig nicht sind. Es ist doch ein Charakteristikum der Dekadenz, daß sie bereits erreichte Errungenschaften quf künstlerischem Gebiet wieder s,zurück nimmt“. Wir sollten aber diesen großen humanistischen nationalen Musiktraditio nen eine besondere Aufmerksamkeit schen ken. Ich stimme zu, wenn man mir sagt: Wir können heute nicht mehr so komponieren wie Beethoven. Aber ich möchte ergänzen — wir können auch nicht so komponieren, als ob Beethoven nie gelebt und inhaltlich und formal der Musik großartige Möglich keiten erschlossen hätte. Die Frage beantworten, was das Leben von den Musikwissenschaftlern verlangt Die Verbindung mit dem humanistischen Erbe wird ja im neuen Parteiprogramm der SED nachdrücklich hervorgehoben. Ich glaube, wir sollten für unsere weiteren Diskussionen gerade dieses Dokument stu dieren und die Frage zu beantworten ver suchen: Welche grundlegenden Entwick- lungslinien der sozialistischen Nationalkul tur wurden dort aufgezeigt? Was erwartet das Leben von uns Wissenschaftlern? Wel che Aufgaben wird das Leben den Stu denten stellen, die wir heute ausbilden und die in der vollendeten sozialistischen Gesellschaft leben werden? Was müssen wir tun, um diese Studenten so auszubil den, daß sie den Anforderungen dieses Lebens gewachsen sind? Es ist sehr nützlich, über solche Pro bleme wie heute zu diskutieren. Ja man sollte heute aufgeworfene Fragen vielleicht in einer noch konkreteren Untersuchung konkreter Werke zu beantworten versu chen. Aber wir sollten darüber nicht jene allgemeinen Fragen vergessen, die heute überall an der Universität diskutiert wer den. Ja ich würde sagen — sie sollten eine zentrale Stellung in späteren Diskussionen einnehmen. Wir können diese Fragen nur gemeinsam beantworten. Dabei schließt diese Gemeinsamkeit auch das Klären be stimmter prinzipieller Probleme in einem wissenschaftlichen Meinungsstreit ein, den wir mit diesem Gespräch begonnen, aber gewiß nicht beendet haben. Bekenntnis aus Erkenntnis Man hat ihnen in den westdeutschen kapitalistischen Zeitungen nur kurze und zumeist schmähende Meldungen gewidmet — den über 150 Professoren aus Tübingen, Bonn, Stuttgart und Münster, die sich im Zusammenhang mit der „Spiegel"-Affäre in scharfer Form gegen den Abbau der De mokratie gewandt haben. Gewiß, verantwortungsbewußte und de mokratisch gesinnte Wissenschaftler der Bundesrepublik erhoben auch schon früher ihre Stimme gegen einzelne Maßnahmen der Bonner Politik — erinnert sei an die 18 Göttinger Professoren im Jahre 1957. Noch niemals aber entzündete sich der Pro test unter den Wissenschaftlern und Stu denten mit dieser Heftigkeit und am glei chen Problem, das auch die Gewerkschaf ten in den Kampf führte: an der Prakti- zierung des Notstandes. Unter denen, die ihren Protest ausspra chen, sind solche, bei denen das vor Mona ten noch undenkbar gewesen wäre. Nur wer weiß, wie schwer eine gemeinsame Meinungsäußerung von Professoren ver schiedenster Fakultäten unter westdeut schen Bedingungen zustande kommt, kann die große Sorge dieser Männer der Wissen schaft ermessen. Dabei gelangten solche Wissenschaftler wie der Rektor der Tübinger Universität, Professor Eschenburg, zu der Erkenntnis, daß es nicht um Augstein oder Strauß geht. „Es handelt sich hier eigentlich um eine ganz große politische Vertrauens krise.“ Ja, es gehören Bekennermut und moralisches Rückgrat zu den Forderungen der Wissenschaftler nach „einer durchgrei fenden inneren Erneuerung der Regierung“, zu ihren Protesten gegen die Mißachtung des Rechts. Wie sich zeigte, können auch Verleumdungen und Beschimpfungen das sich in Zusammenhang mit der Staatskrise ausbreitende Umdenken unter der west deutschen Intelligenz nicht auf halten: Neben den Wissenschaftlern und den Tau senden Studenten äußerten sich u. a. sol che Persönlichkeiten gegen den Notstand wie Heinz Hilpert, Robert Jungk, Axel Eggebrecht, Erwin Piscator, Christian Geißler; die Schriftsteller der Gruppe 47, die daraufhin von der „Welt“ als kindi sche Nationalnarren“ bezeichnet werden durften — wie einst die Göttinger 18. Die Bewegung hat bedeutende Kreise erfaßt. Den Intellektuellen und den sechs Millionen Gewerkschaftern geht es um das gleiche: um die Verteidigung der Demokra tie. Aber die einzelnen Bäche des Protestes müssen nun auch zu einem einheitlichen Strom zusammenfließen, wenn das Ziel erreicht werden soll — die Änderung der Bonner Politik. M. G. Freiheitliche „Förderung“ Vor dem Westberliner Landgericht be gann Ende November ein Prozeß, in dem der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) gegen den Ausschluß aus dem Ar beitskreis Berliner Studenten (ABS) klagte. Der ABS, das ist jene Organisa tion, die in Westberlin die Verteilung finan zieller Mittel aus dem Bundesetat für Ju gend lenkt. Mit dem Ausschluß aus dieser Organisation wird also dem SDS die finanzielle Unterstützung staatlicherseits entzogen. Als Grund des Ausschlusses wurde vom ABS-Vorstand angegeben, der SDS habe gegen die Satzungsforderung verstoßen, in der es heißt: Mitglieder dürfen nicht Me thoden anwenden, empfehlen oder billigen, die der freiheitlichen Demokratie wider sprechen. Welchen Verstoßes hat sich der SDS schuldig gemacht? Laut Westberliner Pres seorgan „Der Tag“ soll er im wesentlichen in zwei Punkten bestehen: Erstens habe der SDS Westberlins Anfang Juli 1962 eine französische Studenten gruppe zu Besuch gehabt, die sich anschlie- ßend als Gast der FDJ ins demokratische Berlin begab, wo sie sich gegen die Bonner Politik äußerte. Der SDS habe sich nicht von dieser Gruppe distanziert. Zweitens nahmen zwei Mitglieder des SDS Westberlins an den Weltjugendfest spielen in Helsinki teil, ohne daß sie aus geschlossen wurden. Die SDS-Gruppe hat also nicht selbst „kommunistische" Äußerungen gemacht, er hat nicht als Organisation an den Welt festspielen teilgenommen, er hat sich nur nicht von gegen Bonn gerichteten Äuße rungen distanziert, hat nicht die Teilneh mer an den Weltfestspielen aus seinen Rei hen entfernt. Er wurde, um es mit ande- den Worten zu sagen, aus dem ABS aus geschlossen, weil er nicht am Hexensabbat! des Antikommunismus teilnimmt. Die FDJ und die KPD wurden im Bon ner Staat verboten. Der Verbotsprozeß gegen eine der letzten wirklich antifaschi stischen Organisationen, die VVN, ist noch nicht über die Runden gegangen, da setzt schon die Jagd auf jene ein, die Bedenken gegen die Bonner Atomkriegspolitik hegen und sich mit demokratischen Mitteln zur Wehr setzen. Vorläufig noch auf dem Weg, daß man ihnen die finanziellen Mittel und damit die Existenzgrundlage entzieht. Aber die „freiheitliche Demokratie“ marschiert, marschiert — wenn sie nicht von den ver-» einten Kräften antifaschistisch gesinnter Menschen aufgehalten wird — geradewegs, in den Bonner Notstand hinein. —tz— ■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■ Die nächste Ausgabe der „Universitätszeitung“ erscheint am 3. Januar 1963 ■ ■ ■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■ Veröffentlicht unter der Lizenz-Nt. 65 des Kates des Bezirkes Leipzig. - Erscheint wöchentlich. - Anschrift der Redaktien: Leipzig C 1» Ritter straße 26, Fernruf 77 71, Sekretariat Apparat 264. Bankkonto 513 808 bei der Stadt- und Kretsspar- kasse Leipzig. - Druck: LVZ-Druckeret „Hermann Duncker", m 18 138. Leipzig C 1. Petersstein- weg 19. - Bestellungen nimmt edes Pestamt entgegen Universitätszeitung, Nr. 51/52, 13.12.62, S. 7
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