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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 6.1962
- Erscheinungsdatum
- 1962
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196200007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19620000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19620000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust. Heft 9-10 in falscher Reihenfolge eingebunden, fehlerhaft gezählt.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 6.1962
-
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Band 6.1962
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Historische Beweisführung in allen Lehrveranstaltungen Von Dozent Dr. Lothar Striebing, Direktor des Instituts für Marxismus-Leninismus Das Institut für Marxismus-Leninismus hat zu Beginn des Studienjahres' ein fünf tägiges Seminar durchgeführt, dessen wesentlicher Inhalt die Probleme des „Grundrisses der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“ darstellten. In Vor lesung und Seminar wurde über die Bedeu tung und die grundsätzlichen Fragen ge sprochen. In weiteren Seminaren wurden die ersten drei Hauptperioden behandelt. Wir werden dieses Seminar unter Einbe ziehung aller Lehrkräfte des gesellschafts wissenschaftlichen Grundstudiums des Be zirkes Leipzig am 20. Oktober 1962 fort setzen. Ich möchte im weiteren einige inhalt liche Probleme hervorheben, die in den Diskussionen des Seminars eine Rolle ge spielt haben, bzw. solche, die zu inhalt lichen Veränderungen in der Lehrtätig keit führen müssen. So tauchte im Zusam- Die Kritik geht auch die Philosophen an Von Gerd Ludwig, Institut für Philosophie Der Grundriß ist gerade für die Arbeit der Philosophen sehr wesentlich — nicht nur für die Genossen, die sich mit dem Ge biet des historischen Materialismus befas sen, sondern darüber hinaus für alle Philo sophen, das heißt für Spezialisten des dia lektischen Materialismus, der Geschichte der Philosophie und für die Genossen, die sich mit den Fragen der Ästhetik und der Kulturpolitik befassen. Hinzu kommt, daß der Grundriß eine ganze Reihe prin zipielle methodische Fragen aufwirft, die von jedem Gesellschaftswissenschaftler für seine eigene spezielle Arbeit ausgewertet werden müssen. Die Philosophen dürfen das nicht so auffassen, als ginge es nur darum, daß die Historiker kritisiert wer den und sie einspringen müssen. Meiner Meinung nach richtet sich die Kritik auch an die Philosophen und besonders an die jenigen, die sich mit dem historischen Ma terialismus befassen. Man darf das ganze Problem nicht so verstehen, daß die Historiker nach der Theorie schreien und die Philosophen ihnen nun die Theorie zu geben haben. Meiner Meinung nach muß hier die Be ziehung immanent sein, das heißt, der Historiker muß zugleich ein ausgezeich neter historischer Materialist sein; er ist ja nicht nur Faktensammler, sondern der Historiker ist doch vor allem Theoretiker. Es geht ihm um die Verallgemeinerung, um die Herausarbeitung der Gesetzmäßig keiten. Über diese Dinge müßte man unserer Meinung nach eine ausführliche Diskussion durchführen. Vielleicht können beide Teile viel lernen. menhang mit der Frage der Herausbildung eines richtigen nationalen Geschichtsbildes das Problem auf, was denn überhaupt unter Vaterland zu verstehen sei. Es ist sicher nicht nur bei uns so gewesen, daß in den letzten Monaten als gängige Formu lierung galt: Die Deutsche Demokratische Republik ist das Vaterland aller Deutschen. Damit entsteht jedoch die Frage, ob wir Westdeutschland vom deutschen Vaterland abgeschrieben haben. Hat der westdeutsche Arbeiter kein Vaterland oder liegt sein Vaterland außerhalb des Territoriums, in dem erlebt, in der Deutschen Demokra tischen Republik? Der Grundriß sollte uns veranlassen, diesen Komplex differenzier ter darzustellen. Wenn wir einmal von der Periode des Faschismus ausgehen, so wird deutlich, daß das faschistische Deutschland nicht das Vaterland der deutschen Arbeiter sein konnte. Der Kampf der Antifaschisten aber, der den nationalen Interessen diente, war darauf gerichtet, durch die Vernich tung des Faschimus in Deutschland Be dingungen zu schaffen, die es ermöglichten, daß die Arbeiterklasse und die Volks massen in Deutschland ihr wahres Vater land finden. Ich meine, daß es dogmatisch wäre, heute dem westdeutschen Arbeiter schlechthin zu sagen, daß sein Vaterland in der Deutschen Demokratischen Repu blik liegt. Wir sollten vielmehr unter dem Blickpunkt' des Grundrisses herausstellen, daß es auch in Westdeutschland darum geht, das wahre Vaterland des Volkes zu erkämpfen, um schließlich in ganz Deutschland die sozialistische Republik zu errichten, das heißt, das sozialistische Vaterland in ganz Deutschland zu verwirk lichen. Das ist insofern von Bedeutung, als die westdeutsche Arbeiterklasse — dar auf hat Walter Ulbricht mehrfach in seiner Rede auf der Arbeiterkonferenz hinge wiesen — von uns nicht alles unbesehen übernehmen kann. Walter Ulbricht sagte sinngemäß zur westdeutschen Arbeiter klasse, daß sie ihren eigenen Kopf anstren gen muß, um die erforderliche Strategie und Taktik ihres Kampfes auszuarbeiten. Wir können dabei die Lehren aus unserem Kampf vermitteln, aber die konkreten Wege, vor allem die- taktischen Maßnah men, muß die westdeutsche Arbeiterklasse, von ihren eigenen Bedingungen ausgehend, finden und verwirklichen. Damit ist im Grunde genommen die Frage schon beant wortet. Wir in der Deutschen Demokra tischen Republik sind zwar die Vorposten im Kampf um das sozialistische Vater land, aber wir können nicht sagen, alles was außerhalb der DDR von Deutschland noch existiert, ist nicht Vaterland. Letzte res würde bedeuten, daß wir diesen Teil Deutschlands schon aufgegeben haben, was ja bekanntlich unserer nationalen Konzep tion vollkommen widerspricht. Wir dürfen die Behandlung des Grund risses nicht als eine Kampagne betrachten,' sondern müssen sichern, daß auch die Lehrveranstaltungen in Philosophie und Politischer Ökonomie — die ja im Früh jahrssemester im gesellschaftswissenschaft lichen Grundstudium weitergehen — in haltlich vom Ideengut des Grundrisses durchdrungen werden. Auf dem Gebiet des historischen Materialismus wird u. a. in Zukunft viel mehr der historische Beweis für den Nachweis der Richtigkeit des historischen Materialismus und der auf ihm beruhenden gegenwärtigen Politik der Partei heranzuziehen sein. Aber das gilt nicht nur für den histori schen Materialismus, sondern auch für den dialektischen Materialismus. Auch hier müssen zur Verstärkung der moralisch politischen Erziehung der Studenten die Lehren der geschichtlichen Prozesse deut licher sichtbar werden. Walter Ulbricht hat ja direkt einige philosophische Kate gorien genannt, wie zum Beispiel die ge sellschaftlichen Gesetze sowie das Allge meine und Besondere. Betrachten wir uns zunächst die Kategorie der gesellschaft lichen Gesetzmäßigkeit. Wir kranken da noch oft an bestimmten Auswirkungen, die Die auf dieser Seite veröffentlich ten Artikel sind — zum Teil über arbeitete — Auszüge aus Diskussions beiträgen auf der öffentlichen Sit zung der Universitäts-Parteileitung am 15. September. vom Personenkult herkommen. Ich denke an die Stalinsche These, daß die gesell schaftliche Entwicklung so oder so zum Sozialismus geht, gesetzmäßig, auch wenn es keine Partei und bewußte Aktionen der Volksmassen gibt. Darin liegt doch aber der Gedanke, daß die gesellschaftlichen Gesetze sich automatisch durchsetzen, zwar langwieriger und qualvoller, letzten Endes' aber doch. Diese Tendenz ist noch stark verbreitet. . Aus dem Grundriß geht jedoch hervor, daß sich der Übergang zu neuen gesellschaftlichen Epochen nicht automatisch vollzieht, sondern daß dieser Fortschritt in der Gesellschaft von den progressiven Kräften erkämpft werden muß und daß in der sozialistischen Revo lution Erfolge nur unter Führung einer revolutionären Partei erzielt werden. Diese Frage ist von aktueller politischer Bedeutung. Wir sprechen oft vom Ende der Adenauer-Ära, aber viele Menschen meinen, daß Adenauer nun automatisch abtritt, und daß sich dann alles in West deutschland zum Guten wendet. Der ge schichtliche Prozeß ist jedoch wesentlich komplizierter, und wir müssen zeigen, wie sich die gesellschaftlichen Gesetze durch das Handeln der Volksmassen, besonders der Arbeiterklasse, durchsetzen. Unter Führung der bewußten Kräfte, der Partei, müssen die Volksmassen zum Bewußtsein ihrer historischen Aufgabe und dadurch zur geschichtlichen Aktion kommen. Geringe Neigung, eigene Schwächen zu untersuchen Von Prof. Dr. Felix-Heinrich Gentzen, Leiter der Fachrichtung Geschichte Das nationale Dokument hat bei uns den ersten Anstoß gegeben, uns tatsäch lich grundlegend mit den Problemen der Lehre und Forschung in der Geschichte zu beschäftigen. Die' Grundorganisation unserer historischen Institute hat den Be schluß gefaßt, hier eine Reform an Haupt und Gliedern durchzuführen. Es ist klar, daß man eine solche Reform nicht auf allen Gebieten zugleich durchführen kann, und wir haben uns zunächst einmal auf die Probleme der Lehre konzentriert. Die erste allgemeine Einschätzung hat ergeben, daß die theoretischen Kenntnisse vor allem des Marxismus-Leninismus, die Fähigkeit, den Marxismus-Leninismus kon kret auf die Geschichte und auf unsere gegenwärtige Politik anzuwenden, bei dem größten Teil der Studenten ungenügend entwickelt ist. Diese allgemeine Fest stellung hat sich bei den Zwischenprüfun gen und bei den Staatsexamensprüfungen bestätigt. Es war notwendig, die Ursachen zu untersuchen. Es wurden Kommissionen gebildet, die die Aufgabe hatten, den In halt der bisherigen Lehrveranstaltungen zu analysieren und kritisch zu untersuchen. Nach Erscheinen des nationalen Doku ments und erst recht nach dem Erscheinen des Grundrisses war eine ganz klare Linie gegeben, unter welchen Aspekten diese Analyse zu erfolgen hat. Man muß hier sehr kritisch feststellen, daß bis Ende Juli diese Analysen trotz dauernder Mahnung der Parteileitung und der Verwaltungs leitung noch nicht vorlagen und daß sie auch bis heute noch nicht auf unserem Tisch liegen. Es handelt sich um das Grundübel, daß bei uns Historikern im Lehrkörper eine sehr geringe Neigung be steht. ernsthaft die Schwächen unserer eigenen Arbeit zu untersuchen, vor allem die Schwächen auf dem Gebiet des histo rischen Materialismus. Aber ohne gründ liche, ernsthafte Untersuchung unserer eigenen Fehler und Schwächen werden wir es nie erreichen, wirklich etwas Neues auf die Beine zu stellen. Seit Jahren wer den die wichtigsten Vorlesungen, diejeni gen, die entscheidenden Einfluß auf die gesamte Bewußtseinsbildung der Studen ten ausüben, nicht etwa von den Profes soren gehalten, deren Hauptaufgabe es doch ist, auf Grund ihres eigenen Vor bildes, auf Grund ihrer eigenen Erfahrun gen, auf Grund ihrer eigenen Erkenntnisse des Marxismus-Leninismus und der Ge- schichte hier voranzugehen, sondern die Hauptlast dieser Lehrveranstaltungen lag bei den Assistenten und wissenschaftlichen Mitarbeitern, die dadurch natürlich be hindert wurden, ihre eigene Qualifikation entsprechend voranzubringen. Grundriß und Parteiarbeit Von Dozent Dr. Gottfried Uhlig, Institut für Pädagogik In vielen gesellschaftswissenschaftlichen Fachrichtungen werden die Plandiskussion und die Auswertung des Grundrisses als zwei verschiedene Angelegenheiten behan delt. Das ist falsch. Für uns Gesellschafts wissenschaftler sind diese beiden Auf gaben unlösbar miteinander verbunden. Bei der Plandiskussion geht es doch nicht nur um die Einsparung von Mitteln, um Prüfungsgebühren und ähnliches, sondern vor allem um die inhaltlichen Probleme der Lehre und Forschung, um die Haupt aufgaben des kommenden Jahres. Die rich tige Festlegung und Überprüfung der Hauptaufgaben kann aber nur aus der gründlichen Beschäftigung mit dem Grund riß erwachsen. Es geht also nicht an, zuerst über den Plan zu diskutieren und danach oder daneben über den Grundriß der Ge schichte der deutschen Arbeiterbewegung. Nur die Plandiskussion auf der Grundlage des Grundrisses bereitet unsere Arbeit im nächsten Jahr richtig vor. Noch ein Wort zur Arbeit in der Grund organisation Historiker. In den Referaten und in der Diskussion wurden verschie dene Mängel in der Arbeit der historischen Institute beim Namen genannt. Man kann aber nicht sagen, daß die Genossen Histo riker die Schwächen ihrer politisch-ideolo gischen und fachlichen Tätigkeit gar nicht gesehen hätten. Die Kommission der UPL führte beispielsweise Aussprachen mit einigen Genossen des Instituts für Deut sche Geschichte. Die Genossen sagten uns selbst, daß die Zusammenarbeit der Abtei lungen nicht in Ordnung ist, daß die Mit arbeiter des Instituts kein systematisches Studium des historischen Materialismus be treiben, daß es bei der Behandlung einzel ner Perioden ungeklärte Fragen gibt und anderes mehr. Aber obgleich manche dieser Probleme die Arbeit seit Jahren hemmen, werden sie im Institut nicht offen ausdisku tiert. Wie ist das zu erklären? Die Partei gruppe, deren Aufgabe darin besteht, für eine offene Atmosphäre im Institut zu sor gen, die sogenannten heiklen Fragen anzu packen und ihre Lösung auf die Tagesord nung zu setzen, hat ihre Aufgabe bisher nur zum Teil erfüllt. Sie übernahm teil weise die Arbeit der staatlichen Leitung. Dadurch hinkte sie oft hinter den Auf gaben her, anstatt die Genossen auf die Schwerpunkte zu orientieren und politisch- ideologisch zu führen. Ich glaube, daß auch noch andere Partei gruppen der Historiker ihren Aufgaben nicht voll gerecht werden. Aber gerade die Auswertung des Grundrisses stellt an die Parteigruppen erhöhte Anforderungen. Sie müssen noch mehr als bisher in die Lage versetzt werden, in ihrem Bereich die Schwerpunkte der Lehr- und Forschungs tätigkeit herauszufinden und neue wissen schaftliche und politisch-ideologische Fra gen aufzuwerfen. Geschichtswerk für sozialistische Erziehung Von Dozent Dr. Hans-Jürgen Friederici, Franz-Mehring-Institut Genau wie die Historiker steht auch das Franz-Mehring-Institut, und dabei beson ders die Abteilung Geschichte, vor außer ordentlich großen und neuen Aufgaben. Durch die Herausgabe des Grundrisses ha ben sich der Aufgabenkreis und die Ver antwortung der Historiker entscheidend er höht, und wir haben uns in den letzten Wochen in zwei Abteilungssitzungen über legt, welche Aufgaben vor uns stehen, wel che Schlußfolgerungen sich ergeben und was wir in unserer Arbeit verändern müs sen. Wir haben uns zunächst Klarheit dar über verschafft, daß wir den Grundriß nicht schlechthin als historisches Werk auf fassen dürfen, daß er nicht nur dazu da ist, die Geschichtskenntnisse unserer Werktäti gen zu verbessern, sondern daß er vor allem ein Instrument ist, auf Millionen von Menschen erzieherisch einzuwirken, vor allem auf die Jugend und nicht zuletzt auf die studierende Jugend. Wir dürfen deshalb an den Grundriß nicht so herangehen, daß wir Fakten, Namen, Einzelkämpfe und Einzelergebnisse in den Mittelpunkt stel len, sondern müssen den Prozeß des gesetz mäßigen Aufstiegs der Arbeiterklasse zur führenden Kraft der Nation darstellen. Das ist das Zentralproblem, das in allen Vor lesungen und Seminaren herausgearbeitet werden muß und auch überall dort, wo wir in der Öffentlichkeit auftreten. Also keine reinen Geschichtsvorlesungen, keine reinen Geschichtsseminare, sondern Lehrveran staltungen, die dazu beitragen, daß das so- sozialistische Bewußtsein und das Natio nalbewußtsein gestärkt werden! Liebe und Haß erwecken! Wir wurden manchmal kritisiert, daß unsere Vorlesungen noch zu trocken, zu sachlich, zu nüchtern seien, und haben uns deshalb auch über diese Frage ausgespro chen. Wir wissen jetzt, wer die Geschichte nicht leidenschaftlich vortragen kann, nicht begeisternd, nicht zum Kampf aufrufend, nicht Liebe erweckend zu den Führern der Arbeiterbewegung und zur Arbeiterklasse, nicht Haß erzeugend gegen die Feinde, der Universitätszeitung, Nr. 40, 4. 10. 1962, S. 4 wird seiner Aufgabe nicht gerecht werden, selbst wenn alles richtig ist, was er sagt. Das muß zum Kriterium unserer Ärbeit werden. Wer auch immer Vorlesungen oder Semi nare hält, er muß erreichen, daß die Men schen aus dieser Lektion, aus diesem Semi nar neue Kraft schöpfen. Wenn das nicht erreicht wird, ist der ganze Auftrag nicht erfüllt. Eine Vorlesung muß so angelegt sein, daß die Zuhörer erkennen, unsere Republik ist der rechtmäßige deutsche Staat. Das heißt, man muß in allen Vor lesungen, ob es sich um das 19. Jahrhun dert oder um den Beginn des 20. Jahrhun derts handelt, die Verbindung zur Gegen wart herstellen und ganz besonders die Verbindung zum Kampf der Arbeiter bewegung in Westdeutschland. Fragen der Gegenwart mit der Geschichte beantworten Das sei kurz an zwei Beispielen skiz ziert. Das ganze Problem der Verbindung des wissenschaftlichen Sozialismus mit der Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert darf man nicht isoliert darstellen, sondern man muß zeigen, welche Aufgaben sich in der selben Problemstellung heute für West deutschland ergeben. Und wenn man über die Taktik von Marx und Engels in der 48er Revolution spricht, genügt es unserer Ansicht nach nicht, wenn man darlegt, wie Marx und Engels und der Bund der Kom munisten sich um 1848 konkret verhalten haben. Man muß die Frage aufwerfen, ob nicht bestimmte kommunistische Parteien in ehemals kolonialen und abhängigen Ländern heute vor ähnlichen Aufgaben stehen, ob sie nicht auch ihre Strategie und Taktik festlegen müssen im Kampf gegen den Hauptfeind, die Imperialisten und Großgrundbesitzer — bei einer Bourgeoisie, die noch fortschrittliche Tendenzen hat, aber auch schon reaktionäre Züge aufweist, und bei einer relativ schwachen und we nig organisierten Arbeiterbewegung. Das heißt, man muß in allen Vorlesungen, ob es das 19. Jahrhundert oder die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ist, die Verbindung zu unseren heutigen Problemen herstellen. Die Kritik des 16. Plenums an den Histo rikern trifft auch auf uns zu. Die Genossen der Abteilung Geschichte am Franz-Meh ring-Institut sind sich darüber klar, daß auch bei uns neue Fragen ungenügend auf geworfen ' wurden, zumindest ungenügend in der Abteilung selbst. Die Scheu, neue Probleme aufzuwerfen, hängt mit der gründlichen Beherrschung der Theorie zu sammen. Wer in theoretischen Fragen sicher ist, den Marxismus-Leninismus be herrscht, wird sich niemals scheuen, neue Probleme zu stellen. Infolgedessen müssen wir die Atmosphäre in unserer Abteilung verbessern und vor allem unsere theoreti schen Kenntnisse im historischen Materia lismus vertiefen. Die Kritik des 16. Plenums trifft für uns in gewisser Weise auch zu im Hinblick auf die Misere-Diskussion. In den Vorlesungen und Seminaren zur Weimarer Republik standen lange Zeit zu sehr die innerpartei lichen Auseinandersetzungen im Vorder grund — und objektiv heißt das, die Mi sere-Diskussion zu unterstützen. Wer den Kampf der Partei mehr oder weniger auf die innerparteilichen Auseinandersetzun gen reduziert, der unterstützt die Misere- Diskussion, ob er das will oder nicht. Kein glatter Prozeß Bei der ersten Überprüfung unserer Vor lesungen haben wir uns auch Klarheit dar über verschafft, daß wir die Geschichte in ihrer ganzen Kompliziertheit zeigen müs sen — mit den Höhepunkten, die die Ge schichte der deutschen Arbeiterbewegung aufweist, mit ihrer Kontinuität, aber auch mit den Niederlagen und Mißerfolgen. Bei uns zeigte sich die Tendenz, die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung oft zu sehr als einen glatten Prozeß darzustellen oder wenigstens nicht klar genug die schwierigen Kampfbedingungen in Deutsch land zu zeigen. Darauf hat uns das 16. Ple num aufmerksam gemacht, insbesondere das Referat des Genossen Ulbricht, in dem viele Probleme erstmalig aufgeworfen, zu gespitzt formuliert und neu dargestellt wurden. Man darf deshalb auch niemals den Grundriß allein und isoliert studieren, ohne das Referat des Genossen Ulbricht dazuzunehmen, weil beide sich sehr gut ergänzen. Welche Schlußfolgerungen und welche Vorschläge haben wir nun für die weiter« Arbeit? Einige Genossen der Abteilung, die qua lifiziertesten, werden am Lehrbuch der Ge schichte der deutschen Arbeiterbewegung mitarbeiten und das Autorenkollektiv nach besten Kräften unterstützen. Andere Ge nossen werden Artikel in deutschen und ausländischen Fachzeitschriften veröffent lichen, um bestimmte Probleme des Grund risses zu erläutern. Wir werden weiterhin versuchen, in den Dissertationen und Habi litationen neue Quellen zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung zu erschlie ßen, insbesondere auch zu Problemen des antifaschistischen Widerstandskampfes un ter Führung der KPD. In der Lehre geht es darum, unsere Vorlesungen unter den ge nannten Gesichtspunkten zu überarbeiten und die Hilfe für das Grundstudium und für das Fachschulstudium zu verstärken. Zum Schluß haben wir noch einen Vor schlag, den wir nicht allein verwirklichen können. Vor hundert Jahren, am 23. Mai 1863, wurde hier in Leipzig der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein gegründet. Man könnte gemeinsam eine Arbeitstagung durchführen, in der man sich mit den rechtssozialistischen Auffassungen von den „Hundert Jahren Sozialdemokratie“ ausein andersetzt, in der man die historische Rolle Lassalles klarstellt und gegen die Auffas sung polemisiert, daß Lassalle an der Wiege der deutschen Arbeiterbewegung gestanden habe. Selbstverständlich muß man auch sein Verdienst hervorheben, vor allem aber das negative Erbe. Auseinandersetzen müßte man sich vor allem mit der west deutschen Historiographie, die mit immer neuen Methoden die Geschichte der deut schen Arbeiterbewegung verfälscht. Zu einer solchen Arbeitstagung könnten alle Gesellschaftswissenschaftler, vor allem aber die Historiker, beitragen.
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