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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 6.1962
- Erscheinungsdatum
- 1962
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196200007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19620000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19620000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust. Heft 9-10 in falscher Reihenfolge eingebunden, fehlerhaft gezählt.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 6.1962
-
- Ausgabe Nr. 1, 4. Januar 1
- Ausgabe Nr. 2, 11. Januar 1
- Ausgabe Nr. 3, 18. Januar 1
- Ausgabe Nr. 4, 25. Januar 1
- Ausgabe Nr. 5, 1. Februar 1
- Ausgabe Nr. 6, 8. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 15. Februar 1
- Ausgabe Nr. 8, 22. Februar 1
- Ausgabe Nr. [10], 8. März 1
- Ausgabe Nr. [9], 1. März 1
- Ausgabe Nr. 11, 15. März 1
- Ausgabe Nr. 12, 22. März 1
- Ausgabe Nr. 13, 29. März 1
- Ausgabe Nr. 14, 5. April 1
- Ausgabe Nr. 15, 12. April 1
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- Ausgabe Nr. 18, 3. Mai 1
- Ausgabe Nr. 19, 10. Mai 1
- Ausgabe Nr. 20, 17. Mai 1
- Ausgabe Nr. 21, 24. Mai 1
- Ausgabe Nr. 22, 1. Juni 1
- Ausgabe Nr. 23, 7. Juni 1
- Ausgabe Nr. 24, 14. Juni 1
- Ausgabe Nr. 25, 21. Juni 1
- Ausgabe Nr. 26, 28. Juni 1
- Ausgabe Nr. 27, 5. Juli 1
- Ausgabe Nr. 28, 12. Juli 1
- Ausgabe Nr. 29, 19. Juli 1
- Ausgabe Nr. 30, 28. Juli 1
- Ausgabe Nr. 31, 2. August 1
- Ausgabe Nr. 32, 9. August 1
- Ausgabe Nr. 33, 16. August 1
- Ausgabe Nr. 34, 23. August 1
- Ausgabe Nr. 35, 30. August 1
- Ausgabe Nr. 36, 6. September 1
- Ausgabe Nr. 37, 13. September 1
- Ausgabe Nr. 38, 20. September 1
- Ausgabe Nr. 39, 27. September 1
- Ausgabe Nr. 40, 4. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 41, 11. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 42, 18. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 43, 25. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 44, 1. November 1
- Ausgabe Nr. 45, 8. November 1
- Ausgabe Nr. 46, 15. November 1
- Ausgabe Nr. 47, 24. November 1
- Ausgabe Nr. 48/49, 29. November 1
- Ausgabe Nr. 50, 6. Dezember 1
- Ausgabe Nr. 51/52, 13. Dezember 1
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Band
Band 6.1962
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Gemalte Einheit von Kunst und Leben Die bildende Kunst unserer Republik hat immer wieder von der sowjetischen Kunst gelernt. Für die sich aus dem Bitterfelder Weg ergebenden Aufgaben, Probleme und neuen Erlebnisse der Künstler wird die gegenwärtig im Georgi-Dimitroff-Mu- seum gezeigte Auswahl aus der sowjeti schen Allunionsausstellung, besonders im Hinblick auf die vor der Tür stehende V. Deutsche Kunstausstellung von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein. Es dürf ten seit der Eröffnung der sowjetischen Ausstellung in der DDR kaum Zweifel dar über bestehen, daß die gezeigten Werke wesentliche, wenn auch nicht absolute, Maßstäbe setzen. Sie zwingen uns, tiefer als bisher über die weitere Entwicklung der sozialistischen Kunst nachzudenken. Die Gesamtheit der Ausstellung verkör pert überzeugend den sich seit etwa 1954 vollziehenden Aufbruch der sowjetischen Kunst zu kühnerer, verdichteter Gestaltung der sozialistischen Wirklichkeit, der neuen Aufgaben, die sich aus dem neuen gesell schaftlichen Entwicklungsstadium der So wjetunion ergeben. Unausbleiblich ist dabei auch eine Veränderung in der Kunst, ein kritisches Überprüfen des gesamten künst lerischen Erbes, u. a. schon sichtbar in der Abkehr von den starren Schemata, der Konvention in Werken der Kunst der vier ziger Jahre. Bei aller schöpferischen Kri tik an dem Einfluß des Personenkultes wird an vielen Beispielen nicht zuletzt der Hi ¬ storienmalerei deutlich, daß der sozialisti sche Realismus die Grundhaltung der so wjetischen Kunst war und ist. Die Über windung des hohlen Pathos, der leeren naturalistischen Repräsentation (auch dafür gibt es noch Beispiele) vollzieht sich auf den verschiedensten Wegen. Das Gesamt bild der Ausstellung ist -vielseitiger und differenzierter in der Anwendung der Stil mittel als bisher. Das bekannte Bild der „ersten Komso molzelle auf dem Dorf“ von Tschekanjuk zeigt, welche Bedeutung die seelische Ver tiefung der Komposition durch die Abstu fung der Charaktere mit den feinsten Mit teln gewinnt, wie unaufdringlich und doch überzeugend die Kontrastierung zweier Gruppen wirken kann. Die Komposition ist im Prozeß der Verwesentlichung der Sujets eines der wichtigsten Bildele mente. Auf sie konzentriert der sowjetische Künstler von der inhaltlichen und forma len Seite her seine ganze Aufmerksamkeit. Nicht zuletzt trägt die sichere Beherrschung der Farben, die freie Handschrift entschei dend zum Gelingen bei. „Die Rotarmisten sind da“ von Moisse- jenko, gewiß eines der besten Monumental gemälde, das die Tendenz vieler sowjeti scher Maler zur Frieskomposition erkennen läßt, zeigt, wie mit der Dynamisierung der Komposition und der Auflockerung der malerischen Handschrift zugleich viel über zeugender und lebensechter, viel zwang loser die Siegesgewißheit der Rotarmisten und ihr freudiger Empfang dargestellt wer den. Die innige Verbundenheit mit dem Leben, die Ursprünglichkeit und Selbstverständ lichkeit des Optimismus zeigen sich in vie len Bildern, u. a. in der Wahl der hellen Farben und in einem kräftigen Malstil. Eine ungewöhnliche, zuweilen auch inti mere Saiten anschlagende Lebensfülle bie ten die Genrebilder Motschalskis von der Neulandgewinnung mit ihrer intensiven Durchdringung der Wirklichkeit. Neue Wege der Porträtmalerei schlägt Birstein mit sei nem Straßenporträt des senegalesischen Schriftstellers Usman ein, in dem Gegen wart und Zukunft, nicht zuletzt die Schön heit des befreiten Menschen vollendeten Ausdruck finden. Wichtig ist dabei für das Gelingen die nahezu zufällige, jedoch zu trauliche Begegnung des Negerdichters mit einem Knaben. Anlaß zu lebhafter Diskussion gibt das Bild von Ugarow „Leningrader im Jahre 1941“ mit seiner überraschenden Konzep tion und ihrer Bewältigung, bei der scharf gegeneinander gesetzte und farblich stili sierte Flächen die ganze Härte des Lebens der Belagerten unterstreichen. Für die Aus führung griff Ugarow auf nachimpressio nistische Stilmittel zurück. Die Abbildungen auf dieser Seite können nur einen klei nen Einblick in die künstleri sche Vielfalt der sowjetischen Ausstellung geben. 9 Sweschnikow: Bildnis der Lehrerin F. I. Latendar (rechts) • Korezki: Wiegenlied der Partisanen (links) • Birstein: Porträt eines pro gressiven Schriftstellers Sene gals (links unten) Diese Neigung zu einer „lapidaren Form mit Bevorzugung von Flächenkontrasten und synthetischen Formen ist eine Tendenz innerhalb der sowjetischen Kunst. Die jun gen Künstler gehen von der sozialistischen Grundhaltung aus sehr frei und schöpfe risch an die Verarbeitung u. a. des Erbes aus der Zeit um und nach 1900 heran. Kennzeichnend ist dabei, das gilt mehr oder weniger für die ganze Ausstellung, daß verschiedenste stilistische Tendenzen häufig in einem Werk miteinander ringen. Gleich welche Stilhaltung sich durchsetzt, da der sozialistische Realismus, die lebens wahre Gestaltung der sozialistischen Men schen und ihrer Beziehungen unterein ander die Grundlage bleiben. Die neue Qualität in der Realisierung dieser Aufgaben zeigt sich auch in den uns bisher wenig bekannten Stilleben, oder in dem meisterhaften Aquarell „Der Weg zum neuen Sowchos“ von Bogatkin. Kennzeich nend für die Ausstellung ist auch das Vor herrschen der jungen Generation, die bei den Altmeistern der sowjetischen Kunst ge lernt hat. Hinzu tritt ein erstaunlicher Auf schwung der Künste in den baltischen und mittelasiatischen Republiken, wobei gerade letztere auf der Grundlage nationaler Tra ditionen und der freien Verarbeitung von Anregungen der westeuropäischen Kunst des 20. Jahrhunderts zu sehr dekorativen Lösungen drängen (Abdullajew). Vielleicht den stärksten Eindruck ver mittelt das „Wiegenlied der Partisanen“ von Korezki mit seiner restlosen Ausnut zung der künstlerischen Möglichkeiten des Gouache. Die Komposition ist bis in das kleinste Detail, etwa der Überdeckung des Mundes durch den Patronengurt, vollendet durchdacht, worin die poetische und ideolo gische Aussagekraft des Bildes mit be schlossen ist. Wie selbstverständlich ist nach eingehender Betrachtung, daß das Werk zu der Serie „Wenn du für den Frieden kämpfst, vergiß nicht...“ gehört. Natürlich kann dieser Artikel nicht den ganzen Reichtum der Ausstellung aus schöpfen. Dennoch muß zusammenfassend hervorgehoben werden, daß die sowjeti schen Künstler bereits in einer sozialisti schen Gesellschaft aufgewachsen sind, die für sie selbstverständliche Wirklichkeit ist. Aus dieser Einheit von Kunst und Leben ergibt sich dann auch für sie die angedeu tete Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten. Ein einheitlicher ideeller Lebensrhythmus durchzieht ausnahmslos alle Werke. Das ist das Wesentlichste, was unsere Künstler sich in der schöpferischen Praxis zu eigen machen müssen, wenn sie nicht in die Feh ler des Subjektivismus und des Schematis mus verfallen wollen. Die gezeigten Werke Zwingen uns auf die ideelle und formale Verdichtung in der Komposition zu achten, verbunden mit dem Mut zu starker emotio neller Aussage. Es kann nur, wie die Be sprechung einiger Werke zeigen sollte, die aus der wirklichen Lebenshaltung des Künstlers, die aus dem Kunstwerk und sei ner Gestaltung selbst organisch heraus wachsende Idee überzeugen. Dafür sind die meisten gezeigten Werke ein eindringliches Beispiel. Die Ausstellung sowjetischer bildender Kunst zeigt uns aufs neue, zu welcher Volksverbundenheit — die Popularität der Kunst in der Sowjetunion ist bekannt —, das thematische Bild in seiner modernen realistischen Gestaltung des Lebens führt. Im September öffnet die V. Deutsche Kunstausstellung in Dresden ihre Pforten. Wir hoffen, auch durch bisher bekannt ge wordene Werke nicht unberechtigt, daß sie für unsere bildenden Künste ein wesent licher Schritt voran sein wird zu einer die Vielfalt unseres Lebens und Kampfes widerspiegelnden, alle Gestaltungsmöglich keiten ausnutzenden sozialistischen Kunst. Harald Olbrich Vor 30 Jahren Erinnerung anläßlich des Geburtstages J. W. Goethes „Es ist Ihnen vielleicht bekannt, daß von allen Ländern der Erde im Goethe-Jubi läumsjahr Rußland die umfangreichste Publikation herausgebracht hat.“ So schrieb im November 1943 — während des Hitler krieges und in Bergungssorgen vor zu er wartenden anglo-amerikanischen Luftan griffen — Prof. Hans Wahl, der Direktor des Weimarer Goethe-und-Schiller-Archivs, in Erinnerung an den imponierenden Goetheband, der 1932 in der sowjetischen Schriftenreihe „Literaturnoje Nasledstwo" („Das literarische Erbe“) in Druck ging. Der an einen Adressaten in Magdeburg gerichtete Brief bezeugt des Gelehrten Di stanzierung von den Verfälschungen eines faschistischen Redners: „Ich halte es aber für reinen Schwindel, wenn behauptet wird, daß man in Rußland Goethe als den ersten Bolschewisten verehre. Dazu hat sich das bolschewistische Rußland 1932 zu deutlich über Goethe geäußert.“ — Prof. Wahl wurde dem Sachverhalt insofern gerecht, als er bei der großen Achtung, die Goethes Persönlichkeit und Schaffen in der Sowjet union zuteil wurde, die kritische Haltung gegenüber dem Goethebild der Bourgeoi sie nicht unterschlug und bezüglich der so wjetischen Publikation bemerkte: „Selbstverständlich hat darin . der : Ge samtherausgeber auch den nötigen Abstand vom .Bürger' Goethe genommen. Von einer Beschlagnahme Goethes durch die Bolsche wisten ist mir nichts bekannt. Sie würde auch nicht das geringste bedeuten, weder für Goethe noch für den Bolschewismus.“ ■ Der Weimarer Gelehrte wußte von der Mühe, die sowjetische Wissenschaftler auf wandten, um den deutschen Dichter anläß lich seines 100. Todestages vor aller Welt zu würdigen. Zu dem umfangreichen’Thema „Goethe in Rußland“ sollte nicht nur die weitzerstreute Fachliteratur, sondern auch das bis dahin noch unveröffentlichte Mate rial der sowjetischen und der deutschen Ar chive benutzt werden, insbesondere die Schätze Weimars. Umständehalber war es der Moskauer Redaktion erst im Februar 1932 möglich gewesen, mit dem Wei marer Archiv in Verbindung zu treten und die notwendigen Auskünfte zu erbitten. Aber Prof. Wahl konnte noch helfen und von kostbaren Stücken und Dokumenten der Weimarer Sammlungen Fotos senden, die in die Moskauer Publikation noch Auf nahme fanden. Leider wurde dieser sowjetischen Publi kation nach ihrem Erscheinen in Deutsch land geringe Beachtung geschenkt. Es gab nur verschwindend wenige deutsche Lite- raturwissenschaftler, die des Russischen in solchem Maße kundig waren, daß sie ein russisches Buch im Original zu lesen ver mochten. Erst 1958 wurde in der Veröffent- lichung „Fahrten nach Weimar 7 Slawische Gäste bei Goethe“ (Nationale Forschungs- und Gedenkstätten Weimar) ein breiteres deutsches Publikum auf den sowjetischen Goetheband hingewiesen, und zwar vor allem auf S. Durylins instruktive Abhand- lung über die Besuche russischer Schrift steller in Weimar. Sehr wertvoll ist auch W. Shirmunskis Studie über Goethe in der russischen Poesie. Was sowjetische Wissenschaftler in scnwieriger Situation als Goetheforscher leisteten, verdient Bewunderung. Respekt gebührt aber auch dem deutschen Gelehr ten in Weimar, der entgegen allen Bedro hungen die Wahrheit verteidigte. Prof. Dr. R. Fischer Anatomie einer Stadt Neuerscheinung! Wörter und Wendungen Wörterbuch zum deutschen Sprachgebrauch Herausgegeben von Dr. E. Agricola unter Mitwirkung von H. Görner und R. Küfner XXXII, 792 Seiten. Format: 15 X 22 cm Ganzleinen 18.— DM Das Werk ist das lang erwartete Bindeglied zwischen Wortschatz, Grammatik und Stil. Es umfaßt etwa 8000 Wörter des Allgemeinwortschatzes, einschließlich Teilen der Um gangssprache. Zu diesen Stichwörtern mit ihren rund 17 000 Bedeutungsgruppen sind etwa 150 000 Wendungen als Beispiele geboten, in denen der Ratsuchende die heute üblichen Verknüpfungen der Stichwörter mit anderen, Worten kennenlernt. Das Buch ist also ein wichtiges Hilfsmittel für Schüler, Lehrer, Studenten, Schriftsteller, Redakteure, Übersetzer, schreibende Arbeiter und besonders für den Deutschunterricht im In- und Ausland. Zu beziehen durch jede Buchhandlung. Prospekt steht auf Anforderung zur Verfügung! VEB BIBLIOGRAPHISCHES INSTITUT, LEIPZIG Die ersten' Bilder blenden auf. Amerika nische, englische, französische Militärs. Panzer und Truppen der gleichen Couleurs, Straßen mit Namen amerikanischer Gene räle, belebt durch rollende Geschütze. Dann Paraden und Übungen, auf Show bedacht. Fast scheint es Spiel. Des Effektes sichere Mätzchen, untermalt von strammforschem AFN-Hot. Mein junger Sitznachbar lebt sichtlich auf, goutiert diese Szenen. Leise, doch betont, schlägt er den Takt. Die ersten Worte des Sprechers lassen aufhorchen. Keine beliebige NATO-Basis ist es, die hier gezeigt wird. Eine Stadt, mitten im Herzen der Deutschen Demokra tischen Republik. Zunächst die Oberfläche, der Alltag dieser Stadt. Die rhetorische Frage des Kommentators „Eine Stadt wie jede andere?“ steht im Raum. Dann Ernst Reuter: „Schaut auf diese Stadt . . Längst ist das Taktklopfen des Neben- sitzers verstummt, ist die lässig-genießeri sche Haltung einem konzentrierten Schauen gewichen. Auf der Leinwand ver einen sich bisher kaum bekannte Bilddoku mente aus den Archiven mehrerer Länder mit scheinbar längst vertrauten Bildern und Tatsachen zu einer lückenlosen Be weiskette. Ergänzen sich zu einem filmi schen Gerichtstag. Achtzig-minütige An klage eines Phänomens des kalten Krieges, des„Pfahls im Fleische einer Diktatur“, der billigsten Atombombe der Welt. Die An klage ist sachlich, unpathetisch, uniuider- legbar. Ein filmisches Plädoyer, das beste filmische Publizistik enthält, wandelnd auf den Spuren der Thorndikes und Hellwig. Ein Film, leidenschaftlich, doch nicht hek tisch, parteilich, doch nicht subjektiv-will kürlich. Wir sehen Tatsachen in Antithesen, Emo tion — und Ratio gleichermaßen beanspru chend: Die Rote Armee erstürmt kämpfend, blutend die Stadt — gleichsam als Touri 2- Filmfeuillefan sten nehmen die Westalliierten einige Mo nate später von ihr „Besitz“. Während der Stachel seine Giftdosis vergrößert, wächst im Osten der Stadt das neue Leben. Der Film konfrontiert den Geifer der kalten Krieger mit der Schönheit der dem Frieden engagierten Stadt. Aber dort in Westberlin sind die Insti tutionen und Ratten, die unter dem Protek torat der Frontstadtstrategen ihre Wühl tätigkeit betreiben, Da sind Spionagetun nel, da ist Menschenhandel. Gespenstisch anmutende Analogie der Bilder: 1939 Flüchtlingsschmus in den faschistischen Gazetten. 1961 die gleichen Schlagzeilen, die gleichen Initiatoren, Entlarvend, ja schockierend wird der Beweis gegen das Freiheitsglöcknertum geführt. Seine Dema gogie wird nicht durch wortreiche, noch S° geschliffen formulierte Beteuerungen wi derlegt, sondern durch das optische Doku ment. Und dieses Beweismaterial ist er drückend. läßt keine andere Konsequen: Geschickte Schnitte bringen satirische, j a karikaturistische Wirkung, so wenn die Geschlagenen des 13. August im Bild erfaßt sind. Der Kommentar bleibt sparsam, be schränkt sich auf Wesentliches, tritt hinten Sichtbarem zurück. Musik und Kommentar sind verklungerr die letzten Bilder. Mein Nachbar räumt nachdenklich seinen Platz. Anatomie, Bloßlegen eines fressende" jetzt lokalisierten Geschwürs. Doch diese 80 Minuten sind nicht bloßes Sezieren. Üt doch der Film selbst schon ein Teil der Therapie, durch seine exakte Analyse vo1 Vergangenheit und Gegenwart dieser Stadt durch seine Mahnung: „Schaut auf diese Stadt“ Fred Gehler Veröfentlicht unter der Lizenz-Nr. 65 des Rates des Bezirkes Leipzig. - Erscheint wöchentlich' Anschrift der Redaktien: Leipzig C 1. Ritte. Straße 26. Fernruf 17 71. Sekretariat Apparat 26• Bankkonto 513 808 bei der Stadt- und Kretespun kasse Leipzig. - Drude: LVZ-Druckerei „Herman Duncker“, m 18 138. Leipzig C 1, Petersstemt weg 19. - Bestellungen nimmt tedes Pestan entgegen Universitätszeitung, Nr. 35, 30. 8.1962, S. 6
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