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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 6.1962
- Erscheinungsdatum
- 1962
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196200007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19620000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19620000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust. Heft 9-10 in falscher Reihenfolge eingebunden, fehlerhaft gezählt.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 6.1962
-
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- Ausgabe Nr. 34, 23. August 1
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Band
Band 6.1962
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Musikalisches Erbe im Sozialismus der Me'muH^eH Medizinstudent Günther Böhme, Mitglied des Akademischen Orchesters es Aufgabe und Verpflichtung für die Ar beiterklasse und ihren Staat, die ursprüng lichen Traditionen wieder sichtbar und hör bar, Verfälschungen rückgängig zu machen, die eigentlichen Werte in aller Schönheit und im alten Gewände erleben zu lassen. der der eine eine blemen der Gegenwartsmusik und Gegenwart, wenn wir die Tonkunst Vergangenheit pflegen; aber es muß sinnvolle Renaissance sein, eben im gläubigen Vertrauen auf das aufge klärte Wiener Fürstentum (das sich frei lich nach dem Tode Josephs II. recht reak tionär gebärdete) in der schönsten klassi schen Humanitätsmelodik, zeitlich fast ge nau zwischen Mozarts „Zauberflöte“ und Beethovens „Fidelio“. Er benutzte es bald darauf in einem Streichquartett, dem so genannten „Kaiserquartett“-, in dem präch tige Variationen über dieses Lied stehen. Als Hoffmann von Fallersleben aus fortschrittlicher 48er Gesinnung heraus „Deutschland, Deutschland über alles“ dich tete, adoptierte er Haydns Weise. Die Wil ¬ helminische Ära sang als Nationalhymne „Heil dir im Siegerkranz“, und erst mit wachsendem Chauvinismus wurde nach dem ersten Weltkrieg seit etwa 1923 das ehemals progressive Lied zu einer natio nalistischen Hymne (noch dazu mit einer weiteren Strophe), das folgerichtig mit dem Horst-Wessel-Lied, diesem auch vom Mu sikalischen her gräßlichen Erzeugnis, ge koppelt, Symbol des Faschismus wurde und in Westdeutschland heute traurige Ur stände feiert. So etwas kann aus einem großen Kunstwerk werden. 3. Die Sinfonische Dichtung „Les Pr- indes“ von Franz Liszt Das ist ein Instrumentalwerk ohne Text (es wurde später mit einem Programm ver sehen), aber nicht weniger konkret im Vor feld von 1848 den progressiven Gedanken der Zeit dienend. Ein jeder kennt den prächtigen heroischen Beginn, einem un garischen Landsturmlied entlehnt. In der Nazizeit wurde das Hauptthema dieser Sin fonischen Dichtung, der die Idee der Be freiung, der humanistischen Selbstbehaup tung zugrundeliegt, als Fanfare für die berüchtigten Sondermeldungen benutzt. Es ist schwer, nun wieder umzudenken und das echte Bild dafür einzusetzen. Aber hier, wie auch in den anderen Fällen, ist Der sozialistischen Menschenbildung nutzen! Im wohltemperierten Klavier Bachs, im Concerto grosso Händels, im Streichquar tett Mozarts, in der Sinfonik Beethovens und Brahms — um nur einige Werkkom plexe zu nennen — sind solch eine Fülle von Ideen des Fortschritts, der Befreiung und des Friedens Klang geworden, in den Opern, Kantaten und Oratorien derselben und anderer Meister gibt es solch eine 17s kann kein Zweifel bestehen, daß die — Pflege des nationalen Kulturerbes ein Hauptanliegen unseres Staates im Sinne des nationalen Dokuments darstellt. Wir sind überzeugt, daß die Musik dabei einen wichtigen Platz einnehmen muß. In den erfreulicherweise wieder auflebenden Dis kussionen über die marxistisch-leninisti sche Ästhetik spielt die Musik noch eine verhältnismäßig geringe Rolle. Das hat verschiedene Gründe, nicht zuletzt den, daß unsere Kunst etwas außerhalb eines direkten kulturpolitischen Interesses zu stehen scheint, soweit sie nicht mit dem Worte verbunden ist oder eine unmittel bare Gebrauchsfunktion hat. Daß die Mu sik „die künstlichste“ der Künste ist, wurde mehrmals hervorgehoben: immerhin gibt es einige Arbeiten, aus denen man ersieht, daß gerade von der Musikästhetik aus die gesamten Fragen der Ästhetik klarer be leuchtet werden könnten, da bei Betrach tung und Analyse von Werken der Poesie und bildender Kunst zuweilen das spezi fisch Künstlerische gegenüber dem rein Gegenständlichen zu kurz kommt. Die Frage der Tradition, der Traditions wahl wurde zu einem entscheidenden Kri- Musikverständnis oder flüchtiges Hören? Wie werden alle humanistischen Tradi tionen umgesetzt und für uns anwendbar gemacht? Worin besteht ihr besonderer Wert für die sozialistische Gesellschaft? Wiedergeburt, wie es die Bach-, Händel-, Mozart- und Beethoven-Ehrungen unserer Republik gezeigt haben. Volkslied, Ar beiterkampflied, lyrisches Lied — Sonate, Kammermusik, Sinfonie, Oper, Ballett Oratorium: Alle musikalischen Genres der Vergangenheit haben, i ihrer jewei ligen Funktion, ihren Platz in der Kultur des Sozialismus, zunächst sogar den be vorzugten Platz gegenüber der zeitgenös sischen Musik. Warum soll man sich bei der Kunst nicht anstrengen? Das Schwierige in der neueren Musik (wie wohl überhaupt in der modernen Kunst) ist der Widerspruch zwischen raffi nierter Aufmachung und geringem gesell schaftlichem Wert, andererseits auch zwi schen starker gesellschaftlicher Aussage und zu geringer Wirkungskraft. Wir müs sen uns darüber klar sein, daß das all gemeine musikalische Bewußtsein weit gehend durch die Klangvorstellungen des Impressionismus seit Ende der 90er Jahre bestimmt ist. Dieser Allerweltsstil, der absichtlich keine Höranforderungen stellt und dauernd auf die Menschen einströmt, hat in vielen jedes Verständnis geraubt Von Prof. Dr. Walther Siegmund-Schultze, Dekan der Philoso phischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle*) für ernsthaftere Funktionen der Musik, sei es aus der Zeit der Klassik, sei es aus der modernen Musik. Es muß unser Anliegen sein im Sozialis mus, die großen musikalischen Traditio nen zum dauernden Bewußtseinsfaktor werden zu lassen, um den antihumanisti schen Kunstprodukten und der nivellieren den Tendenz zu entgehen Die Haupt gefahren für unser Kulturleben scheinen mir vielleicht nicht so sehr in der zu schwierigen, nicht sofort verständlichen Musik zu liegen; warum soll man sich bei der Kunst, zumindest bei bestimmten Genres nicht anstrengen? Die Gefahren liegen hauptsächlich in der Seichtheit, in der Nivellierung, im Kitsch, in der Ver flachung der Gefühls- und Gedankenwelt, typischen Erscheinungen der imperialisti schen Kulturideologie (obwohl anderer seits die Gefahren einer artistisch und doktrinär verwendeten künstlerischen Technik natürlich nicht verkannt werden dürfen). Im Kampfe gegen diese gefähr lichen Erscheinungen des Inhumanismus scheint mir das musikalische Erbe eine nicht zu überschätzende Rolle zu spielen; im reinen Spiegel dieser großen Kunst er kennen wir die Größe unserer nationalen Verantwortung, erkennen wir die Mög lichkeiten einer breiten musikalischen Bildung, die Notwendigkeit eines tieferen Eindringens in die Problematik der Mu sik, dieser so eng (ich möchte sagen, am engsten) dem menschlichen Erleben ver bundenen Kunst. Sinnvolle Renaissance Die große Differenzierung der Klassik, Romantik und der besten realistischen Musik des 19. Jahrhunderts ist in vielem von unserer heutigen sozialistischen Mu sik noch nicht erreicht worden. Mit Recht stützt sich diese auf die Melodie als dem eigentlichen Humanitätsträger, baut in klaren, überschaubaren Formen, greift zentrale, politisch wichtige Stoffe und The men auf, führt sie parteilich und weithin tönend durch, aber dieser Klärungsprozeß, dieser Durchbruch zu einer ungezwunge nen, unsentimentalen Volkstümlichkeit ist noch nicht im befriedigenden Maße gelun gen. Die tausendjährige Entwicklung der europäischen Musik bedeutete eine un geheure Anreicherung der Ausdrucksmög lichkeiten, wie sie in ähnlicher Weise keine andere Kunst aufzuweisen hat, schon wenn man an die Gewinnung des Strophenliedes, der Mehrstimmigkeit, der Oper, der reinen Instrumentalmusik denkt. Jedesmal baute die neue Epoche inhaltlich und stilistisch auf der voran- gegangenen auf, oft im Widerspruch zu ihr, in heftiger Auseinandersetzung, aber nie ohne Nutzen. Oft griff man auf wei ter zurückliegende Epochen zurück, wie das im 19. Jahrhundert mit der Wieder erweckung Bachs und Händels geschah. Die Traditionswahl in der Musik war stets ein wichtiger ideologischer Akt. Er ist es für uns In ganz besonderem Maße, nicht zuletzt für den neuen Hörer, der sich oft noch nicht in dem wogenden Klang meer der modernen Musik zurechtzufinden vermag. Es ist kein Ausweichen vor den Pro terium der sozialistischen Kulturpolitik. Die sozialistische Kultur erwächst aus dem proletarischen Klassenkampf innerhalb der sozialistischen Gesellschaftsordnung. Aber mit der Revolution ist nicht zugleich die neue Kultur da, sondern die Arbeiterklasse nimmt, und zwar in ständig wachsendem Maße, die in Jahrhunderten und Jahrtau senden entstandenen besten künstlerischen Traditionen auf, wählt sie aus, bereichert sie durch ihre eigenen großen kulturellen Leistungen, die freilich allmählich zum be stimmenden Faktor werden. Ohne die ge naue Kenntnis der großen Leistungen der Kultur der Vergangenheit, ihre kritische Wertung und Aneignung, ihre Verwand lung und Umfunktionalisierung in eine so zialistische und kommunistische Kunst ist das Wachstum und die reiche Entwicklung der neuen Gesellschaft überhaupt nicht möglich. Vom Imperialismus verfälschte Schönheiten Für das Gebiet der Musik trifft der Ge sichtspunkt der Tradition in ganz beson derem Maße zu. Es bestehen häufig Schwierigkeiten in der richtigen Aufnahme mancher Musik der Vergangenheit, die ich an drei ein fachen Beispielen demonstrieren möchte: 1. „Das Largo“ von Händel Die meisten Älteren kennen es noch in allen möglichen Bearbeitungen, vor allem auf dem Cello gezogen, oft gar zu dem Text „Herr Gott in der Höh’“. In Wirklich keit ist es eine Liebesarie („Larghetto“) des persischen Königs Xerxes in der gleich namigen Händelschen Oper, die dieser in heiterer Gelöstheit unter einer schatten spendenden Platane singt. So wurde von der Bourgeoisie auch der strahlende Frei heitschor aus dem Oratorium „Judas Mac- cabaeus“ „Seht, er kommt, mit Preis ge krönt“, umtextiert in das Kirchenlied „Toch ter Zion, freue dich“ — übrigens eine alte Praxis der Kirche, volkstümliche Gesänge für Andachtsübungen zu benutzen. 2. Die „Kaiserhymne“ von Joseph Haydn Dieser Fall ist noch weit schwieriger. Der große österreichische Komponist Joseph Haydn, der Schöpfer des Streichquartetts und der Sinfonie, schrieb im Jahre 1797 das Lied „Gott erhalte Franz den Kaiser“ Sicherlich nützt uns eine historisie rende Feststellung des Wertes der klas sischen Musik nicht, aber wir müssen auf ihre Urquellen zurückgehen, wobei auch das historische Gewand wichtig ist. In der Kunst kann man nichts abstrei chen; das Kunstwerk ist „ganz“ wie das Leben. Uns mag der Eremit im „Frei schütz“ stören, der ungestrafte „Valen tiano“ im „Ezio“ mißfallen, der ungerächte Tod der Freiheitskämpfer in manchen Opern unmöglich erscheinen — die Zeit war so, das Kunstwerk konnte nicht an ders seih. Die Aneignung des künstleri schen Erbes kann nicht darin bestehen, es nach unseren Ansichten und Zwecken um- zumodeln, obwohl es andererseits unser gutes Recht ist, die gesellschaftlichen Ver hältnisse der jeweiligen Epoche klarer zu beleuchten, als es’ dem Künstler selbst möglich war. Die Widersprüche eines Kunstwerkes soll man nicht verschleiern, soll sie sogar sichtbar machen, weil ge rade sie belehrend, erzieherisch wirken können, zum echten Nachdenken, zum tieferen Erleben zwingen. Um all das zu erreichen, ist ein histo rischer Sinn, ein historisches Verständ nis notwendig, das man übrigens bei an deren Künsten ohne weiteres voraussetzt. Jeder weiß, unter welchen Bedingungen die „Sixtinische Madonna“ gemalt wurde — sie ergreift uns noch heute durch die Kraft der Menschendarstellung. Wir dür fen nicht glauben machen, daß die „Zauberflöte“ oder Beethovensche Sinfo nien Musik unserer Zeit wären; ihren echten Wert offenbaren sie erst bei rich tiger historischer Einordnung, mag bei vielen unserer Hörer auch das Stilempfin den zurückgeblieben sein. Das echte Er leben großer Kunstwerke erfolgt erst nach ihrer genauen Kenntnis; ein flüchtiges Hören kann unmöglich einen richtigen Eindruck vermitteln; nur die Genres der Unterhaltungs- und Tanzmusik sind dar auf angelegt. Man muß Schöpfer und Werk eingeordnet in das historisch-ge sellschaftliche Geschehen begreifen, ob das die fernste Vergangenheit betrifft oder die naheste Gegenwart. Die marxistische Wis senschaft verzichtet dabei nicht auf be stimmte Wertungen; wir bestaunen nicht jede Kunst der Vergangenheit, und es erscheint mir zwar von einigem wissen schaftlichen Interesse, sämtliche Archive unserer Republik nach Musikalien durch zustöbern; aber sie der Praxis zu über geben, ist erst ein weiterer, wohl zu über legender Schritt. Musikästhetik im Gespräch Bedeutsame wissenschaftliche Tagung der Abteilung Musikerziehung D ie Abteilung Musikerziehung am In stitut für Musikwissenschaft führte am 6. und 7. Juli 1962 unter Leitung von Prof. Dr. Petzold eine wissenschaftliche Tagung zu Fragen des kulturellen Erbes durch, zu der die Abteilungsleitung, die Partei gruppe und die FDJ-Leitung der Abteilung eingeladen hatten Das grundlegende Referat ..Die kultur politische Verantwortung der DDR im Pro zeß der Entwicklung der gebildeten Na tion“ hielt der Sekretär für Kultur und Volksbildung der SED-Bezirksleitung Ge nosse Hans Eisengräber. Ihm folgte Genosse Prof. Dr. Siegmund- Schultze. Direktor des Instituts für Musikwissenschaft der Martin-Luther- Universität Halle Wittenberg, mit sehr be deutsamen Ausführungen über „Die Rolle des musikalischen Erbes im Sozialismus“. Spezialprobleme behandelten Prof. Dr. Willert mit „Weltliche Elemente im alten geistlichen Volkslied“ und Genosse Dr. Hansgeorg Mühe in seinem Vortrag „Das Volkslied in der zeitgenössischen In strumentalmusik“. Hauptquelle für den Kirchengesang der Reformationszeit - so bewies Prof. Dr. Willert an zahlreichen Beispielen - ist das alte Volkslied. In früher Zeit finden wir Gesangskonzentrationen jeweils zur Som mer- und Wintersonnenwende. Durch Universitätszeitung, Nr. 29, 19. 7. 1962, S. 4 geistliche Umdichtung wurden weltliche zu geistlichen Volksliedern. Das Lied „Vom Himmel hoch“ geht bei spielsweise auf ein Kranzsingelied zurück, das mit seinem Textanfang „Ich komm’ aus fremden Ländern her“ auf die fahrenden Spielleute hinweist. Im 19. Jahrhundert wird bereits eine Art „Säkularisation des Weihnachtsliedes“ spürbar. Am Schluß seiner Ausführungen verwies Prof. Willert auf einige Komponisten der DDR wie S. Köhler, G. Wohlgemuth u. a., die mit den Liedern „Tausend Sterne sind ein Dom“ oder „Still sinkt nun die Nacht hernieder“ in gewissem Sinne an die lie derreichste Festzeit des Jahres anknüpfen, sie aber zurückführen und zugleich er heben auf allgemein-menschliche Stim mungsgehalte, auf die humanistischen Ideen des Weltfriedens als reales, greifbar nahe vor uns liegende Ziel unseres Stre bens. Dr. Hansgeorg Mühe wies in seinem in teressanten, problemreichen Vortrag auf die Beziehungen zwischen Volks- und Kunstmusik hin. Angefangen von Beet hoven, über Werke des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart gab er zahlreiche Bei spiele für die Aufnahme folkloristischer Elemente in die Kunstmusik. Dabei stützte er sich auf die von Bela Bartok formulier ten drei Stufen der Übernahme von Volks liedern : 1. Volksmelodie als zentraler Inhalt. Über diese einfache Art der Transkription schreibt Bartok, sie weise „einige Ähnlich keiten mit Bachs Choralbearbeitungen auf“. 2. Die einfache oder kunstvollere Bear beitung der Originalmelodie. Bartok schreibt darüber, daß das Lied „die Rolle des Mottos“ spiele, und „was darum und darunter gesetzt wird“ sei die Hauptsache, wobei die Einheit des Neugeschaffenen ge währt sein müsse. 3. Freie Vervzendung der melodischen und rhythmischen Elemente der Volks musik. Dazu gehört u. a. auch die Nachbil dung von Volksmelodien. Das Volkslied tritt hierbei also als stilistisches Gestal tungsmittel auf. Gewagt schien uns die These der Refe renten, wonach der Schlager die „Volks musik“ von heute sei, dessen Einschmel zung er am Beispiel eines Versuchs von W. Weismann, „Sonatine für Klavier“ zeigte. Abschließend wurde die Verwen dung des Arbeiterliedes, stilistisch zwi schen neuerem Volkslied und rhythmisch lebendigen Tanzschlager mit farbenreicher Harmonik stehend (Beispiel: Eislers „Zwei liebevolle Schwestern“), in der Kunstmusik gezeigt. Als Beleg für alle stand der zweite Satz aus der XI. Sinfonie von D. Schosta- kowitsch, in welchem der Komponist das Lied „Unsterbliche Opfer“ sinnfällig verar beitet. Die zeitlich sehr ungünstig liegende Dis kussion brachte dennoch einige beachtliche Beiträge. So sprach Prof. Dr. Petzold über die Verpflichtung des Musikwissenschaftlers bei der Auswertung des Erbes für die Ge genwart. Lektor Fritz Geißler, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Komponisten im Bezirk Leipzig, zum Standpunkt des Kom ponisten zur Entwicklung der spätbürger lichen Musik von 1900 bis 1945 als jüngster und für die Gegenwart äußerst wichtiger Abschnitt des musikalischen Erbes. Der Student Günter Rudolph referierte über das Wesen unserer Beziehungen zu Bestand teilen des kulturellen Erbes am Beispiel Johann de Grocheo und seines Traktats „Ars musicae“. Weiterhin sprachen in der Diskussion Prof. Dr. Willert, Prof. Rabenschlag und Prof. Dr. Siegmund-Schultze. Leider waren nur am ersten Konferenz tage zwei Vertreter der Abteilung Musik wissenschaft anwesend. Damit kam es nicht zur gewünschten und im Interesse unserer kulturellen Entwicklung notwendigen Zu sammenarbeit und Diskussion zwischen bei den Abteilungen. Studenten der Abteilung Musikerziehung boten wohlgelungene Ausschnitte aus ihrer künstlerischen Arbeit, sowohl im Chor, als auch solistisch mit Volksliedern in der Kla viermusik von Brahms und Schwaen und Volksliederbearbeitungen von Brahms und Kochan - der Thematik der für unsere Zeit recht wertvollen Tagung entsprechend. -her Mannigfaltigkeit menschlicher Bezogen- heiten und lebendiger Charakterbilder, in den Gesängen eines Heinrich Schütz, in den Liedern Schuberts, in der Musikdrama tik eines Verdi und eines Wagners steckt solch ein Reichtum an emotionalem Gehalt, daß die volle Geltung dieser großen Musik eigentlich erst in einer Gemeinschaft von Menschen, die ohne Ausbeutung und in Frieden und Wohlstand leben wollen und können, gesichert erscheint. Nur von hier aus kann der Weg zur gebildeten Nation, die sich ihrer besten Vergangenheit bewußt geworden ist, auch auf musikalischem Ge biet beschritten werden. So weit wir auch im Sozialismus vor wärtsschreiten, wir entfernen uns nicht von unserem großen kulturellen Erbe, sondern tragen es ständig in uns; denn wir wissen, daß Bachs musikalische Gedankengewalt, Mozarts Gestaltenreichtum und Beethovens Ideenwelt unvergänglich und gerade auch für die sozialistische Menschenbildung un entbehrlich sind. „Darum ist die Heimat auch wahrhaft schön nur dort, wo der Mensch sich eine menschliche Ord nung geschaffen hat. eine menschliche Schönheit. Die wahre Schönheit ist ganz. Singt das Lied der ganzen Schönheit!" Ich glaube, daß bei diesem großen Ge sang der Musikwissenschaftler, der Musik erzieher eine große Aufgabe und eine große Verantwortung hat. *) Von der Redaktion stark gekürzte und mit Zwischentiteln versehene Fassung des Vortrages „Die Rolle des musikalischen Er bes im Sozialismus“, den Prof. Dr. Walther Siegmund-Schultze auf der wissenschaftlichen Tagung der Abteilung Musikerziehung am 7. Juli 1962 gehalten hat.
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