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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 8.1964
- Erscheinungsdatum
- 1964
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196400001
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19640000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19640000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 8.1964
-
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- Ausgabe Nr. 11, 12. März 1
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- Ausgabe Nr. 41, 15. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 42, 22. Oktober 1
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- Ausgabe Nr. 45, 12. November 1
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Band
Band 8.1964
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Schmähen oder küssen die Musen? (Fortsetzung von Seite 1) Studenten erfolgen soll. Man denkt sich die Sache in drei Phasen. Im ersten Studienjahr Teilnahme an monat lichen Lehrveranstaltungen, in denen Fragen der Kultur revolution und der marxistischen Ästhetik auf einzelnen Gebieten behandelt werden, im zweiten Studienjahr Spezialisierung auf eine bestimmte Kunstgattung (z. B. Besuch monatlicher Veranstaltungen über Fragen der Filmkunst, der Musik usw.), danach als Ergebnis der bisherigen rezeptiven Aneignung kultureller Kenntnisse Teilnahme an bestimmten Zirkeln oder Arbeitsgemein schaften. Außerdem wird großer Wert darauf gelegt, daß sich die Lehrerstudenten an der Arbeit unserer Ensem bles und Kulturgruppen beteiligen. Man hat sich eine etwas eigenartige, aber vielleicht nicht zu umgehende administrative Regelung ausgedacht: Die Teilnahme ist nicht obligatorisch, jedoch werden Testate bescheinigt, die Lehrerstudenten erhalten einen Vermerk im Staatsexamenszeugnis. Das wichtigste scheint wohl doch zu sein, solche niveauvollen Veranstaltungen durchzuführen, daß die Teilnahme für keinen Pflicht be deutet. Daß diese Veranstaltungen, die eine wirkliche Gemeinschaftsarbeit der kunstwissenschaftlichen Institu tionen sowie inhaltliche Auseinandersetzungen verlangen, nicht bloß organisatorisch geplant werden müssen, be weist der jetzige Stand der Vorbereitungen. Denn prak tisch wurde für das Herbstsemester bis jetzt noch nichts vorbereitet. Für das Frühjahrssemester sollte schon ein Übergangsplan in Kraft treten, der bis zum 1. März erarbeitet sein sollte. Sollte! Ende März lag jedenfalls noch nichts vor. Haben nun die einzelnen kunstwissen schaftlichen Fachrichtungen und besonders die Abteilung Kulturwissenschaft nichts anzubieten? Und so gesehen, hat die geplante kulturell-ästhetische Ausbildung aller Lehrerstudenten auch noch eine andere nützliche Seite: Die einzelnen Kunstwissenschaften müs sen hier mit konkreten Beiträgen zur Problematik des Bitterfelder Weges aufwarten. Die ganze Universitäts öffentlichkeit muß jetzt verlangen, daß schleunigst etwas geschieht. Soweit zu den Lehrerstudenten. Wir werden in der UZ darauf zurückkommen; sind aber zunächst noch hoff nungsvoll. Aber die Lehrerstudenten sind nur ein Teil unserer Studentenschaft. Was machen die Musen mit den anderen? Küssen oder schmähen? Natürlich sind unsere Kräfte zur Zeit noch zu gering, um solcherlei Veranstal tungen, wie sie für die Lehrerstudenten geplant sind, in allen Fakultäten durchzuführen. Es gibt jedoch mehrere Aber. Erstens ist die kulturell-ästhetische Erziehung unse rer Studenten nicht nur Sache der Literaturwissenschaft ler, Ästheten usw. Die Studenten der Juristenfakultät waren jedenfalls sehr begeistert, als ihr Dekan mit ihnen über Probleme unserer Literatur stritt und das Märchen widerlegte, daß Juristen ganz paragraphentrockene Leute seien. Bedarf es denn wirklich immer großer Lehrver anstaltungen und Kolloquien, damit Wissenschaftler auch ästhetisch erziehend auf die Studenten einwirken kön nen? Welcher „Fach"professor, welcher Dozent und Assi stent diskutiert mit seinen Studenten auch einmal über „Ole Bienkopp“ oder „Dem Gewitter entgegen“? Viel leicht ließe sich manches Erziehungsproblem über diesen „Kulturkanal“ besser lösen, als durch andere Belehrungen und Ermahungen. Damit sind wir beim Zweiten: Wir brauchen' eine ständige kulturelle Atmosphäre „von unten“. Es wäre, nebenbei gesagt, auch für die Lehrerstudenten ganz falsch, wollten wir das Problem der musischen Erziehung mit den vorgeschlagenen Veranstaltungen nun als gelöst betrachten, sozusagen als Kulturrevolution von oben. Mit administrativen staatlichen Maßnahmen — so begrüßens wert sie sind — ist allein noch nichts getan. Hier müssen jetzt die FDJ- und Gewerkschaftsleitungen Gedanken entwickeln. Wir brauchen aber nicht ab und zu organi sierte Veranstaltungen bisheriger Art, sondern eine echte schöpferische Atmosphäre, reges geistiges Leben im wahrsten Sinne des Wortes in jeder Seminargruppe. Die Erkenntnis, daß Kultur nicht „auch noch sein muß“, son dern Bestandteil der politisch-weltanschaulichen Bildung für einen Studenten ist, sollte nach fünf Jahren Bitter felder Entwicklung langsam auch dem letzten dämmern. Es gibt schon einige gute Resultate: erfolgreiche Studioabende der Germanisten, Diskussionen bei den Musikerziehern über Musikentwicklung, Betreuung von Jugendklubhäusern durch die Journalisten, Juristen* Wirtschaftswissenschaftler usw. Es gibt auch Lichtblicke in bezug auf ein neues geselliges Leben an den Fakul- täten, so z. B. bei einem sehr gelungenen Fakultätsball der Journalisten. Aber es fehlt fast überall die Kontinui tät eines interessanten Klublebens, Kunstatmosphäre. Die FDJ-Kreisleitung muß schleunigst Überlegungen anstellen: Wie kommen wir zu einer „Revolution“, zu einem „Qualitätsumschlag“ im Klubhaus „Kalinin“? Gerade was das letztere betrifft: Der Zirkel schreibender Studenten existiert, nach schwachem Lebenskampf gar nicht mehr, ein Zirkel für Interessenten der bildenden Kunst besteht nicht, der Fotozirkel fristet ein sehr tristes Leben. Das aber sind doch gerade die eigentlichen „Bit terfelder“ Zirkel. Wenn wir davon reden, daß es notwendig ist, eine musische Atmosphäre „von unten“ zu schaffen, müssen wir uns zuerst Gedanken über die Thematik machen: Was bewegt denn die Studenten? Freilich waren und sind Lyrikabende sehr nützlich, aber dürfen wir uns damit zufriedengeben? Haben nicht trotz der erfreulichen „Lyrikkonjunktur“ Film, Theater, Fernsehen und Musik (besonders Tanzmusik) nach wie vor eine viel größere Wirkung und Ausstrahlung? Gibt es nicht gerade über den letzten Film oder ein neues Fernsehspiel die er regtesten Diskussionen in den Vorlesungspausen? Kann man daran vorübergehen? Die Theaterfahrten nach Ber lin haben gerade gezeigt, welch erzieherische Rolle das Theater spielt. Aber Theater gibt es doch auch in Leipzig. (Nebenbei: Wer kümmert sich denn heute um die An rechtswerbung unter den Studenten?) Oder: Welche Semi nargruppe war eigentlich schon einmal im Leipziger Museum der bildenden Künste? Natürlich ist die Organi sierung von Diskussionen über verschiedene Kunstgattun gen eine besonders dankbare Aufgabe für den Studenten klub. Drittens haben gerade auch für die geistigen Aus einandersetzungen in allen Bereichen der Universität die Kunst- und Kulturwissenschaftler eine besondere Ver antwortung. Wir haben den Eindruck, daß sich unsere Kunstwissenschaftler dieser Verantwortung für die Ge samtuniversität nicht bewußt sind. Dabei reden wir jetzt nicht von Lehrveranstaltungen an anderen Fakultäten. Wo gibt es denn z. B. Vorlesungsreihen unserer Germa nisten, Ästheten, Musik- und Kunstwissenschaftler, die sozusagen als universitätsoffen popularisiert werden, zu denen man die interessierten Medizinstudenten, Wirt schaftswissenschaftler, Physiker usw. offiziell einladet? Dabei ist es doch absolut keine neue Erfindung, daß an einer Universität Studenten Vorlesungen anderer Fach richtungen hören. Natürlich, es gibt begrenzte Kapazitäten, Lehrpläne müssen eingehalten werden usw. Aber wo ist der Versuch und die Bemühung? Die Germanisten haben z. B. die schöne Tradition, Schriftsteller vor Studenten sprechen zu lassen. Kann man die Gäste nicht auch in einem größeren Hörsaal (Physiologie) sprechen lassen und die Sache vorher bekanntmachen? Viertens schließlich dürfte die II. Bitterfelder Konferenz Anlaß sein, ganz besonders über das nach zudenken, was gemeinhin als „kulturschöpferische Akti vität“ bezeichnet wird. Bei uns heißt das auf gut deutsch: die Arbeit der Ensembles und der Zirkel. Was die Ent wicklung in den Ensembles betrifft, so hoffen wir, daß ihre Mitglieder und Leitungen nach der II. Bitterfelder Konferenz selbst ihre Überlegungen vorweisen, wobei die Diskussion über das geplante Universitätstheater von besonderem Interesse wäre. Uns geht es hier um die Frage: Wie werden unsere Ensembles und Kulturgruppen als erzieherische Faktoren, als Faktoren des geistigen Lebens an der Universität wirksam? Freilich: Das Mitwirken in den Ensembles ist aktive Kulturarbeit unserer Studenten. Und es sind immerhin etwa 700 Studenten, die auf diese Weise als Mitglieder der verschiedenen Kulturgruppen selbst singen, musi zieren, schauspielern usw. Aber die Universität hat ande rerseits an die 9000 Studenten. Lassen die Ensembles die Gesamtuniversität Anteil an ihrer wichtigen Arbeit nehmen? Wo haben die Ensem bleleitungen Diskussionen in den Fakultäten geführt, am Beispiel die Auseinandersetzung aktiviert? Genügt ab und zu ein zufälliger Bericht in der „Universitätszeitung“ über Pläne und Vorhaben? Genügt ein Auftritt am Tag der Universität und eventuell zum UZ-Pressefest vor Universitätsangehörigen? Die Ensembles sind doch nicht nur als Repräsentanten nach außen oder zur Selbst betätigung der Ensemblemitglieder gedacht. Welche Rolle spielen die Ensemblemitglieder im kulturell-geistigen Leben ihrer Gruppen, Fachrichtungen und Fakultäten? Es gab durchaus schon gute Erfahrungen des Akademi schen Orchesters. Aber wir wollen den Fragebogen nicht weiter verlängern. Vollständig ist er jedenfalls nicht. Die II. Bitterfelder Konferenz wird uns zweifellos mit einer Vielfalt von Fragestellungen konfrontieren. Im vor liegenden Artikel sind nur einige Probleme hinsichtlich der musischen Erziehung der Studenten aufgeworfen worden. Wir erwarten dazu und zu den anderen Pro blemen, die die Konferenz aufwirft, Zuschriften. Und indem wir diesen Wunsch aussprechen, bleiben wir da bei: Die Musen brauchen die Universität als Heimstatt. Machen wir es ihnen bequem! Opernkonzert mit jungen Solisten Vorschau auf das IV. Akademische Konzert Bereits im vorigen Jahr gab das Akade mische Orchester der Karl-Marx-Universi tät ein mit großem Beifall aufgenommenes und gut besuchtes Opernkonzert. Der nicht zuletzt mit der Verpflichtung hervorragen der junger Gesangssolisten erzielte Erfolg veranlaßte die Orchesterleitung, auch in diesem Jahr ein Opernprogramm zu ge stalten. Neben der ausgezeichneten und be reits vom Vorjahr bekannten Renate Fude wirken weitere junge Solisten mit, die ein interessantes Konzerterlebnis versprechen. Das Programm des am 21. 4. 1964, 20 Uhr, in der Kongreßhalle/Zoo stattfin- denden IV. Anrechtskonzertes spannt sei nen Bogen von der Wiener Klassik bis ins 20. Jahrhundert. Aus W. A. Mozarts „Cosi fan tutte“ mit dem Untertitel „So machen es alle“ oder „Die Schule der Liebhaber“ lassen zwei Arien, „Mädchen, so treibt ihr’s mit allen“ und „Beim Männervolk da sucht ihr treuen Sinn?“, dem Zuhörer die Wahl, wer denn in der Liebe tückischer sei: die Männer oder die Mädchen. (In der Oper löst sich dann das heiter-ironische und von tiefer Erkenntnis menschlich-see- licher Züge getragene Verwechslungsspiel zur Zufriedenheit aller Teile auf.) Weiter hin erklingen aus „Figaros Hochzeit“ eine Arie der Gräfin und des Duettino „So lang hab ich geschmachtet“, in dessen Verlauf Susanna, Figaros Braut, scheinbar auf die flehentliche Einladung des Grafen zum abendlichen Rendezvous eingeht. Alexan der Dumas' „Kameliendame“ folgt der Stoff des sozialkritischen Gegenwartswer kes „La Traviata", von Guiseppe Verdi UZ 16/64, Seite 6 voller innerer Leidenschaft und Anteil nahme im Jahre 1853 in kurzer Zeit kom poniert. Im Vorspiel werden innige, lyrisch-zarte Töne angeschlagen, und Va ter Germont sucht seinen Sohn zurückzu gewinnen, der enttäuschter Liebesleiden schaft wegen die Heimat verließ. Knapp zehn Jahre später schrieb Verdi, nach einigen weiteren Opern und nachdem er sich mit Richard Wagners musikdramati schem Stil befaßt hatte, „Die Macht des Schicksals“. Daraus erklingt am Ende des ersten Programmteiles die ergreifende Friedensarie der Leonore. (Leonore hat sich, ihre Schuld zu büßen, in die Einsam keit einer in Klosternähe gelegenen Ein siedlergrotte zurückgezogen. Sie liebt noch immer ihren Alvaro, mit dem sie einst aus dem Elternhaus floh, nachdem durch ein Mißgeschick ihr Vater getötet worden war und ihr Bruder, Don Carlos, gegen Alvaro Blutrache geschworen hatte. Voller Unruhe gedenkt Leonore ihres seit lan gem vermißten Freundes und bittet um Seelenfrieden.) Im zweiten Teil erklingen Werke der Generationsgenossen Ottmar Gerster (geb. 1897), des Kroaten Joan Jakob Gotovac (geb. 1895) und des sowjetischen Komponi sten Sergej Prokofjew (1891 bis 1953). Von den insgesamt sieben Opern, darunter drei unveröffentlichte Jugendwerke, des Leipzi gers, langjährigen Vorsitzenden des Kom ponistenverbandes und Nationalpreisträ gers Gerster entstand „Madame Liselotte“ im Jahre 1933. Es erklingt daraus die fest lich-beschwingte Balettmusik. Ebenfalls sieben Opern schrieb der führende jugo slawische Meister, dessen volkstümliche, im heiteren Sujet Smetanas „Verkaufter Braut“ verwandte Oper „Ero der Schelm“ 1936/37 entstand und sehr bald auch in Deutschland und in Europa bekannt und beliebt wurde. Sergej Prokofjew hatte während seines Studiums am Petersburger Konservatorium besonders von Haydns Orchesterstil Anregungen erhalten. In sei nen autobiographischen Erinnerungen schrieb der Komponist über den Sommer 1917: „Die Haydnsche Technik war mir ir gendwie besonders klar geworden. Unter solchen vertrauten Verhältnissen war es mir leichter, den gefährlichen Sprung des Arbeitens ohne Klavier zu wagen. Mir schien, wenn Haydn bis in unsere Tage gelebt hätte, würde er seine eigene Hand schrift beibehalten, gleichzeitig aber Neues dazu aufgenommen haben. Eine solche Sinfonie wollte ich komponieren: eine Sin fonie im klassischen Stil. ... Ich kompo nierte sie beim Spazierengehen über die Felder... Früher als alles andere war die Gavotte fertig.“ Diese hat als Zwischen musik durchaus in einem Opernkonzert ihren Platz. Zum Schluß des Konzertes erklingen be kannte Stücke klassischer Meister: aus Carl Maria von Webers „Freischütz“ sowie Beethovens Fidelio-Ouvertüre. Das Programm ist sehr wohl geeignet, neue Hörer zu gewinnen, die dem Kon zertsaal bisher fernstehen. Das findet Aus druck mit der Aufführung des gleichen Programms am 20. 4. 1964 in der Reihe „Werktätige musizieren für- Werktätige“. (Siehe nebenstehenden Beitrag.) H. Richter ERNEUTE THEATERFAHRTEN zum Berliner Ensemble finden am 22. April (Der aufhaltsam« Aufstieg des Arturo Ui) und am 29. April (Dreigroschenoper) statt. Der Fahrpreis beträgt 10,60 DM, der Preis für die Eintrittskarten 1,— bis 6,— DM. Die Abfahrt erfolgt jeweils 9.30 UW ab Leipzig Hauptbahnhof, die Rückfahrt 21.13 Uhr ab Berlin-Lichtenberg. Die Vorstellungen beginnen jeweils 17 Uhr, nicht 18 Uhr, wie auf den Plakaten angegeben ist. Feto; Tenschert Neue Hörer „ernster" Musik Uber eine Konzertreihe des Akademischen Orchesters Einen mutigen Schritt zur Gewinnung der Werktätigen für die „ernste“ Musik durch regelmäßige Konzertbesuche und sorgfältig vorbereitete Einführungen und Diskussionen unternahmen der FDGB- Kreisvorstand Leipzig-Stadt und das Aka demische Orchester der Karl-Marx-Uni versität Leipzig. In einer neuen Konzert reihe „Werktätige musizieren für Werk tätige“ wandten sich FDGB-Kreisvorstand und Akademisches Orchester direkt an die Kollegen in den Betrieben. Das erste Kon zert dieser neuen Reihe, das am 16. De zember 1963 in der Leipziger Kongreß halle stattfand, brachte mit etwa 600 Hö rern gleich einen achtungsgebietenden An fangserfolg. Das Programm der Konzertreihe soll maßgebend von der oben charakterisierten Hauptaufgabe bestimmt werden, und man kann sagen, daß das erste Konzert im Dezember 1963 mit seiner Mischung von Zeitgenössischem (Martinu: „Memorial to Lidice" als Erstaufführung) und einem Meisterwerk aus der Vergangenheit (Beet hovens 5. Sinfonie) dieser Aufgabe her vorragend gerecht worden ist. Interessant für die Fachleute war dabei die Tatsache, daß unsere werktätigen Hörer, die fast ausschließlich nicht zu dem Kreis der stän digen Konzertbesucher gehörten, über den tiefen emotionalen Inhalt des Werkes von Martinu verhältnismäßig leicht zu dessen Verständnis vorstießen. Der Erfolg dieses ersten Konzertes läßt hoffen, daß diese neugewonnenen Hörer auch künftig unse ren Konzerten treu bleiben werden. Das zweite Konzert dieser Reihe wird am 20. April 1964 ebenfalls in der Leip ziger Kongreßhalle stattfinden. Dem didak tischen Zweck entsprechend, haben wir für dieses Konzert leichter verständliche Werke aus der Welt der Oper gewählt. Dabei stehen neben Bekanntem und Un bekanntem der Vergangenheit auch Werke des sozialistischen Gegenwartsschaffens. Als Solisten wurden junge Kräfte gewon nen, Absolventen unserer Musikhochschu len bzw. Angehörige der Nachwuchsstu dios unserer führenden Bühnen. Damit er halten zugleich junge Solisten, die sich auf die Teilnahme an internationalen Wett bewerben vorbereiten, eine Möglichkeit, sich vor unserem Publikum zu bewähren. Genauso wesentlich wie der Konzert- besuch ist die Gestaltung von Einführun gen in den Betrieben und die Aussprache über die aufgeführten Werke. Hier be stehen in Leipzig außerordentlich günstige Voraussetzungen. Mitglieder des Akade mischen Orchesters und Studenten des In stituts für Musikerziehung können gemein sam mit den Kulturfunktionären der Ge werkschaft in den Betrieben diese Einfüh rungen und Diskussionen übernehmen. Da bei kommt es darauf an, diese Veranstal tungen mit Schallplatten und Tonbändern interessant und anziehend zu machen. Un seren Bestrebungen zur Gewinnung der Werktätigen aus Leipziger Betrieben als ständige Konzertbesucher kommt der Um stand entgegen, daß unser Akademisches Orchester in seiner Entwicklung kein rei nes Studentenorchester geblieben ist. Heute sind zu einem beachtlichen Prozent satz Werktätige Mitglied des Orchesters. Das hat für die künstlerische Arbeit den Vorteil einer Einschränkung der studien- • zeitbedingten Fluktuationen, und es ha* sich heute schon im Orchester ein Kern aus Berufstätigen gebildet, die mit ihren in langjähriger Mitarbeit erworbenen, her vorragenden Fähigkeiten die Gewähr füt kontinuierliche Leistungen bieten. Gleich zeitig bestellt jedoch auch durch diese Kol legen ein enger Kontakt zu den Werktäti gen ihrer Betriebe, und man kann bereits jetzt von einem Einfluß unserer Orchester mitglieder auf das kulturelle Leben in den Betrieben sprechen. Unser Orchester garantiert jedem Inter essenten, der für einen bestimmten Zeit raum im Orchester mitarbeiten will, ein« musikalisch-qualifizierte Ausbildung durch unsere Lehrer aus den beiden Leipziger Spitzenorchestern. Schon eine ganze An zahl von Freunden und Kollegen ist die sen Weg vom passiven Hörer zum akti schöpferischen Mitgestalten gegangen und hat damit auch für ihre berufliche Tätig keit und ihre allgemeine Entwicklung viel gewonnen. Die ehemalige Studentin und junge Lehrerin Rosel Keetmann hat zum Beispiel im Orchester während ihres Stu diums mit nur geringen musikalischen Voraussetzungen begonnen, Kontrabaß zu erlernen. Sie hat sich im Orchester mil Hilfe ihres Lehrers Heinz Schönekerl, Mit glied des Rundfunksinfonieorchesters Leip zig, zu einer guten Bassistin und zu einem wertvollen Mitglied unseres Kollektivs entwickelt. In einer Fernsehsendung sagte sie: „Die Arbeit im Akademischen Or chester macht mir nach wie vor viel Freude. Sie hilft mir, in meinen Kindern in der Schule das Verständnis und die Liebe zur Musik zu wecken.“ Darüber hinaus sind unsere Orchester mitglieder sehr eng durch die unmittel baren Kontakte zu den für uns schaffen den Komponisten mit unserem sozialisti schen Gegenwartsschaffen verbunden. Es ergibt sich somit eine unmittelbare Wir kung der Orchesterarbeit einmal in Hin sicht auf die Gestaltung des musischen Klimas in den Betrieben und die Aneig nung unserer Kulturschätze durch die Ar beiterklasse und zum anderen in Hinsicht auf die Entwicklung unserer sozialisti schen Nationalkultur, denn unsere Or chestermitglieder nehmen durch ihre Tä tigkeit im Orchester aktiv an deren Schaf fung teil. So verdient dieses erste Beispiel einer Konzertreihe „Werktätige musizieren für Werktätige“, daß vom FDGB-Kreisvor stand Leipzig-Stadt und dem Akademi schen Orchester gemeinsam geschaffen wurde, eingehend Würdigung und Nachah mung. Mit der Übernahme dieser Aufgabe hat das Orchester seinen spezifischen Platz in der gegenwärtigen Etappe unserer so zialistischen Kulturrevolution gefunden. Im Mittelpunkt auch der Arbeit eines Laienorchesters muß die Frage nach der Wirksamkeit in der Gesellschaft stehen- Gradmesser für den Erfolg unserer Arbeit kann nur sein, wie es uns gelungen ist, unsere Hörer mit den Kunstwerken zu er schüttern oder zu begeistern, mit anderen Worten: zu gewinnen. Diese Aufgabe geht über das bloße Einstudieren und Konzer tieren weit hinaus. Sie ist die verantwor tungsvollste und schönste, die sich ein jun ges Kollektiv stellen kann. Horst Forstet
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