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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 8.1964
- Erscheinungsdatum
- 1964
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196400001
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19640000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19640000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 8.1964
-
- Ausgabe Nr. 1/2, 9. Januar 1
- Ausgabe Nr. 3, 16. Januar 1
- Ausgabe Nr. 4, 23. Januar 1
- Ausgabe Nr. 5, 30. Januar 1
- Ausgabe Nr. 6, 6. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 13. Februar 1
- Ausgabe Nr. 8, 20. Februar 1
- Ausgabe Nr. 9, 27. Februar 1
- Ausgabe Nr. 10, 5. März 1
- Ausgabe Nr. 11, 12. März 1
- Ausgabe Nr. 12/13, 19. März 1
- Ausgabe Nr. 14, 2. April 1
- Ausgabe Nr. 15, 9. April 1
- Ausgabe Nr. 16, 16. April 1
- Ausgabe Nr. 17, 23. April 1
- Ausgabe Nr. 18, 30. April 1
- Ausgabe Nr. 19, 14. Mai 1
- Ausgabe Nr. 20, 21. Mai 1
- Ausgabe Nr. 21, 28. Mai 1
- Ausgabe Nr. 22, 4. Juni 1
- Ausgabe Nr. 23, 11. Juni 1
- Ausgabe Nr. 24, 18. Juni 1
- Ausgabe Nr. 25, 25. Juni 1
- Ausgabe Nr. 26, 2. Juli 1
- Ausgabe Nr. 27, 9. Juli 1
- Ausgabe Nr. 28, 16. Juli 1
- Ausgabe Nr. 29, 23. Juli 1
- Ausgabe Nr. 30, 30. Juli 1
- Ausgabe Nr. 31, 6. August 1
- Ausgabe Nr. 33, 13. August 1
- Ausgabe Nr. 33, 20. August 1
- Ausgabe Nr. 34, 3. September 1
- Ausgabe Nr. 35-38, 24. September 1
- Ausgabe Nr. 39, 2. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 40, 8. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 41, 15. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 42, 22. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 43, 29. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 44, 5. November 1
- Ausgabe Nr. 45, 12. November 1
- Ausgabe Nr. 46, 19. November 1
- Ausgabe Nr. 47/48, 26. November 1
- Ausgabe Nr. 49, 3. Dezember 1
- Ausgabe Nr. 50/51, 10. Dezember 1
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Band
Band 8.1964
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KRYLOWS UND TULINS UNTER UNS Leser schreiben ihre Gedanken zu D. Granins Roman „Dem Gewitter entgegen" Wer ebnete Agatow den Weg? Der in der letzten UZ veröffentlichte Auszug aus einem Gespräch zwischen Krylow und Tulin aus D. Granins Roman „Dem Gewitter entgegen“ beleuchtet — wenn auch kurz, so doch nicht weniger eindeutig — die Stellung beider Personen zueinander, im gesamten Roman und so mit zu den vom Schriftsteller aufgeworfe nen Problemen. Das angeführte Gespräch verdeutlicht den Hauptkonflikt, der sich durch alle vier Teile des Romans hindurchzieht: den Zusammenstoß zwischen der Kompromiß- losigkeit und der Bereitschaft zu Konzes sionen. Der Autor konfrontiert die um wahren Fortschritt bemühten, um reale und fundierte Forschungsergebnisse ringen den Wissenschaftler (Krylow, Richard, Anikejew, Dankewitsch) mit denjenigen, die zwar talentiert sind, denen aber ihre wissenschaftliche Tätigkeit nur als Mittel zum Erwerb persönlichen Ruhms dient (Tulin) und die ihre wissenschaftliche Im potenz hinter hochtönenden Phrasen oder herrschsüchtigem Administrieren zu ver bergen suchen (Denissow, Lagunow, Aga tow). Der Leser erlebt in Granins — wenn auch mit technischem Vokabular überladenen und in den Frauengestalten nicht ganz ge lungenen — Roman die Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Lagern mit, ja, wird in sie hineingezogen, wird zur Stel- lungnahme -aufgefordert; denn er erkennt, daß die dargestellten Probleme eigentlich gar nicht von so weit hergeholt, sondern seine eigenen sind. — Wird nicht bei uns, besonders unter den Studenten, über den Sinn des Lebens diskutiert? Und warum sollte nicht „Dem Gewitter entgegen“ die Diskussion beleben, mit neuen Aspekten versehen? Nach der Lektüre des Romans dürfte wohl klar sein, daß für den Schriftsteller Ein großartiges, unbequemes Buch Granins „Dem Gewitter entgegen“ — ein großartiges und unbequemes Buch! Das Geheimnis seiner Wirkungskraft? Die Li teraturwissenschaft wird es uns entdecken. Worin auch immer es bestehen mag, in der inneren Dramatik des Geschehens, den klu gen, bissigen Aphorismen oder den hefti gen Kollisionen menschlicher Charaktere- Granins Roman ist großartig, weil er nicht bequem zu lesen ist (was nicht hei ßen soll, daß man bei der Lektüre nicht im Sessel sitzen könnte). Granins Roman fordert den Standpunkt des Lesers heraus, zwingt unnachgiebig in verblüffender, bestürzender Weise zur Stellungnahme, provoziert den Leser zur Selbstauseinandersetzung. Fortgesetzt ertappte ich meine Gedanken dabei, wie sie sich an einem Graninschen Aphorismus festhakten, sich von der Ro manhandlung lösten und Parallelen im eigenen Lebens- und Tätigkeitsbereich nachgingen: „...jede neue Theorie er kämpft sich erst ihre Verbündeten. An fangs hat sie nur Gegner vor sich.“ (S. 46) In meiner Dissertation griff ich einen Ge dankengang auf, der sieben Jahre zuvor be- Universitätzeitung, Nr. 9, 27. 2. 1964, S. 6 der Sinn und die Bestimmung des mensch lichen Lebens darin bestehen, Kämpfer und Schöpfer zu sein — und er zeigt es uns an Krylow. Dieser geht am Schluß des Romans als Sieger aus Intrigen und wissenschaftlichem Streit hervor, nicht zu letzt, weil er gelernt hat, für seine Idee, die er als richtig erkannt hat, zu kämpfen. Dr. E. Hexeischneider hat in seinem Bei trag (UZ vom 30. 1. 1964) ausführlich die Gestalt Krylows analysiert, sein Werden und Wesen als kommunistischer Wissen schaftler beleuchtet. Er hat damit aber nur die eine Seite des Konflikts betrachtet, zweifelsohne die wichtigste. — Mir scheint es lohnend, auch auf die andere hinzu weisen. Der Schriftsteller hat seinen Hel den Krylow doch nicht umsonst mit so vielen Personen umgeben, die — entweder an seiner Seite oder gegen ihn — an der Auseinandersetzung um echte Wissen schaft, um freies schöpferisches Denken beteiligt sind. Die Pseudowissenschaftler und Dogmatiker in Gestalt eines Denissow, Agatow oder Lagunow (auch Tulin gehört in gewisser Beziehung zu ihnen) befinden sich in diesem Kampf bisweilen obenauf, obwohl sie in moralischer Hinsicht die Unterlegenen sind. Agatow bekleidet z. B. am Schluß des Romans einen hohen Posten. Es ist nun nicht die Absicht Granins zu illustrieren, wie man es in der sowjetischen Wissenschaft durch Karrierismus und Dog matismus zu etwas bringen kann. Der Sinn der Darstellung solcher Vorgänge liegt vielmehr in ihrer Verurteilung und in der Lehre, die der Schriftsteller allen denen erteilt, die entweder durch Gleich gültigkeit, durch außenstehendes Betrach ten, durch Nichteinmischung oder durch falsches kollegiales Verhalten — in jedem Falle aber durch ihre Verantwortungs losigkeit — das dienstliche Emporkommen solcher Leute fördern. Granin zeigt in einigen nicht ins Auge fallenden Episoden auch die Ursachen für den Aufstieg Agatows. Dieser von Anfang an vom Schriftsteller eindeutig gezeich nete unbegabte Physiker, der intrigant und immer auf seinen Vorteil bedacht ist, der um jeden Preis anerkannt werden möchte und zu diesem Zweck nach administrativer Macht strebt, der die einmal erlangte Ver fügungsgewalt wollüstig und böswillig aus kostet, der durch seine Verantwortungs losigkeit und Dummheit den Flugzeug absturz und den Tod Richards verschuldet reits diskutiert, als nutzlos, abwegig und — bedingt durch die Zeitumstände wohl auch — als revisionistisch verworfen wor den war. Der Kern des Gedankens — es handelte sich um die Dialektik von politi scher und Widerspiegelungsfunktion im Journalismus — schien mir richtig, die Aus führung des Gedankens unzureichend. In einen neuen, weitergespannten Problem kreis hineingestellt, brachte ich den Ge danken 1963 erneut in die Debatte. Doch der Gedanke war sieben Jahre zuvor so ausreichend diskreditiert worden, daß sich mancher gar nicht der Mühe unterzog, ihn in der neuen Darstellung zu begreifen. Hier wäre der Hinweis einzuschalten, die Situation, der ich mich gegenübersah, glich nicht der von Granin in solcher Ausschließ- lichkeit gekennzeichneten: Es gab anfangs nicht nur Gegner, sondern Verbündete und Gegner. Auch bildeten die Gegner keines wegs eine festgefügte Front. Während die einen sagten, derartige Gedanken wie die in meiner Arbeit vorgetragenen seien der zeit (1963) nicht opportun, rieten mir an dere „im guten“, den entsprechenden Ab schnitt aus dem Dissertationsentwurf zu streichen. Damit brächte ich mich außer Gefahr, anzuecken, und erspare mir even tuelle Unannehmlichkeiten. Den Rat zu be folgen hätte bedeutet, auf das Kernstück der Arbeit zu verzichten, den Streit über wesentlich Neues noch vor dem Beginn zu beenden und als Dissertation das vorzu legen, was in unserer Disziplin als ge sicherte Erkenntnis gilt. Dies alles gehört zeitlich der Vergangen heit an. Die Dissertation blieb unverändert. Die Promotion fand statt. Dennoch stehen diese Zeilen hier, nicht aber deshalb, um eine rückwärtsgerichtete Fehlerdiskussion zu eröffnen, um darüber zu recherchieren, was warum zu welchem Zeitpunkt als rich tig und falsch gilt, auch nicht, um nach träglich für gehabten Ärger Sühne zu for dern, nicht um die Notwendigkeit konse- und feige hofft, nicht als Schuldiger ent larvt zu werden — dieser selbe Agatow wird gegen Ende des Romans zum kom missarischen Abteilungsleiter und zum Se kretär eines Organisationskomitees er nannt „Er war bereit, Menschen an die Peri pherie zu schicken, objektive Gutachten anzufertigen, die reine Wissenschaft ab zulehnen, sie gegebenenfalls auch zu ver teidigen, Kader zu erziehen, Symposien durchzuführen, Kongresse abzuhalten, Nachrufe zu unterschreiben und in allem auf der Höhe zu sein. Als Wissenschaftler aber würde er et was Zurückbleiben, da war nichts zu ma chen...» (S. 391) So sehen Agatows Vorstellungen über seine zukünftige Arbeit aus. Wie konnte es überhaupt zur Ernennung Agatows kommen (ganz abgesehen davon, daß sie auf Vorschlag seines Gesinnungs genossen Lagunow geschieht)? Wei' hat ihm den Weg frei gemacht? Etwa Krylow mit seiner Kompromißlosigkeit, als er den ihn) von Golizyn angebotenen Posten des Laborleiters ablehnte und ihn somit Aga tow zur Verfügung stellte? Wohl kaum. Oder Krylows Kollege Botschkarjow? Als er Krylows ablehnende Haltung bemerkt, warnt er ihn: „Du machst Agatow den Weg frei... Er ist kein schöpferischer Mensch. Er ist unbegabt. Das ist gefähr lich wie ein Gangrän. Nicht umsonst reißt er sich um diesen Posten...“ (S. 20) Botsch karjow arbeitet schon lange genug im Labor, um Agatow durchschaut zu ha ben. Er hat beobachtet, wie dieser die bei den vorhergehenden Laborleiter „hinaus befördert“ hat, um endlich selbst Chef zu werden. Bisher hat er aber nichts unter nommen, um Agatow zu hindern oder ihn gar zu entlarven. Außer um seine Meß technik, als deren bester Fachmann er gilt, kümmert er sich um nichts, offiziell jeden falls, sondern beobachtet das sich um ihn herum abspielende Leben nur. Er erkennt zwar, daß Agatow gefährlich ist und neu tralisiert werden muß, bleibt aber bei die ser Erkenntnis stehen und zieht sich recht schnell wieder in seine Wissenschaft zu rück, als es ihm nicht gelingt, Krylow zur Annahme des Laborleiterpostens zu überreden. Da ist auch noch Pessezki, ebenfalls ein Mitarbeiter des Labors, ein glänzender quent kompromißlosen Kampfes gegen den Revisionismus anzuzweifeln, sondern diese Zeilen wollen als Illustration zu einer Hauptlehre aus Granins Roman verstan den sein: Echte Fortschritte in der Wissen schaft entstehen im Streit. Um neue Posi tionen zu erobern, bedarf es des mutigen, ehrlichen und ausdauernden Kampfes. Unstreitig läßt sich in der Etappe eine Schlacht bequemer, gefahrloser überstehen. Aus stark bewehrter Festung dürfte der Gebrauch der Waffen unkomplizierter sein als im direkten offenen Mann-Mann-Ge fecht. Ein gut gezielter, erfolgreicher Schlag läßt sich allerdings erst dort und dann führen, wenn Spähtrupps das Ge lände erkundet und die Zielpunkte mar kiert haben. Eben das meint Granin. Die streitbare Wissenschaft bedarf der Erkun dungsaktionen. Dem allgemeinen wissen schaftlichen Fortschritt, dem Vormarsch auf breiter Front geht die lebensnotwen dige Arbeit der Stoßtrupps voraus. Nichts erweist sich entwicklungswilliger Wissen schaft weniger zuträglich als die Sterilität des Denkens. Dort, wo der Schritt ins Neu land nicht gewagt wird, wo nicht kühn neue Fragen gestellt werden, bleiben neue Erkenntnisse aus. Die Journalistik spürt jetzt die Folgen jahrelang geübter Zurückhaltung gegen über neuartigen soziologischen, erkenntnis theoretischen, psychologischen und kyber netischen Fragestellungen. Unwillkürlich drängt sich die Frage auf, ob manch einem dogmatische Denk- und Handlungsweise, die Angst vor der Frage, vor dem frucht baren Zweifel, die Besorgnis, danebenzu treten, der Konservatismus zur Gewohn heit geworden sind. Denn anders läßt sich der Widerstand gegen neue Frage stellungen (die, wie sich im konkreten Falle zeigte, keinesfalls die marxistische Mathematiker, der zum Zeitvertreib Kri mis liest und sein Unterbewußtsein auf die Lösung mathematischer Aufgaben trai niert. Krylow berichtet ihm von dem Vor schlag Golizyns und teilt ihm gleichzeitig seine Zweifel mit. Er aber geht gar nicht darauf ein und antwortet zum Schluß nur: „Hör auf, dich zu quälen. Alles löst sich von selbst, ohne unser Zutun. Das ist immer so.“ (S. 26) So sieht die Reaktion zweier Wissen schaftler aus, als es sich entscheiden soll, wer ihr Vorgesetzter wird und wer somit auch die Thematik ihrer weiteren wissen schaftlichen Arbeit bestimmen wird. Ist ihnen ihre Tätigkeit etwa so gleichgültig? Auf keinen Fall. Sie sagen aber mit Archimedes: „Stört mir meine Kreise nicht!“ Botschkarjow weiß zwar, wie unfähig und schädlich Agatow ist, ihm fehlt aber der Mut, etwas gegen ihn zu unternehmen. Und Pessezki ist der Ansicht, daß sich die Dinge im Selbstlauf, ohne sein Ein greifen und ohne seine Teilnahme am besten entwickeln. Dem einen fehlt die Zivilcourage, der andere betreibt Nichteinmischungspolitik. Beide ebnen durch ihr Verhalten den Aga tows den Weg. Eines der vorrangigen Anliegen Granins scheint es zu sein — und deswegen verfolgt er wohl auch in seinem Roman den Ent wicklungsweg Agatows — zu demonstrie ren, welche Auswirkungen die Theorien vom Nur-Wissenschaftler und von der un politischen Wissenschaft haben können. Was nützt und wem nützt meine wissen schaftliche Arbeit, mein Erfindergeist, wenn ich sie nicht in Beziehung zu meiner gesell schaftlichen Umwelt setze? Wie werde ich meiner Verantwortung vor meinen Mit menschen, vor meinem Staat gerecht? Wel che Entfaltungsmöglichkeiten hat schöpfe rische Aktivität, die nicht mit gesellschaft licher Aktivität verbunden ist? Ein kleines Beispiel, aber welche äußerst aktuellen Probleme und Fragestellungen beinhaltet es! Und wie viele von ähnlicher Tragweite und Bedeutung enthält Granins Roman. Sollte es sich nicht doch lohnen, über einige von ihnen öffentlich in der UZ zu diskutieren?! Wolfgang Staerkenberg Pressetheorie zu revidieren trachteten, son dern sie bereicherten) nicht erklären. Weiter: Sollte man sich nicht mit einer neuen Fragestellung (gleich, wie sie in die Diskussion gelangte, ob auf Initiative ein zelner oder mit allgemeiner Billigung) wissenschaftlich auseinandersetzen? Sollte nicht in einem wissenschaftlichen Streit allein der Gedanke Bestand haben, allein das Problem im Blickpunkt stehen? Oder bringt es irgendeinen Nutzen, Wert oder Unwert, Berechtigung oder Nichtbe rechtigung zur Diskussion gestellter An sichten aus Herkunft, Vergangenheit und früheren Irrtümern ihrer Urheber zu de duzieren? In einer wissenschaftlichen De batte zählen Tatsachen und Argumente, nicht Schlagworte und Vorurteile. Schließlich ein Letztes: Granins Roman birgt unzählige Fragen in sich. Einige be antwortet Granin. Beantwortete er sie alle, wäre er seiner Maxime untreu, „die Men schen zum Denken zu zwingen, zum Den ken, das heißt auch zum Handeln“. Mit unter weist Granin nur den Weg, wo die Antwort zu suchen ist. Ob es immer der richtige Weg ist, darüber kann man strei ten, doch man sollte nicht darüber richten. Meines Erachtens kämpfen Granins Hel den um die wissenschaftliche Wahrheit allzusehr in der Isolation. Die Kraft des Kollektivs liegt brach, die Macht der Gemeinsamkeit bleibt ungenutzt. Krylow — der Typ des kommunistischen Wissen schaftlers, wie er werden soll (UZ vorn 30. 1. 1964) — prägt sich unvergeßlich in unser Gedächtnis ein, bewundernswert in seinem Bekennermut, seiner Ehrlichkeit, seiner Entschlossenheit und Ausdauer, in seiner unerschütterlichen Überzeugung von der Richtigkeit seiner Idee, seines Vor habens. Doch woher nimmt er die Kraft? Aus sich selbst? Dr. Willy Walther „Links wo der Scherz ist” Einen scharfen Mix servierten uns die Academixer in ihrer Szene »Krumme Tour“. Sie nahmen die Abonnentenwerbungsmethoden für die „VZ" aufs Korn. Zwei finstere Gestalten zwingen einer armen Stu dentenseele mit Gewalt die „UZ“ auf. Das gibt zu denken.. .*) Und da sind wir auch gleich bei unserem Anliegen. Die Szenen, in denen Pro bleme und Episoden aus dem Stu dentenleben gezeigt werden, kommen beim Publikum am besten an. Sie sind wirkungsvoll und le bensecht, weil sie der unmittelbaren Erlebniswelt der Autoren und Dar steller entspringen. Diese Szenen sollten in Zukunft das Gesicht des Programms prägen. Es kann hier leider nicht auf das gesamte Programm eingegangen wer den. Doch verdienen es einige Sze nen, hervorgehoben und etwas ge nauer betrachtet zu werden. Einer der Höhepunkte des Programms war zweifelsohne das von H.-D. Weyrich vorgetragene Gedicht „Nichts dabei gedacht“. Sehr gut vom Text her (W. Jakisch; H.-D. Weyrich) und in exakt vorbereiteter Vortragsweise wird die Sorge eines Studentenehe paares mit der Unterbringung ihres Sprößlings in einer Krippe und der Unverstand, den man ihnen von den verschiedensten Seiten entgegen bringt, auf satirisch-humorvolle Weise dargeboten. Für sehr gut hal ten wir auch Szene „Beurteilung von Beurteilungen“, die die leider noch häufig in der Praxis der FDJ, und nicht nur dort, anzutreffende Me thode der Ausfertigung von pauscha len Einschätzungen von Studenten parodisiert. Zu „So was soll’s noch geben“ wäre zu sagen, daß diese Erschei nung der Bevorzugung und der übertriebenen Nachsicht gegenüber Kindern des Lehrkörpers bei Prü fungen, die hier kritisiert wird, nach unserer Auffassung des Ausspielens der Pointe bedarf. Man sollte es in diesem Fall nicht dem Zuschauer überlassen, die Sache zu Ende zu denken, obgleich die Absicht, den Zuschauer aktiv in das Geschehen einzubeziehen, grundsätzlich richtig und begrüßenswert ist. Das Ausspie len der Pointe Würde aggressiver wirken, und das ist hier durchaus angebracht. Ein wenig mehr Songs und eine Klavierbegleitung, die über die reine Pausenüberbrückung hinausgeht, würde das Programm noch verbes sern. Einige Szenen wie „Opa Krause“ und „Rotarmist und Student (I)‘ f schienen etwas abgespielt. Die beiden Szenen, die westdeut sche Probleme behandelten, über zeugten am wenigsten. „Pressefrei heit“ wirkt geradezu unprobiert. Da diese Szene von der Gestik her kaum anders gelöst werden kann, ist es doppelt nötig, sie sprachlich besser auszufeilen. In „Das Wunderkind" hört ein in ein Bärenfell gehüllter Steinzeitknabe am Boden horchend den schweren Tritt seines sich nä hernden Vaters und schlußfolgert daraus, daß dieser mit Jagdbeute be laden sei. Der Sohn wird deshalb als zu früh geboren bedauert — gäbe er doch einen geeigneten Mann für Hö- cherls Abhördienst ab. So spaßig die Geschichte anfangs vorgeführt wird, so spritzig dabei der Text ist, bei der Pointe wird es peinlich. Sie wirkt krampfhaft angeklebt. Die vier Darsteller unserer „aca demixer“, die nun bald ihr einjähri ges Jubiläum feiern, spielen mit gro ßem Vergnügen. Diese Freude über trägt sich auch auf die Zuschauer* die deshalb gern manche darstelle rische Unzulänglichkeit übersehen. Wir sind jedoch überzeugt, daß der Gruppe eine straffe Regie fehlt. Wil fried Jakisch, Hans-Dieter Weyrich und zum Teil auch Herbert Grigull sind darstellerisch am stärksten, weil sie für das Kabarett vom Typ her viel mitbringen. Ein guter Regisseur würde sicher die Kluft, die beson ders zwischen W. Jakisch und den anderen Darstellern noch besteht, durch eine feste Darstellerführung überbrücken. Außerdem wäre eine Verstärkung der Gruppe sehr gün stig. In der Aussprache nach der mit viel Beifall aufgenommenen Vorstel lung wurde die Gruppe gebeten, ihr Programm für die Arbeiterfestspiele etwas zu kürzen, weil sie mit einer zweiten Kabarettgruppe gemeinsam auftreten soll. Unsere „academixer“ sollten sich dabei speziell mit ihren Texten aus dem Studentenleben vor stellen. Wir sind überzeugt, daß sie damit sehr erfolgreich sein werden. Christa Osinski/ Hans-Joachim Conrad •) Was wir uns dabei denken: Na» diese Werber! Dabei haben sie doch solche Methoden wirklich nicht mehr nötig, seitdem wir uns entschlossen, den Studentanproblemen bedeutend mehr Raum zu geben und langatmige Be richte einfach nicht mehr zu drucken. Sollte jemand solche noch entdecken: Zuschriften erbeten an die Redaktion.. • siehe Impressum. — Ubrigens: Soeben begannen wir eine neue Werbekam pagne. Die Redaktion
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