Volltext Seite (XML)
FRAGE: Herr Staatssekretär, welche Aufgaben sehen Sie für die Ausbil dung und Erziehung der Studenten an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen, die sich aus der techni schen Revolution ergeben? ANTWORT: Das Hauptanliegen be steht darin, die Übereinstimmung der sozialistischen Bildung und Er- BILDUNG UND ERZIEHUNG •wwuwMwnwwMWWHBTHmMT ADN-Interview mit Prof. Dr. Ernst-Joachim Gießmann, Staatssekretär für das Hoch- und Fachschulwesen NEUEN AUFGABEN ANPASSEN Ziehung und der technischen Revolu tion bei besonderer Berücksichtigung der führenden Zweige unserer natio nalen Wirtschaft herzustellen. Dabei geht es uns sowohl um den Inhalt der fachwissenschaftlichen Ausbil dung, als auch um die Bestimmung der politisch-ideologischen, ethischen Und ästhetischen Erziehungs- und Bildungsaufgaben. Für die technische Revolution ist der Vorlauf der wis senschaftlichen Erkenntnisse erfor derlich. Das aber setzt voraus, daß die Kader über ein gründliches Wis- Nen, vor allem in der Mathematik und den Grundlagen der modernen Naturwissenschaften verfügen. Zu den Grundlagen gehören selbstver ständlich auch die allgemeinen und speziellen Methoden der Wissenschaft und Technik. Die Grundlagenkennt nisse ermöglichen es den Absolven ten, auf lange Zeit die wissenschaft lich-technische Entwicklung mitzube- stimmen und den sich rasch verän dernden Anforderungen an die beruf liche Spezialisierung genügen zu kön nen. Für die Hochschullehrer bedeutet das, das zu vermittelnde Grundlagen wissen anhand der Perspektive von Wissenschaft und Technik, sowie der Entwicklungsrichtung unserer natio nalen Volkswirtschaft ständig zu überprüfen und zu überarbeiten. Die internationale Entwicklung, aber auch unsere eigene Erfahrung zeigen zum Beispiel, daß wir unsere Anstrengun gen auf bestimmten Grenzgebieten der Wissenschaft auch unter dem As pekt der modernen wissenschaftlichen Ausbildung an unseren Universitäten und Hochschulen verstärken müssen. Die Diskussion über die Grund sätze des einheitlichen sozialistischen Bildungssystems bestätigt unsere Auf fassung, daß in allen Ausbildungs zweigen ein hohes Niveau des Grund lagenwissens erreicht werden muß und daß Abstriche weder am mathe matisch-naturwissenschaftlichen noch am ökonomischen und weltanschau lichen Fundament der Ausbildung ge duldet werden dürfen. 2 FRAGE: Welche Veränderungen in der Hoch- und Fachschulausbildung sind notwendig, um die Wirksamkeit der wissenschaftlichen Kräfte für die Entwicklung der Volkswirtschaft zu erhöhen? ANTWORT: Die theoretische Ausbil dung muß organisch mit den Ent wicklungsproblemen besonders der führenden Zweige unserer Volks wirtschaft verbunden werden. Sie muß die Studenten befähigen, die Hauptrichtungen des wissenschaft lich-technischen Fortschritts in der Produktion zu verwirklichen. Zu die sem Ziel sollen alle Disziplinen im Ausbildungsprozeß gemäß ihren spe- zifischen Möglichkeiten beitragen. In der wissenschaftlichen Ausbil dung unserer Ökonomen, um ein Bei ¬ spiel zu nennen, spielen konkrete Fälle aus der Praxis der Verwirkli chung des neuen ökonomischen Sy stems, des Findens von , optimalen ökonomischen Lösungen unter An wendung auch der mathematischen, technischen und technologischen Kenntnisse eine immer größere Rolle. Eine wichtige Funktion erfüllen die Praktika als organischer Bestandteil des Ausbildungs- und Erziehungspro zesses. Zur Ingenieurausbildung wird künftig durchweg ein längerer Aus bildungsabschnitt in der sozialisti schen Industrie gehören, der jetzt be reits von der Technischen Universität Dresden und der Technischen Hoch schule Ilmenau erprobt wird. Im Landwirtschaftsstudium spielen län gere Praktika, in denen die Studen ten unter den konkreten Bedingun gen unserer sozialistischen Landwirt schaftsbetriebe wissenschaftlich ar beiten lernen, heute schon eine wich tige Rolle. Gegenwärtig beraten die Hoch schullehrer auch anderer Fachgebiete darüber, wie der Nutzen der Prak tika, z. B. durch eine engere Ver flechtung mit dem gesamten wissen schaftlichen Ausbildungsgang, durch gemeinsame Vorbereitung und besse re Führung seitens der Hochschulen und Betriebe weiter gysteigert wer den kann. Unsere jungen wissenschaftlichen Kader müssen in der Lage sein, die revolutionierende, umgestaltende Kraft der modernen Wissenschaft und Technik unmittelbar in der so zialistischen Produktion wirksam werden zu lassen. Hochschule und Betriebe erziehen ihnen gemeinsam die Fähigkeiten des sozialistischen Leiters an, der den Höchststand der Technik in sozialistischer Kooperation durchzusetzen versteht. Grundlage dafür kann nur ein solides Funda ment moderner wissenschaftlicher Kenntnisse sein. 3 FRAGE: Welche Schwerpunkte sehen Sie, Herr Staatssekretär, für die wei tere Diskussion über die Grundsätze des einheitlichen sozialistischen Bil dungssystems an den Hoch- und Fachschulen und in den Betrieben? ANTWORT: Die wichtigste Aufgabe sehe ich darin, die Anforderungen an die Ausbildung vom Standpunkt der wissenschaftlich-technischen Entwick lung der Volkswirtschaft und der Perspektive von Wissenschaft und Technik genau zu bestimmen. Es ist ein großer Vorzug unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung, daß wir in der Lage sind, die Ent- wicklung unserer Produktion und die gesamte gesellschaftliche Entwick lung, einschließlich der Aufgaben für die Bildung und Erziehung wissen schaftlich zu planen. Im Entwurf der Grundsätze werden Inhalt und Auf bau unseres Bildungssystems für die nächsten 10 bis 15 Jahre umrissen. Es ist ein Bildungsprogramm für den umfassenden Aufbau des Sozialismus und damit auch die Grundlage für die weitere Ausarbeitung der Perspek tive des Hoch- und Fachschulwesens. Bei der Ausarbeitung der Berufs bilder durch die Industrie im Zusam menwirken mit den Hochschullehrern muß weit vorausgeschaut werden. Zum Beispiel verändert der wach sende Anteil von Erzeugnissen der Elektrotechnik und der Chemie in den verschiedenen Zweigen der Volkswirtschaft das Profil vieler Aus bildungsrichtungen. Es muß ausgear beitet werden, wie wir uns dieser Perspektive unter Nutzung aller Re serven heute schon weitestgehend nä hern können. Zweitens sollte darüber diskutiert werden, wie die Möglichkeiten des Zusammenwirkens von Hochschule und Betrieb aber auch der Akade mien zum Vorteil für das Ganze noch besser genutzt werden können. Be reits bewährte Wege sind u. a. die weitere Profilierung der Institute über die Vertragsforschung, die en gere Zusammenarbeit, vor allem bei der Gestaltung der Ausbildung der Studenten, insbesondere der Praktika und der Spezialausbildung, sowie der wechselseitige Austausch wissen schaftlicher Kader. Einen weiteren Schwerpunkt sehe ich darin, die selbständige Arbeit un serer Studenten schneller zu entwik- keln und die Fähigkeit zu schöpferi schen Leistungen systematisch aufzu bauen. Das erfordert z. B. die kluge Anordnung und die rationelle Aus wahl des Lehrstoffes durch die Hoch schullehrer und schließt das leiden schaftliche Bemühen der Studenten um selbständige wissenschaftliche Leistungen ein. Es verlangt von uns, alle 1 Möglichkeiten unseres einheitli chen sozialistischen Bildungssystems bei der Förderung der individuellen Fähigkeiten auszuschöpfen. UZ 35-38 64, Seite 17