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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 5.1961
- Erscheinungsdatum
- 1961
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196100005
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19610000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19610000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 5.1961
-
- Ausgabe Nr. 1, 3. Januar 1
- Ausgabe Nr. 2, 10. Januar 1
- Ausgabe Nr. 3, 17. Januar 1
- Ausgabe Nr. 4, 24. Januar 1
- Ausgabe Nr. 5, 31. Januar 1
- Ausgabe Nr. 6, 7. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 14. Februar 1
- Ausgabe Nr. 8, 21. Februar 1
- Ausgabe Nr. 9, 28. Februar 1
- Ausgabe Nr. 10, 7. März 1
- Ausgabe Nr. 11, 14. März 1
- Ausgabe Nr. 12, 21. März 1
- Ausgabe Nr. 13, 28. März 1
- Ausgabe Nr. 14, 5. April 1
- Ausgabe Nr. 15, 11. April 1
- Ausgabe Nr. 16, 18. April 1
- Ausgabe Nr. 17, 25. April 1
- Ausgabe Nr. 18, 3. Mai 1
- Ausgabe Nr. 19, 10. Mai 1
- Ausgabe Nr. 20, 16. Mai 1
- Ausgabe Nr. 21, 25. Mai 1
- Ausgabe Nr. 22, 30. Mai 1
- Ausgabe Nr. 23, 6. Juni 1
- Ausgabe Nr. 24, 13. Juni 1
- Ausgabe Nr. 25, 20. Juni 1
- Ausgabe Nr. 26, 27. Juni 1
- Ausgabe Nr. 27, 4. Juli 1
- Ausgabe Nr. 28, 11. Juli 1
- Ausgabe Nr. 29, 18. Juli 1
- Ausgabe Nr. 30, 25. Juli 1
- Ausgabe Nr. 31, 1. August 1
- Ausgabe Nr. 32, 8. August 1
- Ausgabe Nr. 33, 15. August 1
- Ausgabe Nr. 34, 22. August 1
- Ausgabe Nr. 35, 29. August 1
- Ausgabe Nr. 36, 5. September 1
- Ausgabe Nr. 37, 12. September 1
- Ausgabe Nr. 38, 19. September 1
- Ausgabe Nr. 39, 26. September 1
- Ausgabe Nr. 40, 4. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 41, 11. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 42, 18. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 43, 25. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 44, 1. November 1
- Ausgabe Nr. 45, 8. November 1
- Ausgabe Nr. 46, 16. November 1
- Ausgabe Nr. 47, 23. November 1
- Ausgabe Nr. 48, 30. November 1
- Ausgabe Nr. 49, 7. Dezember 1
- Ausgabe Nr. 50, 14. Dezember 1
- Ausgabe Nr. 51/52, 21. Dezember 1
-
Band
Band 5.1961
-
- Titel
- Universitätszeitung
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Dokumentation Universitätsstadt Marburg, 13. lanuar 1961: /////////////////////////// Nur wer keine Argumenle hat, fürchlet das espräch (Fortsetzung von Seite 1) gekommen bin, als ich eingeladen wurde, und diese tobende Versamm lung durchgehalten habe, dreiein halb Stunden lang, daß aber zum Beispiel Herr Strauß in den letzten Wochen und Monaten dreimal ge kniffen hat, als er in Versammlungen auf Protest und Widerstand stieß, und daß er nicht der einzige ist, der das getan hat. Herr von Brentano, auch das habe ich in Marburg in meiner Rede gesagt, hatte ja vor einiger Zeit einmal den Wunsch ge äußert, er wolle in Dresden zu der Dresdner Bevölkerung sprechen. Man hatte ihn sofort eingeladen zu kom men. Selbstverständlich ist er nicht gekommen. Wir fahren, und wir kön nen das tun, weil wir eine gute und gerechte Sache vertreten und weil die Gegenseite einfach keine Argu mente hat. In der ganzen langen Dis kussion in Marburg, es waren 25 Dis kussionsredner, war nicht ein einzi ger imstande, meine Argumente zu entkräften und zu widerlegen. Sie haben keine Argumente. Ich habe in der Versammlung gesagt, der Tief stand Ihrer politischen Bildung, meine Herren Diskussionsredner, ist nicht verwunderlich, denn Sie be ziehen ja Ihre politische Bildung aus der „Bild-Zeitung“, diesem Skandal blatt, und dem bildungsmäßig näch sten Organ, der „Welt“. Wir haben das Tor weit aufgemacht „Universitätszeitung": Herr Präsi dent, wie muß im Lichte der Mar burger Erfahrungen das Reisesperr gesetz eingeschätzt werden? Dr. Dieckmann: Ja, einer von den Diskussionsrednern Marbachs im so genannten „Kurhaus“ — bezeichnen derweise ist dieses Versammlungs lokal der Paukboden .der mensuren schlagenden Studenten in Marburg —, einer dieser Leute fragte, warum wir eigentlich Menschen, die von uns nach Westdeutschland reisten, mit Strafen belegten, ins Gefängnis sperrten usw. Ich halbe ihm gesagt, was Sie erzählen, ist ja vollkommen idiotisch. Wir bestrafen nicht Men schen, die nach Westdeutschland fah ren, sondern wir haben im letzten Jahre mehr Menschen aus unserer Republik in die Bundesrepublik fah ren lassen, als umgekehrt Menschen aus der Bundesrepublik zu uns ge kommen sind. Wir haben das Tor weit aufgemacht. Und diejenigen, die schreien „Macht das Tor auf!“, die haben cs zugemacht. Und sie wollen es jetzt noch fester zumachen durch das Reisesperrgesetz nach dem Ent wurf des Innenministers Schröder. Der hat ja davon schon einiges ab streichen müssen. Und die Debatte im Bundestag ist jetzt im Gang, ich zweifle aber gar nicht daran, daß das Gesetz, wenn auch mit einigen Ab änderungen, durchgehen wird, und daß es ein weiterer Schritt zur end gültigen Verhinderung gesamtdeut scher Gespräche ist. Sie sehen, die Angst vor der Aus einandersetzung mit uns zeigte sich in Marbach selber. Ich stand als einzel ner Mensch diesen ganzen Diskutan ten und dann der tobenden Menge gegenüber. Soweit diskutiert wurde, hatten sie überhaupt keine Argu mente, sie hatten keine Ahnung von dem politischen Geschehen und hat ten irgend etwas gelesen, wahrschein lich in der „Bild-Zeitung“ oder in der „Welt“; sie hatten keine Ahnung davon, und als ihnen die Argumente ausgingen, fingen sie an zu toben, zu brüllen, zu schreien, die Fenster ein zuwerfen, da waren ihre Argumente Bierflaschen und Steine. Die Bevölkerung wollte demokratische Diskussionen „Universitätszeitung": Hatten Sie die Gelegenheit, in Marburg außer halb der offiziellen Diskussion Ge spräche zu führen oder Kontakte mit der Bevölkerung der Stadt Marburg zu finden. Dr. Dieckmann: Die tobende Meute von Rowdys und Verbrechern war ja nicht die Bevölkerung. Hinterher im Hotel sind Männer und Frauen aus Marburg zu uns gekommen bzw. haben uns angerufen, haben ihrer Empörung Ausdruck gegeben, woll ten um zwei Uhr nachts noch ins Hotel kommen und mit uns Ge spräche führen. Wir haben mit einer Reihe von Polizisten gesprochen, die empört darüber waren, daß sie keinen Ein- Veröm entlicht unter det Lizenz Nummer 63 B des Presseomtes beim Ministerprä- id nten der DDR. — Erscheint wöchent- ich. Anschrf der Redaktion: Leipzig CI, ’ ttersi raße 26, Telefon 77 71. Sektetatiat Ap . 2' i Bankkonto 203 203 bei der Stadt- d Krelssparttasse Leipzig. — Druck: LVZ Druckerei „Hermann Duncker", Leipzig C 1, Peterssteinweg 19. — Bestel- tunsen nimmt jedes Postamt entgegen. Universitätszeitung, 24. 1. 1951, S. 2 satzbefehl hatten und untätig zu- sehen mußten, wie diese tobende Meute da draußen die Fenster ein warf mit Steinen, Bierflaschen, und was weiß ich sonst noch. Sie waren einfach außer sich darüber und haben das mir und meinen Begleitern gegenüber ganz deutlich zum Aus druck gebracht. Also die Bevölke rung stand nicht auf der Seite dieser sogenannten Demonstranten, son dern stand auf meiner Seite, auf un serer Seite, daran ist gar kein Zwei fel. In dem Sinne, daß sie eine gute, echte, demokratische Diskussion woll te und daß sie in ihrer ganz gro ßen Mehrheit letzten Endes mit uns einig sind in dem Wunsch und Wil len nach Frieden und nach friedlicher Verständigung. „Universitätszeitung": Uns Inter essiert, welche Tendenzen in den an Sie gerichteten Briefen zum Aus druck kommen. Dr. Dieckmann: Gerade vorhin habe ich einen Brief bekommen von einem Herrn, ich will ihn hier nicht nennen. Er schreibt zum Schluß sei nes Briefes: „Ich mache Ihnen diese Mitteilung frei und ohne Furcht auch auf die Gefahr hin, daß man diesen Brief abfangen und öffnen sollte.“ Sie sehen, schon aus dieser Bemer kung, unter welchen Druck die Men schen drüben in der Bundesrepublik gesetzt werden, die große friedlie bende Mehrheit, und daran ist kein Zweifel, daß die große Mehrheit den Frieden will, nicht den Straußschen Krieg, den Atomkrieg. Dieser Mann schreibt mir in diesem Briefe unter anderem: „Man hat allen Grund, sich bei Ihnen zu entschuldigen. Und bitte nehmen Sie wenigstens von den Befragten diese Entschuldigung an. Es sind deren sehr viele.“ Und so geht das also durch den ganzen Wort laut dieses Briefes. Ich will das im einzelnen hier nicht vorlesen. Es ist ein tiefes Bedauern, wie er hier schreibt, über das rüpelhafte Ge baren dieser Terroristen und Stören friede, das in allen diesen Briefen und Zuschriften zum Ausdruck kommt. Das erhärtet die Tatsache, daß an den Marburger Exzessen nur eine Minderheit von Studenten betei ligt war und daß die Marburger Ein wohnerschaft sich daran überhaupt nicht beteiligt hat, das bedeutet, daß die Marburger Vorgänge ohne Zwei fel einen großen Teil der Menschen in der Bundesrepublik wachgerüttelt haben und sie jetzt beginnen, es sind die ersten Anfänge deutlich zu spü ren, sich in der Abwehr gegen die Kriegstreiberpolitik von Bonn zu sammenzuschließen und sich da gegen zur Wehr zu setzen. Und weil das der Fall ist, deswegen möchte ich sagen, hat sich auch nachträglich mein Auftreten in-Marburg durchaus gerechtfertigt, es hat die Menschen wach gemacht und sie auf die Ge fahren hingewiesen, die sich in die ser Weise bei den Marburger Exzes sen gezeigt haben. Briefe voller Bedauern Mir scheinen das wichtigste nicht die Sympathieerklärungen zu sein. Das wichtigste scheint mir zu sein: erstens, daß in all diesen Briefen zum Ausdruck kommt, bitte identi fizieren Sie diese tobende, brüllende, grölende Menge da in Marbach nicht .mit uns, mit den friedliebenden Bür gern der Bundesrepublik. Das ist nicht unser Wille, im Gegenteil, wir sind absolut dagegen. Zweitens: Bitte setzt das gesamtdeutsche Gespräch fort, wir brauchen die freie Diskus sion über die heute uns alle bewegen den Fragen, wir sind dankbar dafür, daß ihr damit begonnen habt, hört nicht auf! Nach diesen Exzessen von Marburg laßt euch nicht abschrecken! Fahrt fort auf diesem Weg! Das scheint mir wichtig und wesentlich zu sein. Natürlich werden wir das tun. Ich habe jetzt in Marburg promi nente westdeutsche Politiker einge laden zu uns zu kommen, und habe gesagt, bei uns sind sie vor solchen Exzessen sicher, so etwas gibt es bei uns nicht, das ist vollkommen unvor stellbar. Ich hoffe, daß sie kommen oder wenigstens einer mal kommt, und wenn das der Fall ist, fahre ich sofort wieder rüber, sofort wieder. Schon vor 30 Jahren mit Gummiknüppeln vom Rednerpult heruntergeschlagen Ich habe mich auch durch die Mord drohungen vor meiner Reise in kei ner Weise davon abhalten lassen, ich wußte, was los war. Ich war das schon gewohnt vor genau 30 Jahren. Da haben mich die Nazis und SA-Ban diten wiederholt mit den Gummi knüppeln vom Rednerpult herunter geschlagen. Alles wie gehabt. Das war eine Wiederauflage dessen, was wir vor 30 Jahren in Deutschland er lebten. Und ich habe einem jungen Mann, mit dem ich nachher sprechen konnte, gesagt: Vielleicht ist Ihr Vater ein Opfer des Hitlerkrieges ge worden. Und Sie machen jetzt genau dieselben Dinge wie die jungen Leute, die seinerzeit den Boden vor bereitet haben für diese Hitlersche Barbarei, die den deutschen Namen in der ganzen Welt mit Schande be deckt haben. Nun, er zog dann seine Straße, er hat nichts mehr dagegen gesagt. Die Rowdys handelten im Sinne von Gerstenmaier „Universitätszeitung“: Herr Präsi dent, wo sind die intellektuellen Ur heber der Marburger Ausschreitun gen zu suchen? Dr. Dieckmann: Ich habe bereits in unserer Presse und im Rundfunk die Frage nach den intellektuellen Ur hebern dieser terroristischen Hand lungen in Marburg aufgeworfen. Da bei muß man besonders folgendes hervorheben — ich behalte mir noch die entsprechenden Schritte vor —, daß der Bundestagspräsident Ger stenmaier am Vormittag des 13. Ja nuar in einer öffentlichen Rede die Einwohner und Studenten von Mar burg aufgerufen hat, mit allen Mit teln mein Auftreten zu verhindern. Das sind die Leute, die die Haupt schuldigen sind an den Ausschreitun gen. Wenn man das also den jungen Menschen sagt, und dazu kamen ja noch eine ganze Reihe von Republik flüchtigen aus sämtlichen Auffang lagern, die man nach Marburg ge schleust hatte, wenn man das sagt und wenn die Leute dreieinhalb Stunden schreien: „Schlagt ihn tot“, „Hängt ihn auf!“ usw., dann kommt es eben zu solchen Dingen. Alle diese Rowdys, die den Terror verübt haben, können sich darauf berufen, daß sie doch durchaus im Sinne des Herrn Bundestagspräsidenten und des Herrn Lemmer, der genau in das gleiche Horn gestoßen hat, gehandelt haben. Zur menschlichen Bildung auf Wegen, wie wir sie beschritten „Universitätszeitung“: Vor wenigen Wochen, Herr Präsident, hat der westdeutsche Wissenschaftsrat dem Präsidenten der Bundesrepublik eine Erklärung übergeben, in der unter anderem auch die Forderung nach der Verbindung der fachlichen Ausbil dung der Studenten in Westdeutsch land mit einer allgemein mensch lichen Bildung erhoben wird. Welche Rückschlüsse lassen in diesem Zu sammenhang die faschistischen Kra walle zu? Dr. Dieckmann: Ich will wirklich nicht die ganze Studentenschaft in Westdeutschland und auch nicht die Studenten in Marburg identifizieren mit dem, was in Marbach vor sich ging. Man sieht aber folgendes: Es sind Wunschträume, menschliche Bil dung und fachliches Wissen in West deutschland zu vereinen. Wir sehen, daß in Westdeutschland die gleiche Situation entstanden ist, wie wir sie zu Beginn der Hitlerzeit hatten, sagen wir von 1930/31 ab. Das heißt, eine kleine, zu allem entschlossene und fähige Gesellschaft von verbrecheri schen Rowdys terrorisiert die große Mehrheit der Bevölkerung, die da mals in die Knie ging. Mit solchen Resolutionen und Wunschträumen kommt man nicht weiter. Wenn die Leute, denen es wirklich ernst um eine humanistische Bildung ist, wenn die Leute diese Terroristen nicht bändigen können, dann nützen ihnen solche Resolutio nen und Träume gar nichts. Man wird also auch in Westdeutschland auf die Dauer gar nichts anderes tun können, wenn es diesen Leuten wirk lich um Frieden und Humanismus geht, als Wege zu beschreiten, wie wir sie bei uns gegangen sind, in unserem Friedensstaat, in dem alle solche Dinge vollständig unmöglich sind. Ich habe übrigens, als man mich in der Marbacher Versammlung fragte, wie ich selbst als liberaler und christlicher Mensch überhaupt mit- machen könne beim Aufbau des So zialismus usw., gesagt, daß das gar kein Widerspruch ist. Große Teile unserer Bevölkerung sind Menschen, die irgendwelche Bindungen zu irgendeiner Konfession haben, und viele Menschen sind aus den mittel ständischen Kreisen und aus der In telligenz, sie sind in ihrer Grundhal tung liberale Demokraten und setzen die guten Traditionen des fortschritt lichen deutschen Bürgertums bei uns fort. Warum soll ich denn nicht am Aufbau des Sozialismus mitarbeiten? Ich tue das mit ganzer Hingabe und mit Kraft, weil das die einzige Mög lichkeit ist, in Deutschland und in der Welt den Frieden auf die Dauer zu erhalten und Verhältnisse zu schaf fen, die für alle Menschen gute Per spektiven ihres Lebens darstellen. Ich habe ihnen gesagt — und da tob ten sie wie die Wilden —, es wäre vielleicht ganz gut, meine Herren, wenn Sie sich wenigstens mit den Grundbegriffen des dialektischen und historischen Materialismus be fassen würden. Denn eines Tages müssen Sie es doch! Peinliche Resonanz im Ausland „Universitätszeitung“: Wie beurtei len Sie die Krawalle in ihren Auswir kungen auf das Ausland? Dr. Dieckmann: Nachdem ich dem Lynch in Marburg entronnen war — ich kann das nur so sagen — habe ich einer britischen Rundfunkgesellschaft im Hotel ein Interview gegeben Es waren angeschlossen — wie bei der Wiedergabe der ganzen Versamm lung — der kanadische Rundfunk, eine britische Rundfunkgesellschaft usw. Das Ausland war vertreten durch Korrespondenten mehrerer führender Zeitungen in allen euro päischen Staaten, im Westen und im Osten, französischer Zeitungen, bri tischer Zeitungen, Zeitungen der So wjetunion, der Tschechoslowakei. Es war eine große, breite internationale Pressefront, die sich dort eingefunden hatte. Sie sind nun alle Zeugen dieser Vorgänge geworden. Und nichts ist den Leuten in Westdeutschland und in Bonn peinlicher als diese Tatsache. Denn nunmehr beschäftigt sich das Ausland mit diesen Vorgängen. Auch das westliche Ausland stellt mit Erschrecken fest, in welchem Maße die Saat, die sie ja selber mit gesät haben, in Westdeutschland aufgegan gen ist. Auch in dieser Hinsicht, glaube ich, werden die Vorgänge von Marburg-Marbach Wirkungen zeigen, die wir, im ganzen gesehen, im Sinne der Sicherung und Erhaltung des Friedens nur begrüßen können. Ich habe übrigens gestern mit einer ganzen Anzahl von französischen Parlamentariern und Abgeordneten der französischen Nationalversamm lung, Vertretern von vier Parteien, gesprochen und hinterher ein sehr langes Gespräch mit südamerikani schen Wirtschaftlern geführt. In die sen Gesprächen habe ich feststellen können, welch einen Eindruck diese Marburger und Marbacher Vorgänge im Ausland gemacht haben. Meine Gesprächspartner kannten — und das war sehr interessant — den Moskauer Friedensappell und die Erklärung der kommunistischen und Arbeiterpar teien sehr genau. Diese Erklärung hat einen großen Eindruck in der ganzen Welt gemacht. Und die Kennzeich nung dieser Erklärung als das neue Kommunistische Manifest des 20. Jahrhunderts ist vollkommen richtig. Man hat das alles sehr genau studiert und sicht deshalb im west lichen Ausland jetzt mit solchem Er schrecken, wie richtig die Einschät zung der restaurativen und revanche lüsternen Kräfte in Westdeutschland durch dieses Manifest ist. Es ist vollkommen bestätigt worden, was in diesem Manifest festgestellt worden ist, und man kann nur hoffen, daß daraus auch im westlichen Ausland die Konsequenzen gezogen werden. „Universitätszeitung“:Wir haben das Bedürfnis, Herr Präsident, Ihnen zu sagen, daß die Angehörigen unserer Universität mit Abscheu alle diese Marburger Ausschreitungen aufge nommen haben und daß die wenigen, die vielleicht bisher noch den Ereig nissen in Westdeutschland mit Gleich gültigkeit gegenüberstanden, dadurch ebenfalls wachgerüttelt worden sind. In diesem Zusammenhang kann man also Ihr Auftreten in Westdeutsch- land gar nicht hoch genug einschät zen. Dr. Dieckmann: Herzlichen Dank dafür. Ich habe wirklich mit groiet Ruhe und innerem Stolz da in Mar burg vor dieser tobenden Meute ge standen, ich als Ehrendoktor der Karl-Marx-Universität Leipzig ver randalierenden Rowdys der Univer sität in Marburg, die den Namen Phi lipps des Großmütigen trägt, eines Mannes, der dadurch bekannt ist, daß er sich im Bauernkrieg mit aller Schärfe gegen die thüringischen Bauern wandte. Ich meine, dr Name den ihr gewählt habt, die Leipziger Universität ist der richtige. Die Ideen des Sozialismus und des Friedens sind untrennbar miteinander verbun den, sind unaufhaltsam im Vor marsch und das hat letzten Endes auch Marbach wieder bewiesen. „Universitätszeitung“: Wir danken Ihnen sehr herzlich, Herr Präsident, für die Bereitwilligkeit, mit der Sie unsere Fragen beantwortet haben. Dr. Dieckmann brachte gegenüber unseren Mitarbeitern seine Bereit schaft zum Ausdruck, vor Angehöri gen unserer Universität an Diskus sionen mit einem prominenten west deutschen Politiker teilzunehmen. (Zwischentitel von der Redaktion)
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