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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 5.1961
- Erscheinungsdatum
- 1961
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196100005
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19610000
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19610000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 5.1961
-
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- Ausgabe Nr. 49, 7. Dezember 1
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Band 5.1961
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Professor Dr. Holzapfel: Mein Vertrauen in unsere Regierung hat sich, wie bisher stets, als völlig gerechtfertigt erwiesen Als ich zuerst von den Maßnahmen un serer Regierung vom 13. August 1961 hörte, hatte ich nicht unerhebliche Bedenken, daß sie die politischen Spannungen zwischen der Gemeinschaft der sozialistischen Län der unter Führung der Sowjetunion einer seits und den unter der Vorherrschaft der USA stehenden kapitalistischen Ländern andererseits verschärfen und die Welt da mit letztlich einem verheerenden, die Exi stenz alles Lebens auf der Erde bedrohen den Atomkrieg näherbringen könnten. Nicht daß ich je oder auch in diesem Augenblick an der Friedensliebe unserer Staatsmänner gezweifelt hätte! Aber könn ten nicht die kapitalistischen Staaten wie ein in die Enge getriebener Verbrecher zu überstürzten und gefährlichen Maßnahmen Zuflucht nehmen, die dann den Krieg aus lösen würden? Ich sagte mir, daß für die Westmächte kein Grund für irgendwelche Gegenmaß nahmen bestünde, da es doch nur innere Angelegenheiten unseres Staates sind, die wir nach unserem Gutdünken zu regeln wie jeder souveräne Staat das selbstver ständliche Recht haben. Daß es bitter not wendig war, die Abwanderung ideologisch gegnerischer, oft aber auch nur unsicherer Elemente aus für unsere Wirtschaft und unser ganzes Leben so wichtigen Berufs gruppen wie Chemikern, Ingenieuren, Kon strukteuren und Ärzten zu unterbinden, darüber befand ich mich schon seit Jah ren in keinem Zweifel. Stets habe ich auf die besonderen, dadurch bedingten Schwie rigkeiten hingewiesen, die uns daran hin derten, auf wirtschaftlichen, technischen, wissenschaftlichen, kulturellen und vielen anderen wichtigen Gebieten so schnell vor anzuschreiten, wie e.s wünschenswert ge wesen wäre und wie es uns sozialistische Länder wie z. B. die CSSR oder die Volks republik Polen zeigten. Daß die Abwanderung gewisser Berus- gruppen nicht für uns so schädliche Aus maße angenommen hätte, wenn nicht in der Bundesrepublik und besonders in West berlin im geheimen tätige Abwerbe-Orga- nisationen alle unredlichen Methoden der finanziellen und sonstigen Bestechung, der Verleumdung und offenen Drohung ange wandt hätten, .bedarf keines weiteren Be weises. Wie oft fragte man sich bei der Republikflucht jüngerer Kollegen vergeb lich nach ihren Gründen dazu! Oft bezo gen sie ein im Verhältnis zu ihrer Jugend sehr hohes Gehalt, besaßen einen Wagen und anderen Komfort. Was hätte sie ver anlassen können, auf all das zu verzichten, wären sie nicht auf die aufs höchste ver werflichen Vorspiegelungen der Abwerbe- Zentralen blindlings hereingefallen? Wenn ich eingangs sagte, daß ich ur sprünglich Bedenken hatte, daß die be kannten Maßnahmen vom 13. August zu einey Verschärfung der Spannungen füh ren könnten, so hatte ich andererseits doch stets das Vertrauen, daß unsere Regierung, an ihrer Spitze der Vorsitzende des Staats rates, Walter Ulbricht, bestimmt diesen wichtigen Schritt vorher nach allen Seiten wohl erwogen und durchdacht haben würde. Ich war davon überzeugt, daß sie die politischen Zusammenhänge sehr viel besser und umfassender zu durchschauen vermag als ich, diese wichtigen Maßnah men zur Sicherung der Grundlagen unseres Staates bestimmt nicht ergriffen hätte, wenn sie auch nur die geringste Möglich keit für die Gefährdung des Friedens hätte befürchten müssen. Dieses Vertrauen hat sich in der Folge, wie bisher stets, als völ lig gerechtfertigt erwiesen. Die technische und organisatorische Durchführung der Maßnahmen kann unserem Staat nur zur Ehre gereichen. Inzwischen haben viele neutrale Staatsmänner, ich erinnere hier nur an die realistische und verständnis volle Haltung des indischen Premiermini sters Nehru, die Schritte der DDR als völ lig berechtigt anerkannt. Was mir persönlich aber am allerwich- tigsten erscheint, ist folgendes: Seit vielen Jahren schien' die Wiedervereinigungspoli- tik zu stagnieren. Alle Angebote unserer Regierung zu Verhandlungen wurden von Adenauer abgelehnt oder überhaupt nicht beachtet. Jetzt bereits beginnt man zu ver stehen, daß der sicherlich sehr kühne Schritt Walter Ulbrichts die einzige Mög lichkeit bildete, die Stagnation zu überwin den. Schon gibt es Anzeichen, die auf eine Verhandlungsbereitschaft der Westmächte und sogar Adenauers deuten. Bei allem be rechtigten Mißtrauen gegenüber solchen Zeichen — schließlich wurden wir oft ge nug enttäuscht — kann man nur hoffen, daß sich die Stimmen der Vernunft im Lager der Kapitalisten mehren und end lich — wirklich in letzter Minute — zu ech ter Verhandlungsbereitschaft führen mö gen! Dann stünde nichts im Wege, daß man sich über einen Friedensvertrag aller mit Hitlerdeutschland ehemals im Kriege be findlichen Staaten mit der Deutschen De mokratischen Republik und mit der Deut schen Bundesrepublik einigte. Ein Frie densvertrag mit beiden deutschen Staaten aber wäre nach meiner Ansicht die einzig denkbare Voraussetzung für eine Wieder vereinigung. Sollten dagegen die West mächte auch jetzt noch nicht zu Verhand lungen bereit sein, dann gäbe es wohl für uns keinerlei Ursache, daß wir für unseren Staat nicht einen Friedensvertrag mit allen dazu bereiten Staaten, auf jeden Fall also mit der befreundeten Sowjetunion und an deren sozialistischen Staaten abschließen. Gibt es doch wohl in der Geschichte kaum Beispiele dafür, daß ein Staat sechzehn Jahre nach Abschluß des Waffenstillstan des noch keinen Friedensvertrag erhalten hätte: einmal doch müßte auch der un selige Hitlerkrieg überwunden werden! Al s Folgerung der voranstehenden Ge danken habe ich mich bereit erklärt, im ..Komitee gegen den Menschenhandel“ der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fa kultät der Karl-Marx-Universität mitzu arbeiten. Prof. Dr. Heinz Holzapfel. Leiter der Fachrichtung Chemie Wollen Sie Handlanger für den Krieg werden? Ein offener Brief an Prof. Dr. Seidemann, Direktor des Instituts für Meliorationswesen der Landwirtschaftlichen Fakultät Herr Professor! W ir sind in den letzten Tagen vor An tritt Ihres Urlaubs zu einem Gespräch zusammengekommen, in dem die Schick salsfragen unserer Nation einen großen Raum einnahmen. In dem Gespräch, in dem ich mich bemühte, sachlich und offen auf Ihre Probleme einzugehen, zeigte sich, daß Sie gegenüber der Politik des Friedens manchen Irrungen unterworfen sind und teilweise das häßliche Geschrei der west deutschen Militaristen und Ultras unter stützen. Die Ursache für diese Ihre Hal tung zeigten Sie mir selbst, indem Sie zum Ausdruck brachten, daß Sie — um ein soge nanntes „objektives“ Bild zu bekommen — sich den Einflüssen westdeutscher und Westberliner Rundfunkstationen aussetzen. Natürlicherweise beschäftigen mich die von Ihnen aufgeworfenen Fragen weiter und sind mir heute Anlaß, zu einigen von Ihnen vertretenen Auffassungen nochmals Stel lung zu nehmen. S ie haben in den sechzig Jahren Ihres Lebens die verschiedensten politischen Richtungen kennengelernt und die Folgen der Politik des Militarismus am eigenen Leibe erfahren. Als Fünfzehnjähriger er lebten Sie den Zusammenbruch der Monar chie, die die damalige Form der Herrschaft des Militarismus war. In den Jahren der Weimarer Republik bekannten Sie sich zu diesem System, weil es Ihnen demokra tisch und daher als bester Garant für Frei heit, Menschenwürde und nationale Selbst bestimmung erschien. Aber was war das Ergebnis dieser „Demokratie“? Die Aus geburt des Barbarismus, der Faschismus, kroch aus diesem Ei. All die Parteien, die sich als „Träger der Weimarer Republik“ erklärt hatten, einigten sich in der unheil- veilen Stunde des März 1933. den Hitler faschisten im Reichstag die Ermächtigung auszusprechen. Die Stützen der „Freiheit, Menschenwürde und nationalen Selbst bestimmung“ lieferten das deutsche Volk dem Faschismus aus. Sie haben in jener Zeit oft auf den Tri bünen des Reichstages gesessen und die Verhandlungen in den Plenartagungen ver folgt. Ihnen schien es so, daß dort ehrlich gerungen würde, wirkliche Demokratie herrsche. Und während Sie — stolz über dieses Zeichen - beruhigt arbeiteten, fan den die entscheidenden Verhandlungen statt, bei denen niemand Zaungast spielen durfte. Diese Verhandlungen wurden nicht im Reichstag geführt, sondern sie fanden zwischen denen statt, die die wirtschaftliche Macht hatten und denen, die sich bereit fanden, die Interessen des Monopolkapitals gegen gute Bezahlung zu verwirklichen. So wurde eine Politik des Betruges getrieben: Öffentlich durften die Abgeordneten „Demokratie“ repräsentieren, indem sie sich stundenlang über die' beste Fassung der Gesetze des Monopolkapitals stritten — im geheimen wurde die wirkliche Politik fest gelegt. Ein Opfer dieser Politik wurden Sie Selbst: Sie wurden betrogen und belogen und hielten diese Politik für Recht und Freiheit. A ber in dem gleichen Zeitpunkt, als • immer mehr Angehörige unseres Vol kes dieses Theater zu durchschauen began- hen, als die Zahl der Stimmen für die KPD enorm wuchs, da einigten sich die Monopo listen hinter den Türen darüber, daß die ses Theaterspielen aufhören und man ge schlossen gegen die Arbeiterklasse vor gehen müsse. Ergebnis: Hitler, Ermäch tigungsgesetz, brutaler Terror gegen die Arbeiterbewegung, zweiter Weltkrieg. Sie 'vollen mich heute vergessen machen: Es war nicht nur die schwarz-braune Pest, die diese Entwicklung vorantrieb, zu den Orga nisatoren gehörten auch ihre Helfer, wie die Deutschnationalen, Zentrum usw. Ich frage Sie: Sind nicht die Träger dieser Politik Verbrecher, ist nicht das Monopolkapital und der von ihm bezahlte Militarismus jene Politik, die brutal und unmenschlich ist? S ie haben — wie viele. Angehörige der Intelligenz — die warnende und zum Kampf aufrufende Stimme der Kommu nisten damals überhört, Sie schlugen die brüderlich dargebotene Hand der Kommu nisten aus. Aber Recht behielten nicht Sie, sondern die Kommunisten, und zwar des halb, weil sie beharrlich die Frage stellten nach den Klassenzielen der Politik. Die Kommunisten warnten damals genau wie heute: Schlagt die Militaristen und Faschi sten, jagt sie aus den Machtpositionen — tut ihr das nicht, so werden sie euch auf die Schlachtbank des Krieges führen. Herr Professor, Sie standen wie Hundert- I * tausende Deutscher 1945 vor den Trüm mern der Politik, die Sie mit getragen haben. Damals war ich fünfzehn Jahre alt — wie Sie nach dem ersten Weltkrieg. Da mals sagte mir mein Vater offen und klar: Ich habe 1933 der SPD-Führung geglaubt, ich habe eine Zeitlang auch Hitler ge glaubt. Schau dir genau an, was dabei her ausgekommen ist und suche dann deinen Weg. Ich — so sagte mein Vater — habe Schuld auf mich geladen und werde jetzt all meine Kräfte einsetzen für den wirk lichen Sozialismus, zu dem die SED führt. Der Denkfehler „Ich bin ja nicht mehr auf der Penne“, sprach Franz, „ich bin ein Mensch, der denkt, und ohne meine West-Antenne fühl’ ich die Freiheit eingeschränkt. Ich hör auch gar nicht auf die Hetze, und manches ist so harmlos-nett. Wem schadet’s, wenn ich mich eraötze schon mal an Filmen und Ballett?" — Was hier der Franz expektorierte, gleicht jenem armen Mann aufs Haar, der frei mit Gift sich liquidierte, weil’s als Konfekt beschriftet war. Von Übelkeit und Weh befallen sank er, schon halb entseelt, aufs Bett und lobte noch mit irrem Lallen das schöne bunte Etikett. Dixi Sie, Herr Professor, haben sich damals immer noch nicht zu dieser ehrlichen Ab rechnung mit der Vergangenheit bereit ge funden. Inzwischen sind sechzehn Jahre vergan- I gen. Das waren sechzehn Jahre, in denen Sie sich zu einer solchen selbstkritischen Stellung durchringen konnten. Wir haben es Ihnen leichtgemacht. Die Arbeiterklasse hat demonstriert, daß ihre Politik Frieden und Menschlichkeit ist. Sie haben zur glei chen Zeit Gelegenheit gehabt, die unheil volle Politik zu verfolgen., die der Milita rismus heute in Westdeutschland ein schlägt. Gewiß, dort hat man das Firmen schild geändert — „Volkskapitalismus“ steht jetzt darauf — aber können Sie über sehen, daß dort das gleiche Theaterspiel wie in der Weimarer Zeit stattfindet? Kön nen Sie übersehen, daß man — wenn auch ohne faschistische Machtergreifung — weit über 1933 hinaus ist und wiederum bruta len Terror gegen die Arbeiterbewegung anwendet? Können Sie überhören, wie dort zum Krieg gegen die DDR und das ganze sozialistische Lager geschrien wird? Gewiß können Sie das nicht, aber Sie fallen wieder auf die Sirenengesänge der Militaristen herein. Sie tun wieder einmal die erneuten Warnungen und Aufrufe zum Kampf gegen den Militarismus als „billige Propaganda“ ab. Sie glauben uns Kommu nisten nicht, wenn wir Ihnen sagen, daß der Militarismus u. a. durch den Menschen handel den Krieg vorbereitet, und Sie orientieren sich erneut auf die Verderber der deutschen Nation, diesmal als Hörer westdeutscher und Westberliner Hetz- und Verwirrungssender. Sie wollen „freie Wah len“, deren Ergebnis der Faschismus und der Krieg waren. Herr Professor, Sie kön nen sich nicht wieder herausreden: „Ich habe das nicht gewollt!“ 1933 erklärte die SPD-Führung: Nehmt den Hitler mit sei nem Größenwahn nicht so ernst — der wird sich abwirtschaften. Sie wissen, daß diese Abwirtschaftung 30 Millionen Menschen das Leben gekostet hat und Auswirkungen davon heute noch zu spüren sind, die uns das Leben erschweren. Heute erklärt die offizielle Propaganda der Militaristen und Ultras, daß sich alles gewandelt habe, und im Westen keiner den Krieg wolle. Und Sie erklären mir das gleiche. J a, Sie gingen noch weiter und solidari sierten sich mit dem Lügner Strauß, der die westdeutsche Aufrüstung mit der „un geheuren Militärmaschine“ der Sowjet union begründet. Sie können doch nicht vergessen haben, daß die Sowjetunion seit Jahren um die allgemeine und vollständige Abrüstung kämpft und Strauß einer der jenigen ist, der sich dagegen stemmt. Sie behaupten auch — gemeinsam mit den Ge schichtsfälschern —, daß die Sowjetunion, die alles für die kollektive Sicherheit in Europa eingesetzt hat, Schuld am zweiten Weltkrieg sei. Auf die Spitze trieben Sie Ihre Haltung mit der — angesichts der Spionage- und Sabotagetätigkeit von West berlin aus — ungeheuerlichen Behauptung, daß „die wirklichen Verbrecher die Unifor mierten sind, die um Berlin herum statio niert sind“. Sie sagten das in jenem Moment, als Ihnen bekannt war, daß die Volkskammer einstimmig beschlossen hatte, energische Schritte zur Rettung des Friedens einzuleiten. Sie sagten das in dem Moment, als die ganze Welt auf atmete, weil die Regierung der DDR die drohende Gefahr des Völkermordens er stickte. Sie sagten das in dem Moment, da Sie Kenntnis von dem erklärten Willen der Arbeiterklasse und aller Werktätigen aus der Presse und aus dem Mund unseres ver ehrten Vorsitzenden des Staatsrates, Genos sen Walter Ulbricht, hatten, auch Ihr Leben durch entschlossene Maßnahmen zu retten. Herr Professor, den treuen Söhnen des Arbeiter-und-Bauern-Staates, die die Opfer bereitschaft für den Frieden bewiesen haben und ihren Dienst in unseren bewaff neten Organen auch im Interesse Ihrer Fa milie leisten, sind Sie in den Rücken gefal len und haben Sie auf das gemeinste be schimpft. Strauß kauft Atomwaffen und erklärt zu gleich, daß für Leute seines Schlages der zweite Weltkrieg noch nicht zu Ende sei. Strauß hat in der NATO das Dokument MC 96 durchgedrückt, das die durchgängige Atomrüstung der Bonner Bundeswehr vor sieht und den westdeutschen Militaristen Prof. Dr. Herbert Uebermuth, Direktor der Chirurgischen Klinik: Maßnahmen vom 13. August lassen uns auf Verhandlungen hoffen Als ich aus dem Kriege kam, glaubte ich, daß die deutschen Menschen nur ein Ziel vor Augen haben könnten, nämlich Frieden für ihr unglückliches Vaterland zu erkämpfen und sich nach schlimmster schuldhafter Verstrickung dadurch von ihrer beschämenden und niederdrückenden Vergangenheit frei zu machen, daß sie durch Fleiß und Ar beit allmählich wieder das Vertrauen der Völker erringen würden. Wie viele Friedensvorschläge und wie viele Aufrufe zum Verhandeln sind in diesem Sinne von unserer Regierung und darüber hinaus von der UdSSR ergangen, ohne daß sie Beachtung ge funden hätten! Statt dessen führten währungspoli tische Machenschaften, militaristisches Waffenklirren und revanchistisches Aufpeitschen zu immer tieferer Spal tung unseres Vaterlandes. So mußte die Abschirmung vom 13. August durch die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik als zwangsmäßige Folge der in den ver gangenen Jahren im Friedenswillen er tragenen offenen oder versteckten An griffe gegen unsere Republik kommen. Es wird von niemandem verkannt, daß diese historischen Maßnahmen mit Härten und Opfern verbunden sind. Es wird aber für sie von jedem Verständ nis aufgebracht werden, da damit die Hoffnung verbunden ist, es möchte nunmehr nach einem deutlichen Sicht- barwerden der politischen Kräftever hältnisse von den Verantwortlichen der Regierungen der Weg für Verhandlun gen und Friedensabschluß gefunden werden, welcher uns wieder die Gren zen in unserem deutschen Vaterland und in Westberlin eröffnet und uns zu Verkehr und Austausch gelangen läßt, den alle Deutschen, besonders wir Wis senschaftler von tiefem Herzen erseh nen und für unsere Arbeit benötigen. Frauen der Karl-Marx-Universität an Walter Ulbricht: All unsere Kräfte für Friedensvertrag und Stärkung der DDR Der Zentrale Frauenausschuß der Karl- Marx-Universität richtete einen Brief an den Vorsitzenden des Staatsrates, Walter Ulbricht, den wir auszugsweise wieder geben: Wir haben in den letzten beiden Welt kriegen erfahren müssen, was es heißt, Mann und Kind in einem sinnlosen Völker morden zu verlieren. Wir Frauen und Mütter, gleich ob als Wissenschaftlerin in Lehre und Forschung, al s Ärztin. Schwester. Arbeiterin oder An. gestellte in unseren Kliniken. Instituten, Fakultäten und sozialen Einrichtungen, ver- sichern Ihnen, daß wir voll und ganz hin ter den Maßnahmen von Partei und Regie, rung stehen und all unsere Kräfte für den Abschluß eines Friedensvertrages und für die Stärkung unserer Republik an unserem Arbeitsplatz bzw. an der Stelle einsetzen werden, wo es Partei und Regierung für er. forderlich halten. Wir blicken voller Vertrauen in die Zu kunft. weil wir gewiß sind daß wir unter der Führung des Staatsrates und der stol zen Partei der Arbeiterklasse — unter Ihrem bewährten Vorsitz — einer lichten und friedlichen Zukunft entgegensehen. Der Brief wurde u. a. unterzeichnet von: Annemarie Lühr, Vorsitzende des Zentra len Frauenausschusses, Prof. Katharina Harig, Direktor des Herder-Institutes, Dr. Helga Ulbricht, Wirtschaftswissenschaft liche Fakultät. Hertha Schmidt, Oberin der Medizinischen Fakultät, Dr. Ursula Wink ler, Klinik für Ohren-, Nasen- und Hals krankheiten, Dr. Waltraude Fischer. Ober ärztin an der Neurochirurgischen Klinik, Waltraud Samhammer. Oberschwester der Chirurgischen Universitätsklinik. Ruth Wil helm, Oberschwester der Medizinischen Universitätsklinik, Erna Käseberg, Ober schwester der Neurochirurgischen Universi tätsklinik. die Atomwaffen in eigene Verfügung geben soll. Die Bonner Ultras, die diese Politik tragen, haben seit zwölf Jahren unsere Ver handlungsvorschläge ständig verhöhnt und abgelehnt. Die Soldaten und Polizisten des Staates, der Ihnen, Herr Professor, den Weg zur wissenschaftlichen Tätigkeit ge ebnet hat, angesichts dieser Situation zu beschimpfen, heißt den Frieden verleum den. Sie unterstützen nicht uns, die wir den Strauß schlagen, sondern Strauß, der unser neues Leben vernichten möchte. Was meinen Sie, Herr Professor, was ’ V mein Vater, der in einem volkseigenen Betrieb tätig und Angehöriger der Kampf gruppe seines Betriebes ist, sowie einer meiner Brüder, der als Offizier bei der Nationalen Volksarmee Dienst tut, mir ge sagt haben, als ach ihnen von Ihrem Stand punkt erzählte? Sie haben mir den Vor wurf gemacht, daß ich mit Ihnen weiter so sprach wie mit jemandem, der irrt und der zu überzeugen ist. Sie haben gesagt: Zweimal hat die deutsche Intelligenz den Kriegstreibern ihre Kraft zur Vorberei tung und zur Durchführung von Weltkrie gen zur Verfügung gestellt. Heute haben wir. der Intelligenz die Möglichkeit ge ¬ geben, alles für den Frieden zu tun. Wollen einige Angehörige der Intelligenz noch ein mal zum Handlanger für den Krieg wer den? Herr Professor aus diesem Grunde habe II ich Ihnen geschrieben. Ich weiß nicht, wie Sie so sozialistische Diplomlandwirte erziehen können. Meiner Auffassung nach geht das nicht. Sie haben nicht die Lehren aus Ihren eigenen Fehlschritten gezogen. Sicher wol len Sie, daß wir, die ..jungen Leute“, später einmal voller Hochachtung von Ihnen spre chen. Heute müssen wir sagen: Herr Pro fessor Seidemann hat in der entscheiden den Schlacht gegen den Militarismus ver sagt! Gerhard Jung PS: Ich halte es für angebracht, daß auch die anderen Angehörigen der Fakultät sich an dieser Auseinandersetzung beteiligen, denn es geht um Hunderte von jungen Stu denten, die durch uns erzogen werden. Deshalb habe ich eine Durchschrift dieses Briefes der „Universitätszeitung“ zur Ver fügung gestellt. Universitätszeitung Nr. 35, 29. 8.1961, S. 3
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