UNIVERSITATSZEITLNG ORGAS DERSEDEARTEILEITUNC #6 DEBGARLENARE-EMNIVERSTEAT 10. 5. 1961 Wissenschaftliche Beilage Nr. 171961 Prof. Dr. phil. Dr. iuris utriusque Julius Lips und das nach ihm benannte völkerkundliche Institut Von Prof. Dr. phil. habil. Eva Lips, Direktor des Julius-Lips-Instituts der Karl-Marx-Universität In der Geschichte der deutschen Universi täten spielt die unsere hinsichtlich der Völ kerkunde insofern eine historische Rolle, als hier im Jahre 1920 der erste Lehrstuhl für Ethnologie gegründet und mit Karl W e u 1 e als Ordinarius besetzt wurde Wir sind also die Erben der ältesten Tradition unserer Wissenschaft in Deutschland. Völkerkundliches Denken allerdings war schon längst vorher in unseren Hörsälen heimisch gewesen und hatte sich in Ver bindung mit unserer engsten Nachbarwis senschaft, der Geographie, in der Person und im Werke von Friedrich Ratzel be reits ein bedeutendes Feld geschaffen. Als Begründer der „Anthropogeographie“, der Geographie vom Menschen, hatte er Be deutendes zur Förderung eines verglei chend-völkerkundlichen Denkens beigetra gen und besonders in seiner ab 1885 er schienenen dreibändigen „Völkerkunde“ und in seiner „Geographischen Verbreitung des Menschen“ (1891) niedergelegt. Als Va ter der sogenannten Migrationstheorie trug er auch das Seine dazu bei, eine Erklärung für die Übereinstimmungen von Kulturele menten in den verschiedensten Teilen der Erde zu finden und untersuchte mit Sorg falt auch das geschichtliche Schicksal der Völker, so wie es sich in den Wanderungen ethnischer Wellen ausdrückte. Er gelangte dabei zu der damals von schöpferischer Imagination zeugenden Forderung: „Die Weltgeschichte muß erdumfassend sein!“, die erst in unseren Tagen zu voller Wirk samkeit gelangt. Bei diesem universell denkenden Manne konnte der junge Dr. Karl Weule 1899 eine Habilitationsschrift einreichen, die ein spezialisiertes ethnologisches Thema zum Gegenstand hatte: „Der afrikanische Pfeil“ und die 1901 seine Ernennung zum a. o. Professor für Völkerkunde und Urgeschichte zur Folge hatte, wobei auch seine Ver dienste um das neu aufblühende Leipziger Museum für Völkerkunde, zu dessen Direk tor er ausersehen wurde, eine Rolle spiel ten. Somit vereinten sich in Leipzig in der Person von Karl W e u 1 e die museale För derung und die wissenschaftliche Lehre der Völkerkunde, die immer neue Impulse durch reiche, nach Leipzig einströmende Sammlungen aus aller Welt erhielt. Hier bei wurde dieser jungen, weltumfassenden Wissenschaft kräftige Hilfe zuteil, denn der weitblickende Karl Lamprecht hatte auch die Völkerkunde bei seinen Gründun gen „Staatlicher Forschungsinstitute“ mit berücksichtigt, und Weule konnte sein eigenes „Ethnographisches Seminar“ an schließen. Damit war von 1914 an ein selb ständiges Institut für Völkerkunde an un serer Universität vorhanden. Die Weulesche Tradition ist also von der Entwicklung der völkerkundlichen Wissen schaft in Leipzig nicht wegzudenken. Sie zeichnet sich in dem Wirken W e u 1 e s deutlich ab. Er trat als versierter Museums mann hervor (acht Jahre lang hatte er un ter dem großen Adolf Bastian in Ber lin grundlegende Kenntnisse auf diesem Gebiet erworben), unternahm eine For schungsreise nach Ostafrika, lehrte mit Hilfe neuhinzugezogener Kräfte das Ge samtgebiet der Völkerkunde an der Uni versität und sah vor allem eine wesent liche Aufgabe seines Wirkens darin, die völkerkundliche Wissenschaft nicht zuletzt durch die Veröffentlichung seiner berühm ten Kosmos-Heftchen in weitesten Kreisen der Bevölkerung zu popularisieren. Als Theoretiker der Völkerkunde ist er vor