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, Baldige Beendigung der Kontrollverhandlungcn? — Berlin, 27. Novbr. Von zuverlässiger Seite werden die Berichte der französischen Presse über die Unterredung zwischen Briand und dem deutschen Bot schafter als irreführend bezeichnet. Man glaubt, daß die Verhandlungen zu einem baldigen Erfolge, das heißt, zur Beendigung der Militnrkontrollc führen werden. Sixt von Armin 75 Jahre alt. — Berlin, 27. Novbr. General der Infanterie Sixt von Armin feiert heute seinen 75. Geburtstag. Der General, der sich im deutsch-französischen Krieg von 1870 das Eiserne Kreuz verdiente, wurde 1911 zum kommandierenden General des IV. Armeekorps in Magdeburg ernannt, mit dem er 1914 in den Krieg zog. 1917 wurde der General an die Spitze der 4. Armee berufen, mit der er bis zum Kriegsende den Angriffen der Engländer in Flandern Trotz gebo ten hat. Für Reichsbchördc» in der Wasserstraßenverwaltung. — Berlin, 27. Novbr. Mit 59 gegen 7 Stimmen hat sich die Vollversammlung des Reichswasserstraßen beirats der Forderung des Hauptausschusses auf eine reichSeigeuc Wasserstraßenverwaltung angeschlossen. Die bisher von den Ländern verwalteten mittleren und unteren Instanzen der Wasserstraßenverwaltung sollen in Reichsbehörden umgewandelt werden. Zuchthausstrafe» gegen Kommunisten. — Brcsla«, 27. Novbr. Vor einem hiesigen Schöffengericht hatten sich 13 Kommunisten, darunter zwei Stadtverordnete, wegen schweren Landfriedens bruches zu verantworten. Die Angeklagten hatten als Hauptbeteiligte einen Stahlhelmumzug am Tage der Fürstenabfindung mit Pflastersteinen und Zaunlatten angegriffen und dabei mehrere Personen schwer verletzt. Stadtverordneter Burghardt wurde zu 1>/», Stadtver ordneter Knischke und ein anderer Angeklagter wurden zu je l Jahr Zuchthaus verurteilt. Ein Angeklagter wurde frcigesprochen. Die übrigen erhielten Gefäng- ! nisstrafen von vier bis zwölf Monaten. Kammersänger Erb verunglückt. — Breme», 27. Novbr. Kammersänger Karl Erb, der zusammen mit seiner Frau Maria Jvogün in Bremen ein Konzert geben wollte, kam, als er vor dem Konzert das Hotel verlassen wollte, zu Fall und erlitt einen schweren Beinbruch. Erb wurde ins Kran kenhaus eingeliefert. Festnahme zweier Mädchenhändler. — Danzig, 27. Novbr. In Dirschau wurden von der polnischen Polizei zwei Mitglieder einer internatio nalen Verbrecherbande verhaftet, die sich in der Haupt sache mit Mädchenhandel befaßten. 14 Personen ertrunken. — San Franzisko, 27. Novbr. In Oakland wur den die Anlagen einer im Bau befindlichen Wasser leitung plötzlich überschwemmt. Dabei büßten vier zehn Personen das Leben ein. " 153 Schmuggler bei einer einzigen Razzia er wischt.' An mehreren Stellen der deutsch-polnischen Grenze haben die Treibereien der Schmuggler einen ! derartigen Umfang und einen so gefährlichen Charak ter angenommen, daß die Behörden ihrer nur noch mit allergroßrer Mühe Herr werden. Einen Begriff von der Bedrohlichkeit dieses Schmugglcrwesens gewährt die s Tatsache, daß dieser Tage in der Gegend von Rosen- i berg (Obcrschlesien) bei einer einzigen Razzia 153 j Schmuggler festgenommen wurden, die zum größten , Teile bewaffnet waren, und unter denen man einige langgesuchte Schwerverbrecher wiedererkannte. Zunächst j versuchten die Schmuggler sich zur Wehr zu setzen, , gaben aber, nachdem einige ihrer Leute durch Streif- j schlisse verwundet waren, den Widerstand auf. Die gefährlichen Haarnadeln. Eine 76jährige Ehefrau in Hamburg kam in ihrer Wohnung zu Fall, wobei ihr Haarnadeln in die Schädcldecke drangen. Tie Verletzungen waren so erheblich, daß die Frau j nach kurzer Zeit bereits starb. Veruntreuungen beim Düsseldorfer Arbeitsamt. § Wie man aus Düsseldorf meldet, sind beim dor- j tigen Arbeitsamt Unterschlagungen eines Stadtsekre- i tärs in Höhe von etwa 10 000 Mark scstgcstellt wor- i den. Tie Unterschleife waren durch Entwendung von > Zahlbons in der Kontrollabteilung bewerkstelligt wor- j den. Ter Sekretär wurde bereits dem Untersuchungs- ! gefängnis zugeführt. i Grancnvolle Untat im Irrwahn. In Brack- j wcdc bei Bielefeld erdrosselte eine wahnsinnig ge- , wordene Ehefrau ihre sieben Jahre alte Tochter und : ihr eincinhalbjähriges Bübchen, während die Wahn- i sinnige ihre elf Jahre alte Tochter, die sie auf die - gleiche Weise ermorden wollte, aus ihr inständiges Flehen hin laufen ließ. Später nahm sich die Unglück- j liche selber das Leben, und zwar ebenfalls durch Er- i drosseln. > „Flüstcrgnlcric" mit gerichtlichem Nachspiel. , Nach einer Londoner Meldung ist der Verfasser i des inzwischen zurückgezogenen Buches „Die Flüster- ! galerie", das infolge der Wiedergabe von sreierfuudenen - Aeußerungen hervorragender englischer Politiker ein : gewisses Aufsehen erregt hatte, auf Antrag des Ver- ! lages wegen Annahme eines Schecks auf 225 Pfund i Sterling unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ver- j hastet worden. Er wurde nach Stellung einer Kau- rion ivteder auf freien Fuß gesetzt. Das Verfahren gegen ihn ist bereits eingeleitet. * Unweit Beauvais (Frankreich) stießen ein Personen- i uno ein Güter,zug zusammen. Acht Reisende wurden ver- i letzt, zwei davon schwer. tk. Tas „Abschäumen" der Suppe ist eine recht - törichte Gewohnheit geworden. Dieser Schaum besteht j nämlich aus Flocken von Eiweiß, das nebst Mineral- s stossen beim Kochen aus dem Fleisch ausgezogen wird und dann gerinm. Da nun dieses Eiweiß gerade ein ! besonders wichtiger Bestandteil der Suppe ist, so wird , letziere durch das Abschäumen stark entwertet, nur um s ihr ein besseres Aussehen zu geben, was doch wirk- j l-ch Nebensache sein sollte. Tt ! Der russische Geschäftsträger Krassi» Aus Anlaß des Todes Krassins, der Rußland seit 1920 in London vertreten hat, hat die Sowjetregie- rung für alle Auslandsvertretungen eine 14tägige Trauer angeordnet. Zwischen -en Ltfern. Skizze von Grete Masse. Mit Zeichttttnz von Wolfg. Vogt--VNseck jr., München. Luise hatte sich einen Küchenstuhl auf Deck gestellt und saß nun da in der Abendsonne und stopfte fein und kunst voll eine von Klaus Möllers grauen Unterjacken. Lang sam vorwärts bewegt durch die langen Stangen, mit denen der Schiffer und sein Sohn das Fahrzeug weitertriebcn, glitt der Ewer über den Strom. Das Wasser, das den ganzen Tag grau wie Blei dagelegen, erhielt im Schein der untergehenden Sonne den glühenden Glanz von feurigen Rosen. Ein abendlicher Wind stand auf und bewegte an Luisens Schläfen die nußbraunen Locken und den dünnen, hauchzarten Kragen ihrer Hellen Waschbluse. Klaus Möller, der Vater, richtete sich auf aus der ge bückten Stellung und wischte sich mit der rechten Hand über die Stirn. Sie perlte von Schweiß. Allmählich fühlte er, daß er alt wurde. Es würde wohl nicht lange mehr dauern und der Emer- führer Klaus Möller mußte das Regiment an Le , ab treten an Hinrich Möller, den Sohn, der jetzt drüben : der anderen Seite des Ewers, gleichfalls eine Pause machte und sich hochrichtete. Klaus Möller sah, wie Hinrich den Kopf wandte und hinüber zu Luise schaute, lieber sein häßliches, gutes Gesicht ging, während sein Blick an dem fremden Mädchen hing, der Widerschein einer warmen, in neren Freude. In seine Augen trat die stumme Liebe, die er empfand und der er noch nicht Worte zu geben gewagt, auf eine so starke und unverhohlene Weise, daß sich der Alic des Gefühls einer Rührung nicht zu erwehren oer achte. Seit Antje Möller, seine Frau, gestorben war und auf einem kleinen Dorsfriedhof ruhte, dessen Kreuze sie jcrne ragen sahen, wenn sie- am Dorf vorüberfuhren, hatte e. mit dem Junten allein auf dem Ewer gelebt. Stiele Iah'« lang. Sie hatten sich nach keiner anderen Gemeinschai: ge sehnt. Sie waren Kameraden, die nichts begehrten a.s immer beieinander sein zu können. An einem Abend hatte der Hinrich das fremde Mädchen vom Land mitgebracht, das nun schon ein ganzes Jahr ihr einsames Leben teilte, ihr Essen kochte, ihre Küche scheuerte und ihre Wäsche wusch und flickte. Er hatte nicht viel Worte gemacht, der Hinrich. Er sagte nur, daß -r das Mädchen in einer so großen Not gefunden, daß -w ihrem Leben ein Ende hat machen wollen. Da hatte er ß- mitgenommen. Als sie den Ewer betrat, war es so^ gut, als wäre sie gegangen in ein anderes Land. Der Strom trennte sie von ihrem früheren Leben. Sie könnt:.' nur zurück, wenn sie selbst es wollte. Klaus Möller, der Vater, hatte im Laufe di Zes wahres die Liebe in dem Herzen seines Sohnes langsam keimen und wachsen sehen. Es war ihm ein freundlicher Gedanke, daß der stille, ernste Mensch sein Glück gefunden. Aber zu seiner Bekümmernis ging es mit der Liebschajt zwischen Luise und Hinrich so langsam vorwärts, daß kaum ttn Weiterkommen zu bemerken mar. Ja, maammal P.nn es dem scharsspähenden Alten, als stände die - »ri schen Hinrich und Luise noch auf demselben Fleck, wie zu Anfang. In Hinrich zwar brannte und wühlte es unter irdisch, aber er wagte nicht zu sprechen und nicht die Hand auszustrecken nach dem blonden Mädchen, das mit ihnen nuf dei Ewer lebte. Die Luise selbst war nngleirinnäßig. Manchmal schien es, als sei sie dem Jürgen gut, als wünsch« sie nichts anderes jahrein, jahraus zu leben in dem jchnnm inenden Haus, ferne den Usern, umgeben von Wasser, Him mel und Wind, umsorgt von der treuen Liebe des großen, guten Jungen, manchmal aber wich sie zurück, entzog sich ihm und in ihren blauen Augen wurde etwas Flackerndes, Heißes, Gefährliches wach, das beide Männer erschreckte und nicht zu deuten war. lind dann kam regelmäßig das, was sie fürchteten, aber nicht zu hindern vermochten. Luise begehrte, an Land ge setzt zu werden, da sie es nicht mehr ertrage, ständig das Wasser rauschen zu hören um das Schiss. Luise blieb zwei Tage dort, drei oder vier, indessen es sich um Hinrich dunkel wie eine Wolke von Grau und .Sorge zu legen begann Aber wenn die Verzweiflung schon so hell aus seinen Augen brannte, daß der Alte den 'Anblick des Jungen mied, so oft er es nur konnte, fand sich Luise wieder ein. Irgend wo stand sie an einem Landungssteg, wo, wie sie wmste. ver Ewer vorüber kommen mußte. Sie winkte mit ihrer kleinen, Hellen Hand, bis sie heransteuerten, sie zu holen. Wenn sie auf das Schiff kam, sah man, daß sie blaß war und ermüdet, daß ihre Äugen glänzten in einem fieberischen Glanz. Sie ging in ihre Kammer und schlief sich aus. Und wenn sie dann auf Deck kam und zu den beiden Männern trat, sah man, der Schlaf hatte von ihr fortgespült, was fremd an ihr gewesen, dumpf und sonderbar. Sie war wieder die Luise, die sie kannten und liebten. Luise legte die graue Wolljacke an der sie stopfte, zu sammen, rief den Männern zu, daß sie das Abendbrot be reiten wollte und stieg in die Küche hinunter. Es dauerte nicht lange, so stieg Hinrich ihr nach. Der Alte lächelte und zündete sich eine Pfeife an. Langsam ging er auf und ab, rauchend und manchmal, wie es die Gewohnheit einsam lebender Menschen ist, leise mit sich selbst sprechend. Schließ lich währte es ihm zu lange, bis Luise rief. Hatten die bei den ihn vergessen und schmausten allein? Er stieg zur Küche hinab, aber kaum hatte er die Türe geöffnet, so schloß er sie wieder. Sein altes, braunes Gesicht strahlte aus allen Runzeln ein Lächeln aus. Leise stieg er wieder an Deck hinauf. Dort unten wollte er nicht stören. Da hielt sein Hinrich die Luise im Arm und nahm sich den ersten Kuß von ihrem lachenden Mund. Es gingen vielleicht zwei Monate dahin, als sich an Luise die Veränderung bemerkbar machte, die sie schon kannten. Sie stand viele Stunden untätig an Deck und schaute zu den Ufern hinüber und seufzte. Unruhe und Gereiztheit nahmen von ihr Besitz. Man brauchte sie nur anzusprechen und die Tränen stürzten aus ihren Augen. „Deern," sagte der Alte zu der Schwiegertochter, „Dcern, das an Land laufen hört doch jetzt auß wo du mit dem Jungen versprochen bist, nicht wahr?" Das Mädchen sah flehend zu dem Alten empor. „Laß mich noch einmal fort. Vater," sagte sie. „Es tut nicht gut, wenn ihr mich festhalten wollt. Ich bin mein lebenlang ein freier Mensch gewesen. Meinen Willen muß ich haben . . Der Alte wollte auf Luise einreden und sie zu ihrer Pflicht zurückrufen, aber auf der Schwelle stand Hinrich, finster und sehr blaß und sagte: „Du sollst Luise nicht festhalten, wenn sie nicht will, Vater. Sie muß wissen, was sie lut . . ." Aber als Luise an Land gegangen, wusch sich Hiniich in seiner Kammer und legte sein Sonntagszeug an. Der Alte wagte nicht, ihn zurückzuhaltcn, als er dem Mädchen nach ging, dem er sich verlobt. Als er wieder kam, erschrak der Schiffer. Furchtbares mußte geschehen sein. Furchtbares mußte er gesehen haben. Gealtert war er über Nacht. Sein Mund war fest geschlos sen, als wolle er sich niemals wieder zum Lachen öttnen oder zum Sprechen. Er zog sein Arbeitszeug an und kam mit einem Kasten hinauf. Der enthielt die wenigen Sachen, Lie Luise ge hörten, ein Tüchlein, ein paar Kämme, ein Bildchen, einen Spiegel. Das schleuderte der Hinrich ins Wasser hinab, griff zur Ruderstange und steuerte flußauf. Die Luise kam nicht wieder. Nach einigen Jahren sahen die Eoerfllhrer sie einmal am Landungssteg stehen und flehend die Hände ausstrccken gegen sie. Der Alte sah den Sohn mit einem Blicke an, der fragte: „Kannst du nicht verzeihen? Willst du sie nicht wieder zu uns lassen?" Aber Hinrich schüttelte den Kopf. „Sie ist es nicht wert. Vater. Man muß sie auf der Straße lassen, wo sie hingehört." Prinzessin und Hund. Nach einem Original-Scherenschnitt von Dorothee Brockmann-München, Eine Lt-Boots-Ramming.*) Von Rudolf Max Bartsch. Es war Spätsommer 1917. Leinen los!" besaht der Kommandant und langsam glitt unser U-Boot bei strahlender Morgensonne aus dem alten Llllcherhafen zu Kiel hinaus ins freie Wasser. Wir gehörten zur Unterseeboots-Schule und uns siel die besondere Ausgabe zu, die Ossiziere im Fahren von Angriffen, sowie im Tiesesteuern auszubilden. Das erstere war Sache des Kommandanten, der Unterricht in« Steuern unter Wasser siel als „leitendem Ingenieur" mir zu. Ich versammelte die Offiziersschüler deshalb in der Zentrale, wo alle die für das Boot lebenswichtigen Apparate untergebracht sind, und während drei von ihnen so verteilt wurden, daß einer die Leitung übernahm und zwei andere ie das vordere und das Hintere Tiesenruder bedienten, hörten drei weitere von ihnen dem Unterricht zu, um so aus der , Anschauung zu lernen. i Die übrigen Dienstsreien halten in der Zentrale, u. e:- dem das wohleingesahrene Bordpersonal stets ipru eieit stand, keinen Platz und hielten sich meist in der daoorlicgendcn Messe aus, wo sie sich dem Genuß des von zarter Liebes gabenband gestifteten Grammophons Hingaben, das auch unter Wasser genau so sangesireudig seinen Carusotevor er- - lchallen ließ, wie die damals neuesten Schlager von dei Cläre Waldoss. Wir hatten heute einen Leeojsizier der befreundete,! k. k. österreichischen Marine im Turm, der zu Ausbildungs- zwecken -ns kommandiert worden mar und ich hält« ') Rauunmz — macine-oulzärer Ausdruck für „G.-rum.nnvecdeu".