Volltext Seite (XML)
kleistert. Vielleicht haben die ,,Musikalischen“ Erich Kästner auch dessen „Kalenderspruch“ krummgenommen, in dem es heißt: „Vergiß in keinem Falle, auch dann nicht, wenn vieles mißlingt: Die Gescheiten werden nicht alle! (So unwahrscheinlich das klingt.)“ Ja, ja, die Gescheiten! Und noch dazu die musikalisch Gescheiten! Ist es tatsächlich so, daß sieh Musiker durch einen fühlbaren Mangel an Humor auszeichnen? Kurt Tucholsky meinte natürlich die „Musikalischen“, die hoffnungslos Gescheiten, die Übergebildeten, die sich schon von weitem „durch kabbalistische Terminologie verständigen“ (am liebsten in der Stra ßenbahn, im „Theaterwagen“, ... recht laut natürlich, damit die Bildung überall zu hören ist!) „Sie sind eine große Familie“ heißt es bei Tucho, „wenn sie über Musik sprechen, ja, sie zanken sich, wie man sich nur in Familien zankt, mit jenem kundigen Haß der Nähe, jeder Hieb sitzt, weil man weiß, wo es weh tut, sie schnattern, wirtschaften im Irrgarten ihrer Musik — was gibt‘s? Ich weiß es nicht!“ Wie können wir Tuchos Seufzer verstehen: „Stehen sie einmal so kulturlos draußen herum vor der Tür, so durchum und durchaus nicht dazugehörig... “ Daß in vieler Musik auch tänzerische Elemente liegen, auch solche des Gebrauchstanzes, ... die ewig „Gescheiten“ wollen es nicht wahrhaben'! Wie kann man bloß Eduard Künneke in philharmonischer Luft spielen? Der gehört doch drei Etagen tiefer, ... Aufgang für Dienstboten, Handwerker und Bettler, in die Operette. Und gar der Gershwin!! Der kommt doch vom „Dschähs“ her! Wie gewöhnlich! Wie peinlich populär! 0 ihr Snobisten! Wißt ihr tatsächlich nicht, wieviel Humor, Lachen, Witz und Ironie uns aus der Musik entgegenklingen? Nur dürfen wir nicht mit novemberlichen Mienen und angestrengt gerunzelter Stirn im Saal sitzen. Christian Morgenstern hat seinen köstlichen „Galgenliedern“ den Ausspruch vom „Kind“ vorangestellt, das in jedem echten Manne steckt und spielen will! So hörte der Dichter auch Musik: Ein Viervierteltakt wurde ihm zum „Schwein“, ein Auftakt zur „Eule“, die sich von der Fiedelbogenpflanze zum Tanze aufspielen lassen. Doch hören Sie selbst: