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Dresdner Journal : 16.11.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189711160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18971116
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18971116
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-11
- Tag 1897-11-16
-
Monat
1897-11
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 16.11.1897
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vtjusS-ret». Mr Dresden vierteljährlich: 2 Mark so Ps., bei den Kaiser- kch deutschen Postaiistaltru vierteljährlich »Mark; außer- dalb de» Deutschen Reiche« Post- und Stcmpelzuschlag. Emzelne Nummern: io Ps. Erscheinen: Täglich mit Aufnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Fernjpr -Anschluß Nr 12S5. DrtÄntl Journal. «akündtguoisgetttvre«: Für den Raum einer gespal tenen Zelle kleiner Schrift 20 Pf. Unter „Eingesandt" die Zeile bv Ps. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag Herausgeber: Königliche Expedition de« Dresdner Journal- Dresden, Zimngerstr 20 Fernspr.-Anschluß: Nr 1LS5. 1897 ^267. Dienstag, den 16. November abends. WM" Des Bußtages wegen erscheint die nächste Nummer des „Dresdner Journals" am Donnerstag abend. Amtlicher Teil. Dresden, 16. November. Ihre Majestäten der König und die Königin sind heute nachmittag 6 Uhr »7 Min von Sidyllenort nach Dresden zu rückgekehrt. Erueuuuugeu, Berfetzuugcv rc. im öffentlichen Dienste. Im ÄeschäftSbcreichc des Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Zu besetzen: 6. ständige Lehrerstelle in Weinböhla zu Ostern 1808 Kollator: das Königl. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Gehalt: I10V M. Jahresgehalt und 160 M. WohnungS- entjchädignng oder freie Amtswohnung. Meldungen mit sämt lichen Zeugnissen und der Berechtigung zum Kirchendienste sind bi- zum »0. November an den Königl. Bezirksschulinspektor Schulrat Wangemann in Cölln-Elbe einzureichen; — erledigt ist die unter Kollatur der obersten Schulbehörde stehende 2. ständige Lehrerstellc an der Schule zu BeierSdors. Die Stelle gemährt ein Einkommen von 1000 M Gehalt, 120 M. Wohnungsgeld und 72 M. sür Ueberstunden. An der Be werbung können auch Schulamtskandidaten terlnehmen, die ihre Wahlfähigkcitsprüfung jetzt bestehen. BewerbungSgejuche, denen bis in die neueste Zeit reichende Amtszeugniste sowie das musikalische Zeugnis beizusügen sind, sind bis zum NO. d. Mts. bei dem Königl. Bezirksschulinspektor Bach in Löbau einzu reichen: zur Erledigung gelangt die unter Kollatur der obersten Schulbehörde stehende 3. ständige Lehrerstelle au der Schule zu Niedercunnersdorf, welche neben freier Wohnung I0v0 M. vom Schuldienste und 36 M. sür Erteilung des Fort- bildungsschulunterrichtS gewährt Bcwerbungsgcsuche, auch von Schulamtskandidaten, die ihre Wahlsähigkeitsprüsung jetzt be stehen, sind unter Beifügung der ersorderlichen Zeugnisse bis zum 4. Dezember bei dem Königl. Bezirksschulinspettor Bach in Löbau einzureichen. Nichtamtlicher Teil. Bußtag. Lin jeder von uns hat das Verlangen, zu wissen, woran er mit seinen Mitmenschen ist. Niemand wird einem Anderen sein Herz öffnen, ihn 'zum Mitwisser seiner Sorgen und Kümmernisse machen, wenn er nicht glauben würde, ihm vertrauen zu können. Wo das vertrauen geschwunden ist, da stehen sich die Menschen kalt lind frenid gegenüber, selbst wenn ihr äußerlicher Verkehr cs nicht erkennen lassen sollte. Zu missen, wie es mit uns steht, wie Er mit uns daran ist, dazu hat auch Gott der Herr ein Recht. Und wie cs bei Ihm keine Unklarheit giebt, so will Er auch von uns eine feste, klare Stellung. Er will, daß wir sest, klar und treu zu Ihm uns halten, alle Halbheit, alle sittliche Lauheit, diese Mischung von kalt und warm, ist Ihm ein Greuel. Einer, der nichts von Gott wissen will, für den es kein jenseitiges Leben giebt, dem das Wort Gottes keine Stimme vom Himmel, das Gebet kein Weg zu Gottes Herzen ist, ein solcher geschlossener, finsterer, kalter Mann ist Gott dem Herrn immer noch lieber als ein charakterloses Geschöpf, das da vorgiebt, es mit Gott zu halten und im Grunde Ihm doch feind ist. „Ach das; du warm oder kalt wärest", sagt die Schrift. Und warum das? Weil für einen Menschen, der sich grundsätzlich von Gott fern Hütt, immer noch eher ein Zeitpunkt kommen kann, in dem er, sich in seiner Ohnmacht, Armut und Blöße erkennend, zum Durchbruch eines neuen Lebens kommt, als b-i einem , KnnK und Wissenschaft. Ncsideuzthcater. — Am 15. d Mts: „Kaiser Heinrich", Schauspiel in fünf Akten von Ernst v Wilden bruch In Scene gefetzt von Alex. Rotter. Nach dem ungewöhnlichen künstlerischen und äußerlichen Erfolge, den das Residenzlheater mit der Ausführung des TramaS „König Heinrich" errungen hat, war das Inter esse, mit welchem man der gestrigen ersten Vorstellung des zweiten Dramas „Kaiser Heinrich" cntgegensah, ein un gemein lebhaftes und hochgespanntes, was nicht nur der glänzende Besuch, sondern vor allem auch die schon mit gebrachte empfängliche Stimmung bewies. Die Haupt- aufmerksamkeit richtete sich natürlich auf die beiden Gäste, Hrn. Adalbert Matkowsky und Hrn Gustav Starcke, ohne welche ja die von rühmlichem Wagemut beseelte, durch den größten Eifer der Mitglieder unterstützte Leitung der Bühne die gewaltige Aufgabe nicht erfolgreich lösen konnte Das Interesse an den Hauptspielern steigerte sich noch durch den eigentümlichen Rollenwechsel, zu dem die in großen Linien entworfenen Hauptcharaktere des zweiten Teiles dieser erschütternden Heinrichtragödie Anlaß boten Den durch bittere Erfahrungen und Enttäuschungen gereiften, unermüdlich, wiewohl vergeblich ringenden Heroismus des Kaiserlichen Friedensfürsten mit der „Dornenkrone" darzustellen, hatte Hr Starcke, die Ver körperung des in wildem Ehrzgeiz sich verzehrenden, frevelhafte Gewaltherrschaft ausübenden Kaisersohnes Hr Matkowsky übernommen. Ernteten sie damit auch neue Lorbeeren, so wird man uns gleichwohl zugestehen müßen, daß die Erinnerung an ihre Glanzrollen im ersten Teile de« großen Doppeldrama« ein wenig zu ihrem eigenen Nach teil noch zu frisch bei den Zuschauern fortwirkte, und daß, obgleich e« ihrem Sviel auch gestern nicht an vielen er hebenden und hinreißenden Momenten fehlte, sie doch nicht satten, eingebildeten Pharisäer. Aus einem solchen wird nur selten ein bußfertiger Zöllner Aus Saulus aber ist ein Paulus geworden Die Lauheit in religiösen Dingen hat erschreckend weit um sich gegriffen in unseren Tagen. Der Reich tum der Erkenntnis und des Wissens wirkt hier vor allem verderblich. Hören wir in die Hörsäle hinein, in die hohen und niederen Schulen, welche Fülle der Weisheit wird hier dargedvten. Aber der Geheimnisse sind noch viele, und je weiter wir vordringen, auf um so größere Schwierigkeiten stoßen wir, um so mehr kommen wir an die Grenzen des Erkennens. Jedoch es sind nur wenig Eingeweihte, die sich dann bescheiden, die Masse ist trunken von dem Halbwissen. Und wenn wir die Denker und Philosophen hören mit ihren Versuchen, das Welt rätsel zu lösen, was der Mensch ist, woher er kommt, wohin er geht, was die Stimmen in seiner Brust be sagen, was das Übel in der Welt soll — da sind so viele geistvolle Erklärungen, schöne Gedanken und Bilder da, da wird man so glatt über die Abgründe hinweggeführt und da wird einem so klar bewiesen, daß es keinen Gott und kein Gewissen gebe und der Mensch sich auf sich selbst stellen müsse, daß die, die es hören, berauscht werden und wohl ausrufen: Hier ist Wahrheit, Lebensfreude, Glück' Von solchen sicheren Worten lassen sich auch die Ehristen unserer Tage nur zu ost blenden und sie versuchen es dann auch wohl, es mit Gott zu halten und gleichzeitig auch mit der Welt. Sie glauben zwar an Gott, wie sie meinen. Aber ob und wie Er die Welt erschaffen habe, und ob Er es sei, der durch sein all mächtiges Wort alles erhalte und führe, das lassen sie dahingestellt. Das müsse die Wissenschaft ent scheiden, meinen sie. Sie glauben an Gott, aber ob Er Gebete erhöre und Hilfe bringe und tröste, oder ob die Gebete nicht lediglich Vorgänge unseres Ge mütes seien, Wallungen und Empfindungen der Seele, das, meinen sie, sei eine Sache verschiedener Ausfassung. Sie glauben an Jesum Ehristum, aber wer Jesus Christus sei, ob der Sohn des lebendigen Gottes oder nur ein gottbegnadeter, gottähnlicher Mensch, ob alle seine Worte echt und wahr seien, ob es nötig sei, an seine Auferstehung zu glauben oder nicht, diese Fragen zu entscheiden, sei Sache der Wissenschast. Und weil nach ihrer Meinung alle Erkenntnis noch im Fluß und im Werden ist, so vermeiden sie es, eine feste Stellung einzunehmen, so entschuldigen sie sich vor ihrem Gewissen damit, daß cs etwas Sicheres, Gewisses noch nicht gebe. Das sind die Lauen, die Weit herzigen unserer Tage, die ein Stück nach dem anderen preisgcben, die vor jedem Bekenntnis sich scheuen, vor jedem Zeugnis zurückweichen, bei jeder ernster Aussprache zu verstehen geben, daß sie solche Eiörterungen nicht wünschen Aber nichtsdestoweniger wollen sie die Religion und das Christentum bei behalten, lieben sie zu Zeiten erbauliche und anmutige Worte, wünschen sie von Zeit zu Zeit die Erregung religiöser Gefühle, etwa wie man sich auch durch Kunst genüsse heraus aus dem Druck und den Wirrnissen der harten, rauhen Wirklichkeit und hinüber in die Well des Idealen tragen läßt. Mit diesen Lauen und Halben will Gott nichts zu thun haben. Er hat nichts von ihnen und sie haben nichts von Ihm Ist es denn aber jo schwer, die Wahrheit zu erkennen? Gott der Herr wird nicht er kannt durch unseren Verstand und unser Wissen, sondern allein durch unser Herz im Glauben und durch das Zeugnis unseres Gewissens. Einem Menschen kommt man nahe nur durch das Herz, durch Liebe, durch Ver trauen und Glauben, nicht durch Wissen und Verstand. Und in viel höherem Maße noch gilt das von dem Menschen in seinem Verhältnisse zu Golt. Niemand kann einen Unglücklichen aufrichten, einen Leidtragen ¬ durchweg so gewaltige Eindrücke hervorbrachten, wie vor dem der eine als Papst Gregor und der andere als König Heinrich Vor allem stand die gereiste Männlich keit Matkowsky« einigermaßen im Widerspruch zu dem jugendlichen Alter und der durch Neid, Haß und Nach sucht verzerrten Eassiusgestalt Heinrich V., die er sonst durch temperamentvolle Wucht höchst imposant zur Ent faltung zu bringen wußte. Ebenso brauchte der alternde, im übrigen mit selbständiger durchgeistigter Auffassung dargestellte Kaiser selbst nach seiner Entthronung vielleicht nicht gar zu greisenhaft zu erscheinen, wenn auch des Dichters eigene Angaben dazu verleiten mochten. Ähnliches gilt von dem sonst trefflich und glaubhaft charakterisierten Papst Paschalis des Hrn. I. Janda Daß Heinrich IV. hier und da und besonders gegen den Schluß hin über Gebühr redselig erscheint und zu sehr als welt- beglückendcr Träumer auftritt, während ihn die Geschichte mehr noch als Mann der That schildert, ist ein Vorwurf, der natürlich den Dichter trifft Wie der letztere mit den sich vielfach widersprechenden histori schen Quellen seines Dramas sich abgesunden, wie er sich von manchen hergebrachten, vielleicht zu schulmäßigen Auf fassungen der dargestellten Thatsachen und Personen srei- gemacht hat, darauf einzugehen kann hier nicht unsere Aus gabe sein. Wir begnügen un«, sestzustellen, daß es nach so vielen verunglückten Heinrichs-Dramen endlich einmal einem starkbegabten Dramatiker gelungen ist, aus dem Wirrsal der politischen und religiösen Zerwürfnisse, wie sie da« von unseligen Bürgerkriegen verheerte Deutschland vor 800 Jahren darbot, ein ergreifendes Gesamtbild zu schaffen. Freilich bleibt noch einiges zu wünschen übrig, vor allem knappere Form und an verschiedenen Stellen feinere, weniger holzschnittartige Eharakterzeichnung. Die Wirkung würde vielfach eine tiefergehende sein, wenn sie weniger durch äußere Mittel, wie rührende Kinderscenen und dergleichen, mehr durch psychologische Verinnerlichung herbeigeführt wäre Durch manche Breite, namentlich der den trösten, einen über seine Sünde Erschrockenen auf den Helfer Hinweisen, einem Sterbenden Ruhe und Frieden geben, ohne den Glauben an Gott und ohne die Gewißheit, die aus Seinem Worte fließt. Alles Nachdenken, Forschen, Wissen und Erkennen versagt in solchen Lagen des Lebens ebenso, wie aller äußerer und innerer Reichtum. Und wie oft doch kommen wir in solche Lagen. Unser ganzes Leben ist ja eine Kette von Pflichten und Sorgen, Mühen und Ent täuschungen, Verlusten und Schmerzen, Betrübnis und Unruhe. Hilfe, Heilung, Hoffnung giebt uns hier nur Gott der Herr. Wer an Ihn glaubt, hat Rat und Beistand, Mut und Festigkeit, Frieden und Kraft. Darum gilt es charaktervoll festzuhalten an diesen unveräußerlichen Gütern des inneren Lebens, mutvoll diese höchsten sittlichen Werte zu verteidigen und eine klare Scheidung vorzunehmen zwischen dem, was uns Menschen innerlich gewiß werden kann und uns sitt lich stark macht, und dem, was wir uns nur äußerlich ungeeignet haben, was das Leben zwar schmückt und bereichert, aber nie auf die Dauer befriedigt und ver klärt. Zurück zu dem lebendigen Gott muß für uns alle der Bußruf sein Zur inncren Lage iu Österreich. Aus Wien wird uns geschrieben: Die Erklärung, welche Graf Badeni kürzlich im Abgeordnetenhause abgegeben hat, bildet natürlich den Angelpunkt aller publizistischen Ausführungen über die innerpolitische Lage. Jene Erklärung hat nicht nur die Gegner der Regierung, sondern auch zahlreiche MitgliederderParlamcntsmehrheit völlig überrascht. Vom Polenklub abgesehen, dürste keine der parlamentarischen Gruppen darauf vorbereitet gewesen sein, daß der Kabincttschef gerade in der Zeit der äußersten Ver schärfung der Gegensätze, unmittelbar nach den hes tigsten Vorstößen der deutschen Opposition gegen das Kabinett einen versöhnlichen Ton gegen seine Angreifer anschlagen und die Geneigtheit der Regierung zur Förderung einer Verständigung in der Sprachen Verordnungsfrage auSsprechen werde. Man muß diese Kundgebung in jedem Falle mit Genugthuung begrüßen, gleichgiltig, ob man dabei die brennenden Schwierig keilen der augenblicklichen Lage in Betracht zieht oder nicht. Es ist vor allem erfreulich, daß die Erklärung dcS Kabinettschefs die von mancher Seite geflissentlich genährte Anschauung entkräftet, die gegenwärtige öster reichische Regierung gehe leichten Herzens daran, sich gestützt auf eine zum Teile deutschfeindlich gesinnte Parlamentsmehrheil über alle Wünsche und Forder ungen der deutschen Bevölkerung hinwegzufetzen. Eine solche Politik wäre ein Unding, sie würde den Grund lagen unseres Staatswesens zuwiderlaufen, und es ist daher gut, daß Gras Badeni sich gegen jene Zumutung verwahrt hat. Die Rede des Ministerpräsidenten besagt streng genommen nur Selbstverständliches, hat aber trotzdem unter den jetzigen Verhältnissen eine nicht zu unter schätzende moralische Bedeutung Sie versichert, daß die Regierung unbeirrt durch alle Kundgebungen der Verbitterung auf eine befriedigende Lösung der natio nalen Konflikic hinarbeitet und daß sie um den Preis der Erreichung dieses Zieles auch einen Weg ein schlagen dürfte, welcher von dem, durch die Erlassung der Sprachenverordnungen eingeschlageneu Pfade abweicht. Tas Gewicht dieser Versicherung liegt darin, daß die Worte des Kabinettschcfs mittelbar die Beachtung der Forderungen der deutschen Opposition ausdrücken, und die beigefügtcn Hinweise auf die Stellung des deut schen Elementes in Oesterreich sind geeignet, die Wirkung jener Acußerungeu wesentlich zu verstärken. Nicht so bestimmt läßt sich aber die Frage nach den ersten beiden Akte, wird die Handlung unnötig verzögert, sodaß selbst die im ganzen kraftvolle, stellenweise geradezu blendende Sprache und die theatralisch lebhaft bewegten Bilder nicht über alle Längen hinwegtäuschen Wenn man das Drama durch einige energische Kürzungen in dieser Hinsicht verbessern und es damit zugleich ermöglichen könnte, die Aufführung auf die übliche Theaterzeit von höchstens drei Stunden cinzuschrünkcn (die gestrige Vor stellung dauerte bis gegen '^12 Uhr), so gewönne es an innerer Kraft Immerhin macht das Schauspiel auch in seiner jetzigen Gestalt ein höchst eindrucksvolles Dichterwerl aus, ja litterarisch ist es dem vorangehenden Drama zu mindest ebenbürtig. Die Aufführung ward durch die Leistungen der Gäste auf eine Höhe gehoben, welche die anderen Mitspieler natürlich nicht zu erreichen vermochten Anderseits er fuhren die großen Wirkungen, die von jenen ausgingen, durch diese keine fühlbare Hemmung oder Störung. Alle thaten ihr Bestes und Vorzügliches, in kleinen Verhält nissen Großes hatte wiederum die Regie geleistet Er wähnt sei nur die sympathische Gestaltung Konrads durch Hrn Burmester, die in Maske und Ausdruck treffliche Darstellung des Erzbischofs Nuthart von Mainz (I. Nasch), die gute Vorführung des gerechten und unerschrockenen Schultheiß (Hr Weise), des prächtigen Narren (Hr. Friese). Von den Damen nennen wir Frl. Earla Ernst (Praxedis), die in den letzten Akten den richtigen Ton fand. Cha rakteristisch waren auch die Bauernfrau Frau Kronthais und die Oberin Frau G Hermany-Bencdix'. Der äußere Erfolg erreichte nach dem dritten und vierten Akte seine Höhepunkte Der Beifall drückte hier eine außergewöhnliche Begeisterung aus H Z. Konzert. Am Montag hat Hr Emil Sauer ein Konzert im Musenhause gegeben Er ist dem Dresdner Publikum eine zu bekannte Erscheinung, als daß man ihn, der ganz nach dem Wunsche unserer Musikfreunde hier wahrscheinlichen praktischen Ergebnissen des neuesten Hervortretens der Regierung beantworten Die Opposition hat den Kampf gegen die Sprachenverord nungen auf den Boden der parlamentarischen Ent scheidung überdasAusgleichSprovisorium hinüberyespielt und dieLosung ausgegeben, daß sie auch in dieser Richtung die Feindseligkeiten gegen die Regierung nur dann ein stellen wolle, wenn jene Verordnungen aus der Welt geschafft würden. Graf Badeni kann den letzteren Wunsch heute nicht kurzweg erfüllen, weil er damit die mühsam aufrecht erhaltene parlamentarische Grund lage der Regiernngsthätigkeit zerstören und auf die Unterstützung feiten der tschechischen Gruppe verzichten würde, ohne eine Bürgschaft für eine durchgreifende Schwenkung der Deutschen zu besitzen. Er kann nur die Bereitwilligkeit zur Annahme einer Lösung aus sprechen, welche durch Vereinbarungen zwischen den beiden Teilen die Sprachenverordnungen überflüssig macht. Seine Verheißung, daß er diese Lösung an bahnen bez. durch einen direkten Schritt der Re gierung einleiten wolle, muß der deutschen Opposition lympathisch klingen; diese Verheißung bietet aber den deutschen Regierungsgegnern noch keine Garantie für den Erfolg des VcrstündigungsversucheS, und die Haltung der Tschechen begründet sogar den Zweifel, ob eine friedliche Verständigung, welche den Forder ungen der Deutschen genügen könnte, derzeit im Be reiche der Möglichkeit liegt. Aus dem hier Gesagten geht hervor, daß die Führer der deutschen Opposition vor einer sehr ernsten Entschließung stehen. Setzen sie unbekümmert um daS Entgegenkommen der Regierung den Obstruktionskampf in der Ausgleichsfrage fort und tragen sie damit auch einzig dem Gedanken Rechnung, daß jenes Entgegen kommen ihnen noch keineswegs die praktische Erfüllung ihrer Ansprüche verbürge, so füllt auf sie das Odium einer hartnäckigen und gewaltsamen Hemmung des staatlichen Mechanismus Laden sie diese Verant wortung auf sich, so kann damit auch die Verant wortung für noch weit bedenklichere Entwickelungen verknüpft sein, deren Eintritt dann ganz und gar dem Verschulden der Opposition zugejchrieben werden dürfte. Bequemen sie sich aber zum Einlenken, so mag eS geschehen, daß die nationale Ausgleichsaktivn an der Eigensucht der Tschechen scheitert und daß sie mit dem Verzichte auf ihre Kampfesstellung keinen greifbaren Erfolg erlaufen. Die letztere Erwägung wäre unter normalen Verhältnissen fast hinfällig, da die verlassene Stellung ja immer wieder bezogen werden könnte, und zunächst bei der im kommenden Jahre erfolgenden Debatte über den Ausgleich selbst. Man hat aber eine so starke Erregung in die Wählerschaft getragen, daß man einigermaßen davor zurückscheut, eine Schwenkung durchzuführen, deren Motive und Ergebnisse nicht jedem Zweifel entrückt sind. Die Lage der deutschen Opposition wird noch erschwert durch die Feindseligkeiten in den Reihen der Regierungsgegner, durch die Möglichkeit, daß von den einzelnen Führern und Gruppen nicht die gleichen Kon feauenzen aus dem Versöhnungsanerbieten des Grafen Badeni gezogen würden. Gewinnt im oppositionellen Lager trotz aller Gereizhcit und Erregung die Stimme der Vernunft die Oberhand, so wird man sich aber sagen müssen, daß man bei dem Eingehen auf jenes Anerbieten nichts oder nur wenig, bei der Zurück Weisung aber sehr viel aufs Spiel setzt. Man sollte sür die Zukunft und für die Gegenwart den Wert der Thatjache nicht übersehen, daß gerade die als deutschfeindlich angegriffene, von den Tschechen eifrigst unterstützte Regierung des Grafen Badeni sich ver anlaßt sand, sogar eine Einschränkung der schon an die Tschechen gewährten Zugeständnisse ins Auge zu sassen. Auf der Grundlage dieser Thatsachc könnte man weiter bauen, wenn man bauen und nicht nur zerstören will. alljährlich einen Klavierabend veranstaltet, von der Wurzel aus zu charakterisieren nötig hätte. Hr Sauer zeigt schon seit Jahren in seinen Darbietungen eine so glückliche Mischung von Geist und Temperament, soviel Kunst des Anschlags, Glanz des Paffagenspiels, Kraft und Elastizität des rhythmischen Vortrags, daß er, von „Spezialitäten" wie Wladimir de Pachmann und anderen abgesehen, mit PaderewSki in die erste Reihe des stattlichen Zuges der bekannten Klaviervirtuosen gehört. Er begann sein gestriges Konzert mit Brahms' b-moll-Sonate, deren Mittelsätze er schon im Vorjahre hier gespielt hat Wie die Händel- Variationen, die er uns gleichsfalls vor Jahresfrist brachte, führte er diesmal die Sonate des Meisters, dieses aus Selbständigem, Kühnem und noch Anlehnendem charakteristisch gemischte, prächtige Jugendwerk mit großer Liebe und vollkommenen Gelingen aus Da« reiche Kolorit seines Spiels kam insbesondere dem Andante, das die warme, drängende Sprache der ersten Jugend liebe redet, die rhythmische Kraft seines Vortrags dem Scherzo zugute. Auf die Sonate ließ Hr Sauer Schu manns Karneval folgen und zwar in einer so geistreich, lebendig, prickelnd und teilweise poetisch durchgebildeten Ausführung, daß man ihm mit größtem Vergnügen zu hörte Die gesuchte rhythmische Behandlung, das unnötige Hervorstechen einzelner Motive, wodurch der Eingang der Komposition getroffen wurde, verlor sich allmählich Ueberhaupt hat sich die Neigung hierzu wie die Virtuosenfreude an Zeitmaß-Uebertreibungen bei dem Spieler in letzter Zeit zu seinem Vorteil vermindert; was davon noch übrig ist, läßt sie als Ausfluß seines Temperament« gern hinnehmen Die weiteren Vorträge des Konzertgeber« veranlassen keine besonderen Bemerkungen; nur die rhythmisch glänzende und mit schönster Tonwirk ung gestaltete Wiedergabe de« Chopinschen Allegro de Concert op. 46 sei hervorgehoben Hr. Cauer erntete nach jeder Darbietung reichen Beifall P
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