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Dresdner Journal : 08.11.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189711087
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18971108
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18971108
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-11
- Tag 1897-11-08
-
Monat
1897-11
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 08.11.1897
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«für Wirtschaft! großen nommen daß sich Wickelung Amtlicher Leit Bekanntmachung. auf Vodel. Edelmann. SSI3 Nichtamtlicher Teil Nachdem die Renovationibauten am Sch^oßturme beendet sind, wird die während d»r Ausführung der selben bedingt gewesene Sistierung des ösientlichen Verkehrs durch das König! Schloß dergestalt auf gehoben, daß von Mittwoch, den 10. November 1897 an dem Publikum der Durchgang durch die König!. Schloß Höfe unter Benutzung der beiden Eingänge an der Schloßstraße und an der katholischen Hofkirche wieder gesta tet ist, und zwar täglich dis abends 9 Uhr, zu welcher Zeit das grüne Thor ge schlossen wird. Die Einfahrt von Wagen in das König!. Schloß hat vom genannten Tage an, wie in früherer Weise, durch das nach der katholischen Hofkirche ge legene grüne Thor, die Abfahrt durch das Thor an der Schloßstraße zu erfolgen. Grundlage des europäischen Friedens bewährt hat, und man täuscht sich nirgends darüber, daß die Zu- sammcnkunst von Monza eine Begebenheit von nicht zu unterschätzender Tragweite ist, wenn sie auch lediglich diesen Zwecken dienen soll. Bon mancher Seite ist eine künstliche Ergänzung der zutreffenden und naheliegenden Kommeula.e zu dem Ereignisse in der Weise versucht worden, daß man dem Grafen Goluchowrki die Absicht zugeschrieben hat, der Gefahr e uer Abschwenkung Italiens vom Dreibünde entgegen zu wirken. Zur Ableugnung solcher Vermutungen waren zunächst die maßgebenden Kreise Italiens berufen und die Ablehnung ist denn auch seilens der italienischen Regierungspresse sofort und mit allem Nachdrucke erfolgt. Man hat damit nur der Wahrheit zu ihrem Rechte verhalfen. Graf GoluchowSki hat sich während seiner bisherigen Amts führung das vollste Anrecht auf die Anerkennung seiner staatsmännischen Qualitäten erworben: wir glauben aber, daß auch diese hervorragenden Fähig keiten nicht hinreichen würden, um an dem Monarchen und den leitenden Politikern einer Großmacht in einigen kurzen Unterredungen eine förmliche Bekehrung zu voll bringen. Wäre in den höchsten Sphären Italiens die Neigung zu der fraglichen Abschwenkung vorhandcn, so würde es dem Grafen Goluchowski kaum gelingen können, diese Neigung zu beseitigen. Außerdem wäre es zweifelhaft, ob ein solcher Versuch der Würde der beiden verbündeten Kaiserreiche entsvräche. In Wirklich keit dürfte es aber an aller und jeder Voraussetzung für ein „Eingreifen" des Grasen Goluchowsli in der an gedeuteten Richtung fehlen. Italien hat während seiner Mißerfolge auf kolonialem Gebiete eine starke Rückendeckung bei den Verbündeten gefunden; cs hat nach jenen Mißerfolgen, gesichert durch seine Allianzen, olle Kräfte des Landes zur finanziellen und wirt schaftlichen Konsolidierung verwenden können, und es ist dank den Bündnissen in der Lage gewesen, in der Orientfrage eine ehrenvolle und einflußreiche Stellung im europäischen Konzerte ohne irgendwelche nennens werte Opfer zu behaupten. Unter dem starken Eindrücke dieser Thatsachen dürfte zu Schwankungen bezüglich der Treibundpolitik in Italien überhaupt nirgend« Neigung vorhanden gewesen sein, wo man die Interessen des Königreichs ruhig und unbefangen zu würdigen vermag. Wir möchten aber noch weiter gehen und die Vermutung aussprechen, daß auch in den nicht maß gebend, n politischen Sphären Italiens cin An wachsen der dreibundfeindlichen Tendenzen gerade jetzt am wenigsten zu gewärtigen ist In diesen Sphären mar die Gegnerschaft gegen die Dreibnndspolitik stets verknüpft mit kühnen chauvinistischen Plänen und gewagten Expansions Hoffnungen. Sie war auf diese Begriffe geradezu gegründet und sie verliert ihren Halt, wenn man erkennen muß, daß die gedachten Hoffnungen im Lichte der heutigen europäischen Ent wickelung keinen Bestand haben können. Dies ist aber tatsächlich der Fall. Tas Gepräge des russisch fran zösischen Zweibundes hat sich im Lause der letzten Jahre ganz wesentlich verändert. Die Entente der beiden Mächte ist zu einem Faktor des euro päischen Friedens geworden und sie kann da her für absehbare Zeit nicht mehr die Stütze einer abenteuerlichen Erwerbungspolitik bilden, wie sie manche italienische Ehauviuisten befürwortet haben. Ueber die Anhänger einer solchen Politik muß all mählich die Erleuchtung kommen, daß die von ihnen angestrebte Schwenkung nicht den gewünschten Lohn bringen würde und damit ist das wirksamste Argu ment entkräftet, welches sie sür ihre Forderung geltend zu machen wissen. Ein anderes irr gcw.ssen italienischen Blättern zweiten Ranges gelegentlich auftauchendes Argument gebracht Dresden, am 30. Oktober 1897. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. die angebliche Ersprießlichkeit einer Abwendung vom Dreibünde ist der Hinweis auf die Vorteile einer Annäherung an Frank- Hinweis kann aber nur dort ernst ge- werden, wo man ganz und gar übersieht, im Zusammenhänge mit der friedlichen Ent- der europäischen Konstellation, mit dem der Gegensätze zwischen den beiden Staatcngruppen eine Lage ergeben hat, Ivette der italienischen Regierung eine weit g hendc Bewegungsfreiheit in Betreff der Förder ung der winfchastlichen und auch der politischen Ve Ziehungen zu Frankreich gewährt. Ter Dreibund bildet in dieser Richtung kein Hindernis sür die Be strebungen der italienischen Staatsmänner, und man wird es in Wien wie in Berlin nur mit Genug- thuung begrüßen, wenn Italien unter loyaler Aufrecht Haltung seiner Bundesstellung gute Beziehungen zur Nachbarrepublik pflegt. Anderseits wird dem König reiche die Ausgestaltung einrs freundschaftlichen Ein vernehmens mit England und somit die Sicherung seiner Mittelmeer-Jntcressen durch die Dreibundpolittk gewiß eher erleichtert, als erschwert. Die leitenden Politiker JtalrcnS und die großen Massen der italienischen Bevölkerung werden sich daher der Wertschätzung der greifbaren Vorteile nicht ver schließen, die das Königreich durch den Dreibund schon errungen hat und noch erringen dürste. Sie können nicht einen Augenblick daran zweifeln, daß diese Vor teile bei einem Frontwechsel ohne j?de Anwartschaft auf gleichwertigen Ersatz prcisgegeben werden würden. Es ist daher nicht glaubhaft, daß Graf Goluchowski einen Anlaß haben könnte, mit seinem Besuche in Monza das Bestreben nach der Verhütung eines solchen Frontwechsels, wenn auch nur in einer fernen Zu kunft, zu verknüpfen. Wohl aber dürfte der Besuch die neuerliche Bekräftigung eines festen und dauernden Einvernehmens und die Erörterung mancher bedeut samer Einzelfragen bezwecken, welche von der Diplo matie der Dreibundmächte gemeinsam gelöst werden sollen. Graf Goluchowski in Monza. Aus Wien wird uns geschrieben: Ter Besuch des Grafen Goluchowski am Hoflager König Humberts wird von der europäischen Presse mit Recht als ein politisch bedeutsames Ereignis ge würdigt. Dabei zeigt sich die erfreuliche Thatsache, daß die gewagten Konjunkturen, welche bei analogen Anläßen stets auftauchen und häufig eine unverdiente Aufmerksamkeit auf sich lenken, diesmal keine ernstere Beachtung finden Diese Erscheinung hat als eine erfreuliche zu gellen, weil sie einen Beleg für das Schwinden der politischen Nervosität, sür die zum Durchbruche gelangende Erkenntnis der eingetreteneu Klärung in der europäischen Konstellation bildet. Man erblickt allgemein in der Begegnung des Grafen Goluchowski mit den leitenden Männi rn Italiens eine Bekundung des ungetrübten freundschaftlichen Ein vernehmens zwischen Italien und Oesterreich-Ungarn beziehentlich den beiden verbündeten Kaisermächten. Man gesteht zu, daß damit die Fortdauer eines Ver hältnisses bekräftigt werde, welches sich als feste Lnytsgeschichke. Dresden, 8. November. Se. Majestät der König gedenken am Mittwoch, den 10. November, abends 9 Uhr 29 Min. von Sibyllenort abwrersen und am Donnerstag früh 3 Uhr 42 Min. mit dem fahrplanmäßigen Schnellzuge in Begleitung Sr. Exrellenz des Oberstallmeisters Generallieutenant v. Ehrenstcin, des Hausmarschalls v. Carlowitz - Hartitzsch, des Leiba zteS Geh. Rats Dr. Fiedler und dcS Flügeladjutanten Majors v. Ehrenthal in Dresden einzutreffen. Vom Schlesischen Bahn- Hofe aus werden Se. Majestät Sich mittels Sonder zuges nach Strehlen begeben und in der dortigen König!. Villa Wohnung nehm-n. Am DonnerStaa, nachmittag 1 Uhr, wollen Se Majestät in Allerhöchst eigener Person den einberufenen Landtag im Thron saale des König!. Nesidenzschlosses eröffnen. Dieser Feier schließt sich ^nachmitta. s 0 Uhr eine große Tafel an, an welcher Se. Majestät der König, Ihre Königl. Hoheiten die Prinzen des König!. Hauses, der Königliche groß: und der Prinzliche Dienst teilnehmen und zu der Einladungen ergehen werden an die Herren EtaatSminister, an die Herren Mit glieder beider Stand: kammern und an eine größere Anzahl RegierungLkommissare. Nach dem Durer beabsichtigen Se. Majestät der König nachts 12 Uhr 57 Min. wieder nach Sibyllen ort zu reisen, um noch auf einige Tage daselbst Aufent halt zu nehmen. Dresden, 8. November. Tas Königl. Ob.rhof- marschallamt teilt uns Nachstehendes zur Veröffent lichung mit: Srncunungeu, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Justiz. Dcr Recdlsavwal» JohanncsEmil Goellnitz in Nöplchenbroda ist zum Notar sür Rötzschcubroda aus so lange Zeit, als er dort seine ordentliche GeschüsiSstelle haben wird, gemäß der Notanats- ordnnng vom 5. September 18S2 ernannt worden. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Finanzen. Bei der Verwaltung der Staatseisenbahnen sind er nannt worden: Winkler, zcither Bahnhossinspektor II. Kl., als BahnhosSinspcltor I Kl. in Schandau; Dämmrich und Albin Fischer, zeither Bureauassistenten, a's BetriebSselretäre in Dresden; Hentzschel, zeither Stationsassistcnt I Kl, als Bahnhossinspektor II Kl. m Zeulenroda; Lorenz, zcither Aufseher II. Kl, als Aussetzer l. Kl. in Li.bschwitz. Bei dcr Postverwaltung ist ernannt worden: He rold, zeither Ober-Postassistent, als Postverwalter in Stützen grün. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Erledigt: die Ncben- schulstelle in PSülau Kollator: das Königl Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Einkommen ivvv M Gehalt, Svo M. unwiderrufliche, in die Alterszulagen nicht einzurechnende persönliche Zulage. 72 M für den FortoildungS- schulunterricht, 3V M. sür Turnunterricht und sreie Wohnung. Gesuche sind unter Beisügung sämtlicher Prüfung«- und AmtS- sührungszcugnisse bis zum LS November bei dem Königl BezirkSschulinspektor Schulrat Lohse in Zwickau einzureichen. Die Vieh -Versicherungs- Gesellschaft Gegenseitigkeit zu Plau i.M. ist zum Geschäfts betriebe im Königreich Sachsen mit dem Sitze in Dresden zugelassen worden. Gemäß 8 6 der Verordnung vom 16. September 1856 wird dies hiermit zur vsfintlichen Kenntniß Deutsches Reich. * Berlin. BeideKaiserl. Majestäten wohnten gestern morgen dem Gottesdienste in den Commun» in Potsdam bei. Zur Frühstück«täfel war der Flügeladjutant Oberst v Schwarzkoppen, der neuernannte Kommandeur des Kaiser Franz - Garde - Grenadierregiment«, geladen Abends '^11 Uhr reisten Se. Majestät der Kaiser mittels SonderzugeS nach Schlesien ab Mit dein Sonder zuge begab sich auch der Chef de« Zivilkabinetis Wirkl. Geh. Nat I)r. v. LucanuS nach Schlesien — Über den cloln» sventualis bei Majestäts- belcidigungen verbreitet sich das Reichsgerichtsurteil gegen Liebknecht wörtlich wie folgt: In materiellrecht licher Beziehung rügt die Revision Verletzung de« 8 95 des Strafgesetzbuches Die Ausführungen des ersten Richters lassen jedoch einen Rechtsirrtum nutzt ersehen Jede Beleidigung, also auch die MajestätSbeleidigung, setzt eine vorsätzliche Kundgebung der Mißachtung voraus In dein Begriff der Kundgebung liegt aber, daß die Äußerung anderen zur Kenntnis gelangt. Insofern muß also die Äußerung, d. h die Handlung de» Thäter«, einen Erfolg haben, und dieser muß auch von dem Vorsatze des Beleidiger« umfaßt sein. Ist ferner die Äußerung nicht klar und bestimmt, sondern bewegt sie sich in Andeutungen, Umschreibungen, unbestimmt ge haltenen Ausdrücken, so erfordert der Begriff der Kund gebung auch, daß die Worte in ihrem wahren Sinne von demjenigen, der Kunde von ihnen erhielt, verstanden worden sind, und auch hierauf muß der Vorsatz des Ur heber« der Äußerung sich richten Handelt e« sich also um eine Majestätsbeleidigung, so muß der Thäter mit dem Bewußtsein handeln, daß die Beziehung der Äußer ung auf den Kaiser, den LandeLherrn :c. von den anderen, denen die Worte zur Kunde gebracht werden, erkannt werden müße und könne. (Vergl. Entscheidungen Band 18, Seite 167.) Mit Recht hat daher die Vorinstanz geprüft, ob dcr Angeklagte sich bewußt gewesen sei, seine Zuhörer würden die inkriminicrte Äußerung dahin verstehen, daß dem Kaiser der mehrerwähnte beleidigende Vorwurf ge macht werde. Der erste Richter ist bei dieser Prüfung zu dcr Überzeugung gelangt, daß der Angeklagte diesen Erfolg, der thatsächlich eingetreten, als möglich vorhergesehen, mit demselben auch einverstanden gewesen sei und ihn eventuell gewollt habe. Darin liegt die Feststellung de« vom Gesetze erforderten vorsätzlichen Handelns Daß der erste Richter hierfür an einer Stelle der Urteilsgründe den Ausdruck „Eventualdolus" gebraucht, ist rechtlich unbedenk lich Denn überall da, wo da« Strafgesetz nur vorsätzliches Handeln, nicht aber eine bestimmte Absicht des Thäter« erfordert, ist es glerchgiltig, ob er den eingetretenen Er folg seiner Handlung mit Bestimmtheit vorhergesehcn oder ihn nur als möglich erkannt, gleichwohl aber in seinen Willen ausgenommen hat und mit der Verwirklichung auch dieser Möglichkeit einverstanden gewesen ist. Ob dieser letztere Fall als 6olu8 inckirvetu^, ivckst.erwimi.trm oder, »vie e« gegenwärtig und auch von Alters her üblich, als Eventual dolus bezeichnet wird, ist ohne jede praktische Bedeutung: der direkte wie dcr indirekte oder Eventualdolus fallen beide in gleicher Weise unter den Begriff des vorsätzlichen Handelns Dies entspricht auch der konstanten Recht sprechung de« Reichsgerichts; die Vorinstanz hat sich völlig zutreffend auf die von ihr citierten Urteile, insbesondere das in Band 16, Seite 363 der Entscheidungen in Straf- vezugSprei»: Für Dresden vierteljährlich: 2 Mark öv Ps., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalten vierteljährlich »Mark; außer halb de- Deutschen Reiches Post- und Stempelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf. Srschcincn: Täglich mit Ausnahme der Soun- und Feiertage abends. Jernspr -Anschluß: Nr. 1295. DreMltr W Äonrnal. Aolündigun«s«e»tttre»: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Pf Unter „Eingesandt" die Zeile SV Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Aufschlag. Herausgeber. Königliche Expedition deS Dresdner Journals Dresden, Zwrngerstr. 20. Fernspr.-Anschluß: Nr. 1295. ^§260. 1897. Montag, den 8Movember abends. Lnnst und Wissenschaft. -- In einem hiesigen Blatte wurde kürzlich dem Be dauern Ausdruck gegeben, daß die diesjährige Aus stellung der Schülerarbeitcn der Dresdner Kunstakademie nicht öffentlich gewesen sei Die Aus stellung legte allerdings rühmliches Zeugnis davon ab, daß sie die öffentliche Kritik nicht zu scheuen brauchte, doch darf, wie gerade die weiteren Ausführungen des er wähnten Artikels zeigen, nicht übersehen werden, daß die öffentliche Kritik nur zu leicht Verwirrung über die Unter richtszwecke bei den Schülern erwecken, in der Beurteilung der Lehrer aber fehlgreifen und ihrem gleichmäßigen Zu sammenarbeiten entgegenwirken kann Der Kunstakademie als einer Unterrichtsanstalt wird wohl der beste Dienst erwiesen werden, wenn von öffentlichen Besprechungen der Schülerleistungen gänzlich Abstand genommen würde „Das Unmöglichste von Allem." Komische Oper in einem Vorspiel und drei Akten von Anton Urspruch In Karlsruhe hat am Freitag die erste Aufführung der Urspruch schen Oper „Da« Unmöglichste von Allem" stattgefunden und die dem Werke rechtens zukommende freundliche Zustimmung erhalten Das Publikum, schreibt die „KarlSr. Ztg ", folgte der frischen Aufführung fast durchgehends mit lebhaftem Interesse und in fröhlichster Laune, und wo diese vorübergehend zu erlahmen drohten, da dürfte weniger der Komponist als der Librettist die Veranlassung dazu gegeben haben Urspruch« durchweg flüssig konzipierte und trefflich auSgearbeitctc Musik ist überall und selbst in den einzelnen weniger gelungenen Sätzen wohl danach angethan, ein unbefangene« Theater publikum freundlich zu unterhalten; aber das Buch leidet mehrfach an dramaturgischen Mängeln, welche die Wirkung der Komödie beeinträchtigen und deren Beseitigung der Autor sich ernstlich angelegen sein lassen sollte Auch der Komponist sollte »licht davor zurückschrccken, alle jene Sätzchen wegzustreichen, die in rein egoist ischer Musiziererei die Wahrscheinlichkeit und den flotten Verlauf der Komödie verkümmern machen Sieht man von den Mängeln des Buches ab (es handelt sich in dem nach Lope de Vegas bekanntem Lustspiel gefertigten Libretto um den Austrag einer Wette, zu welcher die erdichtete Königin eines Liebeshoscs ihre galanten Ritter veranlaßt: ein liebendes Weib wider deren Willen zu hüten Natürlich fällt die Wette zu Gunsten des liebenden Paares aus, welches alle Hüterversuche eines herrischen Bruders, eines geckenhaften Bewerbers, eines verliebten Alten vereitelt) und übersieht man die mehreren kleinen und sich thatsächlich nicht allzu aufdringlich geberdenden Reminiscenzen an „gute Meister, die lang schon tot", so kann man an Urspruchs Komposition und speziell an der dem etwa« unmodernen Erfinden weit überlegenen Gestaltungskraft de« äußerst formgewandten Tonsetzers Freude haben Die anmutige Formung der vielen lied artigen Stücke, die individualisierende Stimmführung in mehreren sehr wohlklingenden und mit Vorliebe kanonisch gefügten Ensemblegcsängen und die an Mozartische Finale erinnernde, geistvoll lebendige und formal ab gerundete Fassung größerer Scenenreihen wird jedem musikalischen Theaterbesucher Vergnügen bereiten und ihn gewahr werden lassen, wie die alten musikalischen Formen sich in der Oper und speziell in dcr komischen Oper auch heute noch wirksam anwenden lassen. Nur engherzige Parteigänger der auf das „Musikdrama" vereidigten Richtung iverden Urspruch um seiner Verwendung älterer Formen willen einen Rückschrittler heißen können; unserem Dafürhalten nach handelt es sich in der ganzen Frage um die weitere Bühnenlebensfähigkeit der allen musikalischen Formen eigentlich nur darum, ob cin sich dersclbcn be dienender neuerer Komponist im stände ist, sie mit ihrem Wesen entsprechendem neuen Inhalte zu erfüllen oder nicht, und die« ist denn auch der Standpunkt, von dem aus wir einen Blick auf Urspruchs irn allgemeinen recht wohlklingend und leidlich farbenreich instrumentierte Partitur werfen Wir haben schon aus das etwas un moderne Erfinden des Autors hingewiesen und damit zu verstehen gegeben, daß ein wirklicher Neu-Erfinder, einer von denen, die der Welt wieder einmal etwas Neucs zu sagen haben, uns in Urspruch nicht gegenübergetretcn ist. Außer einigen humoristischen Volapüklauten spricht Ur spruch eine Tonsprache, deren Vokabeln heutzutage jedem musikalischen Menschen geläufig sind; aber in seiner Art dcr Satzbildunz aus diesen bekannten Vokabeln, in seiner ganzen liebentwürdig-natürlichen Redeweise liegt etwas Individuelle«, und zivar etwa« fesselnd Individuelles, das in jenen Momenten, wo Urspruch sein Allerbestes sagt, wie hier vornehmlich in der zumal größeren zweiten Hälfte des ersten Aktes, ihm die Zustimmung aller unparteilichen Musikfreunde gewinnen muß. Sind schon Fulgencio« Schilder ung von allen zur Bewachung Celia« getroffenen Vorsichts maßregeln und gar seine Szene mit den beiden durch ihn dressierten dienstbaren Geistern Catarina und Pedrillo höchst ergötzliche Probestücke wohl charakterisierender musikalischer Konnk, so nimmt der Akt weiterhin in dem koketten Zwiegespräch zwischen der schelmischen Celia und dem ver liebten Narren Fulgencio, in Diana« leidenschaftlicher Soloscene, in der reizend prickelnden und den besten Er zeugnissen der modernen komischen Oper („Benvenuto Cellini", „Barbier von Bagdad", „Der Widerspänstigen Zähmung") nahe koinmenden Scene mit dem französischen Kausniann, und in dem herannahenden Marsche der ein- ziehenden Königin einen ganz prächtigen Aufschwung, und da auch Roberto« heftige« Poltern und das diesem folgende anmutig bewegte O.uartett-Finale auf der in den vorauS- gegangcnen Scenen erreichten Höhe verbleiben, so war nach Schluß dieses ersten Akte« der Beifall ein ganz spontaner und ungemein lebhafter Wäre die ganze Oper dramatisch und musikalisch so geglückt wie dieser erste Äkt, so hätten wir voraussichtlich von einem ganz bedeutenden Erfolge der Novität berichten und den deutschen Theatern eine durchaus wirksame neue komische Oper anzcigcn können. Wohl bringen auch die beiden späteren Akte noch manche vorzügliche Situation und mehrere recht fesselnde Musiksätze, so ein O.uintctt „Herr, ihr geht auf Freiersfüßen", Dianas reizende an Cornelius gemahnende Verlesung des Liebesbriefe?, das sehr klang schöne Gartenquintett „Horch, schon tönen ihre Saiten", den dem LiedeSduett folgenden wirksamen Doppelkanon „So bist du »nein" und „Mädchen mit freud'gcn, heiteren Sinnen", Dianas innig schöne Arie „Sinkt ihr nieder, Hoffnungssterne" und die ganze sehr drastische Szene des sich totkrank stellenden Ramon; aber die zündende Wirk ung des ersten Aktes bleibt ihnen versagt, weil Handlung und Komposition hier cin wenig auseinanderfließcn und manche überflüssige Zuthat die Hörer ermüdet Immerhin konnte auch nach diesen Akten der Autor, den man nach dein ersten Akte vielfach hervorgeklatscht hatte, mit seinen darstellenden Künstlern dankend vor dem Publikum er scheinen und sich davon überzeugen, wie man seinen freund lichen Absichten und seinem beträchtlichen künstlerischen Ge schick verständnisvolles Interesse entgegengebracht hatte. Aber auch derjenige Teil des Publikum», der den Feinheiten der musikalischen Faktur vielleicht nicht hatte folgen können, hat sich beider vortrefflich dargestellten Komödie recht wohl amüsiert, und so dürfte „Da« Unmöglichste von Allem" an der Hof bühne wohl noch zu manchen Wiederholungen kommen Wir haben bei dieser Oper unwillkürlich eine« in seiner ganzen poetischen Anlage und auch in Einzelzügen der Musik ähnlichen Werke« gedenken müssen, da« vor einigen Jahren in Karltruhe gleichfalls zur ersten Ausführung gelangt ist, der „Donna Diana" von N v Reznicek Originelle Musik- sätzc, wie solche in der „Donna Tiana" mehrfach an da»
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