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Dresdner Journal : 21.09.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189709218
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970921
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970921
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-09
- Tag 1897-09-21
-
Monat
1897-09
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 21.09.1897
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vezu,»-rri«: Für Dresden vierteljährlich: 2 Mark 50 Pf., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalten vierteljährlich L Mark; außer halb de» Deutschen Reiches Post- und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend». Fernspr -Anschluß. Nr 12S5 Dresdner Lonrnal. A»kü«»tgun,»Gebühre»: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift »0 Pf Unter „Eingesandt" die Zeile SV O. Bei Tabellen- und Zisternsatz entsprechender Ausschlag Herausgeber: Königliche Expedition de» Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr 20. Fernjpr.-Anschluß: Nr12SL. 1897 ^S219 Dienstag, den 21. September abends. Amtlicher Teil. Dresden, 18. September Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den außerordent lichen Professor an der Universität Göttingen Or. phil. Richard Mollier vom 1. Oktober dieses Jahres ab zum ordentlichen Professor für Theoretische Maschinen lehre an der hiesigen Technischen Hochschule zu er nennen. Dresden, 16. September. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Rektor und Kantor Karl Maximilian Göpfert in Zöblitz das Verdienstkreuz zu verleihen. Dresden, 15. September. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Kirchschullehrer Kantor Friedrich Wilhelm Ebner in Trachenau das Albrechtskreuz zu verleihen. Dresden, 17. September. Se. Majestät der König haben zu genehmigen Allergnädigst geruht, daß der derzeitige Rektor der Universität Leipzig, Geheime Rat Professor l)r. Friedberg das ihm von Sr. Majestät dem König von Italien verliehene Groß- offizicrkreuz des Ordens der Italienischen Krone an nehme und anlege. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. I» Veschäftsberetche be» MtsifteriomS »es Kult»» und -ffeutltchen Unterrichts. Erledigt: eine ständige Lehrerftelle in Callenberg Kollator. die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1000 M Gehalt und lüv M. Wohnungsgeld. Bewerbungsgesuche mit sämtlichen Zeugnissen bis in die neueste Zeit sind bis zum 2 Oktober bei dem Königl BezirkSschul- inspektor Schulrat Lötzsch in Glauchau einzureicben; — zur Erledigung gelangt voraussichtlich Ansang November die erste ständige Lehrerstelle zu Lauba Kollator: das Königl. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts Da» jährliche Einkommen der Stelle beträgt 1«38 M nebst freier Wohnung und Bartcngenuß, überdies 72 M für Unteiricht in der Fortbildungsschule, euch sollen der LehrerSsrau 4 Stunden NadelarbeitSunterricht übertragen werden. Nach Befinten soll auch eine persönliche Zulage gewährt werden Bewerbungen find unter Beifügung sämtlicher Zeugnisse bis zum 30. September an den Königl. BezirkSschultnspektor Bach in Löbau zu richten. Nichtamtlicher Teil. England und Transvaal. Von „wohlunterrichteter" Seite geht den „Ham burger Nachrichten" ein Bericht aus Südafrika zu, demzufolge man sich darauf gefaßt machen müßte, daß ein offener Konflikt zwischen England und der Buren republik unmittelbar bevorstehe. Auch die sonstigen Ausführungen und Enthüllungen des Aufsatzes lassen es gerechtfertigt erscheinen, ihn zur weiteren Ver breitung zu dringen. Der Wortlaut des Aufsatzts ist der folgende: Nirgends tritt die ThaZache, daß die englische Regierungs politik heute völlig auf dem Niveau derjenigen der berüchtigten anglo-ostindischen Compagnie steht, schärfer hervor, als in der Haltung Englands gegenüber der südafrikanischen Republik. Infolge der unerträglichen Uberhebung des englischen Kolonial- amtes, ist der Gegensatz zwischen den Buren und Engländern heute wieder ebenso schroff, wie unmittelbar nach dem eng lischen Fricdensbruch vom 1 Januar 1896. Ter seit diesem mißglückten Anschlag in London hervor gekehrte Anspruch einer Art Oberhoheit, der Suzeränität über die Südafrikanische Republik, erfuhr von dieser Seite von vornherein die gebührende Zurückweisung. Präsident Krüger verlangte in seiner Depesche vom 25 Februar 1896 die Auf hebung der Londoner Konvention von 1884 und erklärte dabei ausdrücklich, daß eine Suzeränität seit dem Abschlusse dieser Konvention nicht mehr zu Recht bestehe In der That sprechen hierfür sowohl die Verträge von 1881 und 1884 in ibrem Wortlaute als auch die scbriftlichen Erklärungen, welche Lord Derby der Regierung der Südafrikanischen Republik über den Vertrag von 1884 abgegeben hat, die dahin lauten, daß durch die Auslassung derjenigen Artikel des Bertragrs von Pretoria (1881), welche der Königin von England und dem englischen Residenten gewisse besondere Ermächtigungen und Befugnisse mit Bezug auf die innere Verwaltung und die aus wärtigen Beziehungen der Republik Transvaal vorbchielten, der Regierung der Republik die Freiheit gewährt werde, das Land ohne Einmischung zu verwalten sowie besten diplomatischen Verkehr und auswärtige Politik selbständig zu gestalten, unter der alleinigen Bedingung des Artikels IV, wonach internationale Verträge nur mit Genehmigung der Königin in Kraft treten sollen. Diese Bestimmung über den Abschluß von Verträgen kommt aber für die Frage der Kuzerainität gar nicht in ve- iracht, und wie ganz bestimmte Äußerungen aus Berlin, Paris und St Petersburg bekundet haben, teilen fast alle Mächte, - außer eben England, die Austastung der südafrikanischen Republik, daß die ehemalige Suzerainität durch die Konvention von 1884 ausgehoben sei Tas war eben das Endergebnis des siegreichen Unabhängigkeitskrieges der Buren von 1880/81, in welchem sie die Engländer ununter brochen geschlagen hatten Der englische Friedensbrnch vom Neujahrstage 1896 hat nun, wie auch wir schon wiederholt hcrvorgehoben haben, nach allem Völkerrecht alle früheren Verträge, also im besonderen auch die Konvention von 1884, annulliert, und die Süd afrikanische Republik hätte wohl richtiger gehandelt, wenn sie damals sosort eine dahin lautende Erklärung in London ab gegeben und ihre volle Unabhängigkeit auch bezüglich des Artikels 4 erklärt hätte, anstatt wegen „Aushebung" dieser mit dem englischen Fiiedensbruch eo ipso erloschenen Konvention noch in Unterhandlungen eiuzutreten. Wie vor- auSzusehen war, benutzte der englische Kolonialminister Cham berlain diesen Fehler und lehnte die Aushebung ab Zugleich ver suchte er der Angelegenheit dadurch eine andere Wendung zu geben, daß er fortwährend selbst Anklagen gegen die Republik erhob, und es gelang ihm auch, den HanptgrsichtSpunkt zu ver rücken und die Regierung zu Pretoria von der Geltendmachung ihrer Hauptforderung abzulenken. Seitdem er aber im Parla ment nicht nur die mit vr. LeydS, dem eigen- nach London gereisten Staatssekretär der Republik, verabredete Einsetzung eines Schiedsgerichts weit von sich gewiesen, sondern auch noch den Hohn hinzugesügt hat. sich hierfür wieder aus die angeb liche Suzeränität Englands über die südafrikanische Republik, die einen Schiedsspruch ausschließe, zu berusen, scheint es mit der schier unerschöpflichen Geduld der Buren zu Ende zu sein. Chamberlain hat mit jenen jetzt verleugneten Verhandlungen offenbar nur bezweckt, die Buren zu täuschen und für die Vorbereitung eines neuen KriegSzuges Zeit zu ge winnen Das sieht diesem Manne ganz ähnlich. Kein Wunder, daß den Buren schließlich die Geduld gerissen ist, und der Bolksraad in Pretoria eS nun selbst in die Hand genommen hat, die Frage der Suzerainität klarzu« stellen und den Streit darüber ein für allemal zum AuStrag zu bringen. Dieses Eingrersen des Volksroads dürste die an scheinend etwas gar zu bedächtig gewordene Regierung der Re publik veranlassen, aus den HauptgesichtSpunkt zurückzukommen und nachzuholen, was sie 1896 versäumt Hai: nämlich die Konvention von 1884 für erloschen zu erklären und bedingungslose Anerkennung, daß die Republik kein der englischen Suzerainität unterworscner, sondern ein ganz unabhängiger Staat sei, von England zu fordern Hierdurch würde sie wenigstens alle Nebensachen mit kräftiger Hand vom Tiscke schieben und die südafrikanische Frage einer beschleunigten Löst ng cntgegensühren. Ob die Auseinandersetzung mit England in Frieden gelingt, erscheint sehr fraglich, und die Buren haben sich deshalb durch umfassende Rüstungen auch sür den Kriegsfall vorgesehen. Es wird schließlich doch wohl aus einen neuen Kamps um die Unabhängigkeit hinauskommen, und über den AuSgang desselben und seine Folgen auch sür die englische Kapkolonie sind wir nicht im Zweifel. Wir haben schon früher diese Verhältnisse beleuchtet. Man wird nicht sehlgchen, wenn man sich die Zukunft von Südafrika, abgesehen von dem deutschen Anteil, als eine holländische vorstellt, und eine weitblickende deutsche Politik muß mit dieser Wahrschein lichkeit bei Zeiten rechnen Für die zögernde und anscheinend gar zu bedächtige Haltung der Südafrikanischen Republik dürste das Bedürfnis, sich gegen den zu erwartenden erneuten eng lischen Angriff völlig zu rüsten, maßgebend gewesen sein. Geht man jctzt in Pretoria zu einer entschiedeneren Sprache über, so deutel dies darauf, daß man die Stunde der Entscheidung gekommen glaubt; es wäre ja auch seltsam, wollte man die schwierige Lage Englands in Indien, welche vor aussichtlich alle seine Kräste in Anspruch nehmen wird, nicht entsprechend ausnutzen Die Republik muß nun einfach erklären, daß sie die Konvention von 1884 durch den englischen Friedensbrnch von 1896 für annulliert erachtet. Diese Erklär ung ist seit den Ergebnissen der Londoner Untersuchung gegen die „Chartered Company" gar nicht mehr ansechtbar; denn heute steh: fest, was damals noch bestritten werden konnte, nämlich, daß der berüchtigte Überfall von der englischen Kolonialregierung auSgegangen ist Die Londoner Untersuchung zieht aber noch weitere Kreise, und namentlich sind es, wie leicht erklärlich, südafrikanische Zeitungen, in erster Linie holländische, welche immer neue Ent deckungen veröffentlichen. So schreibt die „Bolksstem" vom b August unter der Überschrift „Die Kunst zu squaren" sol- gendes: „Langsam beginnt die Überzeugung sich zu besestigen, daß die Mitwisserschaft des Prinzen von Wales um einzelne Tinge des Anschlages von RhodeS wider die Burenstaaten nicht der einzige und noch weniger der ausschlaggebende Grund da- sür gewesen ist, daß das Parlament und die Regierung von England die Untersuchung gegen die „Chartered-Company" mit dem Mantel der „nationalen Politik" zugedeckt haben. Man sängt an zu glauben, daß dahinter viel mehr steckt, als allein die mittelbare Mitbeieiligung des eng- jischen Thronsolgers. Ta- Bündel geheimer Telegramme, von denen Chamberlain und Hawksley Kopien nicht vorlegen wollten, muh außerordentlich kompromittierend gewesen sein Alle An zeichen sprechen dasür, daß die unausfindbaren Telegramme zwischen den Rhodesschen Komptvirenin Loudon und in Kapstadt eine Sachlage anfgedcckt haben, der gegenüber sogar die am schwärzesten sehenden Beurteiler die Fassung verloren haben. Bald nach dem Mißerfolge der großen Verschwörung machten sich in England — inmitten von all dem ohrenbetäubenden Tingeltangellärm — hier und da bescheidene Stimmen vernehm bar, welche auf eine bisher ungekannte politische Demoralisation in London schließen ließen, aus ein System von Bestechung im großen, wie es wohl noch nie zuvor versucht worden ist. Scharfblickende Leute in Südafrika sind längst davon überzeugt, daß es eine wunderbar glückliche Rechnung von feiten der „Chartered Company" war, als sie aus die Habsucht baute, welche die gegenwärtigen englischen Poli tiker beherrscht. Daß Sir Henry Loch, jetzt Lord Loch, seit seinem Einvernehmen mit Rhodes nicht ärmer ge worden ist, weiß jedes Kind in Südafrika, und daß auch über andere einflußreiche Beamte in Südafrika ein netter Goldregen niedergegangcn ist, weiß man auch außerhalb des Klubs in Kapstadt. Aus diese Herren weist man sowohl am Fuße des Tafclbcrgcs am Kap, wie auch in Loudon, mit Fingern hin, als auf die schlimmen Gesellen, die ihr Vaterland verunehren Während der letzten Periode wurde die Bestechung in englischen Parlamentskreisen in großem Maßstabe betrieben Die Minister allein blieben standhast gegenüber dem, was man, um sich richtig auszubrücke-, „schändliche Praktiken" nennen müßte. Die Minister Pitt und Fox waren zu ihrer Zeit schon Meister in der Kunst des„Squaren»" und zogen nicht alle, n halb Europa hinein son dern auch ihren ganzen eigenen parlamentarischen Anhang. Daß die Kunst des „Squarens" noch nicht verloren gegangen ist, könnten die verlorengegangenen Depeschen von und an RhodeS beweisen." Diese Mitteilungen lassen eine Korruption ahnen, wie sie in gleichem Maße vielleicht nur in dem versallenden römischen Weltreiche zu finden gewesen ist. Man darf daraus gespannt sein, waS da noch Alles enthüllt werden wird, denn die Burenpresse scheint über reiches Material zu verfügen. Auch in dieser Korruption darf man, wie in so vrelem Anderen, ein Anzeichen des unaushalt- samen inneren Verfalles des englischen Weltreiches erblicken, und die Ereignisse werden nicht auSbleiben, welche den äußeren Anstoß zu seinem Zusammenbruche geben Die sächsischen OrdnuustSparteien sie sich gemeinsam mit dem Bunde der Landwirte für die bevorstehenden LandtagSwahlcn zusammen geschloffen haben zu einem festen Bunde gegen die Umstürzler und die hoffentlich auch noch bei späteren Gcligenheiten t:eu zusammenstehen werden, finden für ihr patriotisches Verhalten durchaus die Zu stimmung des Fürsten Bismarck. Das geht hervor aus einem Schreiben, das der Sohn des Altreichskanzlers, Graf Herbert Bismarck, an den Vorstand des hiesigen Konservativen Vereins gerichtet hat. Tas Schreiben, welches sich als die Antwort darstellt auf eine Anfrage darüber, ob Fürst Bismarck bei seiner letzten bekannten Kritik über die Konservativen im allgemeinen auch die sächsischen Konservativen im Auge gehabt habe, lautet, wie wir den hiesigen „Dresdn. Nachr." entnehmen, folgender maßen: Die Annahme, daß die in neuerlichen Veröffentlichungen meinem Vater zugeschriebcncn Äußerungen über die konser vative Partei sich nicht aus die Konservativen Sachsens bezogen haben können, ist vollständig zutreffend. Soviel ich weiß, fußen jene Veröffentlichungen auf längeren Unterhaltungen bei Trsch; cS ist deshalb schon wahrscheinlich, daß die in der Folge auS dem Gedächtnis gemachten Nieder schriften kein wortgetreues Bild der Äußerungen meines Paters geben, während die meisten derjenigen Sätze, die allgemein als zutreffend anerkannt werden, auch bereits früher in ähnlicher Form von ihm ausgesprochen worden sind Ich habe jenen Gesprächen nicht beigewohnt, denke mir aber, daß die Kritik meines Vater- hauptsächlich eine retro spektive war und sich primo loco mit dem Verhalten jder Führer der konservativen ReichStag-sraktion bei Durchpeitschung der Handelsverträge befaßt haben wird Der Reichstag von 1893 war schon unter neuen Auspicien gewählt worden und mein Vater hat nur den Wunsch, daß bei den 1898 kommenden Neuwahlen dieienigen Ideen, die er nach seiner Weltanschauung aus Grund langer Ersahrung für konservativ hält, verstärkt zur Geltung gebracht werden. Daß seine zwanglosen Äußer ungen ohne Revision der Fassung in seinem Namen veröffent licht wurden, war von meinem Vater nicht vorau-gesehen Die Thatsache allein, daß mein Vater sich eingehend und warnend im Hinblick aus die Pflege der konservativen Inter essen wiederholt in den letzten Jahren audgeiprochen hat, be weist doch, daß sie ihm am Herzen liegen, denn er würde sich gewiß niemals warnend oder belehrend in Bezug aus die Führung der Fortschrittspartei äußern, weil er sie sür unverbesserlich und ihre Tendenzen mit dem StaatSwohl un vereinbar hält. Den sächsischen Konservativen und deren Führung in dem Dresdner Landtag speziell hat mein Vater stet- Anerkennung gezollt, und er hat sich gefreut, zu hören, daß eS gelungeu ist, in Sachsen für die bevorstehenden Wahlen die Anhänger der staatlichen Ordnung und Vertreter des nationalen Erwerbe» unter eine Fahne zu sammeln Wenn eS gelänge, ein Gleiche» sür die nächsten ReichSlagswahlen zu thun, so würde damit ein Ziel erreicht werden, wie eS ein besseres für konservative» Streben nicht geben kann. Dazu wäre aber nach der Meinung meines Vater» nötig, daß da» preußische Kontingent der Konservativen sich die Haltung der sächsischen in einigen Richtungen aneignete. Aus dem Schreiben geht übrigens auch fo viel hervor, daß davon keine Rede fein kann, als ob Fürst Bismarck etwa eine systematische Befehdung der Konservativen plane und ihnen den Kampf gegen die Demokratie seinerseits erschweren wolle. Frei sinnige Blätter, besonders die durch ihren Phantasie reichtum bekannte „Bossische Zeitung", hatten sich schon schmunzelnd vorgestellt, Arm m Arm mit dem Fürsten die „Junker" bekämpfen zu können. Während der Freisinn fonst nichts als ein mitleidiges Lächeln sür den Fürsten übrig hatte, sollten seine Worte gegen die Konservativen plötzlich die beste aller freisinnigen Wahlparolen sein! Aus diesen frei sinnigen Hoffnungen wird nichts werden. Fürst BiSmarck hat den Konservativen einen Rat erteilt, für dessen scharfe Form die Gründe noch nicht völlig klar zu tage liegen, der aber sicher trotzdem Berücksichtig ung finden wird. An eine systematische Bekämpfung der stärksten unter den staatserhaltenden und monar chisch gesinnten Parteien und an eine wenn auch nur indirekte Unterstützung der Demokratie aber denkt er in alle Wege nicht. Tagesgeschichte. Dresden, 21. September. Wie uns aus Zwickau berichtet wird, trafen Ihre Majestäten der König und die Königin gestern nachmittag 4 Uhr 37 Min. mit Sonderzug von Auerbach kommend dort ein. Auf dem Bahnhose fand großer Empfang statt, zu welchem die Generalität und zahlreiche Offiziere sowie die Spitzen der Behörden und die Vorstandsdamen des Zwickauer Albertzweigvereins erschienen waren. Vor dem Bahnhofe halten die Militärvereine, der Veteranenverein und die privilegierte Schützengesell schaft Aufstellung genommen. Die Ehrencompagnie stellte das 9. Infanterie-Regiment Nr. 133. Nachdem Se. Majestät der König den Parade marsch der Ehrencompagnie abgenommen hatten, fuhren Beide Majestäten und Allerhöchstderen Gefolge unter enchusiastischem Jubel der die festlich geschmückten Straßen füllenden Bevölkerung nach dem „Hotel zur Post". Vor dem Hotel erwies eine zweite Compagnie des schon genannten Regiments die Ehrenbezeigungen. Nach dem Vorbeimärsche der Ehrenwache begaben Ihre Majestäten Sich in Allerhöchstihre Absteige quartiere. Um 5 Uhr fand in dem reich mit Fahnen und Pflanzen geschmückten Hotel Königl. Tafel statt, an welcher Beide Majestäten mit den Suiten teil- Lunst und Wissenschaft. Erste internationale Kunstausstellung zu Dresden. XXIV Berlin. Düsseldorf. Karlsruhe. Weimar. In den Sälen, welche Malern aus den vorbezeichneten Kunststädten eingeräumt sind, haben wir nur mehr eine Nachlese zu halten, bez einiges schon Gesagtes zu erwei tern Unter den Berlinern besitzen die älteren unsere größere Sympathie. Was die „Modernen" uns bieten, ist mit Ausnahme einiger Arbeiten Skarbinas und Dett manns nur zum Teil oder gar nicht erfreulich. Letzteres beziehen wir namentlich auf Liebermann und Leistikow In den Werken jenes finden sich unbestreitbar treffende realistische Züge und seine „Näherin" wie „Die Weber" kann man als in ihrer Art erträgliche Produk tionen gelten lassen, allenfalls auch die sehr skizzenhafte „Allee bei Harlem" für annehmbar erklären Aber gegen über dem der Plastik nicht entbehrenden Porträt seiner Eltern und dem Bildnis einer Dame kommen viele Be schauer schwerlich über die stumpfe und schmuddlige Be handlung des Fleischtons wie auch der Gewandung hinweg, wohl aber zu der Ansicht, daß hier geradezu auf Kosten der lebenswahren Erscheinung aller malerische Reiz bei seite gelaffen ist, und zur Verwunderung darüber, daß selbst der Sohn in dem Autor des Gruppenbildes die Neigung »um Verhäßlichen nicht zurückgedrängt hat. Be zeugen diese Arbeiten dabei immerhin Ernst und zielbewußtes Können, so gestattet Walter Leistikows „Teich" Zweifel, ob eS dem Verfasser um ein bloßes Experiment, um einen symbolistischen Scherz oder um die ernstgemeinte Darstellung eine« mysteriösen Erdenfleckchen« zu thun gewesen ist. Im letzteren Falle hätte der Maler, der sehr wohl der natür lichen Ausdrucksweise mächtig ist, sich unnötig weit von der Natur entfernt, da es zur Erweckung einer solchen Stimmung keineswegs der Vorführung von Bäumen be darf, die anstatt Äst- und Laubwerk in Graugrün und Braun schimmernde Wattenballen tragen So sieht man die Bäume zu keiner Zeit und am wenigsten zu derjenigen Dämmerstunde, welche die Farbe des Wassers er raten läßt. Treffen aber die ersterwähnten Vermut ungen über die Absicht Leistikows zu, so hat man gar keine Veranlassung, sich mit der Plakatarbert weiter zu beschäftigen Gern wendet man sich von diesen Leist ungen zu den Gaben der älteren Künstler, wobei man sich noch nicht einmal gleich an Meister Menzel zu klammern braucht. Denn ob auch Meyerheim, Bracht, Frenzel, Hertel u a. nicht mit völlig einwandfreien, den höchsten Punkt ihrer Kraft zeigenden Werken vertreten sind, so gewahrt man doch eine gesunde Tüchtigkeit und keine Versuche, durch Willkürliche«, Absonderliches und Rätselhaftes das Publikum zu verblüffen und zu über rumpeln. Von Paul Meyerheims „GutShof" am Mittag haben wir schon gesprochen Eugen Bracht hat eine große Landschaft „Hannibals Grab" ausgestellt, ein mit Kraft erfaßtes heroisches Stück Natur, dem die leichte Stilisierung der vorzüglich zusanimcngehaltenen Baumgruppe wohl ansteht und dessen Abbild lediglich von den in schwachem Gelbviolett getönten Wolken etwa» gedrückt wird Es würde sich noch mächtiger auSnehmen, wenn der Himmel sich weiträumiger über der Landschaft wölbte Von Albert Hertel sind drei Landschaften da, zwei mit norddeutschen Motiven, eine mit einem solchen von der Riviera, alle sicher und fein durchgebildet im Vortrag, nicht ganz modern, aber ganz ehrlich ohne Aufputz in Technik und Ausdruck Insbesondere ist die pommersche Herbst landschaft, im Lichte eine« trüben Tages gesehen, eine charaktervolle Leistung der älteren Berliner Kunst Den Repräsentanten der letzteren steht Oskar Frenzel nahe. Bei ihm begegnet man der nämlichen einfachen Natur anschauung und der gediegenen Kraft, den empfangenen Eindruck klar und ungeschminkt wiederzugeben. In dem Bilde „Nach dem Regen" ist die Wetterstimmung meister haft getroffen, in dem anderen „Spätsommer" sind die Kühe vorzüglich in Licht und Luft gestellt, und nur etwas mehr Wärme in der Farbe bleibt bei beiden zu wünschen Im Berliner Saal hat auch ein Gemälde Karl Gussows, der lange Zeit in der Reichshauptstadt gelebt hat und jetzt in München wohnt, Platz gefunden: „Die Dorfparzen" werden vielen Besuchern schon bekannt sein, aber auch diejenigen, für die sie neu sind, kaum überraschen und fesseln, da sie auf die Eigenschaften eines koloristischen Kunststückes beschränkt sind. Unter den Werken der Düsseldorfer beansprucht nach der Bedeutung des Künstlernamens wie des Gegenstandes das im vorigen Jahre geschaffene Gemälde Eduard v. Gebhardts „Der zwölfjährige EhristuS im Tempel" an erster Stelle erwähnt zu werden. Wie in so vielen religiösen Darstellungen dieses Malers haben wir auch in dieser neuen ein Verschmelzungsprodukt moderner realisti scher Kunstanschauung und im niederländisch-deutschen Meisterstil des 15. und 16. Jahrhunderts geübter Mal weise und äußerer Charakteristik vor uns. Der Tempel ist zum Gemach eines Patrizierhauses geworden, in welchem Männer in der entsprechenden Erscheinung und Gewandung mit Staunen den weisen Aussprüchen des am Kopfende eine» langen Tisches sitzenden Jesus zuhören Das Bild wird vielfach als eine Meisterschöpfung bezeichnet, eine Meinung, die wir nicht teilen Neigen wir schon im all gemeinen der Ansicht zu, daß mit der Wahl de» Schau platzes, der Typen und Trachten nach Maßgabe einer uns näher liegenden Zeit vielen religiös denkenden Menschen kein Dienst geschehe, ihre Illusion nicht lebendiger ge macht, ihre Auffassung nicht geläutert werde, so können wir uns im besonderen vor dem Gemälde E v Gebhardts de« Eindruck« nicht erwehren, daß hier die realistisch« Be handlung bi« zum Profanen getrieben sei Die ernstesten Intentionen de« Verfasser« unbedingt zugegeben, ist für unser Gefühl der den Mittelpunkt bildende Jesusknabe nicht allein jede« göttlichen Zuge«, sondern gar der starken menschlichen Sympathie entkleidet, wirkt der alltägliche Raum störend, und wie mannigfaltig auch die Haltung der Zuhörer von lächelnder Verwunderung bis zum bestürzten Staunen und nachdenklichen Betrachten abgestuft ist, erscheint uns das Ganze doch mehr klug und geschickt arrangiert als unmittelbar tief empfunden zu sein. Dabei sehen wir noch von dem theatralischen Auftritt der Eltern im Hintergrund der Szene ab, wie wir uns anderseits durchaus nicht der Vorzüglichkeit der rein malerischen Leistung, namentlich in Bezug auf alles Stoffliche, ver schließen. Nach dem v. Gebhardtschen Bilde ist Arthur Kampfs „Vor dem Gnadenbilde in Kevelaer" zu nennen Vor dem Muttergottesbilde haben sich zahlreiche Wall fahrer versammelt, Kranke, Lahme, von Not und Kummer Bedrückte, die teil« kniend teils in gebückter oder auch aufrechter Haltung flehend und hoffend ihre Andacht verrichten In der Auffassung und Gruppierung zeigt sich kein überraschender künstlerischer Impuls, aber es sind charakteristische Köpfe in dem farbig sehr gut gemaiten Bilde, die gläubige Inbrunst der vorn knienden Frauen ist einfach und stark wiedergegeben und das Ganze sehr wirksam unter eine aus dem Kerzenlicht am Bogen rand des Gnadenbilde« und dem warmen Sonnen schein im Hintergrund gemischte Beleuchtung gesetzt Eine absonderliche Darstellung ist Willy v. Beckerath« „Harpyie", nach der Überlieferung geformt al« Zwitter ding von Jungfrau und Raubvogel, wie e« auf antiken Vasenbildern erscheint Dieses auf dem Ast eines hohen Baume« hockende Fabelwesen — bei Homer eine Göttin des Sturme« und Tode« — ist in seinen tiermäßigen Partien vom Maler so sorgfältig und naturtreu behandelt, daß e« nicht mehr al« eine freie Phantasieschöpsung er- scheint, durch welche allein der Vorwurf leidlich interessant zu machen gewesen wäre Au« der kleinen Reibe der Landschaften, darin sich großenteils wohlgelungrne Werke H Liesegang«
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