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Dresdner Journal : 16.09.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189709169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970916
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970916
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-09
- Tag 1897-09-16
-
Monat
1897-09
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 16.09.1897
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Daß dann andere daS von ihm „zu spät" acceptierte Prinzip ausgestalten, wird ihn nicht wundern dürfen, und somit bilden seine Programme einen Vor schub für die Miquelsche Politik der Sammlung, der sie grund sätzlich zustiminen, während sie in Wirklichkeit sie bekämpfen wollen, und es in ihren Details auch thun. TreSdeu, 13. September. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Direktor der Königlichen Porzellan Manufaktur zu Meißen, Oberbi rgrath Brunnemann, den ihm von Sr. Majestät dem König von Siam verliehenen Weißen Elephantcnorden 5. Klasse annehme und trage. Agrarprogramm die Chancen des künftigen Wahlseldzuges zu Gunsten der Linken beeinflussen solle. Diese Prophezeiung hat sich bekanntlich crsüllt. Zunächst beweist auch diese That jedenfalls wieder, daß Hr. Eugen Richter Gestellungen auf das „Dresdner Journal" für das vierte Vierteljahr werden zum Preise von 2 M. 50 Pf. angenommen für Dresden: bei der unterzeich neten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für aus wärts: bei den Postanstalten des betreffenden Orts zum Preise von 3 M. In DreSden-Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Hofmusikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (F. Plötner), Haupt straße 2, wo auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden und wo, ebenso wie bei dem Bahnhofsbuchhändler Herrn Weigand (Personenhauptbhf.), Herrn Kaufmann Simon, Cirkusstr.24 (Ecke Pillnitzer Straße), Herrn Kaufmann Lebr. Wesser, Prager Straße 2 und Frau verw. Siegmeier, Alaunstr. 19, einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. König«. Expedition des Dresdner Journals. Tie Anwesenheit des Königs von Siam in Paris hat zu einem Austausche von Erörterungen zwischen der französischen und der englischen Tages presse ge führt, zwischen deren Zeilen der beiderseitige Konkurrenzneid ziemlich unverhüllt zu Tage tritt. England betrachtet den König Tschulalongkorn mehr oder weniger als sein Geschöpf. Er ist in englischen Anschauungen erzogen, spricht als einzige Kultur sprache nur die englische und bewegt sich wesentlich rn englischen Jdeenkreisen. Da nun das Talent für fremde Sprachen zu den schwächsten Seiten des französischen — wie übrigens auch des englischen — Volkstums gehört, so findet man es in Paris nicht ganz leicht, sich zu dem asiatischen Herrscher auf einen solchen Fuß zu stellen, wie es im eigenen Interesse wohl wünschenswert erscheinen müßte. Frankreich möchte dem Könige Tschulalongkorn begreiflich machen, daß sein eigenes und das Heil seines Landes nirgends besser aufgehoben sei, als in dem Schutze der französischen Freundschaft. Die absolute Uneigennützigkeit der französischen und die Perfidie der englischen Politik bilden daher das von der Pariser Presse mit Bezug auf den siamesischen Herrscher mit Vorliebe variierte Thema, wobei es dahin gestellt bleiben muß, ob König Tschulalongkorn diplomatische Finesse genug besitzt, um, auch ohne der französischen Sprache mächtig zu sein, zu erraten, worauf die französischen Liebenswürdigkeiten ihm gegenüber im Grunde abzielen. Für Frankreich hätte die Herstellung freundschaftlicher Beziehungen zu Siam großen Wert, da seine Handlungsfreiheit in Ostasien sonach erheblich gewinnen würde. Siam ist seit dem Jahre 1890 durch England zahlreicher wichtiger Gebiete beraubt worden, und sucht sich nun für das im Westen Verlorene durch Aus- Ernennuvgen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Finanzen. Beider Post-Verwaltung ist ernannt worden: Heine, zeit- her Postassisteiit, als Ober-Postassistent im Bezirke der Kaiser!. Oberpostdirection zu Leipzig. Im Geschäftsbereiche veS Ministeriums bea Kultus unb öffentlichen Unterrichts. Zu besehen: die ständige Lehrerstelle zu Quohren bei Kreischa (Parochie Possendorf). Kollator: die oberste Schulbehörde Einkommen: Außer den gesetzlichen AlterSzulagen 1000 M. Gehalt, 200 M persönliche Zulage (über deren unwiderrufliche Gewährung bei besrü tagender AmlSführung Beschluß vorbehatten bleibt, 20 M für kirchen- dienstliche Verrichtungen, 7b M. für Fortbildungsunterricht sowie geräumige Wohnung im Schulhaus mit Gartcnnutzung. Für den Unterricki in werblichen Handarbeiten wird der Frau des Lehrers ein jährliches Honorar von 72 M. gewährt. Ge suche sind mit allen erforderlichen Beilagen bis zum 8. Oktober bei dem Königl. Bezirksschulinspektor vr. Lange in Dippoldis walde einzureichen; — die zweite ständige Lehrerstelle in Naundorf. Kollator: das Königl. Ministerium des Kultus und öffemlichen Unterrichts Einkommen: 1000 M Gehalt, 200 M persönliche Zulage, wovon 100 M in die erste und wiederum 100 M in die zweite Alterszulage eingerechnet werden sollen, 72 M. vom Turnunterrichte und S M 04 Pf. vom Kirchendienste sowie freie Wrhnung. Gesuche sind bis 5 Oktober bei dem Königl Bezirksschulinspektor Schulrat vr. Winkler in Freiberg einzureichen. hinter »hm tragen vier Frauen m dunklen Kleidern das Mütelbilde fehlt. Wenn man diesen Anzeichen glauben Zeichen, in dem er die Welt besiegte: das Kreuz. Allesschautauf darf, dann ist daS Predellabild der am spätesten ent- die unheimlichen Gäste. Mit lächelndem Spott die einen, mit standene Teil des Werkes, und eS ist nicht nur sein bester, bleichem Grauen die andern Alles zückt gegen die Waffenlosen sondern schlechthin das Größte, was Max Klinger als das Schwert Nur Zeus scheint zu wissen, was droht, Maler überhaupt je gegeben hat. Es ist, an sich be trachtet, ein malerische« Meisterwerk Die Predella, auf Russische Eindrücke. Der „Kreuzzeitung" geht aus Rußland der nach stehende Bericht zu, der mancherlei für uns Deutsche Interessantes enthält: Man schreibt uns. Gestatten Sie mir, die Eindrücke, die ich bei einem längeren Aufenthalt in Rußland erhalten habe, hier kurz zujammenzusassen Da die Besuche Kaiser Wilhelms und des Präsidenten Faure in St Petersburg daS Ereigni» deS verflossenen MonaiS bilden, so liegt eS nahe, ihrer vor allem zu gedenken; nicht vom Standpunkt des Zeitungsbericht erstatters, der sich ja zur Genüge hat hören lassen, sondern von dem des „Privatmenschen", der sich, wenn auch nicht an Ort und Stelle, so doch in der Nähe befand und so Gelegenheit hatte, „hinten herum" allerlei zu hören, was dazu dienen mag, die öffentliche Berichterstattung zu ergänzen oder aus ihre Zu verlässigkeit zu untersuchen. Ich habe während dieser Zeit wenig Gelegenheit gehabt, deutsche Zeitungen zu lesen, vermag daher auch nicht bestimmt zu sagen, ob das, was mir aus be sonderem Wege zugegangen ist, nicht vielleicht schon hier und da berichtet worden ist; es kommt mir jedoch so vor, als sei dem deutschen Publikum der Unterschied in der Begrüßung der beiden fremden Staatsoberhäupter von feiten der St Peters burger, und in gewissem Sinne der Russen überhaupt, nicht so klar gemacht worden, wie er es immerhin verdiente. Aus den amtlichen Empfang bezieht sich das natürlich nicht. In dieser Hinsicht hat man russischerseits uns gegenüber nicht- ver säumt; darüber sind alle unparteiischen Augenzeugen einig. Um so stärker dagegen hat sich der Abstand in der Stimmung ter Bevölkerung gezeigt, die den Deutschen achtungsvoll, aber kalt entgegen kam, während sie den Franzosen nicht bloß auf dem Papier der Zeitungen, sondern in Wirklichkeit förmliche Sicdchitze zeigte, sodaß man sich namentlich von der Haltung der St. Petersburger Damenwelt das Unglaublichste erzählt. An der vorübergehenden Aufrichtigkeit dicfer Begeisterung braucht man in der That nicht zu zweifeln; doch lhut man gut, den Schwerpunkt auf da- „vorübergehend" zu legen, aus die „Selbstsuggestion", der die leichtbeweglrchen russischen Massen in solchen Fällen immcr leicht unterliegen, ohne daß dies für ihre Durchschnittsanschauung viel bewiese. Diese ist von Fran- zosenschwärmerei im Grunde sehr weit entfernt. Den Russen fällt eS überhaupt nicht ein, fich im Ernst für fremde Völker zu begeistern. In diesem Punkte sind sic die aus gesprochensten „Realisten" von der Welt; sie kennen nur sich selbst und beurteilen die Haltung der Fremden lediglich danach, ob sie Rußland schadet oder nützt. Ein fein ausgebildeter poli tischer Instinkt sagt aber jedem einzelnen von ihnen, daß der gegenwärtige, man kann wohl sagen nie dagewejene Einfluß der russischen Politik lediglich damit zufammenhängt, daß eS gelingt die Franzosen bei guter Laune zu erhalten, ohne doch wesent liche Opfer fachlicher Art zu biingen Deshalb war alles darin einig, der französischen Eitelkeit bis zum Übermaß zu schmeicheln, und die» Programm ist in der That mit großer Geschicklichkeit und vielem Erfolge verwirklicht worden Hinter drein lacht man sich wohl wieder ins Fäustchen, wie immer, wenn es gelungen ist, den „dummen Ausländer" hinein- zulegen Dazu ist jetzt aber besonders viel Grund; denn nicht nur hat man den Franzosen gegenüber vortrefflich „abgejchnitten" und sie für lange Zeit aufs neue an die Kette gelegt, die sie vor dem Befuche des Präsidenten schon recht ungeduldig trugen; auch aus dem Gebiete des Kongrcßwesens ist es geglückt, schöne Triumphe ü In Potemkin zu erzielen In diesem Jahre hatte sich bekanntlich die ganze westeuropäische Wissenschaft nach Rußland gewandt. Geologen, Ärzte, Statistiker kamen teils in St Petersburg, teils in Moskau zusammen, und aus nahmslos sind sie entzückt geschieden Wie mir ein Teilnehmer, der al- Kenner der russischen Verhältnisse wohl in der Lage war, ein zuständiges Urteil abzugeben, versicherte, ist nament lich der internationale Ärztekongreß in Moskau glänzend ver laufen; glänzend nicht nur in den Berichten begeisterter Jour nalisten, sondern thatsächlich, so weit es die äußere Organi sation betraf, die mir mein Gewährsmann zu feiner eigenen Überraschung als mustergiltig schilderte. Aus Grundlage früherer Erfahrungen hatte er das Gegenteil erwartet und war nun höchst überrascht, aus Leistungen zu stoßen, wie er sie weder in Berlin noch in Rom gesehen. Dies muß der Wahr heit gemäß zugegeben werden Über das Formale hinaus ist eS freilich nicht gegangen. Die russische Wissenschaft als folche hat nicht» Hervorragendes geboten; in Kiefer Hinsicht waren die Deutschen allen anderen unbestritten „über", namentlich auch den Franzosen, deren glänzendster Vertreter, Doyen au-Paris, in Wahrheit sehr schülerhaft operiert haben soll, während die Reklame ihn zum Meister machte. Vom russischen Standpunkt auf dem goldenen Sessel Eine Einzige aber versteht die Verheißung: Psyche hat sich von EroS loSgerissen, ist vor Christus niedergesunken und schaut in Verzückung zu ihm auf. DaS Bild ist so wenig wie des Meisters frühere Gemälde von HauS aus in Farben gedacht. Das schließt nicht aus, daß es auch bedeutende malerische Qualitäten hat, aber es ist wohl der Grund, daß ihm die Einheitlichkeit fehlt und damit die große Wirkung auf den ersten Blick. Und dieser Mangel ist vielleicht noch gewachsen durch den Umstand, daß Klinger nicht weniger als sieben Jahre an dem Werke gearbeitet hat, was bei einem Künstler, der fast von Tag zu Tag wächst, besonders viel bedeutet DaS Bild zwingt nicht, man muß sich willig vertiefen, dann aber wirkt es nicht nur, sondern wirkt auch lange nach.' Von wunder barer Schönheit sind einzelne Gestalten So Aphrodite, die leicht dahinschreitet und das schwere rotgoldene Haar bindet So besonders Psyche, in deren Antlitz jener kon zentrierte Ausdruck des Charakters und der Stimmung ist, den niemand wie Klinger zu erreichen vermag Diese und andere Einzelheiten sind unvergeßlich. Und ebenso prägt sich die Landschaft ein Dagegen eS dann schwer begreif lich ist, wie ein solcher Künstler nicht für den Zeus eine andere Gestalt fand al« diese eine« hinfälligen menschlichen Greises. Da« Bild ist al« Triptychon gedacht Zwei Säulen in Form stilisierter Palmen schneiden schmale Flügel ab, tue mit dem Mittelbild durch die Fortsetzung des landschaftlichen Grunde« verbunden sind Die Flügel scheinen später entstanden zu sein Namentlich der linke, der zwei fliehende Nymphen zeigt, hat aerade die Freiheit der Zeichnung und da« besonders Malerische, das im der das eigentliche Bild in dem braunen, goldverzierten Rahmen ruht, besteht aus einem Aufbau von Stein Die untere Leiste ist aus grünem Marmor mit roten Flecken, die obere aus schwarzem mit grünlichgelben. Die Seiten leisten find zu großen grauen Flächen erweitert, an denen Rundfiguren aus parischem Stein angebracht sind: links eine weibliche Gestalt, vom Rücken gesehen, ver zweifelnd zusammengesunken, rechts ein weiblicher Torso mit der Geberde der Sehnsucht aufgereckt Das Bild, das diesen Rahmen umschließt, schildert die Unterwelt, wo frei die Leidenschaften walten Kühn bewegte Gestalten er blicken wir hier In der Farbe ist das Bild ganz in die Töne des Marmors hineinkomponiert, in phantastischem Licht zeigen sich die nackten Leiber und die Ströme von Blut setzen sich in den roten Flecken der unteren Leiste fort Die selbstgewählte Aufgabe hat hier den Künstler in das rein Malerische gezwungen, und es ist al» ob der not wendige Wettstreit mit den Farben des Steines ihn mit sich fortgerissen hätte Max Klinger läßt sich nicht leicht mit anderen Künstlern vergleichen Er hat seine ganze Entwickelung in sich und au« sich heraus durchgemacht Das eminent Künstlerische seiner Natur sichert auch den Werken ihren Reiz, die in technischer Hinsicht angreifbar sind So hat er gemalt, bevor er ein Maler, modelliert, bevor er ein Bildhauer war Aber die Erfolge haben ihn nie still stehen lassen So eröffnet ein solches Gelingen wie in diesem Predellabilde weite Perspektiven, zumal neue Entwürfe, die in der Werkstätte heranreifen, beweisen, daß dieses Gelingen kein zufälliges ist, sondern daß er für fernere Bilder nun ein für allemal das eigentlich Male rische al« Ausgangspunkt gewonnen hat und seine engere Umgebung an jenen Zug nach links nicht glauben, von dem ihre Blätter soviel Aufhebens machen. Tin Programm und obenein ein derartig detailliertes, wie c- da» Richtcrsche Agrarprogramm ist, hat immer etwa- Bedenkliche» sür eine Partei, weil sich die Zeiten ändern und die Menschen mit ihnen, und morgen in politiei« deshalb nicht mehr maß- gebendist, was heute noch dafür galt. Aus diesem triftigen Grunde haben sich die Programme der politischen Parteien gewohnheits mäßig daraus beschränkt, in möglichst allgemeinen Sätzen die Richtung zu markieren, um der parlamentarischen Vertretung nicht unnölige und ihr vielleicht geradezu verderbliche Schwierig keiten zu bereiten. Wäre der Zug nach links wirklich so un aufhaltsam, wie wir eS mit löblicher Konsequenz tagtäglich zu hören bekommen, ein Parleilaktiker von der Erfahrung Richter» hätte gewiß nicht für nötig befunden, der allgemeinen Ström ung noch nachzuhelscn und sich und die bürgerliche Demokratie auf Forderungen sestzulegen, welche die eine größere Hälfte der Wählerschaft von vornherein vor den Kopf stoßen müffen. Mag der Nürnberger Parteitag mit dem Richterschen Ent wurf machen, was immer er wolle (— er hat den Entwurf in zwischen bekanntlich „einstimmig" angenommen, A. d. R.—), so wird dennoch dieses Programm dem Bunde der Landwirte eine sehr angcnehme Waffe werden. Denn eine Konzession an die Agrarier, die doch Hr. Richter mit seinem Agrarprogramm bekämpfen, aus dem Sattel heben und in den Sand strecken will, ist eS in Wirklichkeit. WaS wollen denn die Agrarier? Schließlich doch nicht- andere- und nicht- weiter als rn Gesetzgebung und Verwaltung der gegenwärtigen Lage der Landwirtschaft Rechnung ge tragen wissen Daraus hat ihnen die Mancheslerdemokratie stets geantwortet: die Lage der Landwirtschaft ist gar nicht so schlecht, wie ihr behauptet, nur einige Junker sind durch lieder liche Wirtschaft und Verschwendung in Notlagen gekommen; denen zu Helsen kann aber nicht Sache des StaateS sein. Diese Argumente wirst nun aber da- Richtersche Agrarprogramm vollständig über Bord, indem gleich eingangs erklärt wird, die freisinnige Bolkspartci, „durchdrungen von der Bedeutung der deutschen Landwirtschaft für Produktion und Konsumtion des Volks und in Anerkennung der Schwierigkeiten bei den durch veränderte Verhältnisse mehrfach gebotenen Umgestaltungen der Betriebsweise, erstrebt die energische Förderung der Landwirtschaft durch Zusammenwirken der Gesetzgebung und Verwaltung im Reiche und in den Einzelstaaien und aller übrigen Kräfte des öffentlichen Lebens." Es mag ja fein, daß Herr Richter mit seinem Agrar programm schließlich nichts weiter wollte, als dem Rickcrtschen Bauernverein Nord-Ost den Wind aus den Segeln nehmen, indem er auch der freisinnigen Volkspartei zu einem Agrar programm verhalf. Aber: soripta wuneut! . . . Die Agrarier werden daher einfach davon Akt nehmen, daß sogar Herr Richter nicht nur die Bedeutung der Landwirtschaft, sondern auch die Schwierigkeiten schlechtweg anerkannt habe, in welche sie „durch veränderte Verhältnisse" gebracht wurde Man sollte meinen, es wäre keine üble Konzession, die damit Herr Richter den Agrariern gemacht hat, und wegen der Einzelpunkte seines Programmes werden letztere nicht nölig haben, sich allzuviel Kopfzerbrechens zu machen. In diesen Einzelpunkten stehen neben einigen aber wenigen recht vernünftigen Forderungen, andere, welche den Agrarien ebenfalls sehr willkommen sein werden, weil sich an ihnen zeigen läßt, wie die Demokratie mit den Bauern umzuspringen gedenkt, und wie wenig sie die Gesühle des Bauernstandes respektiert, der nun einmal der am meisten konservativ gesinnte ist und jeder Gleichmacherei widerstrebt. Ein echt freisinnig-manchcsterliches, allerdings mehr den Rickertschen als den Richterschen Spuren folgendes Blatt, sagt von den Richterschen Programm-Elaboraten: »Zwischen unfaßbaren Allgemeinheiten grundreckt- licher Art und der Auszählung von verhältnismäßig unter geordneten Einzelbeschwerden aus den verschiedenen Ver waltungsgebieten schwankt und pendelt das Programm der freisinnigen Volkspartei ziemlich kritiklos hin und her Häufig gewinnt man beim Lesen der einzeln ausgezählten Wünsche den Eindruck, als hätte jede der bei der Abfassung des Programms beteiligten Personen einen Wunschzettel bei der Hand gehabt, der ganz oder teilweise berücksichtigt werden mußte.' Sonderbar ist es aus jeden Fall, daß es weder der männ liche noch der weibliche Freisinn merken, wie sie durch ihre großen und so augenfälligen und jedenfalls verfrühten Wahl- anstrengungcn sich selbst desavouieren Mit Programmen kann man das Manchestertum nicht wieder zum Leben erwecken Die Demokratie wird also wohl oder übel sich wirtschaftlich aus anderen Boden stellen müffen, wenn sie sich nicht selbst ausgeben will. Sie wird sich zu jener Politik de- Schures und der Pflege aller wirtschaftlichen Interessen bekennen müssen, die sie seit Jahrzehnten als krassen Eigennutz verleumdet hat. Hr. Richter thut das bereits im Vordersatz zu feinem Agrarprogramme. Im Nachsatz sreilich ist er noch ganz der Alte, noch ganz Manchesterdemokrat in seinen Einzelforderungen. Aber nachdem er im Prinzip die Landwirtschaft hinsichtlich der ener gischen Förderung aus Gesetzgebung und Verwaltung im Reich und Einzelstaatcn verwiesen hat, wird er anderen Berufszweigen das und im ruffischen Interesse kommt jedoch nur die „Mache" in Betracht, die hoch au-gebildete Kunst, den Au-ländern die Vor stellung beizubringen, daß Rußland aus dem besten Wege sei, ein Fortschrittsland ersten Ranges zu werden, während doch in Wahrheit alle- genau so bleibt, wie eS ist Es ist wahr, die Krankenhäuser, Kliniken rc sind mit allen modernen Einricht ungen verschwenderisch au-gestattet und lasten, wenn „Besuch kommt", auch an Sauberkeit nichts zu wünschen übrig. Sobald der „Besuch" aber wieder weg ist, wird das alles hübsch wcg- gepackt, und die alte russische „Gemütlichkeit", die ganz ander» aussieht, beginnt von neuem Rußland ist eben der klassische Boden des klugen Scheine»; darin hat sich seit Katharina- Tagen nichts geändert. Warum sollte eS auch, da dieser Schein genügt? Die Freude an allen diesen Erfolgen wird wenigstens dem Teil der Rusten, den eS amtlich oder perfönlich näher angehl, durch die in diesem Jahre besonder» schwierige Lage der Landwirtschaft bi» zu einem gewißen Grade gestört. Die Getreidepreisc sind zwar im Steigen begriffen, allein die Ernte ist in einem großen Teil de- Innern so schlecht auSgesallen, daß vielleicht ein ernster Notstand droht, wenn auch kein so schlimmer, wie vor sechs Jahren. Am bedenklichsten ist dabei, daß die Aussichten für das künftige Jahr noch un günstiger erscheinen, als sie sich sür die nächste Zukunft dar stellen Während Mittel- und Westeuropa unter fortwährender Nässr leiden, wird in Rußland die junge Saat überwiegend durch Trockenheit geschädigt Für jetzt mögen noch bedeutende Gctrcidevorräte aus früherer Zeit vorhanden fein; für 18S8 aber glaubt man sich auf Mangel gefaßt machen zu müssen überhaupt helfen alle, gegen die Notlage der Landwirtschaft er griffenen Maßnahmen nicht»; e» wird damit immer schlimmer. Dies erklärt den Eifer, mit dem sich alle Welt auf Handel und Gewerbethätigkeit wirf», um so den nöligen Ausgleich zu finden. Auch mit fieberhaft betriebenen Eifenbahnbauten fucht man sich zu Helsen. Im Grunde aber kommt das nur wenigen zu gute, unter denen sich unverhältnismäßig viel Ausländer, namentlich Belgier und Franzosen befinden Diese arbeiten, wie die russische Presse ost mit großer Bitterkeit betont, nicht sür Ruß land, sondern sür sich selbst, und schleppen das »schöne russische Geld' schließlich aus dem Lande, um e» in Paris oder Brüssel gemächlich zu verzehren Ta die Rusten selbst aber keinen Unternehmungsgeist besitzen und nur als einfache Arbeiter zu gebrauchen sind, so bleibt nichts übrig als jenen das Feld zu überlasten. Es ist eben nicht alles »Gold, was glänzt'. - Es dürfte weitere Kreise interessieren, daß Se. Königl- Hoheit der Prinz Friedrich August Höchstseiner Gemahlin zu Ihrem Geburtstage am 2. September unter anderen Gegenständen auch eine kleine Kopie des ChristuSbildes von Carl Ehrenberg geschenkt hat. Ihre Kaiser!, u. Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Luisa hatte seiner Zeit an dem Original sowohl in künstlerischer als religiöser Beziehung solches Wohlgefallen und solche Freude empfunden, daß Se. Königl. Hoheit dem Künstler den Wunsch zu erkennen gab, die gedachte kleine Kopie aus zuführen Wie bei dem Original, so wird auch bei dieser Kopie eine große und unmittelbare Wirkung dadurch heroorgerufen, daß man sich gedrungen fühlt, dem Bilde wirklich zu glauben, und daß man bei einfacher und doch effektvoller Behandlung von der Hoheit des Ausdrucks unwillkürlich ergriffen und bezwungen wird. * Uber das auf der Leipziger Ausstellung befindliche Kolossalgemälde Max Klingers „Christus im Olymp", schreibt Fritz Stahl in der „Kunsthalle": Eins zuerst muß gesagt werden, damit man den Standpunkt gewinnt: was für Einwände immer sich gegen die Einzelheiten de« neuesten Werkes von Klinger erheben lassen, es hätte jede der diesjährigen Ausstellungen, auch die internationalen, be herrscht durch die Größe seiner Idee und durch den tiefen Ernst der künstlerischen Arbeit. Christus im Olymp! Bei jedem andern könnte man bei diesem Titel an eine Absicht der Sensation denken Bei Klinger schließt nicht nur die Per sönlichkeit eine solche Absicht au«, sondern der Titel deutet darauf, daß das Werk organisch mit dem gesamten bisherigen Schaffen des Meisters zusammenhängt Seit Klinger den Stift führt, stehen Christus und der Olymp in dem Kreis seiner Motive Die ersten Zeichnungen, die der noch sehr jugend ¬ liche Künstler ausstellte, behandeln daS Thema Christus. Die Art, in der er daS heilige Thema behandelte, nicht gegen »ie Tradition, sondern geradezu, als ob eS keine Tradition gäbe, zog den Blättern den Ruf des Anti christlichen zu Es scheint, daß die, welche so urteilten, sie nicht sehr genau angeschaut haben Wie den Heiland und die Seinen auf dem Weg zum Berge Spott und Hohn geleiten und wie nach der Predigt von den Seligkeiten selbst dem rohen Söldner und den schlimmen Gassenbuben eine Ahnung aufdämmert, was das für ein Mensch ist, und sie ihm mit staunender Ehrfurcht folgen, das ist wunderbar ausdrucksvoll geschildert und konnte so nur von einem ge schildert werden, der die Verheißungen der Berg predigt gläubig ausgenommen hat. Die späteren Arbeiten Klinger« hätten dann wohl daS falsche Vorurteil völlig beseitigen müssen, aber man kann noch heute von dem parodistischen Charakter dieser Blätter reden hören So mußte doch darauf hingewiesen werden, daß solche« Reden keinen Grund hatte. Die erste Reihe von Radier ungen, wenn man hier die „Paraphrase über den Fund eines Handschuhs", deren Stoff ein zufälliges Erlebnis bildet, unbeachtet läßt, behandelt ovidische Erzählungen Freilich spielen der Olymp und seine Bewohner dabei keine Rolle, aber der Olymp ist ja auch oben nur als Symbol des hellenischen Lebens, des Lebens in Freiheit und Schönheit gedacht. Und diese« Leben zu schildern ist Klinger niemals müde geworden . .. Christus im Olymp! Auf der blumigen Wiese, die eine blühende Hecke vom Meere scheidet, im Schatten ragender Bäume sind um den Thron des Vater ZeuS die Götter versammelt, Genien und Nymphen treiben ringsum ihr scherzendes Spiel. Vom Gipfel leuchtet in Farben und Gold der Palast Kein Zwang der Sitte herrscht hier, der die Menschen bindet, in keuscher Nacktheit wandeln die Olympier dahin Da naht ein seltsamer Zug: voran goldig schimmernd das Gewand, schreitet Christus heran, ÄMMl Anküutziguns-sebühren: Für den Naum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Pf Unter „Eingesandt" die Zeile 50 Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Aufschlag Herausgeber: Königliche Expedition de» Dresdner Journal» DreSdui, Zwmgerstr. 20. Fernspr.-AiiIchluß.Nr.ILSS. vezu»»brei«: Für Dresden vierteljährlich: 2 Mark 50 Pf., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalten vierteljährlich 3 Mark; außer halb de» Deutschen Reiche» Post- und Sternpelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheinen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend». Fermpr.-Anschluß: Nr. 1LS5 Dresdner
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