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Dresdner Journal : 16.06.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189706166
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970616
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970616
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-06
- Tag 1897-06-16
-
Monat
1897-06
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 16.06.1897
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Ver»«»»ret«: Für Drctden vierteljährlich: , Mark »0 Ps., bei oen Kaiser» lich deutschen PvstanstaUe« vierteljährlich »Mark; außer halb de« Deutschen Reichet Post- und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Ps. Erscheint«: Täglich mit Ausnahme der Gönn- und Feiertage abend« Fern jpr -Anschluß: Nr 1295 Nrrs-ner W Zomnal. SukhudtguNgSgebüh'-e« r Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Lchnst »0 Pf Unter „Eingesandt" die Zeile so «. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Aufschlag Herausgeber: Königlich« Expedition de« Dresdner ^ournal- Dre-den, Zwmgerslr 20. Fernspr.-Anschluß: Nr 1295 1897. W136. Mittwoch, den 16. Juni, abends. Amtlicher Teil. Grve»«unsea, Versetzungen rc. 1« öffentlichen Dienste. Im EeschäftSbcreiche des Ministeriums der Finanjen Bei der Postverwaltung sind ernannt worden: Habpacher, Morgenstern, Großmann, Keller und Hückmann, geither Postassistenten, als Ober-Postassistenten im Bezirke der Kaiser!. Ober Postdirection Dresden; Rosenkranz, Gärtner, Gebhardt, Henker Karisch, Klein, Weiland, Handrich, Kahlert und Schulz, zeither PoftanwSner, als etalmäßige Postassistcmen im Bezirke der Kaiser!. Ober-Postdireclion zu Dresden; Wohlrab, Hausbesitzer und GemeindeSltester, al- Postagcut in Niederwürschnitz; Viertel, Schuhmachermeister, alS Postagent in Pöhla. Nichtamtlicher Teil. Über die indische» sorgen Englands äußert sich die „Kreuzzeitung" in der nachstehenden anschaulichen Weise: Während in London, je näher wir dem Ehrentage der Königin kommen, um so mehr der Festjubel, selbst in seinen vorbereitenden Stadien, alles übrige zu übertönen beginnt und, wie es schien, in aller Welt, wo immer England Fuß gefaßt hat, die Friedensglocken den Tag cinläuten sollten, ist am 11 Juni eine Hiobsbotschast aus Indien eingelausen, die wohl dazu angethan ist, die sreud ge Stimmung zu trüben Wir meinen die Niederlage, die die anglo - indischen Truppen von den Waziris erlitten haben. Diese Waziris sind ein ehemals von Kabul abhängiger afghanischer Bolksstamm, den der Emir Abdur Rahman erst 18S3 als in die britische Einflußsphäre fallend anerkannte. Noch in den Jahren 1894 und I8S5 sahen die Engländer sich genötigt, einen Feldzug gegen die Waziris zu führen Er endete mii ihrer Unterwerfung, die jedoch so wenig sicher war, daß die indische Regierung cs ratsam sand, die strategisch wichtigste Position, das Totjchi Thal, Las die Straße von Punjab nach Ghuzm beherrscht durch einen militärischer Posten zu besetzen. Da nun in den letzten Monaten zahlreiche An zeichen dahin wiesen, Laß der kriegeriiche Stamm wenig Neigung hatte, sich den neuen Verhältnissen zu fügen, beschloß der Oberkom mandierende der Armee von Punjab, Sir William Lockhart, jenen Posten so weit zu verstärken, daß jede weitere Erhebung unmöglich werden sollte Der ganzen Angelegenheit wurde jedoch so wenig Bedeutung bcigcmcssen, daß Lockhart nach London abrciste, ehe jener Plan ausgeführt wurde Er kann "st gestern oder vorgestern dort eingctrofsen sein. Inzwischen aber har das Verhängnis sich vollzogen Die zur Verstärkung des Postens bestimmien Truppen, «09 Manu mit Geschütz, sind am Hellen Tage, während sie Rast machten, überfallen morden und unter verhältnismäßig schweren Verlusten znm Rückzug genötigt worden 3 englische Ossiziere, unter ihnen der Führer der Truppe, Colonel Bunny, sind gefallen, die übrigen Offiziere verwundet, von den mohammedanischen Sikhs und Punjabi 24 getötet Sind diese Verluste, numerisch be dachtet, nicht groß, so ist aus diesem Boden jede Niederlage gefährlich. Das Totschi-Thal, Las den ganzen Stamm der Waziris in Zaum halten sollte, ist nur von einer Schwadron indischer Kavallerie, zwei Regimentern eingeborener Infanterie, einer Batterie von vier Gcbirgskanoncn und zwei Maxim geschützen besetzt. Man fürchtet nun. daß der errungene Vorteil die Waziris zum Vorgehen gegen diese kleine Macht veranlassen könnte, ehe ihr neue Verstärkung zugeht. Auch religiöser Fanatismus, aus indischem Boden die einzig gesährliche Kraft, scheint mitgespielt zu haben. Ein gewisser Mullah Powindah, der von 1894 her als Feind d.r Engländer bekannt ist, soll die Hand im Spiele haben, und trotz der Gcflissentlichkeit, mit der die englischen Blätter, speziell der „Standard", betonen, daß der Emir von Afghanistan „unier Verbündeter und guter Freund' gänzlich unbeteiligt sei, klingt doch ein Ton sehr ernster Sorge aus den Betrachtungen hervor, die über diese Frage an- gestellt werden Mullah Powindah hat notorisch umer dem Schutz des Emirs gestanden, der zudem gerade in jüngster Zeit Grenzregulierungen hinnehmen mußte, die natürlich nicht zu seinem Vorteil, sondern zu dem der Engländer ausfielen. Da nun bei ernsteren Verwickelungen ohne allen Zweiscl Rußland den Emir nicht in Stich lassen kann, versteht man wohl, wenn in London die Waziri Afsaire ein ganz ungeheures Aussehen erregt Alles kommt darauf an, daß es gelingt, den Konflikt zu lokalisieren, sodaß es ein Duell zwischen England und den Waziris bleibt, bei dem dann naturgemäß die letzteren unterliegen müssen So dringt denn die englische Presse aus rasche- und ener- giscbes Vorgehen. Der Bizekönig Lord Elgin wird apostro phiert, Sir George Wolieley, der Stellvertreter Lockharts, Sir George White, der Oberkommandierende aller indischen Truppen, werden zum Einschreiten ohne jede Zögerung aus- gejorderr. Je früher, desto besser Nebenher wird dann fre lich Lunk und Wissenschaft. * Der Vortrag über den belgischen Bildhauer Con stantin Meunier, den Prof. Treu gestern abend in der Internationalen Ausstellung hielt, war von etwa ISO Damen und Herren besucht. Die Skulpturenhalle, in welcher der Vortrag stattfand, erwies sich als akustisch nicht sehr günstig, sodaß es schwer war, dem Vortrage zu folgen; indes werden sich diese Schwierigkeiten durch ge eignete Maßregeln bei den folgenden Vorträgen sicherlich bekämpfen lassen Zu dem Vortrag waren die meisten der Meunierschen Gemälde und Bildwerke in den betreffenden Saal gebracht worden Es zeigte sich dabei, daß nament lich die Gemälde in der neuen Ausstellung eine bedeutend größere malerische Kraft entfalteten, als in dem nicht ge nügend tiefen Saale, der sie jetzt birgt. Prof Treu er zählte nach einer längeren Einleitung zunächst die wich tigsten Thatsachen aus Meuniers Leben, die geeignet seien, seine Werke verständlicher zu machen Er ist 1830 zu Brüssel geboren und war das jüngste von sechs Ge schwistern; sein Vater starb, als Constantin erst zwei Jahre alt war, und hinterließ die Mutter gänzlich mittellos Der älteste Sohn mußte die Sorge für die Familie übernehmen; er leitete auch den ersten Zeichen unterricht Constantin Meuniers. Dieser wurde dann in der Akademie zu Brüssel untergebracht; im Studium nach der Antike, das man hier pflegte, sand er nicht, was ihm zusagte, ebensowenig in dem antikisierenden Stil des Bildhauers Fraikin, in dessen Atelier er dann, auch die niedrigsten Arbeiten willig verrichtend, drei Jahre verbrachte Er wandte sich dann unter dem Einflüße des belgischen Malers De Groux der Malerei zu De Grour lebte in einer Vorstadt Brüssels und stellte m grauen, trüben Tönen da« Leben und Kämpfen der Armen, mit denen er zu sammen lebte, dar Meunier arbeitete im gleichen Sinne ein wehmütiger Blick auf die durch Hungersnot und Pest arg geschädigten indischen Finanzen geworfen Die Feld züge aus diesem Boden sind außerordentlich kostspielig. „Die Sicherheit unserer Grenzen — so schließt der „Standard" einen Leitartikel, dem wir obtgc Daten entnommen haben — und das Prestige unserer Waffen muß um jeden Preis ausrecht erhalten werden Nicht ein Augenblick darf verloren, keine An strengungen versäumt werden, um zu zeigen, daß, wenn wir nicht immer einem Mißgeschick zu entgehen wissen, wir doch verstehen, die Scharte anszuwetzen ' Alles wohl erwogen, zweifeln wir nicht daran, daß der Wunsch des „Standard" in Erfüllung gehen wird Die letzte Erhebung in Tschitral war von größerem Umfang und erforderte damals das Aufgebot einer kleinen Armee von 15000 Mann, ehe der Erfolg gesichert war Vielleicht wirkt auch die Erinner ung an jenen Feldzug beruhigend, sodaß die Nachbarn der Waziri nicht mitmachen, kurz, ein rascher für England glücklicher Aus gang ist nicht unmöglich, allerdings auch das Gegenteil nicht undenkbar. England hat auf diesem Boden bisher stets nur Fortschritte gemacht; wo es zurückwich, geschah es direkt oder indirekt nur vor dem drohenden russischen Konflikt und der wird heute ebensowenig gewünscht wie in den achtziger Jahren Erst neuerdings hat das Vorbringen der englischen Macht in Frankreich in Bezug aus Hinterindien und Südchina einen Gegner gesunden, der jedoch kaum ernst genommen wird. Man begnügt sich in London damit, den ersten EnlrüstungSölan der Franzosen zu beschwichtigen, wenn diese sich in ihren wohl erworbenen Rechten durch englische Pioniere gesährdet sehen, und geht, wenn der Sturm sich gelegt hat, ruhig und rück sichtslos den einmal eingeschlagenen Weg werter. So sind die Engländer heute die Herren in Siam und auch in Südchina, speziell in Jünnan, dessen die Franzosen sich bereits sicher glaubten, wird voraussichtlich sehr bald der französische Einfluß von dem englischen verdrängt sein Es charakterisiert die eigen artige Taktik der englischen Politik, baß, während sie so systematisch den Franzosen das Fundament ihrer kolonialen Stellung untergräbt, in England ein Komitee der „Kntoote coräiuls" besteht, um die sranzösisch - englischen Gegensätze sreundschastlich auszugleichen. Nun ist der Name „Lutavts eoräiule" nicht eben glück lich gewählt Er erinnert an den unglücklichen Versuch, den Louis Philippe zu Ansang ter 30er Jahre machte, mit Hilse Englanbs seiner Dynastie und dcn neuen Ideen der Juli- rcvolution den Boden zu bereiten, ein Versuch, der bekannt lich recht elend scheiterte und dahin sührte, Engländer und Franzosen erst recht zu verfeinden Ganz ähnlich aber war der jchlließliche Ausgang dcs cnglisch-sranzösijchcn Zusammen wirkens während des Krimkrieges, und so ist cs allezeit ge blieben, wenn es galt, die Probe aus jene b nteuto corckiule zu mache». Aber immerhin, der Name klingt nicht übel, und das Programm, das Sir Arthur Arnold im Rat hause von St. Martin entwickelt hat, ist so recht dazu an- gcthan, die bestehenden Gegensätze zu vertuschen. Man höre: 1) „Es ist im gemeinsamen Interesse der Engländer und der Französin wünschensweit, dahin zu wirken, daß beide Völker sich besser kennen lernen, daß sic frcundschastliche Be ziehungen zu einander entwickeln, gegenseitig ihre Sprache, ihre sozialen Gewohnheiten und poUtiichen Einrichtungen genauer studieren 2) Da Frankreich und England nicht nur in Europa Nachbacn sind, sondern in allen Weltteilen aneinandergrenzcn, liegt es im Interesse beider Nationen, daß ihre Beziehungen möglichst freundschaftliche seien, so daß alle ausstoßcndcn Gegen sätze in einem Geist der Versöhnlichkeit und gcgcnseitiger Hoch achtung gelöst werden. 3) Die gegenwärtige Versammlung billigt die Gründung der Gc ellschast der „Latente eorckiule" und sympathisiert mit dem von ihr verfolgten Ziele: „die guten Beziehungen zwischen England und Frankreich weiter zu entwickeln." Natürlich hat dieser Versammlung ein ermunternder Brief des Arunä Olck ölun. Mr. Gladstone, nicht gefehlt, aber wir fürchten, daß die Geschichte über diese wesenlosen Phrasen hinwegschreiten wird, ohne Notiz von ihnen zu nehmen Bei der Realität der bestehenden Gegensätze zumal in Ägypten, Hinterindien und Südchina ist nicht daran zu denken, daß andere als Interessen-und Machtsragen zwischen beiden Nationen den Ausschlag geben Auch mag zur Charakteristik der Harm losigkeit jener Gesellschast der cuOwts corüials dienen, daß man die Sätze dcs Punkt 2 nur in ihr Gegenteil zu verkehren braucht, um die Gründe zu haben, welche sür die unerläßliche Notwendigkeit der eutents Lruoev-itn»8a sprechen Tie Anwesenheit des Ainanpninisters v. Miquel in Berlin ist der Anlaß für einen großen Teil der deutschen Presse, sich in den mannigfaltigsten Betrachtungen und dunkeln Andeutungen über obschwebende „Krisen" zu ergehen. Dabei hat beinahe jedes der Sensationsblätter eine andere Version zur Hand, jedes stellt sich in der üblichen geheimnisvollen Weise als das aus den „besten Quellen informierte" hin und dabei »veiß doch in Wahrheit kein» von ihnen, um was es sich bei den Beratungen handelt, die von Sr. Majestät dem Kaiser in den letzten Tagen mit einer Reihe der hochgestelltesten Beamten ge pflogen worden sind. Bezeichnend für die Mittel, mit denen die Presse heute arbeitet, ist es übrigens auch, daß man die Unruhe, die infolge dieser mannig fachen Gerüchte sich der Öffentlichkeit bemächtigt hat, die „Leichtigkeit", mit der diese Gerüchte „geglaubt" werden, als ein Zeichen für „Unsicherheit unserer Zustände" rc. hervorhebt, während man doch in Wahr heit selbst erst die Unruhe schafft und weiter auch ganz genau weiß, daß unser Volk heutzutage die „Ge rüchte" die durch die Zeitungen gehen, weniger denn je glaubt Freilich die Konsequenz, sich von den in Sensation und Gerüchten arbeitenden Blättern abzu wenden, zieht leider die heutige ZeituugSleserschast nicht. Und darum hat sie auch im Grunde genommen kein Recht, sich darüberzu beschweren, daß sie von einer gewissenlosen Presse so oft an der Nase herumgeführt wird Sucht man aber nach den Gründen, aus denen ein Teil der Presse sich veranlaßt findet, die viel leicht nicht fern liegende Möglichkeit, daß infolge Allerhöchster Entschließung in der Besetzung wichtiger Bcamtenftellen eine Änderung eintreien könnte, im voraus zum Gegenstand einer großen Aktion in der Presse zu machen, so muß man ohne weiteres zn der Überzeugung gelangen, daß nicht allein die Sucht, das Leserpublikum mit Sensationellem zu versorgen, das Motiv sein kann. Die Absicht vieler Blätter geht offenbar viel weiter: sie wollen aus politischen Motiven die etwa bevorstehenden Allerhöchsten Entschließungen bei der großen Masse diskreditieren. Was anderes kann z B. das leitende freisinnige Blatt beabsichtigen, wenn es heute, wo ihm noch alle Unterlagen zu einer Beurteilung der Lage fehlen, ausruft: „Der alle Fürst Hohen lohe soll anstandshalber noch eine Weile in seiner Stellung verbleiben, aber nur eine orna mentale Bedeutung behalten, und Hr. v. Miquel würde der eigentliche Reichskanzler werden . . . . Das Avancement des Hrn. Miquel bedeutet eine Verschärfung der reaktionären Richtung und steht offenbar in Verbindung mit neuen Flottenplüneu. Deshalb auch die gleichzeitigen Verhandlungen des Kaifers sowie auch dcs Hrn. v. Miquel mit den Admiralen Tirpitz und Knorr." Und in ähnlicher Weife stellt ein anderes freisinniges Blatt, die „Voss. Ztg", tue Situation dar, indem eS die Nationalliberalen wegen der angeblich bevorstehenden Ernennung des Hrn. v. Miquel zum Reichskanzler verhöhnt und u. a. schreibt: . In Hoffen und Bangen schlägt jedes Agrariers Herz-, wird der Schirmherr des ostelbischcn Junkertums, der schon so viel erreicht hat, daß ihm zu erreichen nur uoch das Kauzleramt übrig bleibt, die letzte und höchste Stufe erklimmen und dann das Sehnen des Bundes der Landwirte er füllen? Er wäre endlich der Mann der „starken Re gierung", der .stählerne Mann", obgleich er sich wenigstcns diesen Ruhm nie hat träumen lassen. . . . Hr. v. Miquel wird ttuit Hru v Stumm längst ver ständnUinnigen Händedruck getauscht haben Und Hr v. Ploetz giebt seinen Segen dazu." Und so durchsichtig solche Mittel sind, ihren Zweck verfehlen sie leider heutzutage nicht mehr! Tagesgeschichte. Dresden, 16. Juni. Se. Majestät der König zeichneten gestern abend ^lo Uhr den aus Aulaß der Eiuweihung der neuen Universitätsgebäude veranstal teten Kommers der Studentenschaft im Krnstallpalaste zu Leipzig mit einem halbstündigen Besuche aus. So dann fuhren Beide Königliche Majestäten in die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstell ung, um die Illumination daselbst in Augenschein zu nehmen Nachts ^12 Uhr kehrten Ihre Majestäten in- Palais zurück Heute früh um 7 Uhr wurde Ihren Majestäten wiederum eine Morgenmusik dargebracht, worauf Allerhöchstdiefelben die Ausstellung nochmals mit einem mehrstündigen Besuche beehrten Um 2 Uhr nachmittags geruhten Ihre Majestäten, einer Einladung Sr. Excellenz des Hrn. Generallieutenants v. Treitschke zum Frühstück gnädigst Folge zu leisten. Nachmittags 4 Uhr 5> Min. gedachten Ihre Majestäten mit Sonder zug nach Dresden Strehlen abzureiien. Die Ankunft daselbst sollte 6 Uhr 2 Min. erfolgen DreSLeu, 16. Juni. Se. Königl. Hoheit der Prinz Johann Georg, welcher Höchstsich gestern vormittag 8 Uhr 5 Min. mit dem persönlichen Adju tanten Premierlieutenant v. Nostitz-Wallwitz nach Leipzig begeben hatte, um den dortigen UniversitätS- festlichkeiten beizuwohnen, ist heute früh l Uhr 46 Min. hierher zurückgekehrt. Deutsches Reich. * Berlin Beide Kaiserliche Majestäten begaben Sich gestern, am Todestage Sr. Majestät des Kaisers Friedrich, morgens gegen 9 Uhr nach dem Mausoleum bei der Friedenskirche zu Potsdam Von '^10 Uhr an nahmen Se. Majestät der Kaiser im Neuen PalaiS den Vortrag des Chefs des Militärkabinetts, Generals v. Hahnke, und hierauf die Marinevorträge entgegen Um H I Uhr empfingen Se Majestät den Reichskanzler Fürsten zu Hohenlohe und den Fcnanzminister Di v Miquel. Nach- mitlaqs wohnten Se Majestät der Kaiser der Beisetzung des Generals v Albedyll bei — Auf der Nordlandreise, die Se Majestät der Kaiser am 5. Juli antreten werden, wird die Kaiserjacht „Hohcnzollern" von dem neuen schnellen Kreuzer IU Klaffe „Gefion" begleitet werden Aus der Reise nach St Petersburg wird die erste Division des ersten Ge schwaders Sr. Majestät dem Kaiser das Geleit geben. Tie Division des Geschwaders setzt sich aus den erst klassigen Panzern „Kurfürst Friedrich Wilhelm", „Branden burg", Weißenburg" und „Wörth" zusammen, denen noch der Aviso „Jagd" beigegeben werden wird — Wie die „Post" meldet, ist Kontreadmiral Tirpitz gestern zum Vortrage bei Sr. Majestät dem Kaiser nach Potsdam befohlen gewesen Dem Vortrag hat auch der kommandierende Admiral v. Knorr bei gewohnt, der auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers seine Inspektionen der zum ersten Geschwader gehörigen Panzer- ' schiffe in der Kieler Bucht unterbrochen hat, und sie erst Mitte dieser Woche auf der Marinestation der Ostsee wieder aufnehmen wird — Die wirtschaftliche Konjunktur in den Ver einigten Staaten von Amerika läßt im allgemeinen viel zu wünschen übrig. Den sichersten Gradmesser für den Stand 4er materiellen Prosperität bieten die Eisen bahneinnahmen Diese sind im ersten Quartal d. IS um etwa 2 Proz zurückgcgangen. Wenn gleichwohl die Netto bilanz eine Verbesserung um 3 Proz aufweist, so ist dieses Resultat insofern ein künstlich erzeugtes, als man die laufenden Ausgaben wesentlich beschränkt und Arbeiten, wrlche eigentlich hätten ausgeführt werden sollen, bis zum Eintritt besserer Zeiten verschoben hat. Jedenfalls bildet die Ungunst der wirtschaftlichen Verhältnisse jenseits des Ozeans eine ernste Mahnung an AuswanderunaS- lustige, es sich zweimal zu überlegen, ehe sie ihr Vor haben ins Werk fetzen, das sie mit der schwersten Verant wortlichkeit für ihre und ihrer Familienangehörigen Zukunft belasten würde — Der lt Berufsgenossenfchaftstag, dem 46 gewerbliche Berufsgenossenschaften Deutschlands an gehören, trat gestern vormittag in Berlin im „Kaiferhof" unter Vorsitz des Reichstagsabgcordneten Rösicke zu feinen Beratungen zusammen Den Verhandlungen wohnten Vertreter der Reichsregierung, der verbündeten Regierungen, des Reichsversicherungsamtes, des preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten und der Alters- und Invaliden- Versicherungsanstalt Berlin bei Nachdem Kommerzienrat Rösicke den Genossenschaftstag mit einer kurzen Begrüßungs ansprache eröffnet hatte, ergriff Ministerialdirektor v Woedtke das Wort, um im Ramen des Reichsamts des Innern die Versicherung abzugeben, daß durch die Vorlage nur ein Ausbau der Unfallversicherungsgesetze herbeigesührt, sonst aber alles so belassen werden solle, wie es jetzt sei Dann ging er in das Trappistenkloster La Eampine, deren stilles, zurückgezogenes, arbeitsames Leben ihn ebenfalls anzog und zur Darstellung im Bilde reizte. Allerlei handwerksmäßige Arbeit mußte ihm in dieser Zeit noch immer den Lebensunterhalt liefern Im Jahre 1882 endlich erhielt er eine Stelle al« Professor in Löwen Er wurde damals nach Madrid geschickt, um eine Kreuz abnahme von Pietro Campana zu kopieren; bei dieser Gelegenheit malte er Bilder aus dem spanischen Leben, die von großer Wahrheit und Einfachheit waren. Im Jahre 1885 im Alter von 54 Jahren wandte sich Meunier plötzlich wieder der Bildhauerei zu Den ersten Anstoß dazu gab feine Mitarbeiterschaft an Carl Lemonniers Werk „L« tour clu moncle", für welches Werk er die Illustrierung der Abteilung Belgien übernommen hatte Damals lernte er zuerst die Arbeiterbevölkerung des Kohlengebietes Le Borinage bei Mons kennen. Zuerst begann er diele ihm neue Welt in Gemälden zu schildern, zunächst die Örtlichkeit, das schwarze Land mit seinen Hohöscn und düsteren Gebäuden, die Kohlcnhaufen und Schutthalden, die Arbeitsräume rc , dann die Arbeiter selbst bei ihrer Arbeit drunten und droben, beim Gange zur Arbeit, bei der Ruhe, in ihrer Häuslichkeit rc., was alles er in großer Wahrheit in Luft und Licht gesehen wiedergab Dann aber packte ihn die Erinnerung an seine Jugend, an die Lehrzeit als Bildhauer, als er nach antiken Statuen zeichnen mußte, und er kam zu der Überzeugung, daß er die Arbeiterwelt im plastischen Stil darstellen müße Plastischer Stil bedeutet aber für das Relief zunächst eine klare übersichtliche Silhouette, die bei den alten Griechen durch farbige Behandlung der Figuren auf einem idealen — nichts bedeutenden, nur Hintergrund vorstellenden — Hintergründe erreicht wurde Dieser Stil ermöglicht eine scharfe charakteristische Darstellung der Figuren in ihren Bewegungen und in ihrer gesamten Haltung. Ebenso be deutet plastischer Stil für das Standbild Geschlossenheit der Umrisse, Einfachheit der Silhouette Die alten griechischen Bildhauer kamen vazu, indem sie ihre Bild säulen nach einem kleinen Modell aus dem Block selbst herausarbeiteten, während die modernen Bildhauer ein großes Thonmodell ausführen Adolf Hildebrand hat die alte Art zu arbeiten neuerdings wieder empfohlen. Ein zweites Merkmal der antiken Plastik ist die Vereinfachung der Formen, durch welche das Bedeutsame und Wesentliche, die Züge, die sich der Schönheit am meisten nähern, das Charakteristische in den Vordergrund gehoben wird Eben diese Ziele der alten griechischen Bildhauer hat Constantin Meunier bewußt oder unbewußt wieder verfolgt, und zwar mit vollem Erfolg; nicht indem er die Antike nachahmte, sondern indem er von der Natur, vom Leben selbst aus ging, indem er die Lebenskreise, die er liebte, die Männer der Arbeit in allerlei Berufen, besonders aber die Kohlenarbeiter, mit Lebensgesühl, schlicht, wahr und typisch gestaltete. Die Einfachheit und Gehaltenheit findet sich in seinen Einzelgestalten in seinen dramatischen Gruppen — zB in der Mutter an der Leiche des rom schlagenden Wetter getöteten Sohnes — dann noch knapper gefaßt, in den Büsten (Puddler, Arbeiterfrau rc). Wie Meunier auf diese Weise antike Auffassung und modernes Leben verbinde, sei er geradezu epochemachend Von der Natur müße die Kunst ausgehen und diese müsse sie im Sinne der antiken Kunst gestalten, in ihren tiefsten Absichten, in ihrem großen Stile, ivie dies Meunier thue Um in diesem Sinne Meunier als Vorbild aufzustellen, wünschte der Vortragende, daß möglichst viel von Meunier« Werken in Dresden verbleibe Mit einer Würdigung des versöhnenden sozialen Zuges, der in Meuniers Kunst liege, schloß Prof. Treu seinen von den Anwesende« mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag * Wie wir gestern bereits kurz berichtet haben, beginnt am Sonntag in der Internationalen Kunstausstell ung zu Dresden eine Reihe gemeinverständlicher Vorträge Diese finden vormittags H12 Uhr statt Eines der an ziehendsten Werke, an dem fchwerlich ein AusstellungS besucher vorübergeht, ohne sich daran zu erfreuen, ist die in der großen Halle stehende Gruppe „Ulensviegel und Nöle" von Eharles Samuel (Nr 1171). Über diese Gruppe wird nächsten Sonntag Hr Vr. Paul Schumann sprechen Sie bildet den bildhauerischen Teil des Denk mals, das man dem 1789 verstorbenen Schriftsteller Charles de Coster, dem „Genius der belgischen Raffe", auf dem Heiligenkreuzplatze in der Brüsseler Vorstadt Jxelles l894 errichtet hat de Coster hat insbesondere dem bekannten niederdeutschen Volksbuche über Till Eulen spiegel ein ganz neues Gepräge gegeben und hierdurch es dem flandrischen Volke neu geschenkt. Eulenspiegel, zugleich fahrender Gesell und Held, verkörpert die Vaterlandsliebe und den Fortschritt; je mehr man ihn unterdrückt, desto mehr wachst er an Kraft und Stärke Wie das flandrische Volk in ihm seine Seele sieht, so sieht es in der von Eulenspiegel leidenschaftlich geliebten N«le das Herz Flanderns Das Werk des belgischen Bildhauers hat also auch eine kulturgeschichtliche Bedeutung Jedenfalls ist es nur mit Freuden zu begrüßen, daß dem hiesigen Publikum durch den Vortrag Gelegenheit geboten ist, sich mit der Bedeutung des eigenartigen Denkmals vertraut zu machen. * Der dahingeschiedenen Tragödin Charlotte Wolter widmet die gesamte deutsche Presse warme Nachrufe, am eingehendsten sind selbstverständlich die Ausführungen der Wiener Blätter, die viele Spalten mit Schilderungen ihres Lebenslaufes und mit der Würdigung ihrer großen Künstlerfchast füllen Dem Wunsche der Verstorbenen gemäß soll sie einfach und prunkloS an der Seite ihres Gatten bestattet werden Sie wird nicht in ein schwarze» Trauergewand gehüllt, auch das Sterbegemach soll nicht schwarz dekoriert werden Die Leiche wird im weißen goldverzierten Kostüm als Iphigenie in den Sarg gebettet werden Das Trauergemach wird mit lichten Farben mit Lorbeer, Blattpflanzen und Blumen auSgestattet Die Leichenfeier dürfte bereits heute stattfinden Das Burg-
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