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Dresdner Journal : 14.06.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189706148
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970614
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970614
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-06
- Tag 1897-06-14
-
Monat
1897-06
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 14.06.1897
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ckefode !> Frau )str. S p v»i««»»ret»: Für Dretden viertel jährlich: r Mark so Pf., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalte» vierteljährlich »Mark; außer halb des Deutschen Reichel Post- und Stcinpelzuschlag. Einzelne Nummern: lv Pf. Erscheinen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend». Ferwpr -Anschluß: Nr 12S5. Dres-ner Zomnal. SnkündtgungSgrbühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift >0 Pf. Unter „Eingesandt" die geile dv Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Aufschlag Her««»»eter: Königlich« Expedition de» Dresdner Journal» Dresden, Zwtngerstr. 20 Fernfpr.-Anfchluß: Nr 129» nd >r- a.) :r- d- n- nt n: e» S. :r. >- r- >r r- is r- s c- >r a x e > 1897 W 134 Montag, den 14. Juni, abends. Diejenigen Mezicöer unseres Mattes, welche dasselbe von hier aus nach einem andern Aufenthaltsort nachgesendet zu haben wünschen, bitten wir, mit der bezüglichen Bestellung gleich zeitig die an die Post zu entrichtende Neber- weisungsgebühr einsenden zn wollen. Die selbe beträgt im ersten Monat eines Viertel jahres 60 Psg., im zweiten Monat 40 Pfg. und im dritten Monat 20 Pf. Auf ausdrücklichen Wunsch besorgen wir die Nachsendung unter Kreuzband. Tie Ge bühren hierfür richten sich nach dem Gewicht der einzelnen Sendungen. Königs. Expedition des Dresdner Journals Amtlicher Leit. Se. Majestät der König haben dem Postschaffner a. D. Strickert in Leipzig die Erlaubnis zum Anlegen des ihm von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Allgemeinen Ehren zeichens in Gold Allergnädigst zu ertheilen geruht. WekcrnnLnrcrchung. Der Norddeutsche Versicherungs - Verein Versicherungs Gesellschaft auf Gegenseitigkeit, zu R ostock ist zum Betriebe der Haftpflicht-, der Unfall und der Versicherung aus Todes- und Erlebensfall mit den Sitzen Dresden und Leipzig zngelassen worden. Auf Grund von 8 6 der Verordnung vom 16. September 1856 wird dies hiermit zur öffent lichen Kenntnis! gebracht. Dresden, am 1. Juni 1897. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. S57V Bo-cl. Edelmann. 'ZäckcrnnLrncichung. Zu Schwurgerichtsvorsitzenden für die im dritten Kalcndcrvierteljahre 1^97 beginnende Sitzungsperiode sind nach 8 KZ des Gerichtsverfassungsgesetzcs vom 27. Januar 1877 ernannt worden: bei dem Landgerichte Dresden der Landgcrichtsdirektor Dr. Becker, - - - Leipzig - Landgerichtsdirektor Vr. Franze, - - - Chemnitz - Landgerichtsdirektor Böhme, - - - Bautzen - Landgerichtsdirektor Aböe, - - - Freiberg - Landgerichtsdirektor von Wolf, - - - Zwickau - Landgerichtsdirektor Wolf, - - - Plauen - Landgerichtspräsident vr. Hartmann. Dresden, den 12. Juni 1897. Der Präsident des K. S. Lberläudesgerichts. Werner. Dietel. Kunst und Wissenschaft. Nesidenztheatcr. Am i:> Juni: „Goldene Herzen". Lolksstück in vier Akten von C. Karlweiß (Zum ersten Male.) Das Residcnztheater führt mit dem goldenen, die Menschheit ins Freie lockenden Sommerwctter einen Krieg auf Leben und Tod, und wie jeder Krieg verbraucht auch dieser Kräfte und Material. Unter den Novitäten, die in dieser heißen Zeit ohne Widerhall in einem größeren Publikum zu den Unterirdischen sinken, befindet sich manch eine, die unter günstigen: Umständen nachhaltigen Beifall und fröhliche Stimmung erwecken könnte und es jetzt nicht einmal zu einem Scheinleben bringt Ob das Volks stück „Goldene Herzen" vom Verfasser des „Kleinen Mannes" und „Groben Hemds" zu diesen Neuigkeiten zählt, ist freilich ungewiß Karlweiß bewährt in der Er findung und der Durchführung dieses Stückes den scharfen Blick sowohl für ernste Schäden als für komische Wider sprüche und Erscheinungen im Wiener Volksleben, die glückliche Fähigkeit, überraschende Wendungen herbeizuführen und sie mit einer Reihe wirksamer Einzelzüge zu beleben. Aber eine andere für den Dramatiker noch wichtigere Eigenschaft: einen Stoff aus eine rasch verlausende Hand lung zu konzentrieren, ihn überzeugend zu steigern und dem gewollten Effekt doch den Odem unmittelbaren Lebens einzuhauchen, scheint bei der Gestaltung des gestern ge spielten Volksstückes geschlummert zu haben „Goldene Herzen" verlaufen in die Breite, anstatt in die Höhe zu gehen Obschon in der ersten Anlage gut begründet und bis zum Schluß des zweiten Aktes immer wieder fesselnd, ermattet im weitern Verlause die Handlung, wie die Charakteristik mehr und mehr, die Unwahrscheinlichkeiten wachsen über da» theatralisch Herkömmliche weit hinaus, die beiden letzten Akte wären ohne sonderliche MchiamtÜchtr Teil. Zur Lage in Österreich. Tie Erwartungen, die die österreichische Regierung auf die Schließung des Reichsrates gesetzt hatte, sind bisher nicht erfüllt worden. Keine Beruhigung der Gemüter ist eingetreten, sondern eine noch viel heftigere Erregung als bisher kennzeichnet augenblicklich die Beziehungen zwischen der Regierung und den Mehrheitsparteien zu der deutschen Opposition. Die Äußerungen des Monarchen beim Empfange der Obmänner der regierungsfreundlichen Klubs haben, soweit sie bisher festgestellt werden konnten, zweifellos zur Klärung der Sachlage, aber nicht auch zu einer Beruhigung geführt. Tas Lob, das Kaiser Franz Joseph I. bei der gedachten Gelegenheit der deulschklerikalen Partei wegen ihres Eintrittes, in die regierungsfreundliche Mehrheit gespendet hat und die freundliche Entgegennahme der vom Herren hause beschlossenen Adresse durch den Kaiser stellen es außer jeden Zweifel, daß das vom Grafen Badeni in der Sprachenfrage eingeschlagene Verfahren höheren Oris allenthalben gebilligt wird und daß also die Ob struktion der Deutschen ganz erfolglos geblieben ist. Dieser Erkenntnis haben sich auch die Führer der deutschen Oppositionsparteien sicherlich nicht ver schließen können; aber statt nunmehr den unfrucht baren Kamps gegen die Regierung und deren Sprachen Verordnungen aufzugeben, haben sie sich vielmehr zu einer Verschärfung des einmal begonnenen Kampfes entschlossen und diesen Entschluß auch schon auf dem am 7. Juni in Brünn abgehaltenen deutschen Partei tage zum formellen Beschlusse erhoben. Die Resolution, die hier von den Delegierten der sämtlichen oppositionellen Fraktionen einstimmig angenommen worden ist, enthält die Erklärung, daß die Sprachenverordnungen, die den Anfang der Loslösung Böhmens und Mährens aus dem bisherigen staatsrechtlichen Verbände der Monarchie bedeuteten und geeignet seien, die Deutschen in Österreich um die ihnen als dem kulturell vor geschrittensten Volke gebührende Stellung im Staate zu dringen, in der bisherigen Weise bekämpft werden würd n und der deutschfortschrittliche Abg. Or. Groß ergänzte diese Erklärung sogar noch durch die Drohung, daß, bevor die Sprachenverordnungcn nicht beseitigt sein würden, im Reichsrare weder das nächstjährige Budget, noch auch der Ausgleich mit Ungarn, ja nicht einmal die Bewilligung des nächstjährigen Rekruten - kontingents in Verhandlung gezogen werden dürfe. Der Veilaus der Brünner Parteiversammlung hat gezeigt, daß, obwohl die Deutschfortichrittlichen an Zahl stärker vertreten waren, doch den radikalen Deutschen vom Schlage der Schönerer ünd Genossen die Führung in dem Kampfe gegen die Regierung zu- gesallen ist und daß die Vereinigung der oppositio nellen deutschen Fraktionen sich nicht unter der Flagge der „besonnenen" Teutschfortschrittlichen, sondern unter der der Intransigenten vollzogen hat. Der Schlachtruf der Deutschen wird jetzt in Öesterreich nicht mehr durch Rücksicht auf die in den maß gebenden Wiener Kreisen herrschende Stimmung ge dämpft werden, sondern er durchbraust die Monarchie in der Fassung Schönerers, des unversöhnlichen Be- kämpfers aller halben und nnentschiedcncn Oppositions üußeruugen. Ter Eindruck der gesteigerten Verbitterung der deutschen Parteien auf die Regierung und deren Parteigänger ist unverkennbar. Besonders in der tschechischen Presse äußert sich das unbehagliche Gefühl der Unsichirheit bezüglich dessen, was die Regierung unternehmen werde, um sich ihrer ungestümen Angreifer im deutschen Lager zu erwehren. Aus Wien gelangen in die Spalten dieser Blätter sogar schon Sensationsberichte, denen zufolge Graf Badeni schon im Begriffe stehe, den Rückzug vor der deutschen Opposition anzutreten. Die Regierung habe sich, so da erzählt, zu der Schließung des Reichsrates entschlossen, um die Möglichkeit zu erhalten, bei seiner Wiedereröffnung den Deutschen eine Vertretung im Präsidium zu verschaffen, und sie wolle im übrigen die Deutschen durch Entgegenkommen in der weiteren Behandlung der Sprachenfrage zum Eintritt in die Regierungsmehrheit zu bewegen suchen. In den dem nächst in Wien zu eröffnenden Verhandlungen zwischen den Vertrauensmännern der Deutschen und Tschechen werde die Krone ihren mächtigen Einfluß oufbieten, um die Tschechen zu bewegen, daß sie den Forderungen der Deutschen auf Beseitigung eines Teiles der Bestimmungen der Sprachenerlasse nach gäben. Auch die polnische Presse beginnt an der unerschütterlichen Festigkeit der Badenischen Politik zu zweifeln So heißt es im „6108 nurocku", daß Graf Badeni sich von den deutschen Obstruktionisten habe cinschüchtern lassen; die Schließung des Reichsrates und die Anknüpfung von Verhandlungen zwischen Deutschen uns Tschechen sei ein Strecken der Waffen vor der deutschen Opposition. Ein anderes vol- nischs Blatt, der weist auf dieie Ver Handlungen als auf den einzigen Ausweg hin, aus dem Graf Badeni aus der unhaltbaren Lage heraus- kommeu könne, in dem sich der Parlamentarismus und das Badenische Regierangssl-flem befinde Auch das offiziöse „Frcmdenblatt" empfiehlt übrigens dieses Rettungsmittel, und sucht die Deutschen wie auch die Tschechen davon zu überzeugen, daß sie wohl daran thun würden, sich im Verhandlungswege mit einander zu einigen. Sonst würde sich die Not Wendigkeit von Zwangsmaßregeln ergeben. Von welcher Art diese Zwangsmittel sein würden, das verrät der Wiener Berichterstatter der „Kreuz Zeitung" in seinem letzt, n Berichte, in welchem es heißt, daß im äußersten Falle zwar vielleicht nicht der gegenwärtige Ministerpräsident wohl aber sein Nachfolger sich nicht mehr lange besinnen werde, der Dezember-Verfassung den Gnadenstoß zu geben. Und anch das „Budapester Tagblatt" erklärt schon, daß bereits sämtliche ernsthafte Politiker in Österreich zu der Überzeugung gelangt seien, die „alten Formen" der Verfassung entsprächen d m neuen Zcitgeiste nicht mehr und der nationale Friede und soziale Reformen seien nicht im Rahmen und auf dem Boden der Ver fassung vom Jahre 1867 durchmführen. Im tschechischen Lager verfolgt man diese aus wärtigen ,,Verheißungen" der föderalistischen Um gestaltung Österreichs mit wohlbcgreiflicher Spannung und andererseits rüstet man sich mit Eifer auf eine möglichst rasche und wirkungsvolle — Ablehnung der Forderungen, die bei den Verhandlungen in Wien von den Deutschen behufs Durchlöcherung der Sprachen erlasse erhoben werden dürften Die tschechische Presse hofft, daß in diesem Falle das Ende des Zentralismus in Österreich und der Beginn der Ära des Föderalis mus um so eher erreicht werden wird. Tagesgeschichk. Dresden, 14. Juni. Ihre Majestäten der König und die Königin sind heute vormitag 9 Uhr 90 Min. von Sibylleuort abgereist, um Sich zur Ein weihung der neu- bez. nmgebauten Universitätsgebäude nach Leipzig zu begeben. Tie Ankunft in Leipzig, wo Ihre Majestäten bis Mittwoch, den 16. Juni, Aufenthalt nehmen, erfolgt heute nachmittag .5 Uhr 25 Min. Dresden, 14. Juni. Gestern nachmittag um Uhr fand bei Sr. König!. Hoheit dem Prinzen Georg in der Prinz! Villa zu Hosterwitz Familientasel statt, an welcher Se. Kaiser! und König!. Hoheit der Groß- Herzog von Toscana sowie Ihre König!. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Friedrich August, der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg sowie die Prinzessin Mathilde und der Prinz Albert teilnahmen. Dresden, 14 Juni. Se. König!. Hoheit der kom mandierende General Prinz Georg wohnte heute morgen von 7 Uhr ab der Besichtigung des 2 Grenadier regiments Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen" und des 1. (Leib-) Grenadierregiments Nr. 100 auf den Exerzierplätzen westlich der Königs brücker Straße bei. Deutsches Reich. Berlin. Beide Kaiserliche Majestäten wohnten gestern in Potsdam dem Gottesdienste in den Com- muns bei. — Der „Rcichsanzeiger" veröffentlicht das Gesetz wegen Abänderung der 88 8 und 12 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Witwen und Waisen der unmittelbaren Staatsbeamten vom 20. Mai 1882, vom I Juni 1897. — Kontreadmiral Tirpitz hat nunmehr, wie die „Post" zu melden weiß, sein neues Kommando als vor läufig stellvertretender Staatssekretär des Reichsmarineamls angelrcten. Man nimmt an, daß die Kommandierung des Genannten „zur Vertretung des beurlaubten Staatssekretärs des Reichsmarineamts" von längerer Dauer sein wird — Die „Germania" erachtet für die Stichwahl in Wiesbaden die Aussichten für den Zentrumskandidaten auch insofern ungünstiger, als er mit dem konfessionellen Vorurteil zu kämpfen habe, selbst wenn es sich um einen politischen Gesinnungsverwandten handle, wie doch der Zentrumskandidat es den Konservativen gegenüber sein sollte — Über diese letztere Wendung ist die „Freisinnige Zeitung" höchlichst entrüstet. Sie schreibt: „Jetzt sind die Konservativen auf einmal politische Ge sinnungsverwandte des Zentrums! Eben erst hat das Zentrum sich in 'dem Wahlkampf in Wiesbaden mit seiner entschiedenen Haltung zur Vereinsgesetznovelle im Gegen satz zu den Konservativen gebrüstet. Eben erst sind die Reden des Zentrums verklungen, daß es sein unbestreit bares Verdienst sei, daß das Volk in Bezug auf Militär- und Marinesorderung von übermäßigen Lasten verschont geblieben sei. Und jetzt stellt man sich auf einmal als „politischer Gesinnungsverwandter" der Konservativen hin!" Übrigens haben die Sozialdemokraten, wie verlautet, sich schon entschlossen, für den Freisinnigen M stimmen dessen Sieg damit wohl entschieden sein dürfte — Der Vorstand des Vereins Berliner Getreide- und Produktenhändler hat beschloßen, den Vereins mitgliedern zu empfehlen, bis auf weiteres keine anderen Versammlungen an Stelle der Feenpalastversammlungen abzuhalten. Der Großgetreidehandcl wird hiernach bis aus weiteres nur von Komtoir zu Komtoir betrieben werden Die Delegierten für die Beratungen mit dem Oberpräsidenten wegen Wiederherstellung der Produkten börse sind übrigens auch entschloßen, eine etwaige Auf forderung zu einer neuen Sitzung abzulehnen In derselben ablehnenden Weise scheint sich auch das Altestenkollegium der Kaufmannschaft verhalten zu wolle « Durch die Auflösung der Feenpalast-Versammlungen ist übrigens die freisinnige Presse in die hochgradigste Auf regung versetzt worden Daß das Verbot einfach die Durchführung eines bestehenden Gesetzes und nichts weiter bedeutet, wird absichtlich übersehen, nur um die Regierung als im „Schlepptau der Agrarier" befindlich darzustellen. Am weitesten geht die „Vossische Zeitung", die gemeinsam mit ihren Filialblättern außerhalb Berlins mindestens einen Tag um den anderen „nachgewiesen" hatte, daß die Auf lösung der Feenpalast-Vereinigung nie erfolgen könne und den Landwirten selbst unermeßlichen Schoden bringen müsse Das Blatt behauptet jetzt, die Berliner Getreidemakier führten ihren Kampf gegen die Negierung als Vertreter „des ge samten Bürgertums" Mit Ausnahme der wenigen Ber liner Anhänger der „Vossischen Zeitung" wird sich das deutsche Bürgertum wohl energisch dafür bedanken, daß seine Sache die einiger Berliner Getreidchändler sei! Mühe in einen rasch abrollenden, wirksamen letzten Akt zu verwandeln, während sie jetzt das einmal auf gesteckte Garn mühsam abhaspeln Außer diesem Fehler der dramatischen Technik des sehr begabten Verfassers leidet das Stück an einem innern Mangel. Ter heuch lerische WohlthätigkeitSprunk des Vereins „Goldene Herzen" und derer, die sich rühmen, ein goldenes Herz zu besitzen, während sie geräuschvoll einen kleinsten Teil ihrer verfluchten Schuldigkeit thun, vor allem aber die Sorte von Teil nahme, die an die Sensation geknüpft ist und meist zur Spekulation wird, sollen mit der halb ernst-, halb schwank haften Erfindung des Stückes getroffen werden. Insoweit ist's ein vortrefflicher und lustiger Einfall, einen Selbst mord des verlumpten Malers Leonhard Ballcster durch Kohlendamps und eine Rettung im letzten Augenblick vor zuspiegeln Aber leider stehen Ballesters Charakter und seine häuslichen Zustände auf der Grenze, auf der ncucr- jich der Selbstmord allzu bereitwillig als ein leichter und einfacher Schritt angesehen wird Eine Komik, die die Tragik im Hintergründe hat, wirkt beinahe immer geteilt Der plötzliche Höhenwahn, von dem der Vater des Dutzend- bildes „Mutterliebe" ergriffen wird, stößt ebenfalls zu hart an peinliche Wirklichkeiten, um rein humoristisch zu wirken, während die vom Verfasser für einen schließlichen glücklichen Ausgang ergriffenen Mittel leider mehr dem Märchen als dem Leben angehören Wie dem immer sei, Karlweiß legt auch in diesem minder gelungenen Stück ein entschiedenes Talent für frische Gestaltung und Lebenswiedergabe an den Tag, er jäßt es für diesmal nur an der straffen Zusammenfassung fehlen Die Darstellung war, bis auf einen Hauptpunkt, vortrefflich, die braven Künstler spielten beherzt und sich selbst einsetzend, vor einem zu Dreivierteln leeren Hause Eine gan, gerundete, außerordentlich lebensvolle Gestalt gab Hr Wilhelmi (Leonhard Ballester) in seiner Ver körperung des verkommenen „akademischen" Malers, des nie arbeitenden, jedermann anpumpenden und selbst in seiner Verkommenheit behaglich den Auaenbl'ck genießenden Halbkünstlers. Mit frischer Lebhaftigkeit stellte Hr. Willy Martini den Journalisten Frank, einen Wiener Absenker des Freytagschen Konrad Volz, dar Zu den besten Leist ungen des Abends müssen wir ferner den Vergolder und Armenrat Berger des Hrn. Carl Friese, den Fleischhauer- gecken Theodor Pingitzer des Hrn C. Witt, den Schreiber Haberdan des Hrn Or. Manning rechnen Unter den Damen zeichneten sich Fr! Flora Garnow (Fanny Lidl) und FrauHermany - Bendir (Flcischhauerswitwe Pingitzer) aus Frl. Trude Lobe, die die Malerstochter Karofine gab, gewann der etwas blaßen und nichtssagenden Figur immerhin einzelne wirksame Züge ab und hinterließ einen sympathischen Eindruck, der sich in lebensvolleren Nollen voraussichtlich vertiefen wird In den großen Damen schlachten aus dem Wohlthätigkeits- und Eitelkeitsfelde sand Frau Hcrmany-Bendir in Frau Minna Hänsel (Frau Schirnhofer) eine tapfere Gegenspielerin Auch viele der kleinen, allzuzahlreichen Episodenfigurcn, bis auf die Dar stellung des Wiener Hausmcistersbuben Maxl Harasier durch die kleine Martha Schneider, waren in Maske und Spiel lebendig und wirksam. Gan; unerträglich aber wird nachgerade die willkürliche Behandlung des Dialekts in dieser Art Volksstücken Ent weder man Hal die Kräfte, sie im österreichischen Dialekt zu geben oder man hat sie nicht Im lctztcrn Falle bleibt die Wahl zwischen einer leichten Dialektandeutung, die aber dann von der Regie gleichmäßig gefordert und bestimmt werden muß, oder gänzlichem Verzicht Aber zwischen allen drei Möglichkeiten hin- und herzupendeln, eine Persönlich keit Halbwegs Wienerisch reden, eine andere sich mit ein paar „halt'r" und „schaun's" begnügen zu lassen, während drei und vier andere erkennbar Dresdnern oder Berlinern, wieder etliche aber mit „Hochdeutsch" durch alle diese Klippen zu segeln suchen, das giebt einen stillosen Misch masch, der unter allen Umständen vermieden werden kann Ad Stern Erste internationale Kunstausstellung zu Dresden. XU Kunstgewerbe 1. Jeder, der Sinn und Gefühl für die heutigen Bestreb ungen des Kunstgewerbes besitzt, wird es mit Freuden begrüßt haben, daß aus der internationalen Kunstaus stellung in Dresden auch dem meist noch nicht gebüh rend anerkannten Kunstgewerbe ein Plätzchen eingeräumt worden ist Und zwar ist dies Heranziehen nicht, wie es auch früher schon der Fall war, lediglich der Aus schmückung wegen geschehen, es sind vielmehr in Dres den die kunstgewerblichen Erzeugnisse als völlig gleich berechtigte Ausstellungsstücke anerkannt worden Freilich keineswegs diejenigen, welche man gewöhnlich bei uns darunter versteht und welche doch mehr oder weniger die Maschinenarbeit erkennen lassen Aber auch nicht alle, bei denen man wirklich die künstlerische Hand spürt, sind zu gelassen worden, sondern von ihnen nur diejenigen, welche die modernste Richtung vertreten Denn die ganze äußerst wohlgelungenc Dresdner Ausstellung vertritt ja — von ganz wenig Ausnahmen abgesehen — die Anschauung der jungen Kttnstlerschast, die sich mit ganzer Kraft von der Nachahmung, von dem Traditionellen loszulösen und die volle eigene Persönlichkeit einzusetzen bestrebt ist, und die sich wohl gerade durch diese Ausstellung weitere Kreise in Dresden gewinnen wird In dem Kampfe der alten und neuen Richtung auf dem Gebiete der Malerei und Plastik Hal heutzutage wohl jeder Gebildete bereits Stellung genommen Daß aber dieser Kampf auch im Kunstgewerbe in der gleichen Weise entbrannt ist, dürste weniger allgemein bekannt sein Und doch haben — ein deutlicher Beweis für die Heftig keit, mit der gestritten wird — auch hier bereits Fanatiker das Niederreißen und Vernichten aller Kunstgewerbemuseen al« das beste Heilmittel für unser heutiges Kunstgewerbe bezeichnet, damit das ihnen so verhaßte Nachahmen alter
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