Volltext Seite (XML)
Erläuterungen CHR. W. GLUCK: Ouvertüre zu „Iphigenie in Aulis“ (Paris 1774) Die langsame Einleitung bringt den Klageruf des Agamemnon, der den Interessen des Griechen» heeres sein Kind Iphigenie opfern soll. Im bewegteren Hauptsatz treten sich ein die gebieterisch rauh fordernde Masse symbolisierendes Unisonothema und zarte Klagetöne, die rührende Gestalt der Iphigenie versinnbildlichend, gegenüber. Die Entwicklung dieses Gegensatzes prägt die Idee des Dramas aus. VIVALDI: Violin-Konzert amoll Der erste Satz führt rondomäßig ein kräftiges Allegrothema durch, dessen einprägsame Ton» schritte sich gegen Ende in fließendes virtuoses Figurenspiel verlieren. Das an zweiter Stelle stehende Largo ist ein ganz kurzes, in zarteste Klangfarben getauchtes d moll» Intermezzo. Der Schlußsatz stürmt in fast bachisch energischem Presto dahin mit kapriziösen Anwandlungen und einer oft echo» artig zwischen Forte und Piano wechselnden Dynamik. JOHANNES BRAHMS: Violinkonzert Brahms hat dieses 1878 veröffentlichte Werk für Joseph Joachim komponiert. Es trägt nicht virtuosen, sondern streng sinfonischen Charakter. Der erste Satz schlägt mit dem durch Hörnerklang gestützten Hauptthema eine pastorale Stimmung an. Trotz sehnsuchtsvoller und energischer Seitens gedanken erhält sich der behagliche Grundton, der durch ein besonders eindringlich hervortretendes anmutiges Gesangsthema empfindsam schattiert wird. Das an zweiter Stelle folgende Adagio ist voll keuscher Innigkeit. Die Oboe stellt das Hauptthema mit charakteristischem Klang hin, die Solo» Violine führt es variierend aus. Der Schlußsatz ist ein kräftig rhythmisiertes Rondo, dessen schwung» volle, kunstreich entwickelte Melodien an ungarische Volksweisen anklingen. RICHARD STRAUß: „Don Juan“, Tondichtung für Orchester Strauß hat als Helden seiner Tondichtung den Lenau'schen Don Juan im Sinne, der sein rast» loses Streben nach Liebesgenuß schließlich in entsagender Resignation endet. Das feurig dahin» stürmende erste E dursThema und seine Entwicklung zeigt den „Im Sturm des Genusses" durchs Leben jagenden Don Juan bald als chevaleresken Kavalier, bald als schmeichelnden Verführer, bald als kampfbereiten Helden. In einem schwärmerischen Violinsolo (Hdur) tritt ihm eine begehrenswerte Frauengestalt entgegen. Eine warme sinnliche Liebesszene entwickelt sich. Doch jäh reißt die Stirn» mung ab; Don Juan wendet sich einem neuen Opfer zu, dessen holde Weiblichkeit ein zartes Oboen» thema charakterisiert. Don Juan selbst wird durch dieses Liebeserlebnis zum triumphierenden Helden (urwüchsiges C dursThema der Hörner). Nach kurzem schmerzgetrübten Abschied stürzt er sich in karnevalistisches Maskentreiben. Gemeine Sinnlichkeit umfängt ihn (quäkendes Motiv der ge» stopften Trompete), doch auch Erinnerungen an edlere Liebesgenüsse tauchen auf. Zu gewaltiger Steigerung vereinen sich in einem Durchführungsteil die verschiedenen Themen des Helden: „Hinaus und fort nach immer neuen Siegen, solang der Jugend Feuerpulse fliegen!" Plötzlich eine General» pause. Dahin ist der Rausch, nur Ekel und Überdruß bleiben. Mit schmerzlichen Dissonanzen klingt Don Juans Lebenssinfonie aus.