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für Reichenvmnd, Siegmar, Neustadt, Nabenstein und Rottluff. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Bezugspreis: Vierteljährlich 30 Pf., durch die Post bezogen vierteljährlich 75 Pf. — Anzeigen werden außer in der Geschäftsstelle (Retchenbrand, Nevoigtstraße 11) von Herrn Friseur Weber in Reichenbrand und von Herrn Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und die Ispallige Petttzeile oder deren Raum mit 20 Pf. berechnet. Schluß der Anzeigen-Annahme Freitags nachm. 2 Uhr. Fernsprecher Amt Siegmar 244. — Postscheckkonto Leipzig Nr. 12 55S, Firma Ernst Flick, Reichenbrand. 47 Sonnabend, den 23. November 1918 Nachstehende Bekanntmachungen werden hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht. Die Gemeindevorstande zn Reichenbrand, Siegmar, Neustadt, Rabenstein und Rottluff, am 20. November 1918.. Nr. 22. Hinterkorn im Bezirke der Amtshauptmannschaft Chemnitz. Sämtliches Hintertorn, d. s die beim Dreschen und Reinigen des Brotgetreides (Weizen, Roggen, Spelz) abfallenden Mengen an zerschlagenen und verkümmerten Körnern, Unkraut und ähnliches darf von den Getrcideerbauern weder zurückbehalten, noch verkauft, verschroten, gequetscht oder verfüttert werden. Von jedem Posten Hinterkorn ist durch Vermittlung der Wohnortsbehörden eine Probe unter Angabe der Menge der Amtshauptmannschaft Lhemnitz einzusenden, die dann das Weitere veranlassen wird. Diese Anordnung bezieht sich auch aus bereits vorhandenes Hinterkorn. Vorstehende Bekanntmachung tritt sofort in Kraft. Me Bekanntmachung über Hinterkorn im Bezirke der Amtshauptmannschaft Lhemnitz vom 17. November 1917 — Chemnitzer Tageblatt Nr. 320 vom 20. November 1917 — wird aufgehoben. Zuwiderhandlungen werden nach Z 80 der Reichsgetreideordnung für die Ernte 1918 — Reichs gesetzblatt Seite 335 ff. bestraft. Lhemnitz, am 12. November 1918. 1498» K. IV. Der Kommunalverband der Amtshauptmannschaft Lhemnitz. Nr. 23. Brotgetreide Ausdrusch und Ablieferung im Bezirke der Amtshauptmannschaft Chemnitz. Die Getreideervauer werden hiermit aus Grund von 8 5 der Reichsgetreideordnung für die Ernte 1918 aufgesordert, z«m 15. Dezember 1918 ein Drittel des noch vorhandenen Brotgetreides auszudreschen und an die bestellten Getreideaufkäufer abzuliefern. Zuwiderhandlungen werden nach 8 80 der vorerwähnten Reichsgetreideordnung bestraft. Lhemnitz, am 15. November 1918. 4513 L. k'. IV. Der ttommunalverband der Amtshauptmannschaft Chemnitz. Nr. 24. Sonderverteilung von Mehl in der 5. fleischlosen Woche. In der Zeit vom 18. bis 24. November 1918 werden in Bäckereien und Mehlverkaufsstellen gegen Abgabe des auf vorgenannte Zeit geltenden Abschnittes 54 der Reichsfleischkarte ausgegeben s. für Kinder unter K Jahren 125 x Mehl und d. für Personen über k Jahre 259 x Mehl. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß auf die kleinen Abschnitte der Reichsfleischkarte nur die unter s genannte Mehlmenge abgegeben werden darf. Militärurlauber haben gegen Rückgabe des Abschnittes V der Lebensmittelwochenkarte 250 L Mehl zu erhalten. Der Abschnitt muß ortsvehördlich abgestempelt sein, sowie die eingangs genannte Zeitdauer tragen, die von der Wohnortsbehörde eingestellt sein muß. Nicht abgestempelte und nicht mit Zeitdauer versehene Abschnitte dürfen keinesfalls beliefert werden. Die Bücker und Mehlkletnhändler haben die vereinnahmten Kartenteile getrennt nach kleinen und großen Abschnitten zu verpacken. In der Mehlverbrauchs- bezw. Mehlverkaufsanzeige sind die einge nommenen Abschnitte unter „Mehlmarkenablieferung" einzustellen, und zwar die mit 125 F belieferten Abschnitte unter Paket Nr. L und die mit 250 § Mehl belieferten Abschnitte unter Paket Nr. O. Sie sind bei dm Brolmarkenablieferungen am 2. und 16. Dezember 1918 bei den Gemeindebehörden mit adzugeben. Lhemnitz, am 16. November 1918. 4518 L. IV. Der Kommunalverband der Amtshauptmannschaft Chemnitz. Fleisch-Kundenlisten. Montag, den 25. November 1918 ab Nachmittag 1 Uhr findet eine Neueintragung in die Kundenlisten bei den Fleischern statt. Brotkarten sowie Fleischkarten sind zur Abstempelung vorzulegen. Auch sind die bereit» abgestempelten Fleischkarten nochmals mit vorzulegm. Siegmar, 22. November 1918. Der Gemeindeoorstand. An die Einwohnerschaft von Rabenstein. Der unterzeichnete Ortsausschuß für Volkscrnährung hält es für seine Pflicht, die Einwohnerschaft dringend darauf aufmerksam zu machen, daß: s., die Kartosfelversorgung in diesem Fahre sehr gefährdet ist, infolge schlechter Ernte und der Vorgänge in Provinz Posen rc., deshalb ein jeder mit seinen Kartoffeln äußerst sparsam umzugehen hat, sie strecken muß und nicht verfüttern darf; b., die Einwohnerschaft sich nicht allzu große Hoffnungen auf Zufuhren vom feindlichen Auslande hingebcn mag. c., der Bezug von Möhren, Kraut, Kohlrüben dringend anzuraten ist. Bedürftigen sollen zum Ankauf ev. Vorschüsse gewährt werden. ä., der Ortsausschuß bestrebt sein wird, alle Nahrungsmittel, soweit als möglich, restlos zu erfassen; es wollen aber auch alle Einwohner bemüht sein, über diese letzte äußerst schwere Zeit mit htnwegzuhelfen, sei es, daß sie sich mit Ersatzmitteln eindecken, sei es, daß sie alle Lebensmittel gut und pfleglich behandeln und strecken, sei es, daß sie dem hiesigen Lebensmittel amte im Falle der Not beistehen durch Abgabe von Vorräten rc. Der Krieg ist zu Ende, aber es müssen alle ausnahmslos aufs äußerste bestrebt sein, das nächste halbe Jahr durchzuhalten, um Hungerrevolten vorzubeugm bis zum Frtedensschluß, dann werden die Grenzen offen werden und das Volk und Vaterland einer glücklichen und freieren Zukunft entgegengeführt werdm können. Der Ortsausschuß für Volkseruährung tu Rabenstein, am 21. November 1918. Familien-UnterstüHung. Die Auszahlung der Nekchsunterstützung an die Familien der zum Heeresdienst einberufenen Mann schaften für dm Monat Dezember 1918 soll ausnahmsweise bereits Freitag, den 29. November d. I. von vorm. 8—12 Uhr für die Markeninhaber 1—26V und nachm. 1—5 Uhr für die Markeninhaber 26l—Ende im hiesigen Rathause und zwar genau der Markennummer nach erfolgen. Wer seine Unterstützung nicht pünktlich abholt, kann dieselbe erst acht Tage später erhalten. Der Gemeindevorstand z« Rabenstein, am 21. November 1918. Die Absendung -ev Weihnachtsliebesgaben an die Kriegsteilnehmer von Rabenstein kann nach den veränderten Verhältnissen nicht erfolgen. Die Angabe der Anschriften erledigt sich deshalb. Es sollen aber an diejenigen Kriegerfamilien, die am 16. Dezember d. I. Bezirtsunterstützung er halten, und an die bedüiftigen Kriegerwitwen, welche Mietsbeihilfen beziehen, und am genannten Tage im Gemeindeamt mit zu erscheinen gebeten werden, die Weihnachsspenden verteilt werden. Der Ortsausschuß für Weihnachtslkebesgaben in Rabenstein, am 21. November 1918. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am Totenfest, den 24. November, Vorm. 9 Uhr Predigtgottes dienst mit Abendmahl. Beichte Vs9 Uhr: Hilfsgeistlicher Schwarze. Vorm. 11 Uhr Kindergottesdienst: Derselbe. Nachm. 5 Uhr Abendkommunion: Pfarrer Rein. Dienstag Abend 8 Uhr Jungfrauenverein. Amtswoche: Pfarrer Rein. Parochie Rabenstein. Am 26. Sonntag n. Trin., 24. November, Totensonntag: Donn. 9 Uhr Predigt mit Beichte und heil. Abendmahl: Pfarrer Kirbach. Musik: „Schlummre sanft", Tolenfest-Arie für gemischten Thor von Ullmann Kollekte für die ev. Deutschen im Auslande. Nachm. 5 Uhr Beichte und heil Abendmahl: Hilfsgeistlicher Leidhold. Dienstag, 26 November, 8 Uhr Bibelstunde der landeskirchl. Gemeinschaft im Psarrsaale. Mittwoch, 27. November, 8 Uhr Versammlung des ev. Jung- uauenvereins I. Abteilung. Freitag, 29. November, 8 Uhr Kriegsbetstunde: Hilfsgeistlicher Leidbold Wochenamt: Hilfsgeistlicher Leidhold. Rabenstein. Ein hiesiger Einwohner, besten Name Nicht genannt werben soll, hat am 4. November für Zwecke des örtlichen Heimatdankes weitere 10000 Mark gestiftet Nnd damit den Fond auf 12000 Mark erhöht. Der Fond >st zum Besten für Kriegsbeschädigte und deren Angehörige >ln Orte. Dem edlen Geber wird an dieser Stelle der herz liche Dank ausgesprochen und Beteiligte werden darauf Aufmerksam gemacht, Näheres im Gemeindeamt. i , Annemarie. p. Roman von A. Wilcken. KorNe-ung. . Nachdruck verboten „Gott, regen Sie sich nur nicht auf," sagte Annemarie ie" scheinbar gleichgillig, während doch ein großes Zittern in aek ihr war. „Und führen Sie mich zurück," gebot sie, indem Je versuchte, ihren Arm dem seinen zu entziehen. Doch Tobaben hielt ihre Hand fest. „So leichten Kaufes, holde Schöne, entkommst Du mir dicht," sagte er hohnvoll. „Es ist ein elender Vorwand von Dir, sollte ich meinen. Ich hätte Dir Beweise gebracht, daß alles auf Verleumdung beruht, nun stellst Du mich ein fach kalt, gehst hin und freist einen andern." „Was gehts Dich an?" fuhr Annemarie, tödlich be leidigt, den Erregten an. „Ich liebe Dich nicht mehr. Deine Handlungsweise ist, gelinde gesagt, schwer beleidigend. Ich will zu meinem Verlobten." „Du wechselst Deine Liebe scheinbar wie ein Kleid," höhnte Tobaben, den die Angst des Mädchens offenbar reizte, ihr Verletzendes zu sagen. Denn verloren war hier für ihn doch alles. Graf Tollen war ein Gegner, mit dem er als einfacher, vermögensloser Leutnant sich nicht messen konnte. „Ach, was sage ich, Deine Liebel? — Deine Wahl." „Lasten Sie mich los," rief Annemarie empört, ob dieses Benehmens. „Du fürchtest wohl, Dein hochgeborener Verlobter könne Anstoß daran nehmen, daß Du mir einst heiße Liebe entgegen gebracht —" „Hüte Dich!" schrie Annemarie, bis ins Innerste er schrocken über so viel Schlechtigkeit. „Ach, Annemarie!" — Die Stimmung des erregten Mannes schlug um. „Annemarie, wie konntest Du mir das antun? Ich liebe Dich doch, und auch Du liebst mich. Lüge nicht. Du liebst mich, und nur der unselige Klatsch hat Dir die Sinne verwirrt. Sage mir ein liebes Wort! Kann nicht alles zwischen uns werden, wie es war?" „O wie erbärmlich kommst Du mir vor," schluchzte Annemarie auf. „Welch ein Glück, daß mir die Augen noch beizeiten über Deinen wahren Charakter aufgingen! Ja, ich glaubte Dich zu lieben, jetzt sehe ich den großen Irrtum ein. Nein, Erich, nein, und abermals nein, ich liebe Dich nicht. „Und Du liebst den andern?" rief Tobaben in Heller Eifersucht, seiner kaum mächtig. „Darüber bin ich Dir keine Rechenschaft schuldig," schnitt Annemarie dem in sie Drängenden kurz die Rede ab. Sie riß sich los und stürmte davon. O über die Schmach! Und wie sie sich schämte! Wie sie sich schämte, daß sie einst geglaubt, diesen Menschen zu lieben. Ihr waren mit einem Male die Augen aufgegangen. Nein, diese Verirrung war abgetan. Gott sei gelobt. Ihr ganzes Empfinden war in Erregung. Er hatte ihr Liebe geheuchelt, und sie war ahnungslos in die Falle hinein getappt. Er war ein unwürdiger, gemeiner Charakter. In ihrer Ausregung war sie quer durchs Gebüsch ge drungen, hatte sich nach einer anderen Seite hin von der Gesellschaft entfernt. Das war ihr lieb. Ihr ausgepeitschtes Blut mußte Zeit haben, sich zu beruhigen. Sie ging lang samer, als sie sah, daß sie nicht verfolgt wurde. Mit der Empörung gegen Erich Tobaben wuchs ihr Schuldbewußtsein gegen ihren Verlobten. Sie liebte ihn nicht, wie er erwartete, doch empfand sie eine große Hoch achtung vor ihm. Würde es für ein langes Leben genügen? Weg mit den quälenden Gedanken, die ihr vollständig die Ruhe raubten! Sie kehrte um, man durfte sie nicht vermissen. Und doch hatte Tollen schon sehnsüchtig nach seiner Braut aus geschaut. Als er sie so allein des Weges Herkommen sah, eilte er ihr entgegen. „Fühlst Du Dich angegriffen, mein Herz?" fragte er besorgt. „Ein wenig," gab Annemarie zur Antwort. „Es ist spät, die Gesellschaft wird bald aufbrechen. Und morgen —" „Und morgen bringe ich Dich zu meiner Mutter," jubelte der Mann. — Als Annemarie am andern Morgen am Kaffeetisch erschien, waren die Offiziere bereits wieder abgedampft. Annemarie atmete auf. Zwar ließ sich in Zukunft ein Zusammentreffen nicht ganz vermeiden, doch waren vorläufig wohl keinerlei Be lästigungen zu befürchten. Schließlich würde sich Erich Tobaben in das Unvermeidliche fügen, wenn er augenblicklich auch durch die Plötzlichkeit ihres Vorgehens in eine sehr gereizte Stimmung versetzt worden war. >— Herr von Kellen befand sich in einer Art Katerstimmung. Konnte er auch auf das gestrige wohlgelungene Fest mit Befriedigung zurückblicken, so wäre er doch gern wegen Herbert beruhigt gewesen. Der Junge hatte, soviel er ihn