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Dresdner Journal : 02.04.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189704026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-04
- Tag 1897-04-02
-
Monat
1897-04
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 02.04.1897
- Autor
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Bezugspreis: Für Dre«den vierteljährlich: , Mark 50 Pf., bei den Kaiser- lich deutfchen Postanstaltea vietteljührlich »Mark; außer halb de« Deutschen Reiche» Post- und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf. Srfcheineu: rüglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend». Fernspr -Anschluß Nr. 12V8. Dresdner M ÄEMl. AuküuPtgungSgehühre«: ' Für den Raum einer gespal tenen Zelle kleiner Schuft »0 Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile 50 «. Bei Tabellen- and Ziffernsatz entsprechender Aufschlag HeruuSgeber: Künigliche Expedition de» Dresdner Journal» Dresden, Zwingerstr. 20. Fernspr.-Anschluß: Nr129Ü M76. Freitag, den 2. April, abends. 1897 Bestellungen auf das „Dresdner Journal" für das zweite Vierteljahr werden zum Preise von 2 M. 50 Pf. angenommen für Dresden: bei der unterzeich neten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), für auswärts: bei den Posta nstalten des betreffen den Orts zum Preise von 3 M. In Dresden-Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Hofmusikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (F. Plötner), Haupt straße 2, wo auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden und wo, ebenso wie bei dem Bahnhofsbuchhändler Herrn Weigand (Personenhauptbhf.), Herrn Kaufmann Simon, Cirkusstr.24 (Ecke Pillnitzer Straße), Herrn Kaufmann Lebr. Wesser, Prager Straße 2 und Frau verw. Siegmeier, Alaunstr. 19, einzelne Nummern des „Dresdner- Journals" zu haben sind. Ankündigungen aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und es werden die Gebühren im Ankündigungs- teile mit 20 Pf. für die klcingespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Ankündigungen unter „Eingesandtes" sind die Gebühren auf 50 Pf. für die Zeile festgestellt. Mügl. Lrpkdition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Dresden, I. April. Se. Königl. Majestät haben den ersten Rath bei der Zoll- und Steuer-Direktion Oberfinanzrath I)r. ^ur. Rudert -um Vize-Zoll- und Steuer-Direktor und Geheimen Finanzrathe Aller- gnädigst zu ernennen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den Abtheilungsdirektor im Ministerium des Innern, Geheimen Rath Gustav Adolf Vodel zum Mitgliede des Disziplinarhofs und den Abtheilungs- vorstand im Ministerium des Innern, Geheimen Re- gierungsrath Bruno Oswin Merz zum Mitgliede des Kompetenzgcrichtshofs zu ernennen. Dresden, 1. April. Se. Majestät der König haben den Bezirksschulinspektor für Dresden II Schulrat Oskar Adalbert Grüllich zum Geheimen Schulrat im Ministerium des Kultus und öffentlichen Unter richts Allergnädigst- zu ernennen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Premierlieutenant a. D. Freiherr von Ompteda zu Dresden den ihm von Sr Hoheit dem Herzoge von Sachsen-Altenburg ver liehenen Titel als Herzoglich Altenburgischer Kammer herr annehme und führe. Ernenuuugeu, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums des Innern. Befördert: der Bureauassistent Karl Richard Zeibig bei der Ministerialkanzlei zum Sekretär. — Penfionrrt: der bisher in Wartezeit» stehende Bureaudiener Gustav Franz Voigt ¬ länder bei der AmtShauptmannfchaftMeißen. — Angeftellt: die Militüranwärter Wilhelm Heinrich Ludwig Wilm- und Ernst Moritz Meutzner al-HilfSbureaudiener, Ersterer bei der Amtshauptmannschast Grimma und Letzterer bei der AmtS- hauptmannfchast Pirna. Im Geschäftsbereiche »es Ministerium» »e» Kult«» und Sffentltchen Unterrichts. Erledigt: die Stelle de« Direktor- an der Stadtschule — einfache und mittlere BollS- fowie Fortbildungsschule — zu Pegau Der Gehalt ist ein schließlich Wohnungsentschädigung aus »000 M, durch Zulagen von 200 M aller 3 Jahre steigend bis »SOO M, festgesetzt. Kandidaten des höheren Schulamt- wollen ihre Gesuche mit sämtlichen Zeugnissen bi- zum 15 April bei dem Stadtrate zu Pegau einreichen. Nichtamtlicher Teil. Die Kretafrage ist in den letzten Tagen in der Hauptsache zur Blockade - frage geworden. Daß weiter blockiert werden soll, dar über scheint man in der Hauptsache einverstanden zu sein; fraglich ist nur, wo der Hebel angesetzt werden soll, um das widerspenstige Griechenland zur Nachgiebig keit zu zwingen. Der Gedanke an den Hafen von Volo ist offenbar gänzlich fallen gelassen worden. Dagegen sprechen telegraphische Nachrichten von gestern aus Wien und London von einer Blockade des Golfs von Athen und der griechischen Küste überhaupt Die Wiener Meldung will von einer Zustimmung Englands und die Londoner sogar von einer Über einstimmung aller Mächte wissen. So sehr man im Interesse des noch als einzige Rettung zu er achtenden Zusammengehens der Großmächte von diesen Nachrichten mit Genugthuung Kenntnis nehmen möchte, so berechtigt ist es doch, wenn man sich ihnen gegenüber Zurückhaltung auferlegt. Dies lehren nicht nur die bisher gemachten Erfahrungen, auch eine weitere Mitteilung aus London giebt zu denken, nach welcher dort seit der Abwesenheit Salisburys über die Lage im Osten die größte Unklarheit herrsche. Mit den Angaben von der Blockade des Piräus kreuzten sich dort Behauptungen über eine neuerdings gemilderte Haltung Rußlands gegenüber Griechenland, die dem König von Griechenland den Besitz Kretas unter türkischer Hoheit oder die Bestellung des Prinzen Georg möglich erscheinen ließen. Aber wenn nun auch wirklich einmal Ernst gemacht werden sollte und es in der That zu einer Blockier ung der griechischen Küste käme, so bleibt doch immer noch die Frage offen, ob die Wirkung dieser nach langem Zögern endlich eingeleiteten Maßregel so nachdrücklich sein wird, daß der Ausbruch von Unruhen an der griechisch-türkischen Grenze in Thessalien ver hindert wird. Wie weit cs die Griechen mit dem unbeirrten Festhalten an der Durchführung ihrer Pläne bisher gebracht haben, werden sie sich selbst am deutlichsten bewußt sein, und daß die Folge dieser Erkenntnis sie nur zu weiteren unüberlegten Schritten treiben wird, ist leider allzu wahrscheinlich. Wenn auch die Regierung, wie die beruhigende Ansprache des Kronprinzen an das Heer in Larissa vermuten läßt, geneigt sein dürfte, einem Zwange sich zu fügen, so liegt doch die Hauptgefahr in den griechischen Truppen selbst, die gegebenenfalls sich durch keine Gewalt der Befehlshaber zügeln lassen werden. Ein bedenkliches Anzeichen hierfür bildeten auch die jubelnden Hochrufe auf den Krieg, mit denen die Ansprache des Kronprinzen von den Soldaten be antwortet wurde. Nicht minder giebt zu Befürcht ungen in dieser Richtung Anlaß das nahe bevor stehende griechische Nationalfest, bei dem der Ausbruch der überschäumenden nationalen Begeisterung leicht die bedenklichsten Folgen haben kann. Die neue amerikanische Tarifbiü wurde, wie wir bereits gestern an anderer Stelle gemeldet haben, im Repräsententenhause der Vereinigten Staaten von Nordamerika mitgroßerMehrheitangenommen; zugleich wurde beschlossen, daß sie sofort in Kraft zu setzen sei. Daß er Senat den Beschluß de- RrpräsentenleuhauseS bestätigen werde, wird der betreffenden Meldung zufolge nicht bezweifelt Die Annahmealso, daß die Tarifbill die gesetzgebenden Körperschaften nicht sehr rasch und glatt durchlaufen werde, hat sich als durchaus irrig erwiesen, obwohl man dazu berechtigt gewesen ist, besonders im Hinblick aus die stark aktive Handelsbilanz der Vereinigten Staaten, die einen besonderen Zolljchutz sllr die dortige Industrie als überflüssig erscheinen läßt Es charakterisiert sich der neue Zolltarif als eine weitgehende Schntzzollmaßregcl und die Be hauptung, daß die durch diese vorgeschlogenen Zollsätze diejenigen des früheren berüchtigten Mac KinleytarssS nicht erreichten, wird fchon durch den Umstand widerlegt, daß man unter der Voraus setzung der Einfuhr des Fiskaljahre- 1895 96 eine Zunahme der Staatseinnahmen um 111860000 Toll, also rund 500 Mill M. erwartet. Die Einsuhr hatte in dem genannten Jahr 759 700 OOODoll. betragen, die Zolleinr.ahmen stellten sich auf 156105000 Doll Sollen diese Einnahmen aber um 111860000 Doll, erhöht werden, so ergiebt sich eine durchschnittliche Erhöhung der Zölle um 70 gh, oder mit anderen Worten, während die Zölle bisher 23,33 «h des Gesamtwertes der Einsubr betrugen, sollen sie künftig sich auf 35,33 vj, belaufen. Als Hauptgrund für die Erhöhung geben fowohl der Präsident Mac Kinley al- auch der Vorsitzende des Ausschusses für Mittel und Wege (BudgetauS- schuß» des Repräsentantenhaufes, Mr. Dingley, die Notwendig keit der Steigerung der Staatseinnahmen an, erklären aber zu gleich. daß man auch die heimische Industrie der Vereinigten Staaten schützen wolle Der Präsident hat in seiner Botschaft an den Kongreß ausdrücklich aus die Thatsache hingcwiesen, daß im vorigen Finanzjahre sich ein Defizit von 37800000 Doll ergeben habe und daß für das laufende Jahr ein solches von 50 Mill. Doll, zu erwarten stehe Es ist eine recht seltsame Logik, deren sich der Präsident Mac Kinley hierbei bedient, denn während er jetzt die Zollerhöhungcn als eine Maßregej zur Steigerung der Staatseinnahmen bezeichnet, hat er im Jahre 1890, als ein Überschuß von 85 Mill Doll, vorhanden war erklärt, sein Tarif „sei eine Vorlage, die ge eignet und bestimmt sei, die Überschüsse zu beseitigen" und diesen Dienst hat der damalige Mac Ki 'jey Taris den Ver einigten Staalcn prompt geleistet. Also, gleichviel ob der aus gesprochene Zweck des Tarifs ist, die Einnahmen zu erhöhen oder zu vermindern, ob er einen Überfluß oder Mangel an Mitteln im Staatsschätze herbeiführt, so will der Präsident die Zölle erhöht sehen. Er will die ausländischen Waren hoch be steuern, also jein und seiner Parteifreunde Hauptziel ist Schutz der heimischen Produktion und daß sie diese Wirkung erwarten, geht auch daraus hervor, wie sie die Gestaltung der Einsubr im ersten Jahre der Herrschaft des neuen Tarifs taxieren. Anstatt einer Zunahme der Einnahmen um 111860000 Doll., welche man unter Annahme der Gesamteinfuhr von 1895/97 in Aus sicht stellte, erwarten sie nur eine Erhöhung um 70 Mill. Doll., teilweise deshalb, weil zu erwarten ist, daß die hohen Zölle einer ganzen Reihe von Waren die Thür geradezu verschließen werden. Für die Mehrzabl der Demokraten, die den Präsidenten bei der Wahl unterstützt haben, dürste die jetzt von ihm eingeschlagene Richtung eine schwere Enttäuschung bedeuten. „Gesunde-Geld ' war die Parole, aus welche hin sie ihm ihre Stimme gegeben haben und obwohl seine protektionistischen Neigungen wohl be kannt waren, so erwartete man doch, daß er diese in vernünftigen Schranken hallen werde. Nun sehen sie, daß die wichtige Frage der Reform des Geldwesens, die bei der Präsidentenwahl im Vordergründe gestanden hat, zu Gunsten drastischer Tarifmaß regeln aus die Seite geschoben wird. Die Wirkung, dieser Ent täuschung auf die Gestaltung der Partciverhältnisse im Lande bleibt abzuwarten In der letzten Zeck war viel die Rede von der Fähigkeit der Eisenindustrie und anderer ErwcrbS- zweige der Bereinigten Staaten mit ihren fremden Kon kurrenten in deren eigenen Lande erfolgreich in Wettbewerb zu treten und zu der bedeutenden Zunahme der Ausfuhr von Jndustrieerzeugnissen aller Art hat man sich selbst beglückwünscht. Üntcr dem Drucke Hatter Zeiten, so hieß es, habe die amerikan sche Industrie es gelernt, die Herstellungs kosten ihrer Artikel heradzusetzen. Aber wenn nun die Waren, deren die amerikanische Industrie als Rohstoff oder Halbfabrikat be darf, durch die Zölle wesentlich verteuert werden, und wenn die Zollerhöhungen auf die allgemeine Lebenshaltung die gleiche Wirkung ausüben, so kann dies kaum etwas underes, als eine Störung des Exporthandel- zur Folge haben, aus dessen Ent wickelung man so große Hoffnungen gesetzt hat. So lange die Bereinigten Staaten nur wenige industrielle Erzeugnisse und meist, ja fast ausschließlich Bodenprodukte aussührien, waren sie au» vor Repressalien anderer Länder ziemlich sicher, da- hat sich aber jetzt geändert und es ist durchaus nicht unmöglich, daß der neue Tarif, indem er die fremde Einfuhr beschränkt, die er hoffte Wirkung aus die Staatseinnahmen nicht, wohl aber einen nicht gewünschten Einfluß aus den erblühenden industriel len Ausfuhrhandel der Vereinigten Staaten ausüben wird. Darüber kann freilich kein Zweifel bestchen, daß die Wirk ung des neuen TarisS auf die europäische Exporlindustrie und besonder- aus diejenige unsere- engeren Vaterlandes von tief greifender Wirkung sein wird, man erinnert sich noch lebhaft deS außerordentlich starken Rückganges der Ausfuhr nach Nord amerika unter der Herrschaft deS früheren Mac KinleytarifeS. Eine der ärgsten Eigentümlichkeiten dieses alten TarisS war ein Zoll von 11 bis 13 Cents auf Rohwolle. So etwas dürfte schwerlich je in irgend einem Sch vzolllande Europas zu finden sein. Der Wilsontarif machte die Wolle zollfrei und setzte den Zoll aus Wollwaren sehr herunter. Der neue Tarif stellt den Mac Kinleyzoll von 11 bis 13 Cents wieder her und erhöht zugleich den Zoll aus Wollwaren, führt also einen Zoll aus einen, der unentbehrlichsten Rohstoffe der Industrie ein neben einer gleichzeitigen Erhöhung der Zölle auf Wollstoffe. Außer den Woll- und Zuckerzöllen, die Deutschland ganz empfindlich treffen werden, kommen für unsere Exportindustrie hauptsächlich noch in Betracht die Zölle auf Textilwaren und Chemikalien. Im allgemeinen halten die vorgeschlagenrn Raten die Mitte zwischen den Tarisratcn von 1S90 und denjenigen von 1894 Eine besondere Verschärfung erfährt die Situation noch dadurch, daß die sogenannten Reziprozitätsbestimmungen der Atte von 1890 nicht nur völlig wiederhergestellt, sondern weiter ausge dehnt worden sind, indem außer Zucker, Tkee, Kaffee und Häuten auch Champagner, Branntwein, Weine, künstliche und natürliche Mineralwasser, Chicle, Argol und Seidenspitzen als Artikel sestgesetzt wurden, bei welchen willkürliche Zoll- erhöhungen auf Grund von ReziprozstätSverträgen zulässig sind Um aber einer Waffeneinfuhr vor dem Inkrafttreten des Tarifs vorzubeugen, wurde zugleich ein Sperrgejetz angenommen, und fomit wird unsere Expottindustri, augenblicklich betroffen. In der Annahme, daß ihr einige Wochen Zeit gewähn weiden würden, um die vorliegenden am-rikanischen Austräge zu effek- tuieren, sicht sie sich nun getäuscht. DaS Vorgehen Amerikas hat auch die Milch der frommen Denkart solcher Blätter, die sonst nicht für scharfe Maßregeln unserseits eingenommen sind, in gährend Drachengist verwandelt, so schreibt der „B B-C": „Es ist unsere Ausgabe gegenüber dieser Schädigung unserer Industrie durch Amerika keine Bozei-Straußpolitil zu treiben, sondern den Amerikanern daS Unsinnige ihres Vorgehens ernst lich zu Gemüte zu sühren. Deutschland bezieht jährlich sür über 100 Mill M Baumwolle aus den Bereinigten Staaten Es kann nicht zweifelyast sein, daß sich Deutschland in seiner Baumwoll- ferner in seiner Weizen-, Petroleum-, Schmalz- und Fleischcinsuhr nach und nach von Amerika unabhängig machen kann. DaS Vorgehen des neuen Präsid nten fordert förmlich dazu heraus. Es wäre sehr wünschenswert, wenn die drei Hauptländer des europäischen Handels mit den Vereinigten Staaten, England, Deutschland und Frankreich die Amerikaner darüber belehrten, daß sie aus einen Import ihrer Rodprodukte aus Amerika unter Umständen auch verzichten können." Ob nun die Verhältnisse sich so zuspitzcn werden, daß es schließlich zu einem Zollkriege mit den Bereinigten Staaten kommen wird, bleibt abzuwarten In Handclskreisen scheint diese Möglichkeit bereits diskutiert zn werden, indem in Berlin vorsichtige Getreidehändler — und es werden eine ganze Anzahl Nam.n genannt - bei der Berliner Zollbehörde ihre Gelreideabschlüsse mit Amerika anmelden sollen, damit nicht später der Einwurf gemacht werden kann, daß diese Berliner Getreide- firmen auf die Möglichkeit eine- Zollkrieges mit Amerika hin, spekulative Abschlüsse unternommen hätten Tagesgeschichte. Dresden, 2. April. Se. Majestät der König wohnten gestern abend der Vorstellung des Hauptmonn- schen Märchendramas „Die versunkene Glocke" im Neustädter Hoftheater bei. Im Laufe des heutigen Vormittages nahmen Se. Majestät die Vorträge der Herren Staateministcr sowie militärische Meldungen i:n Residenzschlosse ent gegen. Nachmittags um 2 Uhr empfingen Se. Majestät den neuernannten Miliiärinspckteur der freiwilligen Krankenpflege im Kriege, Hrn. Friedrich Grasen zu Solms-Baruth auf Klitschdorf, Excellenz, in Audienz. Ter Genannte ist mit einer Einladung zur heutigen Königl. Tafel ausgezeichnet worden. — Nach den aus Kap Martin eingetroffenen Nach richten über die Reise Ihrer Majestät der Königin nach Baden-Baden gedachten Allerhöchstdieselbe Sich heute, Freitag, nachmittags um 2 Uhr von Mentone nach Marseille zu begeben. Die Ankunft daselbst er folgt abends 7 Uhr 13 Min Ihre Majestät werden im Grand Hötel du Louvre Wohnung nehmen. Morgen, Sonnabend, vormittags 10 Uhr 45 Min. wird die Reise über Avignon, wo ein dreistündiger Kunst und Wissenschaft. K. Hoftheatcr. — Altstadt — Am l. April: „Der Prophet" Große Oper in fünf Akten nach dem Französischen des Eugen Scribe. Musik von Giacomo Menerbeer. (Hr. Kammersänger E Götze als Gast.) Nach längerer Pause gab inan gestern vor vollbesetztem Hause Meyerbeers dritte große Oper, deren immer spär licheres Austauchen im Spielplan, wie bei den übrigen hervorragenden dramatischen Schöpfungen des Komponisten, nicht zum wenigsten aus das Fehlen geeigneter Vertreter für die beherrschende Tenorpartie zurückzuführen ist Di« Titelrolle war diesmal Hrn. Götze übertragen Vor den meisten Bühnensängern seines Faches genießt er den un bestreitbaren Vorzug, über ein Organ von echtem Hellem Tenorklange zu verfügen, wenn auch der Verlauf der Jahre diesen reichen stimmlichen Besitz nicht unangetastet gelassen hat In naivem Vertrauen auf dessen Unerschöpf lichkeit ist der Sänger niemals recht über einen gemäßigten, liebenswürdig genug anmutenden Naturalismus hinaus gekommen, der sich zu sehr an der Entfaltung stimmlichen Voll klanges genügen läßt Die natürliche Ausdruckswärme und Frische der Empfindung darin muß für den Mangel feiner künstlerischer Durchbildung im Gesangsvortrag wie des drama tischen Ausdrucks schadlos halten und hat es auch gestern großenteils gethan Freilich machte sich ein auffallend rasches Ausgeben an Kraft und Glanz schon während der ersten Hälfte des Abends bemerkbar; während die idyllische Romanze daS Organ ins beste Licht stellte, war bei der Ansprache an das aufrührerische Volk (3 Akt) ein merk liches Sinken der Stimme wahrzunehmen, ganz abgesehen von der ziemlich zerfahrenen rhythmischen Behandlung der Deklamation. Auch die Hymne beim Sonnenaufgang übte nicht die fortreißende stimmliche Glanzwirkung, die allein über die Hohlheit des melodischen Satzes hinwegtragen kann Die Domszene, der vramatychc uno musi kalische Höhepunkt des Werkes, ergab einen etwas ge hobenen Eindruck, wenn es auch Hn. Götze nach seiner Individualität vertagt bleibt, das Hoheitspoll Gebietende in Erscheinung und Haltung, das Visionäre — so wenig wie in der Traumerzählung — der Figur zu verkörpern Die heimischen Künstler unterstützten den Gast mit eben soviel künstlerischem Eifer al» Gelingen Frl v Chavannes Bestreben nach vertiefter Charakteristik der Fides-Rolle ver dient lebhafte Anerkennung, Frl. Bossenbergcrs Bertha erweist einen bei dieser Künstlerin ungewöhnlichen Zusatz von Temperament zu der tadellos beherrschten gesanglichen Wiedergabe. Von kleineren Nollen war lediglich der Ober thal neu besetzt mit Hrn. Gred er. Der intelligente Sänger und Darsteller sollte die fragwürdige Figur in der Auftrittsszene nicht so sehr auf den gemeinen Theater« bösewicht ausspielen Daß die Übernahme der Leitung durch Hrn. Generalmusikdirektor Schuch so manchen Stellen der Partitur, vor allem den lebendig erfaßten Ensemble szenen zum Vorteile gereichte, braucht kaum hervorgehoben zu werden. Neue Romane. (Fortsetzung.) Die Sensationsgeschichten mit einem dem Bereich des Strafgesetzbuches angehörigen Motiv, die unmittelbar nach dem Erscheinen und der weiten Verbreitung der „Frau in Weiß" von Wilkin Collins so üppig ins Kraut schossen, sind in jüngster Zeit von einer andern Art Effektersind- ungen abgelöst worden. Daß jene älteren Spannungs erzählungen noch immer nachwirken, geht aus einer Neuig keit wie „Wahn oder Wahrheit?" Erzählung von HanS Dahlmann (Dresden und Leipzig, Verlag von Heinrich Minden, 1897) hervor, eine angeblich von einem Assistenzarzt der Privattrrenanstalt Friedheim veröffentlichte Niederschrift einer Kranken dieser Anstalt, die das Be ¬ kenntnis einer Gistmörverin emhätt. Objchon dem Arzie der Gedanke gekommen ist, als könnte die Geisteskrankheit, an der seine Pflegbefoh'ene entschieden litt, eine Folge davon gewesen sein, daß durchaus niemand an ihre Schuld glauben wollte, so muß er bei der Veröffentlichung der Schrift immer schon sagen, daß das Problem noch zu lösen bleibe, ob die Schreiberin den Mord wirklich begangen habe oder ob das Ganze nur eine Erfindung ihres damals schon kranken Geiste» gewesen sei? Man sieht, daß es sich hier uni eine doppelte „Sensation" handelt, einmal um die Zuspitzung eines Verbrechens und aller umgebenden Verhältnisse auf die Möglichkeit, daß Mord für Selbst mord gehalten werden kann, ja gehalten werden muß, sodann um ein Zwielicht über dem Bekenntnis der Frau, das den Leser schwanken läßt, ob ihre Erzählung des ent- scheiöenden Augenblicks eine wirkliche Erinnerung oder den Traum einer Fieberkranken wiedergiebt. Die Erfindung selbst und vollends die Charakteristik erhebt sich nicht über das Allergewöhnlichste, die Heirat des armen aristokratischen Fräuleins mit einem verhaßten plumpen Emporkömmling (der noch dazu ein Schwindler ist) und der Zerfall dieser Ehe sind abgebrauchte Romanbcstandteile, doch kommt wenig darauf an, da es sich nach dem Willen des Verfassers und dem Wunsch der Leser nur um die im Titel aus gedrückte Frage handelt. Dem starken Anteil, den die Frauen an der erzählenden Litteratur nehmen, entspricht die große Zahl der aus weib lichen Federn stammenden Romane Zu den bedeutenderen und gehaltreicheren gehört ohne Zweifel „Das Recht der Mutter", Roman von Helene Böhlau (Berlin, F Fon tane u Co , 1896). Freilich beruht der Roman auf einer Reihe unwahrscheinlicher oder sagen wir außerordentlicher Voraussetzungen. Die Handlung spielt zu einem Drittel in Rußland, einem Drittel in Finnland und einem Drittel in Jena und Berka, sie schließt eines der Probleme, die die Verfasserin liebt, in sich, den ungeheuren Wider spruch zwischen der landläufigen Moral und der erbarmungs ¬ losen Härte derer, Vie sich mtt dieser Moral am meisten brüsten Ein junges Paar, das sich unter ganz besonderen Umständen findet und dann durch eine verworrene Folge von unseligen Schicksalen getrennt wird, um sich am Schluß nach furchtbaren Jahren zu vereinigen, erscheint als Opfer mitleidloser Umgebungen Der Held des Buches, Dmitri Alcrandrowitsch Ker-Asowsky, wird durch denselben Schwager, Sztrpann Sztipannowitsch, der ihn seines Erbes beraubt, als Staatsgefangener nach dem Amurlande geliefert und feine Geliebte, die Finnländerin Kristine Ahrcnsen,' in der trostlosesten Lage des Leben« von ihrer Familie verstoßen, hat ein noch schwereres Los auf sich zu nehmen Um ihr Recht auf ihr Kind zu behaupten, muß sie sich in die Verborgenheit der Armut flüchten und Kämpfe der schmerzlichsten Art bestehen Sie wird in der That vor die Wahl gestellt, ein Leben voll «Verachtung zu führen, ausgestoßen, verfehmt, arm, elend, verworfen, wenn sie ihre heiliae Pflicht thut — zu Gnaden ausgenommen, wenn sie schmachvoll lügt, ihr Kind ver leugnet und verläßt; wie man sieht, ein Konflikt, der mit dem in Sudermanns „Heimat" eine gewisse Aehnlichkeit hat. Ta Kristine keinen Augenblick schwankt und ihr Ge schick auf sich nimmt, so ist es beinahe ein Wunder zu nennen, daß sie diesem Geschick nicht erliegt Ihr Schwager, der Dichter Professor Arnold Henneberg, „der die deutsche Novelle so schmackhaft zuzubereiten versteht, daß sie beim Lesen nur so hinabrutscht ohne alle Gräten und Knochen, eine leichtverdauliche Speise, die allen bequem und will kommen ist", und dem seine beliebten Dramen alljährlich eine ansehnliche Summe bringen, führt die Maxime „alle« verstehen ist alle« verzeihen!" im Munde und gehört gleich wohl zu der Menschenart, die, wo ihr daS elegante Be hagen und die eitle Selbstgefälligkeit gestört wird, Herzen und Leben erbarmungslos zertritt Er kann sich mit seinem Verhalten gegen Kristine neben Stipann Sztipannowitsch, den Schwager Ker» stellen, obschon er natürlich äußerlich ganz anders erscheint. Man erkennt schon au« diesen
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