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„Wozu um alles in der Welt, mein Kind, hätten wir denn diese kolossalen Opfer gebracht, wenn unsere Kinder uns nun einen Strich nach dem andern durch unsere wohl durchdachten Rechnungen machen wollten! Nein, das gibts nicht. Wir haben darnach gestrebt, sie in gute Positionen hinein zu bugsieren, sie müssen das einsehen. Und dann Herbert! Der Junge macht mir insofern Sorge, als er es ein bißchen zu toll treibt. Gewiß, Jugend will austoben; ich sage ja nichts, bin ein toleranter Mann." Sein Blick streifte flüchtig das Gesicht seiner Frau. Er war selbst einst ein ziemlicher Lebemann gewesen. „Nun, was ich sagen wollte, mit unserem Herbert werde ich auch reden müssen. Meine Kasse Halts nicht länger aus. Bei Herbert kann man schon ein Tünchen riskieren. Unsere Annemarie will freilich sachte behandelt sein. Na, aber es wird sich schon machen. Sprich doch mal mit Emmeline, Kind," sprang er plötzlich auf das fallen gelassene Thema über. „Ach, Rodi, es wird mir so unsagbar schwer." „Ich muß aber Geld haben, Thora, Du wirst das be greifen." Ja, Frau Thora begriff es wohl, hatte ja immer Ver ständnis für diese Forderungen gehabt. Erst ging so nach und nach ihr großes Vermögen in diesen Schlund, dann das ihrer Schwester. „Ach Gott, Rodi, wenn Du es ihr doch selbst vorstellen wolltest," schlug die kleine Frau unsicher vor. „Ich will nicht gern mit so quengelichen Frauenzimmern was zu tun haben, Thora, die fallen mir nun mal auf die Nerven," beschied sie der Gatte. Und fügte frohgemut hinzu: „Na, also abgemacht. Du sprichst mit Emmeline, das mit dem Grafen muß endlich mal zum Abschluß kommen. Ich hoffe viel von unserem großen, geplanten Fest. -Viel, was sage ich, alles erhoffe ich davon. Es muß etwas Ueber- wältigendes werden, wir wollen eine Pracht entfalten, die alle Augen blenden soll und die Sinne verwirren. Herr von Kellen warf einen Blick in das hohe Spiegel glas, das seine elegante Gestalt voll zurückstrahlte, neigte sich zu seiner Gattin nieder und küßte sie zärtlich. Dann verließ er das Zimmer wie ein Feldherr nach gewonnener Schlacht. Und er hatte sie auch gewonnen; denn kaum war die Tür hinter ihm zugefallen, als Frau Thora aufstand und hinausging. Sie schritt mit ihrem leisen, schwebenden Gang über die weichen, dicken Läufer des,Flures, erstieg zwei Treppen und blieb hier vor einer Türe am äußersten Ende des Haus gangs wie unschlüssig stehen. Endlich raffte sie sich auf, klopft an, und auf das leise Herein, welches von drinnen der Einlaßbegehrendcn entgegen tönte, öffnete sie die Türe. Es war ein hübsches Turmzimmer, welches Frau Thora betrat. Zwei große Fenster rundeten sich nach den Seiten ab, in der Mitte befand sich eine hohe Glastüre, die auf einen das Zimmer in seiner Rundung umgebenden Balkon führte. Fenster und Tür^n standen weit geöffnet. Balsamische Lüfte strömten herein, welche die Bewohnerin mit Behagen einzuatmen schien. Sie lag auf einem Ruhebett in ein Buch vertieft. Als sie diefes beim Eintritt ihrer Schwester fortlcgte, entfiel demselben ein Brief. Frau Thora bückte sich, ihn aufzuheben, doch schneller als sie gedacht, hatte sich die Liegende aufgerichtet und den Fuß daraus gestellt. Sie hob felber hastig das Schreiben auf, es in ihre Tasche gleiten lassend. Als sie sich wieder äufrichtete, war ihr Gesicht stark gerötet. Wie verlegen stieß sie die Worte hervor: „Nett von Dir, daß Du kommst. Setze Dich, Thora." Sie selber hatte das Ruhesofa verlassen. Man sah, daß ihre Gestalt ganz verkrüppelt war. Der Rücken wies einen starken Höcker auf, auch trat sie mit einem Bein kurz, als sie einen zierlichen Sessel für die Schwester zurechtrückte. In dem Gebaren der kleinen Dame lag etwas Hastiges, als habe sie etwas vor ihrer Schwester zu verbergen, doch merkte Thora von Kellen in der Verlegenheit, in der sie sich befand, nichts davon. Sie war auf den Balkon hinausgetreten. Von hier oben hatte man einen herrlichen Ausblick. Wandte man sich links, so grüßten hohe Eichen, Buchen und schlanke Birken dem Beschauenden entgegen. Der Blick geradeaus gerichtet, ruhte auf wogenden Kornfeldern und faftigen Wiesen. Nach rechts hin konnte man den Wirt- fchaftshof übersehen mit seinen sauberen Stallungen und Scheunen und Wirtschaftsgebäuden. Weiterhin erstreckten sich Tagelöhnerkaten an der Landstraße hin. Es war ein schönes, friedvolles Bild. Man sollte meinen, hier wohne der Friede, und doch lag er nur draußen in der Natur. Nach außen alles von Wohlhabenheit strotzend und im Innern die Unrast, den Schein dieser Wohlhabenheit aufrecht zu erhalten um jeden Preis! Wie manches Ungemach hätte sich bei Zeiten abwenden lassen durch eine einsichtsvolle Sparsamkeit, doch weder Herr von Kellen noch seine Gemahlin hatten die Einsicht und den Willen, folches zu tun. Es mußte immer von neuem auf Mittel gesonnen werden, der Welt Sand in die Augen zu streuen. Nur um keinen Preis etwas von seinem Nimbus einbüßen! Nachdem Frau Thoras Blick ein Weilchen liebevoll auf der Szenerie draußen geruht hatte, wandte sie sich in das Innere des Zimmers ihrer Schwester zu. „Emmeline," sagte sie, „Du weißt von dem Fest, das Rodi in der nächsten Zeit zu geben gedenkt?" „Ja, Thora," fiel die Schwester mit einiger Schärfe ein, „Wozu das alles?" „Gott, Emmeline, Du als ledige Person hast gar keine Einsicht in dergleichen Familienangelegenheiten," hielt Frau Thora, gekränkt durch die-schroffe Art ihrer Schwester, dieser entgegen. „Wir haben doch Kinder." Emmeline von Stolzen ließ ein kleines, höhnisches Lächeln ertönen. „Ach, Thora, und Du meinst, ich durchschaute Euch nicht? Kinder, ja, die habt Ihr; allein sie sind Euch nur Mittel zum Zweck. Sie sind dazu da, den Glanz Eures Hauses zu vermehren." „Aber Emmeline," wandte Frau Thora ganz traurig ein, „wie kannst Du nur so reden! Mittel zum Zweck? Wir haben unsere Kinder doch lieb und wollen nur ihr Bestes, ihr Glück." „Ihr Glück wollt Ihr?" M Emmeline mit starkem Un willen der Schwester in die Nede.^ „Ihr wollt das, was Ihr Glück nennt. Und sprecht bei aller Eurer Liebe Euren Kindern jede Selbstbestimmung ab. Ja, lächle nur, Thora, es ist doch so. Ihr wollt nicht einsehen, daß Eure Kinder Menschen mit einem eigenen Willen sind und daher auch eine eigene Meinung haben." „Ach, Emmeline, Du bist eine Schwärmerin. Die Er fahrung liegt auf unserer Seite. Wir haben als Eltern die Pflicht, die Kinder zu leiten und ihnen den Weg zum Glück zu zeigen." „Und Du meinst, Editha wäre mit dem Manne, der sein Vermögen nach Millionen zählte, glücklich geworden?" „Ja, sie wäre es," stellte Fcau Thora aus voller Ueber- zeugung fest. „Herr von Germer hätte ihr jeden Wunsch erfüllen können, während nun ihr Los Entsagung ist." „Halt, Schwester, Du irrst! Editha hat alles, was sie braucht. Ihr Mann trägt sie auf Händen, sie hat ein reizendes Kind und genießt ein Glück, wie Ihr es Euren Kindern absprechen wollt. Das ist ein großes, innerliches Glück. Das Glück, das Ihr für Eure Kinder ersehnt, beruht auf Aeußerlichkeiten, auf Schein. Legt doch die Karten offen auf den Tisch, anstatt Euch mit dem Schein des Reichtums zu umgeben. Ihr würdet Euch viele Sorgen ersparen und Euren Kindern wahrlich mehr die Wege ebnen wie jetzt in Eurer Verblendung." Thora zuckte fast mitleidig die Achseln. Was maßte ihre Schwester sich Ansichten an über Ver hältnisse, die sich ihrem Urteil gänzlich entzogen? Sie lebte hier oben ihre Welt für sich. Aber es war doch nicht die Welt, in der die anderen lebten. Wie sollte sie das der Unverständigen plausibel machen? Wie, nachdem Emmeline so in Harnisch geraten war, die beabsichtigte Bitte vortragen? Sie mußte einlenken, was ihr nicht schwer wurde; und sie war doch eine fügsame Natur, die gelernt hatte, sich dem energischen Willen ihres Gatten stets anstandslos unterzu ordnen. „Rege Dich nicht auf, Emmelinchen," bat sie freundlich. „Sieh, die Ansichten sind ja verschieden und Rodi muß ja am besten wissen, was er will." „Ja, das muß er," stimmte Emmeline giftig zu. „Der setzt sich überall durch, und doch ist sein ganzes Tun eine einzige große Lüge." „Emmeline, es ist mein Gatte, von dem Du sprichst!" mahnte die Frau. „Verzeih, Thora, der Zorn ergreift mich manchmal so, daß ich seiner nicht Herr werden kann. Und habe ich nicht ein Recht zum Zornigsein? Sag es selbst, Schwesterherz. Wir waren reiche Mädchen. . Dein großes Vermögen, wo ist es geblieben? Ist es nicht dieser großen Lüge zum Opfer gefallen? Und das meine, Thora?" Frau Thora seufzte. Und es fiel ganz leise eine Träne aus ihrem Auge. War sie denn nicht gekommen, ihrer Schwester das Letzte zu rauben? „Es ist Dir ja nicht verloren, Liebste," sprach sie sanft überredend auf die Schwester ein. „Rodi will es auf sein Gut einschreiben lassen." „Glaubst Du, das lohnt sich noch?" fragte Emmeline in bedeutend gemildertem Ton, da sie das bedrückte Wesen der von ihr abgöttisch geliebten Schwester sah. „Wenn Rodi das meint, dann wirds schon richtig sein," entgegnete die vertrauende Frau. „Und wenn auch nicht, Emmelinchen, Du bist ja bei uns. Wir haben Dich lieb." „Ich weiß das, Thora, gewiß, ich weiß das." „Ja, und nun sieh mal, um unser Kleinchen wirbt doch Graf Tollen." Emmeline nickte wie bestätigend mit dem Kopf. „Wär das ein Glück für unser Kind!" seufzte Frau Thora mit schwärmerischem Augenaufschlag. „Halt, Thora, liebt Annemarie denn den Grafen?" „Graf Tollen ist ein Mann, der wohl imstande ist, Liebe einzuflößen," erklärte Frau von Kellen. „Wenn mich nicht alles trügt, interessiert sich unser Kleinchen für ihn." „Das sollte mich freuen, Schwester. Denn ich achte Graf Tollen sehr. Im Alter zwar passen die Beiden nicht so recht zusammen; Annemarie ist eben neunzehn, der Graf füufunddreißig Jahre. Doch wenn sie ihn gern hat, spielen die paar Jahre keine Rolle."' Thora freute sich, daß ihre Schwester wenigstens dieser Partie ihre Billigung nicht versagte. „Nun sei so gut, mein liebes Emmelinchen, und strecke uns noch einmal eine größere Summe vor." „Eine größere Summe wäre das Letzte, was ich habe. Das kann ich doch nicht aus meinen Händen geben. Ich muß doch etwas zur Verfügung behalten. Wieviel will Rodi?" „150000 Mark, Emmeline. Sieh, Editha bekam 50000 Mark damals als Mitgift mit, die gabst Du so bereitwillig." „Weil mich das Liebesverhältnis zwischen den Beide« so ungemein anmutete, und weil sie's haben mußte. Wes halb sollte Editha zurückstehen?" „Nein, o nein, Emmeline, wir sind ja Dir auch so dankbar. Aber sieh mal, unsere Annemarie können wir doch mit 50000 Mark nicht abspeisen." „Das sehe ich nun nicht ein, Thora. Tollen ist ei« begüterter Mann." „Aber bedenke, es wäre ja beschämend, könnten wir unserm Kind, der zukünftigen Gräfin Tollen, nicht einmal eine anständige Mitgift mitgeben!" „Immer nobel," sagte Emmeline mit einem bittere» Zucken der Lippen. „Schenkt dem Mann doch reinen Wei» ein. Weshalb stets auf so hohem Pferd?" „Das tut Rodi nun nicht anders, Emmeline. Und dann muß Podi doch etwas in den Fingern haben. Solch ein Brautstand kostet allerlei." „Kinder, Kinder," klagte das alternde Fräulein. „Ich kann Euch mit einer so großen Summe nicht mehr dienen-' „Rodi sagte doch, Du habest gerade noch so viel." „So, sagte er das? Er weiß am besten in anderer Leute Taschen Bescheid. Ich wollte es Euch gar nicht sage», Thora, habe gestern gerade 50000 Mark an Herbert ab geschickt. Sieh, hier habe ich noch seinen Brief, den eigentlich vor Dir verbergen wollte." „An Herbert?! Um Gotteswillen wozu denn?" „Er hat gespielt, Thora, und hat verloren. Es w traurig, aber wahr. Spielschulden sind Ehrenschulden. Er mußte das Geld haben; weiß Gott, fast hättet Ihr heult keinen Jungen mehr." Thora schauderte. , I Sie liebte ihre Kinder auf ihre Weise, war stolz auf Was wäre das für ein Schlag, für eine Schande gewest«: der einzige Sohn wegen Spielschulden! Nein, so was w«l nicht auszudenken. Gottlob, daß Emmeline geholfen. sie war ein gutes Menschenkind. Fortsetzung folgt. < Verlangen Sie bitte unseren neuesten, — yaupt- s. uenner-ummoge Katalog L Modehaus Renner . Sresden-Mslaül Verlangen Sie unseren Sonder- Katalog über Künstler-Kleider, Mütter- Kleider und Vernunft-Kleider. Sie er halten diesen ebenso wie unseren Haupt- Katalog postfrei u. kostenlos zugesandt. Sonder- Katalog /Äz cZZe ü/rL ü/rZässZZz/z ü/rsezez l^ez'zzzä^/zzzz^ rZaz- FeSzacZrZem ^zü/rFezr u?Zz a/Zezr ZtZzzrZllzz/r «zrsezzr />av/ //ez'sc/re/ zzzzt/ />arz 7?aH<MZeZ/r, Zm Fe/)Zem-ez 7976. V /Lz rZZe a/rZanZZtH Z/rzez l^ez'zz/ä^7zzz7^ ^a/rZzeZtH V rZazZr-zac/rZezr OZü^tpä/rsc^e SQFM ^ZezrZuzc^ u-ezZe/r ZVac^- -azzr, /^zeu/rrZezr «zrrZ LeLa/r/rZe/r, rZem ^ZZZu-oc^s-ZAll-, rZem U 'kl/ mo^ZZö-Z. l^zeZzr „7.^za", rZez -AuLZL rZez /vnu-ZZZtFe/r /Mez- kl/ u^z, rZem Z<a/rZ/rc^e/r^ü^ZezpezzZ/r u/rrZ rZem //allLSesZZ^ez- ^1/ p^Z/r /Lz ezipZesezre ^zzzzrFe/r Z/rzezr ^ez^ZZc^sZezr 7)a/r^ ^1/ ZVcLs/'LZ /(zzzz^ zzzzc/ />srz. So^llt26Zzz»zzL SZ6FZNZZ', tZe/r 79. §e/)Ze/zrSez 797S. 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