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für Reilhenbrand, Siegmar, Neustadt, Ravenstein und Rottluff. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. VezugSpreiS: Vierteljährlich 30 Pf. — Anzeige« werden außer in der Geschäftsstelle (Reichenbrand, Nevoigtstratze 11) von Herrn Friseur Weber in Reichenbrand und von Herrn Kaufmann Emil Winter k Rabenstein entgegengenommen und die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 20 Pf. berechnet. Schluß der Anzeigcn-Annahme Freitags nachmittag 2 Uhr. — Fernsprecher Amt Siegmar 244. Dereinsinserate können nicht durch Fernsprecher aufgegeben werden. — Postscheckkonto Leipzig Nr. 12559, Firma Ernst Flick, Reichenbrand. M 36 Sonnabend, den 7. September 1918 Baumwollnähfäden. Nach neueren Bestimmungen sollen die Großhändler die Zwirne an die Kleinhandelsgeschäfte verabfolgen. Wer Baumwollnähsäden beziehen will, muß die hierüber ausgegebene Zwirnkarte bis zum 10. dieses Monats bei den Kleinhändlern zur Abstempelung vorlegen. Als Kleinhändler kommen in hiesiger Gemeinde in Frage 1 .) Hermann Helbig, Hofer Straße 40, 2 .) Produkten-Verteilungsverein, Hohensteiner Str. 17, 3 .) Ernst Schneiderheinze, Arzigstraße 1. Relchenbrand, am 6. September 1918. Der Eemeindevorstand. Neustadt. Dis Gemeindeverwaltung (einschl. Standesamt und Sparkasse) bleibt Montag, den 9. Sep tember 1918 geschlossen. Neustadt, am 5. September 1918. Der Gemeindevorstand. Warenumsatzstempel betr. Die ausgegebenen Vordrucke für Anmeldung des Warenumsatzstsmpels auf die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 1918 sind bis spätestens zum 15. Oktober 1918 an die unterzeichnete Ge meindeverwaltung — Zimmer 1 — zurückzugeben. Mit der Anmeldung ist zugleich die Steuer zu entrichten. Der Gemeindevorstand zu Rabenstein, am 6. September 1918. Kirchliche Nachrichten. Parochie ReichenSrand. Am 15. Sonntag n. Trin., den 8. September, Vorm. Ve9 Uhr Predigtgottesdienst: Hilfsgeistlicher Schwarze. Dienstag Abend 8 Uhr Zungfrauenvereins. Amtswoche: Hiifsgeistlicher Schwarze. Parochie Rabenstein. Am 15. Sonntag n. Trin., 8. September, Vorm. 9 Ahr Predigt v>it Beichte und heil. Abendmahl: Pfarrer Kirbach. Abends 8 Uhr Versammlung des ev. Fünglingsverein. Mittwoch, 11. September, Abends 8 Uhr Versammlung des ev. öungfrauenvereins 11. Abteilung. Donnerstag, 12. September, Abends 8 Uhr Versammlung des Ev- Iünglingsoereins (ältere Abteilung). Freitag, 13. September, Abends 8 Uhr Kriegsbetstunde: Pfarrer Kirbach. Wochenamt: Pfarrer Kirbach. Kolonialkrieger-Spende. Am 14. und 15. September findet im ganzen Sachsenlande eine Haus- und Straßen- Wmlung zum Besten der Kolonialdeulschen statt, — auch derer, die sich noch in Gefangenschaft befinden. Die Sammler und Sammlerinnen find mit Ausweis versehen. Wir bitten herzlich, sie freundlich und gebefreudig zu empfangen. Die Lrtssammelleiter sind aber auch gern bereit, größere Spenden persönlich entgegenzunehmen. „Die Kolsmen sind untrennbar von der Zukunft Deutschlands, vir die wir Kämpfen und siegen müssen!" Ludendorff. Rabenstein. Eine sehr erfreuliche Ueberraschung wurde diesen Tagen dem hiesigen Stenographenverein Gabels- serger zuteil. Das Ehrenmitglied des Vereins, Herr Fabrik besitzer L. Knauth, hat vor seinem Scheiden aus unserem ^rte dem Vereine noch weitere 500 Mk. überwiesen für die der Verbreitung der Gabelsbergerschen Stenographie in Unserem Orte dienende „Lehrer-Paul-Rau-Stiftung" und damit die von ihm errichtete Stiftung auf 1000 Mk. erhöht. Außerdem hat er der Vereinskasse noch weitere 100 Mk. Wendet zum Durchhalten in schwerer Zeit, da doch von stenographiekundigen Mitgliedern 56 im Heeresdienste Hetzen und daher steuerfrei sind. Der zurzeit 130 Mitglieder Wende Verein hat sich trotz des Krieges erfreulich ent wickelt, nicht zum mindesten auch durch die treue Gönner haft des Herrn Knauth, dem der Verein zu großem Danke ^pflichtet ist. Getreu bis in den Tod. Roman aus der Kricgszeit von A. Wilken. Aorrj-yung. Nachdruck verboten. Otto suchte den Freund auf bessere Gedanken zu bringen, pachte Späße und kleine Witze, die aber nicht verfingen. Auch Elsa wußte nichts mehr mit dem Verlobten anzufangen, hes was sie sagte, fand nicht seinen Beifall. „Du bist ja in einer rabiaten Verfassung, mein alter Änge," meinte schließlich Herr von Kugler, dem der traurige Ausdruck in seiner Tochter Gesicht nicht entging. „Dir ist Wl etwas über die Leber gelaufen?" „Mir ist nicht wohl," entgegnete Ernst, sich in die Kissen ^rückwerfend. „Geht nach Hause!" Es klang unfreundlich, allein man mußte Nachsicht haben; Werkte man doch deutlich, daß der Verwundete nicht auf der Mstigen Höhe war. Seine Wangen brannten, es war die Me des Fiebers. Die Augen glühten düster aus dem Wellten Gesicht. Die Wunde am Bein schmerzte stärker; Ernst drängte W einmal: „Geht nach Hause, ich möchte ruhen." , Elsa beugte sich besorgt über den Kranken. „Mein Ernst, M ich hier bleiben? Ich sitze ganz still neben dir und We deine Hand." Doch Ernst wehrte ungeduldig ab. „Nein, Elsa, geh mit den Andern. Alles stört mich. Pch will allein sein." , „Nun ja, kleine Maus," sagte Herr von Kugler, der "Wichen Situation ein Ende machend, „dann wollen wir den Heimweg denken. Unsere Linda scheint sich ja vor trefflich zu amüsieren bei dem Mannsvolk da draußen," setzte er lachend hinzu. Da griff Ernst nach der Hand seiner Braut, einen langen Kuß darauf drückend. Dieser Kuß entschädigte das feinfühlige Mädchen für alle Unfreundlichkeiten des Nachmittags. „Ich komme morgen wieder," sprach sie tröstend, mit ihren Lippen die fieberheiße Stirn des Kranken berührend. „Und denke an freundliche Dinge z B. an unsere Zukunft, wie es schön sein wird, wenn wir immer beisammen sein können." „Wann wird das sein?" seufzte Ernst betrübt. „Bald," sprach die liebliche Stimme, o glaube daran, bald!" „Ich kann nicht darau glauben, so lange ich hier liege," rief Ernst ungeduldig aus. Otto kam seiner Kusine zu Hilfe, indem er sagte: „Ich glaube, du hast Fieber, alter Kerl. Du solltest dich nicht so aufregen." „Ach, schadet ja nichts," knurrte Ernst den Freund an. „Wenn nur erst die dumme Wunde geheilt wäre. Ich möchte bald heiraten, möchte mit meinem Weibchen zusammen sein, immer. Nicht wahr, Papa, sobald mein Bein besser ist, kriege ich sie doch?" stieß er heftig atmend heraus. „Sicher, wenn Elsa will. So'n alter Papa hat gar nichts drein zu reden. Der darf nur immer seinen väter lichen Segen geben. Mach nur, daß du 'raus kommst." „Siehst du, Elsa, Papa hat dieses Mal nichts dagegen. Nun mögen sie mir' immer ein Stück von meinem Bein wegschneiden; aber ich will bald gesund werden. Auf ein Stück mehr oder weniger kommts ja nicht an." In aufgeregter, lauter Weise wurde das alles hinter trockenen Lippen hervorgestoßen. Die Augen flackerten, die Hände fuhren unruhig umher. Elsas Herz guoll über von Mitleid. Sie beugte sich über den Leidenden, legte lindernd ihre kühle Hand auf seine Stirn und flüsterte ihm zu: „Schlafe wohl, mein Ernst, träume von mir!" Sie gingen. In der Türe stehend, wandte sich Elsa noch einmal zurück. Ihr Auge umfaßte lange die einst kraftvolle Gestalt auf dem Schmerzenslager, ihr Blick ward verschleiert von aufsteigenden Tränen. „Auf Wiedersehen, mein Ernst!" rief sie ihm noch ein mal zu. „Auf ein frohes Wiedersehen morgen!" Draußen winkten sie Linda. Diese kam strahlend herbei. „Gott, dieser Stabsarzt, was für ein reizender. Mensch! Ich bin ganz hingerissen." Diese Worte wurden mit einem koketten Seitenblick auf Otto begleitet. „Es ist fchade, daß wir schon fort sollen. So ein bischen Flirt ist zu interessant. Unser Otto" — ein leichter Schlag auf desfen Arm folgte dabei — „ist so ein würde voller Mensch, da hat man gar nicht den Mut, ein lustiges Tönchen zu riskieren. „O bitte, Linda, riskieren Sie immer Ihre „Tönchen"," gab Otto dem mutwillgen Mädchen zur Antwort. Da der Stabsarzt Doktor Fleischer sich zu der kleinen Gesellschaft gesellte, verzögerte sich der Aufbruch noch etwas. Ein lustiges Wortgeplänkel Hub an, welches damit endete, daß Doktor Fleischer sehr liebenswürdig von Herrn von Kugler aufgefordert wurde, sie nach Steglitz zu begleiten. Er willigte gerne ein, da das allerliebste, lebensfrohe Mädchen, das er nun schon mehrere Male das Vergnügen gehabt hatte, zu sehen, einen tiesen Eindruck auf ihn gemacht hatte. Unterwegs fand Elsa Gelegenheit, den Arzt über den Zustand des Verlobten zu befragen. Dieser zuckte die Achseln. „Ich kann Ihnen nicht verhehlen, gnädiges Fräulein, daß Herrn von Rethwischs Zustand immer noch ein schwieriger ist. Nicht hoffnungslos," setzte er schnell hinzu, als er das Erschrecken der jungen Dame sah. „Das Bein macht uns Sorge. Wir wollen es retten, wenn es möglich ist. Fieber ist bei starken Schmerzen niemals ausgeschlossen. Das war nicht sehr ermutigend. Gute Pflege würde natürlich viel zur Erholung beitragen. Dem Fieber schien Doktor Fleischer keinen großen Wert beizulegen. Das war Elsa lieb, denn gerade diese Erscheinung hatte ihr Angst gemacht. „Du solltest dich wirklich keiner zu großen Sorge hin geben," riet Otto wohlmeinend. „Daß Ernst auf die Länge ungeduldig wird, ist zu verstehen." Auch die anderen suchten Elsas Bedenken zu zerstreuen. Besonders Doktor Fleischer erklärte, daß vorläufig der Zustand nichts zu wünschen übrig lasse. Alle diese Vorstellungen verfehlten denn auch auf Elsa ihre Wirkung nicht, so daß sie sich freier an der Unterhaltung beteiligen konnte. Elftes Kapitel. Papa Kuglers joviales Naturell kam bald über die kleine Mißstimmung weg, in die das Benehmen des Schwieger sohnes ihn versetzt hatte. Die Gegenwart des lebensfrohen jungen Paares wirkte belebend auf ihn. Er war stets gern, wo frohe Menschen weilten. Doktor Fleischer ließ es weder an zarter Rücksichtnahme der Braut des Verwundeten gegenüber fehlen, noch legte er seinen Neckereien und lustigen Reden der hübschen Linda gegenüber Zügel an. Das war ein Lachen und ein fröhliches Plaudern, au Leid und Schmerzen dachte Linda nicht gern. Das lustige Geplauder Lindas und ihre strahlende Miene tat Otto weh, sobald er in das liebliche Gesicht Elsas blickte mit dem verlorenen Blick. Denn Elsa fühlte sich angegriffen, gerade weil sie mit dem Verlobten litt, seine Qualen mit ihm fühlte und doch nichts weiter tun konnte als trösten. Als sie das Haus betraten, rief Herr von Kugler seiner Frau entgegen, die mit freundlichem Gesichte die Ankommenden begrüßte: „Du, Jettchen, ich habe einen Gast mitgebracht. Herr Doktor Fleischer gibt uns die Ehre, eine Tasse Tee mit uns zu trinken." „Gnädige Frau," nahm Doktor Fleischer sofort das Wort, „ich bitte, mir mein Eindringen nicht übel zu nehmen. Herr von Kugler war so liebenswürdig, mich einzuladen" — „Mitzuschleppen, gewissermaßen," fiel Linda lachend ein. Frau von Kugler reichte lächelnd dem Gaste die Hand. „Seien Sie mir willkommen, Herr Doktor. Einer Vor stellung bedarf es nicht, wir kennen uns ja schon vom Lazarett her." Die Damen begaben sich auf ihre Zimmer, während die Herren das Rauchzimmer des Hausherrn betraten, um sich bei einer Zigarre und einem Gläschen Wein gütlich zu tun. Linda legte beim Hinaufsteigen der Treppe den Arm um Elsas Taille. „Du, himmlisch ist er einfach," jubelte sie in ihrer leb haften Art. * Elsa sagte in einem leicht neckenden Ton: „Ich glaubte, du schwärmtest für Otto." „Nebenbei, gewiß," lautete die prompte Antwort. „Aber machen kann man nicht viel mit ihm, er ist so furchtbar ernst. So wie in der jetzigen Verfassung habe ich ihn sonst nicht gekannt, Himmel, er ging doch auf Scherze ein, lachte und gab auch manchen Witz zum Besten. Wir waren sehr vergnügt zusammen. Jetzt fürchtet man sich gar vor seinem strengen, ernsten Gesicht." „Das macht der Krieg mit seinem Jammer," meinte Elsa. „Ich freilich finde Otto nicht so sehr verändert. Ich meine, so wie jetzt war er immer." „Nein, so war er nicht," widersprach Linda. „Er war ein reizender Mensch. Wie hätte ich mich sonst wohl in ihm verlieben können. Und ich war in ihm verliebt." „Ihr wäret ein hübsches Paar gewesen," sagte Elsa ergeben. „Aber kein glückliches, wenn er nicht ein bischen heiterer geworden wäre. Solch Trübsalblasen liegt mir absolut nicht. Hell und heiter muß alles um mich herum sein." Auch Elsa hätte es hell und heiter um sich haben mögen. War sie doch im Sonnenschein ihres friedvollen Elternhauses ausgewachsen. Jetzt war der Sonnenschein geflohen. ES würde kein leichtes Leben an Ernsts Seite sein.