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Der eine Kaufmann stellte sich als Sebaldus Burkhard vor und legte ein ungebundenes Buch vor sich auf den Tisch, während der andere es vorzog sich in Schweigen zu hüllen. Der Ritter sprach mit einer seltenen klangvollen Stimme das Tischgebet, dem besonders die beiden jungen Leute mit ungeheucheltem Erstaunen znhörten. Nachdem die Suppe verzehrt war, flüsterte der Wirt beim Abtragen der Zinnteller Fridolin leise in das Ohr: „Ich darf es eigentlich nicht sagen — es ist mir streng verboten — aber weil Ihr ihn gerne sehen möchtet, den Doktor Luther — der Ritter ist es, der mit Eucham Tische sitzt." Der Angesprochene geriet in höchste Aufregung und wandte sich sofort zu seinen Kameraden, der tiefsinnig über seinen Teller hinwegsah und eigentlich nur wenig aß, indem er demselben gleichfalls leise zuraunte: „Er ist es selbst." „Wer denn?" fragte dieser betroffen zurück. „Der Doktor Luther." „Der Ritter? Wer sagt das?" „Der Wirt." „Du wirst falsch gehört haben — Luther ist seit dem Wormser Reichstage verschollen im ganzen Reiche, getroffen von der Acht des Kaisers und nun sollte er hier auftauchen in der entlegenen Herberge einer friedlichen Stadt — mitten im Herzen des Reiches. Du hast den Namen verwechselt — es wird der Hutten sein." Der andere Schweizer begann nun auch an der Richtig keit der Worte des Wirtes zu zweifeln. Der Hutten konnte es schon eher sein. „Was ist das für ein Buch, was Ihr da vor Euch aus dem Tische liegen habt?" fragte der Ritter jetzt den Kaufherrn. „Es ist Doktor Luthers Auslegung der Evangelien und Episteln, erst neu gedruckt und herausgegeben. Habt Ihr sie noch nicht gesehen?" „Ich denke," entgegnete der Ritter, „sie werden mir auch noch zukommen." Diese Worte bestärkten die Schweizer in ihrem Zweifel an der Person Luthers, und daher sagte der eine zum anderen: „Es ist der Luther nicht, der müßte doch seine eigenen Schriften kennen." Die Abendmahlzeit zog sich unter gleichgültiger Unter haltung hin; vergebens suchten die beiden jungen Schweizer von dem Ritter ein Wort zu erhaschen, das ihren Zweifel über seine Persönlichkeit behoben hätte, aber vergebens, und schließlich glaubten sie überzeugt zu sein, daß es Hutten und nicht Luther war. Der Wirt kam auf Aufforderung herbei, um das Geld für das Nachtmahl einzusammeln. Die beiden Studenten machten dabei etwas verlegene Gesichter und zogen schüchtern ihre schmalen Beutelchen. „Steckt sie nur wieder ein," schmunzelte der Wirt, in dem er auf den Ritter deutete, „es ist schon entrichtet." Da schritt Fridolin auf den Ritter zu, um ihm für seine Freigebigkeit zu danken. „Ich bin diesen Abend in meiner Person verkannt worden," sagte der Ritter. „Seid Ihr nicht Hutten," fiel Fridolin rasch ein, die Gelegenheit ergreifend, um die Wahrheit zu erfahren. „Der bin ich nicht." „Aber der Doktor Martinus Luther," fiel der Wirt rasch ein, der noch mehr vor Neugierde brannte, wie die jungen Leute." „Die halten mich für den Hutten, Ihr mich für den Luther, bald werde ich wohl Markolsus werden." Markolsus war der Name einer komischen Person in den damaligen Fastnachtsspielen. Nachdem er dies gesagt hatte, stand der Ritter auf, nahm sein abgelegtes Oberkleid wieder über die Schulter und schickte sich an, sich zur Nachtruhe zu begeben. „Wenn Ihr nach Wittenberg kommt, so grüßt mir den Hieronymus Schürf!" rief er beim Fortgehen noch den beiden Schweizern zu. „Das wollen wir schon gerne tun, aber wie sollen wir Euch nennen, wenn wir den Gruß bestellen?" „Sagt weiter nichts, als der da kommen wird, läßt euch Grüßen, so wird er die Worte sogleich verstehen." Mit diesen Worten, die seine Person noch rätselhafter machten, verließ der Ritter, von der ihm voranleuchtenden Magd geleitet, die Wirtsstube. Die beiden Kaufleute waren zuletzt nicht mehr anwesend gewesen, sondern nach dem Stalle gegangen, um nach ihren Pferden zu sehen. Jetzt kamen sie wieder zurück und bestellten beim Wirt einen Nachttrunk. Auch ihr Gespräch drehte sich um den rätselhaften Gast, der Ritter und Gelehrten in einer Person vereinigte, und sie waren neugierig, zu erfahren, wer er eigentlich sei. Als sie von den jungen Leuten hörten, daß der Wirt die Möglichkeit ausgesprochen habe, es sei kein anderer als Doktor Martinus Luther, wandten sie sich, als derselbe eine Kanne Gewürzwein hereinbrachte, sofort an denselben mit den Worten: „Ist es wahr, daß Ihr heute Abend den Doktor Luther in Euern Mauern beherbergt?" Der Wirt war zunächst verlegen, denn so ernsthaft hatte er seine Worte dem jungen Schweizer gegenüber gar nicht gemeint, sondern mit Rücksicht auf die Fastnacht sich vielmehr einen Scherz erlauben wollen. Er wollte sich aber nun keine Blöße geben und nickte mit dem Kopf, im stillen hoffend, daß der geheimnisvolle Gast doch der Martinus Luther sein könne. Nun war die Aufregung auch bei den Nürnbergern groß. „Warum habt Ihr uns das nicht eher gesagt," über schütteten sie den Wirt mit Vorwürfen. „Wir hätten uns ganz anders gegen ihn betragen und mit ihm reden können, wenn wir nur ein Sterbenswörtchen davon gewußt. Nun wollen wir aber sofort zu Bette gehen, um morgen früh um so früher aufzustehen, ehe er gar schon wieder wegreitet. Eine solche Ehre kann uns ja nicht gleich widerfahren, mit dem Luther gesprochen zu haben, der so mutig vor dem Kaiser und vielen Großen in Worms Rede und Antwort gegeben hat." Nach den beiden Nürnberger Kaufleuten begaben sich auch die beiden jungen Schweizer bald zur Ruhe. Fridolin hatte die Gelegenheit gesucht und auch gefunden, mit der schönen Wirtstochter heimlich noch ein paar Worte aus zutauschen. Er war überglücklich gewesen, als ihm Käthchen erklärt hatte, daß sie gar kein Verlangen mehr nach den Fastnachtstanz hatte und daher zu Hause geblieben. Bald lag tiefe Ruhe über den „Schwarzen Bären" ausgebreitet. Kein Lichtschimmerchen war mehr zu'sehen; nur im Stalle war zuweilen ein leichtes Geräusch, von den Pferden der beiden Kaufleute und des Ritters herrührend, zu hören. Fortsetzung folgt. 2m ksrblt 1917. Jüngst ging ich durch Äcker dem Walde zu So einsam in frühester Stunde. Da klang mir entgegen durch tiefe Ruh' Ein Ruf aus kindlichem Munde. Barhäuptig auf einem Acker ich sah Ein Büblein von fünf bis sechs Jahren. Hell schallte sein Stimmlein: „He, Russo, da!" And herrisch fast war sein Gebühren. Spreizbeinig stand es in der Furche dort, Die Füße so fest in der Erde. Einem Kriegsgefangenen galt sein Wort, Der da wartet mit Pflug und Pferde. Gehorsam ackert der Russe dann los Im Feld, wie das Büblein ihm sagte. Doch kurze Antwort wurde mir bloß, Als nach den Seinen ich fragte. „Der Vater?" „Im Feld." „Die Mutter?" „Im Haus. Das Feld mutz der Russe uns pflügen, Datz neue Ernte wachs' wieder heraus; Wir müssen aushalten und siegen." Dann sah er wieder zum Russen scharf hin, Lietz gar nicht mehr weiter sich stören. Doch mir kam der Knabe nun nicht aus dem Sinn, Sein „Russo" glaubt' ich zu hören. Das war ein Erleben so stark und schön, Erhebend in klagvollen Zeiten, Ein frohes Schauen in sonnige Höhn, Ein Ausblick in glückhafte Weiten. Mein Deutschland, latz nie einen Augenblick Dein Pflügen und Ernten verschieben. Dann kann auch nimmer ein feindlich Geschick Dir die Zukunftshoffnung verstieben. Wir halten daheim und draußen fest stand. Der Feind mutz das Feld uns bebauen. So kommen wir nicht in Knechtschaft und Schänd' And werden den Sieg bald erschauen. Rückt wieder der Sommer dem Erntetag Mit goldener Sonne entgegen, Dann wird uns kein schwerer Gewitterschlag Mehr rauben des Weltfriedens wegen. Paul kau. Zwei Frauen von KUdung. Roman von E. Willkomm. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Eine Pause entstand; die Erinnerung an die Vergangenheit schmerzte den Kammerherrn und der Bankdirektor, welcher dies wohl bemerkte, wollte vermeiden, noch weiter auf diese weit zurückliegende Zeit zurückzugreifen und dadurch den die Zukunft fassen. Fortsetzung ohnehin in großer Aufregung befindlichen Kammerherrn f noch heftigere Gemütsbewegung hineinzutreiben. „Lassen wir die Vergangenheit ruhen," sagte endli der Bankdirektor, „da Geschehenes niemals ungeschehen machen ist und es Ihnen nur peinlich sein kann, an D fachen erinnert zu werden, welche nicht von Ihnen all« verursacht worden sind. Ich persönlich würde Ihnen st gerne helfen, Herr Baron, wie aber ich im Augenblick! Verhältnisse beurteilen kann, würde dies ein Opfer erheW welches zu tragen ich im Jntereffe meiner Familie m auf mich nehmen kann." Herr v. Königsheim vermochte sich nur mit Mühe auM zu erhalten, als er durch diese Worte des BankdireM seine letzte Hoffnung schwinden sah. Er konnte demseN aber durchaus keinen Vorwurf machen, denn wie konnte^ verlangen, wo er heute der Bank schon zehntausend M schuldete, die nach den Worten des Kommerzienrates s^ so gut wie verloren waren, daß die Bank ihm, dem SpieH der sein ganzes Vermögen leichtsinnig vergeudet hatte, Treu und Glauben noch weitere Summen vorstreckte? „Ich sehe ein, ich verlange zu viel von Ihnen, M Kommerzienrat," sagte der Kammerherr endlich mit tonN Stimme, sich zum Gehen wendend. „Mir ist nicht M zu helfen, so mag denn das Verhängnis seinen Lauf nM und über mich hinwegschreiten und mich zermalmen. A meine armen, unschuldigen Kinder dauern mich, die so plM aus ihrem bisherigen Dasein herausgerissen und hinH geschleudert werden in die Armut, welche sie bisher nicht dem Namen nach kennen gelernt haben." „Nur nicht gleich verzagen, Herr Baron. Denken A doch an die vielen Millionen Menschen, die auch ganz glückH und zufrieden leben, ohne sich gerade im Ueberfluß zu besing und über großes Vermögen zu verfügen. Da denke eben daran, hat Ihr Schwiegervater, der Geheimrat v. MH der doch für sehr reich gehalten wurde, seiner Gattin seiner einzigen Tochter nicht ein größeres Vermögen hiE lassen? Mit diesem Erbteil Ihrer Gattin müßten Siel" doch jetzt arrangieren können?" Der Kammerherr lachte laut auf; dieses Lachen kN aber so grell, so unnatürlich und schauerlich, daß der M direktor betroffen auf seinen Besucher schaute. „Faule Aktien!" rief Herr v. Königsheim dann. „Was wollen Sie damit sagen, Herr Baron?" „ „Mein Schwiegervater hat allerdings außer einem siM Kapital von zehntausend Mark, welches kür meine beiH Kinder zu gleichen Teilen bestimmt ist, noch ein VernE von achtzigtausend Mark hinterlassen — aber dasselbeH wie mir Justizrat Hauenstein, der TestamentsvollstE mitteilte, in Bergwerksaktien angelegt, die heute vollstä^ wertlos sein sollen und keine Dividende abwerfen." Der Bankdirektor pfiff leise durch die Zähne und nM eine abwährende Geste. „Auch wieder so ein Fall, Herr Baron. Der HaiE des Herrn Geheimrat verschlang früher auch große SuiE und um sein Einkommen zu vergrößern griff er zu eN! der bedenklichsten Mittel — er kaufte Aktien, die, wisid eben häufig geschieht, seiner Zeit vielleicht künstlich in^ Höhe getrieben und als gewinnbringend angepriesen wurdet und die Folge davon ist, daß er nun alles verloren A Hätte er sich mit soliden Staatspapieren begnügt, auch sein Vermögen in sicheren Hypotheken angelegt, ihm dieser Verlust jedenfalls erspart geblieben." , „Wie er nur auf diesen Gedanken kommen konnte?^ „Herr Barow, das Bestreben, auf diese Weise das kommen zu vermehren, ist weit verbreitet und ich als BE widerspreche einer Kapitalsanlage in Aktien durchaus n>^ nur muß dies mit der nötigen Vorsicht geschehen und U darf man nicht alles auf eine Karte setzen, wie der leN schaftliche Spieler." ,, Der Kammerherr begriff wohl die Absicht des Kommers rates, die in seinen letzten Worten lag und sagte beschämt: „Wie ich es leider getan habe; ich kann daher mcN seligen Schwiegervater durchaus keinen Vorwurf maA und ich muß mich mit den Tatsachen abfinden, daß ", seiner Hinterlassenschaft vorläufig nichts zu erhoffen is'^ „Ein Unglück kommt selten allein, Herr Baron, H müssen Sie jetzt an sich selbst erfahren. So verworren HA Verhältnisse auch zu sein scheinen, so müssen Sie sich zu einem Entschluß aufraffen und einen festen Plan l Anna geb. Seifert. Siegmar, den 21. Oktober 1917. '^ür die uns anläßlich unserer ttrlegstrauung dargebrachten Aufmerksamkeitm und Geschenke sagen wir — nur hierdurch — allen unsern innigsten Dank. Gefr. Otto Ebert und Hrau wte a/r/w/s/Zc/! aZZe/r ^e^ZZewL/e/r Oa/rä. L^a/W >07/ FsS. /^Zc/re/r-zn/rw, wen 2S. 79/7. 1V Wim Kortssselii auf Landeskartosfelkarten suchen zu kaufen Maschinenfabrik I». I-Sivkssni-ing L vo. G. m. b. H. Reichenbrand. Arzigftr. 11. Ein noch guterhaltener Herren-Anzug für mittlere Statur zu taufen gesucht. W. Ang, unt. V. s an die Gesch. d. Bl. Lin LssentrSgerdeckel von der Bahnbrücke Siegmar bis Gast haus Reichenbrand verloren. Gegen Belohnung abzugeben Reichenbrand, Teichstraße 16. N^aal>N1*ak "on Stopps Kino bis Schokoladen-Geschäft Selbmann vorigen Freitag verloren. Bitte abzugeben Siegmar, Hofer Str. 49, Laden. 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