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5. a) Still ist die Nacht. Fr. Otto. Still ist die Nacht, iu sanfter Pracht Entglimmt das Heer der Sterne; Ich irr’ allein im tiefen Hain, Yon euch, ihr Lieben, ferne. Wo ist ein Herz, das Lust und Schmerz Und Wehmuth mit mir theilet, Und gern bei mir, im Dunkel hier, Wo alles schlummert, wellet? Du Wiederhall tönst nur den Schall Von meinem Klagen wieder, Doch Niemand bringt mir Trost, und singt Der Freundschaft süsse Lieder. R. L&u-ewtein. b) Ständchen. •/v Wittm Wenn du im Traum wirst fragen: Wer pocht an’s Fensterlein? Dann wird der Wind dir sagen: Ich bin’s! o lass mich ein! Dem Liebsten ist nach dir so bang, Ich bring’ dir Gruss und Kuss und Sang. Schlumm’re süss, schlumm’re süss! Wenn du im Traum wirst fragen: Was will so heller Schein? Dann wird der Mond dir sagen: Ich bin’s! o lass mich ein! Ich komm’ von Einem, der noch wacht, Der für dich betet jede Nacht. Schlnmm’re süss, schlumm’re süss! Wenn du im Traum wirst fragen: Woher so süsser Schall? Wird dir ein Yöglein sagen : Ich bin’s! die Nachtigall. Yon Lieb’ und Sehnsucht sing’ ich laut, Bis dass dein Aug’ den Morgen schaut. Schlumm’re süss, schlumm’re süss! 6. Kaiser Karl in der Johannisnacht. Friedrich Hegar. (Am südlichen Thurm des Münsters in Zürich ist in einer Nische eine durch ihr Alter ehrwürdige Biidsiiule Kaiser Karl des Grossen angebracht, lieber der Nische wölbt sich ein gothischer Baldachin, unter welchem der Herrscher ernst und hoheitsvoll auf die Stadt und die Lande hinausblickt.) Johannisnacht ruht auf der schweigenden Welt, Die Sterne flimmern am Himmelszelt, Im funkelnden Glanze durch Busch und Au’ Huscht Elfenspuk in Tann’ und Than. Des Mondes magischer Silberglanz Flicht einen leuchtenden Blüthenkrauz Wohl über Thäler und Bergeshöh’, Wohl über Stadt und Fluss und See. Hoch ragt des Münsters Tinirmepaar, Umspielt von Schatten und Lichtem klar, Yom stolzen gothischen Baldachin Schaut Kaiser Karl auf die Lande hin. Johannisnacht hüllt die Schläfer ein Und öffnet der Sage goldglänzenden Schrein, „Fernher über See und rauschenden Fluss Zieh’n -wispernde Stimmen, klingt Wort und Gruss, Durch stille Strassen dröhnt klirrender Schritt, Yon den Häusern hallt reisiger Rosse Tritt, Gestalten umschweben des Kaisers Bild.“ Wie schimmert die Krone, das Schwert und der Schild! Nun hebt er sich selber vom uralten Thron, Des einigen Deutschlands gewaltiger Sohn, Und steigt herab vom erhelleten Dom In die Stadt und zum brausenden Limatstrom. Da klingen die Glocken durch’s schlummernde Land, Bewegt von unsichtbarer Geister Hand, Und über der Fluthen melodischem Chor Der Kaiser hebt segnend die Hände empor; „Zieht hinaus, ihr Wogen, zum Rheiuesstraud, Zieht hinaus in’s schöne, in’s deutsche Land, Stimmt an mit der Wellen aufjubelndem Klang Yon Treu’ und Ehre den ewigen Sang!“ Da schweiget voll Ehrfurcht der eherne Laut, Zum Throne empor steigt der Kaiser traut, Es schwinden die Stimmen, die Töne sacht — Und golden ruht die Johannisnaeht. 8. a) Die Ehre Gottes aus der Natur. Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre, Ihr Schall pflanzt seinen Namen fort. Ihn rühmt der Erdkreis, ihn preisen die Meere, Yernimm, o Mensch, ihr göttlich W r ort! L. v. Beethoven (oj>. 48, No. 4). Wer trägt der Himmel unzählbare Sterne? Wer führt die Sonn’ aus ihrem Zelt? Sie kommt und leuchtet und lacht uns von ferne Und läuft den Weg gleich als ein Held.