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13. Zwei Vorschläge des Sparkassenausschusses in Verwaltungs sachen erhebt man, zum Beschlusse. 14. Vom Erlasse eines Polizetverbotes wegen Verabreichung geistiger Getränke an Kinder wird zur Zeit abgesehen. 15. erklärt der Gemeinderat Zustimmung zum Erlasse eines Polizeiverbotes, den Gottesacker betreffend, in der vorliegenden Fassung. L. Nichtöffentliche Sitzung. 16. erfolgt Schätzung eines Grundstückes zu Zuwachssteuerzwecken. 17. wird die Einleitung eines Nachzahlungsverfahrens zu den Gemeindeanlagen beschlossen. 18. werden einige Gemeindeanlagenreklamationen erledigt. Sitzung des Gemeinderates zu Rabenstein vom 11. November 1913. Anwesend: Der Gemeindevorstand und 21 Mitglieder. 1. wird Kenntnis genommen: ») von einem Abkommen mit 4 Grundstücksbesitzern wegen Anschlusses an die Gemeindewasser leitung ; b) von dem Sachstande der Verhandlung mit dem Elektrizitäts werk Oberlungwitz wegen Erweiterung der Straßenbeleuchtung; c)von der Aufnahme eines Einwohners in den Sächsischen Untertanenverband; <i) von dem Dankschreiben der Kgl. Amtshauptmannschaft für ein Geschenk für das Bezirkskrankenhaus; es von der Höhe der Verpfleg- und Kurkosten für Kranke im Bezirkskrankenhaus; t) von der un vermuteten Revision sämtlicher Gemeindekassen und der Sparkasse, welche ein durchaus befriedigendes Resultat und keinerlei Anstände ergeben hat; g) von dem Eingänge des neuen Gemeindesteuergesetzes und der Anleitung hierzu sowie der Verfügung der Kgl. Amtshaupt mannschaft, wonach die neue Steuerordnung bis 1. Juli 1914 ein gereicht sein muß; K) von der ersten Abschlagszahlung des aufzu nehmenden Darlehns in der Wasserleitungsbausache; l) von dem Bericht über die Besichtigung der Kläranlagen bei Leipzig; k) von dem Ergebnis der im hiesigen Orte erfolgten Arbeitslosenzählung; I) von der Tagesordnung für die Generalversammlung des Gemeinde versicherungsverbandes Leipzig; m) von der Zustimmungserklärung der Besitzer der Privatwasserleitung in der Villenkolonie; n) von dem Sachstande der Verhandlungen wegen Verlängerung des Vertrages mit der Elektrizitütsgesellschaft in Oberlungwitz; o) von dem Jahres und Rechnungsbericht rc. des Büchereiausschusses der Dolksbibliothek. 2. von den vom Armenausschuß gemachten Vorschlägen, die Unterbringung von Personen m die Königliche Landesanstalt, in das Bezirksstift bez. in die Pfleglingsabteilung, sowie Erhöhung einer Unterstützung, wird genehmigend Kenntnis genommen; 3. in 2 Bausachen werden die aktenkundig gemachten Bedingungen gutgeheißen und die Befürwortung einer Ausnahmebewilligung von den ortsgesetzlichen Bestimmungen beschlossen. 4. in der Wasserleitungsangelegenheit nimmt man von ver schiedenen Eingängen Kenntnis, genehmigt das Abkommen mit einem Grundstücksbesitzer sowie die Verpachtung von Areal am Hochbehälter. 5. wird die Bedürfntsfrage zu einem Gesuche um Erweiterung der Schankkonzession einstimmig anerkannt; 6. in einer Wertzuwachssteuersache werden die geforderten Fest setzungen getrosfen. 7. die Innenleitung fürs Rathaus wird nach den vorhandenen Anschlägen unter noch zu vereinbarenden Bedingungen Herrn Klempner meister Winter übertragen. 8. von dem beabsichtigten Schieferbeschlag der neuen Friedhofs halle nimmt man Kenntnis und überläßt ordnungsgemäß dem Kirchenvorstand die weitere Erledigung. 9. ein Gesuch um Anstellung als Gemeindebeamter und Erteilung der Pensionsberechtigung läßt man z. Zt. auf sich beruhen. 10. von dem Anschluß an das Verbandsgaswerk Siegmar und Amgegend sieht man, nach eingehender Debatte und unter Darlegung der hier in Bettacht kommenden Verhältnisse, zur Zeit ab. 11. werden verschiedene Steuererlaßgesuche zur Erledigung gebracht. Oertliches. Reichenbrand. In sehr dankenswerter Weise beabsichtigt der Gesangverein Harmonie in Reichenbrand zum Besten der Gemeinde krankenpflege heute Sonnabend Abends ^9 Uhr in dem großen Saale des Klobe'schen Gasthauses ein Wohltättgkeitskonzert zu ver anstalten. Die Darbietungen des mit Recht allgemein beliebten und aufstrebenden Vereins Harmonie, unter der trefflichen Leitung des Herrn Lehrer Reuter in Chemnitz, dürfen ein erhöhtes Interesse be anspruchen. Mitwirkende sind das Winkler'sche Damenterzett unter persönl. Leitung des Herrn Kirchenmusikdirektor Winkler aus Chem nitz, die Herren Lehrer Htecke (Rezitation) und Seidel (Klavier) aus Chemnitz. Im Interesse des guten Zweckes werden die Gemeinde glieder von Reichenbrand und Siegmar hierdurch herzlichst gebeten, durch zahlreichen Besuch dieses Konzertes einen erfreulichen Rein gewinn erzielen zu helfen. Näheres ist aus der Annonce in diesem Blatte zu ersehen. Rabenstein. In der diesjährigen Weihnachtsausstellung, die von jung und alt schon mit freudigster Erwartung begrüßt wird, werden diesmal neben Künstler-Steinzeichnungen und Kunstblättern einwandfreier Vervielfältigungsmethoden auch Ortginal-Aquarellbilder und Ähnliches von dem Chemnitzer Maler O. Prätorius zu sehen sein. Er bringt uns in seinen Bildern Motive aus unsrer engeren Heimat nahe, darunter auch unser Rabensteiner Schloß in verschiedener Stimmung. Ende November und im Dezember kommt eine Samm lung seiner Bilder, eine Reihe sächsischer Burgen U. a., im Kunst salon Gerstenberger zur Ausstellung, worauf wir empfehlend Hin weisen möchten. Mit der Ausstellung wird dies Jahr zum ersten Male eine Ver losung wertvoller Jugendschriften, künstlerischen Wandschmucks und anregenden Sptelgeräts stattfinden. Die Verlosung dient nur dazu, gute Bücher, Bilder und Spiele auf angenehme Art unter die Leute zu bringen und so dem Schund das Wasser abzugraben. Deshalb wird auch der gesamte Erlös aus dem Losverkauf in Gewinne um gesetzt. Es soll also kein Geschäft damit gemacht werden. Die zur Verlosung angekauften Gegenstände sind mit entsprechendem Vermerk versehen und kann sich jeder Besucher der Ausstellung davon über zeugen, daß sehr viele und nur wirklich wertvolle Gewinne zur Ver teilung gelangen. Da der Preis eines Loses nur 10 Pfg. beträgt, so wird wohl jeder Vater oder jede Mutter ihr Kind ein Los ziehen lassen. Die Besichtigung der Ausstellung bleibt nach wie vor un entgeltlich. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Reichenbrand vom 8. November bis 14. November 1913. Geburten: Dem Maschinen-Einarbeiter Eduard Leopold Drewitz 1 Sohn; dem Klempner Oskar Bruno Kaden 1 Sohn. Eheschließungen: Der Fabrikarbeiter Hugo Max Kemter, wohnhaft in Neukirchen mit Frieda Wally Tischendorf, wohnhaft in Reichen brand ; der Wirtschaftspächter Heinrich Albin Clausnitzer mit Anna Olga Wendekamm, beide wohnhaft in Reichenbrand. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zn Rabenstein vom 7. bis 13. November 1913. Geburten: Dem Handlungsgehilfen Max Eugen Heering 1 Tochter; dem Kirchner und Glöckner Ernst Otto Helbig 1 Sohn; dem Tischler Max Moritz Schöne 1 Sohn; dem Handlungsgehilfen Max Hugo Köhler 1 Tochter; dem Schuhmacher Johann Granzer 1 Tochter. Sterbefälle: Die Fabrikarbeiters-Ehefrau Anna Marie Schindler geb. Weber, 38 Jahre alt; der Handschuhwirker Eugen Emil Hof mann, 29 Jahre alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rottluff vom 7. November bis 13. November 1913. Geburten: Dem Fabrikpacker Friedrich Max Oettel 1 Tochter. Eheschließungen: Der Schneider Carl Otto Taubert, wohnhaft in Chemnitz, mit der Trikotagennäherin Clara Antonie Gersten berger, wohnhaft in Rottluff. Kirchliche Nachrichten. Paxochie Reicheubrand. Am 26. Sonnt, p. Trin. den 16. November 1913 Vorm- 9 Uhr Predigtgottesdienst. Montag Abend 8 Uhr Jungfrauenverein bei der Schwester. Dienstag Abend 8 Uhr Missionsverein. Mittwoch, den 2. Bußtag, Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst mit Abendmahl. Beichte Vr9 Ahr. — Nachm. 5 Ahr Abendkommunion. Donnerstag Abend 8 Ahr Nähabend. Parochie Rabenstein Sonntag, 16. November, 9 Ahr Predigtgottesdienst. Pfarrer Weidauer. 11 Ahr Kindergottesdienst. Hilfsgeistlicher Friedrich. 8 Ahr ev. Jünglingsverein im Pfarrhause. Mittwoch, 19. November (Landesbußtag). Vorm. 9 Ahr Predigtgottesdienst mit Kommunion. Pfarrer Weidauer. Nachm. 5 Ahr Abendmahlsgottesdienst. Hilfsgeistlicher Friedrich. (Anmeldung möglichst auf Zettel erbeten). Wochenamt vom 17.-23. November Pfarrer Weidauer. Achtung! Dienstag, den 18. November, 2 Ahr letzte diesjährige Mutterberatungsstunde in der Fürsorgestelle (Kirchschule.) Siiromödsl r uncl §rkrsib«sren kaufen Sie preiswert bei VovkI. Tiegmai», Nokei» Sti». Die Nachbarn vom Heideland. Roman von Ludwig Blümcke. (Fortsetzung). (Nachdruck verboten.) In der Tat regte Herminens Brief, in dem sie ihm kurz und kühl mitteilte, daß sie seiner überdrüssig und sich mit Thorö verlobt hätte, den Verwundeten lange nicht so auf, wie man hätte erwarten sollen. Wohl sprach aus seinem langen Schreiben, das der Vater bald darauf erhielt, ein ein tiefer Schmerz, aber zugleich auch die Erkenntnis, von der Lorenzen neulich gesagt. Er hätte lange geahnt, daß es so kommen würde, schrieb Hans. So selten, wie Hermine seiner während des Krieges gedacht, so kalt und gleichgültig, wie ihre Briefe waren, mußte er ja auch erraten, daß ihre Liebe nicht echt. In den nächsten Tagen sollte, so schrieb er in diesem Briefe weiter, mit vielen anderen Verwundeten nach Deutsch land transportiert werden, um in einer Lungenheilanstalt untergebracht zu werden. Würde es auch noch recht lange gewähren, bis die verletzte Lunge geheilt wäre, so durfte er doch zuversichtlich hoffen, daß es dahin käme. Acht Tage vor Weihnachten wurde Hermines und Thorös Hochzeit gefeiert und zugleich fand ein Abschiedsmahl für die getreuen Gäste statt, denn Frau Mathiesen hatte die Gastwirtschaft verkauft und wollte in den nächsten Tagen nach Flensburg ziehen. — Als die Neuvermählten aus der Kirche traten und von Gratulanten umringt wurden, da verfärbte sich des jungen Ehemanns glückstrahlendes Gesicht plötzlich, und die Hand, die er eben ausgestreckt, fuhr zurück, als hätte eine Biene sie gestochen. In dem Volkshaufen stand nämlich der Humpelhendrik, grinste ihn dummdreist an und wollte ihm eben auch seinen Glückwunsch mit salbungs vollen Worten aussprechen. Ach, daß es dabei nicht bleiben würde, war für Thorö unschwer zu erraten. Hermine konnte sich die jähe Veränderung, die mit ihrem Gatten vor sich gegangen, ganz und gar nicht erklären. Sie hatte auch nicht Zeit, viel danach zu fragen, oder darüber nachzudenken, denn es galt, all den Gratulanten, die ihr in ihrem Hochzeitsstaat huldigten, doch wenigstens durch ein Kopfnicken zu danken. Ja, so eine stattliche Braut hatten die biederen Arendruper noch niemals zuvor gesehen. Das funkelte und glitzerte nur so von goldenen Ketten und allem möglichen kostbaren Schmuck. — Heute wollte die stolze Schöne es einmal allen zeigen, was sie konnte, daß ihr keine in der Gegend gleichkam. Und in der Folgezeit sollte man erst recht Augen machen, denn sie wollte an luxuriösem Auftreten auch die vornehmsten im Lande überbieten. Bei dem Vermögen ihres Gatten war das ja eine Kleinigkeit. Und in dieser Beziehung alle ihre Wünsche zu erfüllen, hatte er ihr tausendmal versprochen. Auch während des Mahles, wo alles in gehobenster Stimmung scherzte und lachte, vermochte Thorö nur mit Mühe ein einigermaßen heiteres Gesicht zu zeigen. Der Gedanke an Hendrik vergällte ihm eben alle Freude. Er hörte in einem Nebenzimmer des Hausierers häßliche, krächzende Stimmen wiederholt deutlich heraus, und dann durchrieselte es ihn jedesmal eisigkalt. Falls Hendrik Ewald Lorenzen wieder zurückzitierte, was ihm ja ein Leichtes war, wenn er sich diesem als Zeugen kund tat, dann gab es für ihn keine ruhige Minute mehr, soviel wußte der Müller ganz genau. Selbstverständlich hatte sich Hermine auch eine standes gemäße Hochzeitsreise ausbedungen, und zwar nach Hamburg und von dort nach Berlin. Sie fühlte nicht das Bedürfnis, während des Weihnachtsfestes in ihrem eigenen Heim zu sein. Theater und Konzerte wollte sie besuchen, das Groß stadtleben genießen, wie es eine reiche Dame eben kann. Nach dem Mahle sollte die Reise sofort angetreten werden. Der Kutschwagen stand schon bereit und ein Gepäckwagen desgleichen. Als die Neuvermählten sich zum Aufbruch rüsteten, da drängte Hendrik sich durch die Musikanten, winkte Thorö vertraulich mit der Hand, als wäre es ganz natürlich, daß der ihm auf den Wink gehorchen müßte und sagte: „Hören Sie mal, Sie glücklicher Ehegatte, ich habe da ein Mittel, das Sie mir unbedingt abkaufen müssen. Es hat den Zweck, daß Ihre Gattin Ihnen immer treu bleibt." Diese von einem schallenden Gelächter begleiteten und auch von dem jungen Ehemann scheinbar als guter Witz aufgenommenen Worte hörte man im Saal, was der Hausierer dann aber Thorö ins Ohr raunte, verstand niemand. Es schien aber nichts Angenehmes zu sein. Die beiden traten darauf in ein Nebenzimmer, und Hendrik sprach mit seinem teuflichen Grinsen: „Ja, ja, Freundchen, Sie wundern sich, daß ich doch wieder da bin, trotzdem Sie mich zum Teufel wünschen, Hat alles seine Gründe. Der Verwandte, bei dem ich wohnen wollte, ist gestorben und hat mir nichts hinterlassen. Nun muß ich, so gebrechlich wie ich bin, doch noch in der Welt umherwandern wie der ewige Jude. Aber Sie sehen mich bei meiner Ehre wahr und wahrhaftig jetzt unwider ruflich zum allerletztenmal, wenn Sie mir die Kleinigkeit von — nur 200 Talern geben." Als hätte er es gar nicht gehört, daß Thorö eine schwere Beleidigung gegen ihn ausgesprochen, fuhr er hastig fort: „Ich will natürlich Ihr Eheglück nicht stören. Ginge ich noch heute zu Ewald Lorenzen, der gebe mir 300 Taler, gerade so viel hat er sich erspart, der fleißige Mensch, wenn ich sagte: Ein Wort aus meinem Munde und deine Ehre ist gerettet, du darfst zu deinem alten Vater und du darfst Rache üben. Ich sage, er täte es." In dieser Sekunde war ein neuer teuflischer Plan in Thorös Seele gefaßt: „Diesesmal soll er seinen Willen noch haben, tritt er mir aber noch einmal in den Weg, dann ermorde ich ihn. Hätte ich Zeit, so täte ich es jetzt schon. Wie ich Lorenzens Schweine vergiftet habe, so werde ich auch dieses Tier da beiseite schaffen!!" Das dachte er und ungefähr so sprach er es auch offen aus, während er ein Bündel Banknoten aus seiner Brusttasche hervorzog und 200 Taler auf den Tisch warf. Gierig riß der Lumpenhendrik das Geld mit seinen schmutzigen Krallen fingern an sich und mit heißerem Lachen humpelte er davon. Ungeduldig trat gerade in diesem Augenblick Hermine herein und fragte in sehr energischem Ton, was ihr Gatte mit dem Lumpenhendrik vorgehabt. Thorö lachte laut auf und erwiderte: „Wollte dem armen Schelm doch auch eine Freude machen, darum ließ ich mir seine Liebestränklein zeigen und hörte seine Verrücktheiten geduldig an." Hermine schien wenig befriedigt von dieser Antwort. Sie glaubte sie offenbar nicht, doch sie hatte es eilig, darum verschob sie weitere Fragen auf später. Vier Wochen später kehrte das junge Paar von der Hochzeitsreise zurück und hielt seinen Einzug in das festlich geschmückte „Herrenhaus", wie die Arendruper es nannten- Die frühere Haushälterin blieb als Mamsell bei Thorös und tat, was Hermine sehr kränkte, vom ersten Tag an, als wäre sie eigentlich die Herrin. — Kein Mensch ui' Arendrup konnte ahnen, wieviel Differenzen und häßliche Szenen es schon auf der Hochzeitsreise zwischen den Ehegatten gegeben. Hermine sah mehr und mehr ein, daß sie die Rolle nicht würde spielen können, von der sie geträumt, und daß ihr Mann sie tausendmal belogen. Verzogen, wie sie war, suchte sie durch ihren Trotz zu erreichen, was Schmeicheleien nicht durchzusetzen vermochten. Wenigo Wochen nach ihrer Rückkehr sollte ihnen eine recht unliebsame Ueberraschung zuteil werden. Schrieb da die Mutter aus Flensburg, sie hätte die Bekanntschaft eines gutsituierten Herrn ihres Alters gemacht und wäre gesonnen, denselben zu heiraten, da sie der Einsamkeit überdrüssig wäre. Der gutsituierte Herr war Thorö als ein großer Verschwender recht wohl bekannt. Kein Wunder, daß er die Absicht seiner Schwiegermutter keineswegs billigte und so wenigstens einmal in einem Punkte mit seiner Gatlin eines Sinnes war. Seit Thorö Herr und Gebieter auf dem Eichhof und Hinrichsen als Pächter von seiner Gnade und Ungnade abhängig war, da zeigte es sich, wie Lorenzen genau vorher gesagt, nur zu bald, daß hier dasselbe Spiel wie auf dem Moorhof begann. „Wenn der Himmel kein Wunder tat", sagten die Leute, „dann können die beiden getreuen Nachbarn und Freunde zum Frühjahr betteln gehen." Ach, die beiden waren sich vollkommen klar über ihre Lage. Hinrichsen war nüchtern geworden, es gab Tage, wo er Heller sah als in der Zeit seiner Vollkraft. — Dann schämte er sich seiner Blindheit.und bat Lorenzen sein Unrecht ab. Aber sein Schicksal war besiegelt. Es ließ sich nichts mehr daran ändern. Ein Trost in allem Leid war den Getreuen auf dem Eichhof, daß es Hans gut ging in dem Erholungsheim. Freilich würden noch Monate vergehen, schrieb er, bis man ihn in die Heimat entlassen könnte. — Frau Mathiesens Krug besaß jetzt ein biederes, unschein bares Männlein, das recht schlechte Geschäfte machte. Thorö kehrte nur selten bei ihm ein, da ihm die Wirtschaft jetzt nicht mehr vornehm genug schien. Als er an einem trüben Märztag seinen häuslichen Aerger mit verschiedenen Gläsern heißen Grogs hinwegzuspülen gedachte, betrat er wieder einmal das Herrenzimmer des Wirtshauses und zeigte sich dem diensteifrig berbeitrippelnden Wirt Johannsen nicht so zugeknöpft wie fonst. Nach dem dritten Glase wurde er sogar gesprächig und fragte nach diesem und jenem. Plötzlich wird die Türe aufgerissen und — Thorö traut seinen Augen nicht — des Lumpenhendrik widerwärtige, ewig grinsende Fratze wird unsichtbar. „Aber Herr Wirt, versäumen Sie doch um den einen vornehmen Gast nicht alle anderen", krächzte er, erst jetzt den Müller erkennend. Fortsetzung folgt.