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chinesische und russische, lose und in Paketen frisch gebrannt, von höchstem Wohlgeschmack deutsche und holländische Fabrikate in der vrogsrie Lisgmsr krick Lckulre rernsprevder S2S. KOIVSLKVc» Frucht- und Gemüse- Prima Qualität, Ernte 1913 Schande. Er war des Treibens müde und hatte nur noch den einen Wunsch: „Gönnt mir Ruhe, gönnt mir Ruhe!" Stumpfsinnig sah er zu, wie sein armseliges Hausgerät Stück für Stück bei der Auktion verkauft wurde, wie fremde Leute sich dessen freuten, das einmal sein und seiner ver storbenen Frau Stolz gewesen, die Zierde ihres Heims. Mit blöden Augen stierte er in das Treiben all der Leute, bis Stine ihn sanft am Arm nahm und sagte: „Komm, Vater, hier haben wir nichts mehr zu suchen. Der Moorhof gehört Thorö. Aber Hinrichsens erwarten uns. Da wohnen wir jetzt." Großmutter war wenige Tage vor der Uebernahme sanft eingeschlummert zur ewigen Ruhe, nachdem sie zuvor von allen ihren Lieben noch rührenden Abschied genommen und mancherlei prophezeit, von dem einiges tatsächlich in Er füllung gehen sollte, das von dem großen Krieg, der aus brechen würde, sogar bald. Man schrieb das Jahr 1870. Da Frau Ohlsens wegen ihres Gichtleidens sich zur Ruhe setzen und zu ihren Kindern nach Sonderburg ziehen wollte, so bot sich für Stine ein neuer Wirkungskreis. In Frau Mathiesens Wirtschaft hatte man die Trauer abgelegt, und das tolle Leben begann, als der reiche Thorö erst wieder Stammgast, von neuem, und zwar ärger als vordem. „Die lachende Witwe" nannte man die Wirtin allgemein, und Leute von Ehrgefühl zogen sich mehr und mehr von der Wirtschaft, die jetzt ganz und gar in schlechten Ruf geriet, zurück. Auch Hans Hinrichsen mußte seine Schwiegermutter verachten. Aber von Hermines wahrhafter Liebe war er noch immer überzeugt. Da der Verkauf immer noch nicht geglückt war, so wurde der Hochzeitstermin immer wieder aufgeschoben, erst auf Ostern, dann auf den Sonntag nach Ostern, dann auf Pfingsten und schließlich noch ein paar Monate hinaus. Wunderbarerweise bedauerte Vater Hinrichsen dieses ewige Aufschieben, das er anfänglich für grundverkehrt gehalten, schon gar nicht mehr. — Vielleicht ahnte er, daß im Hause alles so ganz anders werden würde, wenn Hermine erst Herrscherin darin wäre. Vielleicht fürchtete er, daß die guten Geister, die jetzt darinnen wohnten, mit ihrem Einzug für immer verschwinden würden. Tüchtiger als Stine könnte keine Frauensperson nach seiner Ueberzeugung sein, klüger und besser erst recht nicht. Und Stine mußte dann fort, für die bliebe kein Platz mehr. Thorö hatte jetzt keinen sehnlicheren Wunsch, als auch den Eichhof in seinen Besitz zu bekommen. Bisher war es ihm indessen nicht gelungen, den Hypothekenbrief über die auf diesem lastende Schuld an sich zu bringen, auch schien Hinrichsen nicht Lust zu haben, das Erbe seiner Väter selbst für einen verhältnismäßig hohen Preis zu verkaufen. Die Makler bestürmten ihn, schwatzten ihm alles Mögliche und Unmögliche vor von großer Teuerung, von Krieg und Unglück, um ihn zum Verkauf zu bewegen, doch er blieb fest, wohl ahnend, von wem das alles ausging. „Ich kriege ihn dennoch in meine Hand!" tröstete sich Thorö. — Wieder verkündeten die Glocken vom Arendruper Kirchturm das liebliche Pfingstfest. Was lag für Hinrichsens und Lorenzens nicht alles zwischen diesem und dem letzten! Welch ereignisreiches Jahr! Unter dem blühenden Apfelbaum des Moorhofs hatte sich heute eine andere Gesellschaft versammelt, Thorö mit seinen Gästen aus Kopenhagen. Die Haushälterin, jene Person mit der seltsamen Frisur, kredenzte ihnen schäumenden Sekt, des reichen Müllers Lieblingsgetränk und als ein widerlicher Mißakkord tönte in den reinen Klang der Kirchen glocken der Gesang aus trunkener Männer rauhen Kehlen. So laut lärmte die wilde Schar, daß man es auf dem Etchhof recht wohl hören konnte. Da saßen die Getreuen in der duftenden Syringenlaube vor der Tür und schienen das Lachen ganz verlernt zu haben. Auf jedem Gesicht lag ein herber Zug der Sorge, des Ernstes. Von seinem Vorwerk, wie Thorö den Moorhof jetzt nannte, begab er sich zu später Stunde, als seine Gäste bereits den Rausch ausschliefen, noch zur Gastwirtschaft, da sein Durst noch lange nicht gelöscht war. Bei dem Hellen Mondschein, in dem die Heide heute abend glänzte, sah er mit seinen etwas verschwommen blickenden Augen in der Ferne eine Gewalt, die ihm Furcht einflößte, denn sie hatte etwas gar Gespenstisches an sich. Einen riesigen Buckel, zwei Köpfe und einen Pferdefuß schien sie zu haben. Je länger er sie betrachtete, je deutlicher sah er das. Doch eben kamen ein paar Burschen an dem seltsamen Gebilde vorüber, machten ihre Späße und schritten belustigt weiter. Und nun lachte er laut über sich selber. Das Ungetüm war ja, wie er jetzt erkannte, niemand anders als der Humpel- Hendrik mit seinem großen Kasten und anderem Gepäck. „Ha, Lumpenhendrik, bist du das! Und ich glaubte, es wäre der leibhaftige Teufel!" rief er gut gelaunt aus. — Sehr schlagfertig erwiderte der andere, den nichts mehr reizen konnte als die Anrede, deren der Müller sich eben bediente: „So, so, für einen Teufel hieltet Ihr mich und für einen Lumpen haltet Ihr mich. Wißt Ihr, ich halte Euch für beides." — So eine Frechheit hatte noch niemand gewagt, dem stolzen Thorö zu bieten. Er war sprachlos. Da fuhr der andere mit höhnischem Grinsen fort: „Ja, ja, der Hendrik hat eben einen Weisheitsspiegel, durch den kann er in jedes Menschen Herz sehen. Auch sieht er darin, was zehn Meilen im Umkreis geschieht, wer schuldig und wer unschuldig ist, kurz mancherlei, das andern verborgen ist." „Unverschämter Gauner," wetterte Thorö jetzt. „Du Spitzbube glaubst einem gebildeten Manne durch ein Geschwätz imponieren zu können? Werde dich gleich mit Ohrfeigen traktieren!" „Vielleicht tut Ihr klüger, weiser Herr Müller, etwas zarter mit dem Hendrik umzugehen. Kommt nur mit in den Krug, da werde ich Euch und allen Gästen einmal eine Probe ablegen von meinem Wissen. Da sollt Ihr sehen, daß ich nicht so leicht zu täuschen bin, wie die Herren Richter. Will nur einen Fall herausgreifen, der Euch besonders angeht. Seht, da drüben liegt die Sandgrube, in der Ihr am Abend des 3. Dezember um Haaresbreite in die Hölle abgereist wäret. Soll ich Euch erzählen, wie das alles herging? Oder laßt es mich bei der „lachenden Witwe" auskramen, damit sie es alle hören. Hernach wird man anders urteilen und sagen: Dann ist der Ewald Lorenzen ja ein Narr, daß er ausgerissen ist! Er hat ja nur in der Notwehr gehandelt und dem Müller geschah ganz recht." War Thorö auch so ziemlich erhaben über den krassen Aberglauben, der hier auf dem platten Lande herrschte, in diesem Augenblick wurde ihm doch angst und bange. Das nahm derj Lumpenhendrik mit Genugtuung wahr und ein triumphierendes Lächeln umspielte sein unschönes Raub vögelgesicht. — Er gab dem entsetzten Thorö dann eine völlig wahrheitsgetreue Schilderung des Vorganges, wieder holte Wort für Wort, das da gesprochen wurde und erhöhte die Wirkung noch, indem er schloß: „Es ist in meiner Macht, Ewald sofort zurückzuzitieren, damit er sich vor Gericht rechtfertigen kann." War diese letzte Behauptung auch aus der Luft gegriffen, der Müller glaubte sie. Oh, was würde er darum gegeben haben, wenn er diesen Wicht da zehn Klafter tief hätte in die Erde verwünschen können! — Aber was sollte er nun sagen? Nach kurzem Ueberlegen mußte er zu der Erkenntnis kommen, daß Hendrik an jenem Abend hinter einem Busch gesessen und alles aus nächster Nähe mit angesehen und gehört hatte. Ausreden würden demnach nichts nützen. Räumte er aber ein, daß es so war, dann hätte der Kerl ihn in seinen Krallen. — Nun, der kluge Gauner kam ihm entgegen, indem er friedfertig sagte: „Herr Thorö, wir wollen nicht wie die törichten Kinder sein, wollen uns vertragen und vernünftig handeln. Ich weiß ja noch viel, viel mehr, könnte auch beschwören, wer Lorenzens Schweine vergiftet hat." Das war wieder eine dreiste Lüge, aber sie verfehlte ebenfalls ihren Zweck nicht, denn der gänzlich Verwirrte glaubte sie. „Also seien wir klug! Sie sind ein reicher Mann und ich bin ein armer, gebrechlicher, hinfälliger Mann. Das Hausieren ist mir zu beschwerlich, ich müßte mich zur Ruhe setzen. Es wohnt ein Neffe von mir drüben in Preußen, in einer großen Stadt. Zu dem will ich ziehen. Es fehlt mir aber das Reisegeld. Geben Sie mir 100 Taler und die Reise geht noch heute los. Niemand sieht den alten Hendrik wieder in Arendrup." „Eine Frage!" keucht Thorö in größter Verlegenheit: „WohältsichderEwaldLorenzenauf? Ist er nicht in Amerika? Hendrik hatte keine Ahnung, erwiderte aber sehr schlag fertig: „Darüber möchte ich mich nicht äußern. Ich könnte sonst womöglich noch mit der Polizei in Konflikt geraten. Geben Sie mir die 100 Taler und Ihnen kann es gleich bleiben, wo er steckt." „Nein, fällt mir nicht ein! Wenn ich nicht gern möchte, daß die Sache nicht wieder in aller Leute Mund kommt, dann würde ich dich wegen Erpressung verklagen. Aber ich bedarf der Ruhe. Aufregung ist mir verboten von den Aerzten. Darum will ich dir, wo ich weiß, daß du ein armer Wicht bist, und wo es mir leid tut, daß ich dich vorher so derbe anfuhr, 10 Taler Trinkgeld geben. Da nimm, hier sind sie." „Nichts da, hundert will ich, keinen Schilling darunter tu ich es." „Unverschämter Kerl, dann bekommt Ihr gar nichts!" „Garnichts? Vielleicht aber die Prämie, die auf Ewald Lorenzens Festnahme gesetzt ist. Nun, ich bin durstig und müde. Adieu, Herr Thorö. Wenn Sie nicht wollen, dann kann ich Ihnen nicht helfen." Ein höhnisches Lachen be gleitete diese Worte. „Du bleibst hier! Keinen Schritt weiter", brüllte der Müller, außer sich vor Wut. „Komm mit nach der Mühle, sollst das Geld haben, aber gib mir dein Wort darauf, daß du mir nie wieder unter die Augen treten wirst." „Gilt Ihnen denn das Wort des — Lumpenhendrik so viel? — Na, ich komme morgen früh. Bei Abend ist mir das nicht geheuer. Bin auch zu müde. Oder wollen Sie mir das Geld hierherbringen? Dann warte ich so lange am Wege." Thorö überlegte eine Weile und kam zu der Einsicht, daß es am besten wäre, das Geld sofort zu holen. — Das geschah dann auch und Hendrik verabschiedete sich mit dem gewohnten höhnischen Lachen. — Dem Müller war die Lust vergangen, noch ins Wirtshaus zu gehen. Der Gedanke, Ewald Lorenzen könnte ihm eines Tages wieder in den Weg treten, beunruhigte ihn so, daß er beschloß, sobald als möglich aus Arendrup zu ver-! schwinden. — — 9. Krieg und Jammer. Was die alte Großmutter auf dem Sterbebett prophezei und was Lehrer Holm schon lange aus den Zeitung^! ersehen, stand jetzt nahe bevor. Alle Welt redete von einem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich. Als dan" Doktor Schröder heute einen Abstecher nach dem EW! machte, um einmal zu sehen, wie es dort ginge, da sag^ er sehr ernst zu Vater und Sohn Hinrichsen: „Die Kriegs erklärung kann jeden Tag eintreten. Es wäre schling Hans, wenn du mitmüßtest. Ich will gern mein möglichste» tun, daß du durch Reklamation freikommst, denn ich kaB mit gutem Gewissen bestätigen, daß du bei deines Vater» Gesundheitszustand hier unentbehrlich bist." „Das ist gut gemeint, lieber Doktor", sagte darauf der alte Hinrichsen und dabei reckte sich seine Riesengestalt ho« in die Höhe, und in seinen Augen leuchtete wieder das Feuer- das der Doktor längst verglommen wähnte. „Aber Al Schuft wäre ich, wollte ich mich verstellen. Gottlob heA ' ich mich lange nicht s» gesund und stark gefühlt wie M I dieser Zeit." Hans schaute zu Boden und meinte: „Aus Furcht vor blauen Bohnen bliebe ich ganz gewiß nicht zurück. Es wiiA mir schwer werden, hinter den Ofen zu hocken, wo mei»e Kameraden sich mit den Franzosen schlagen." „Eure patriotische Gesinnung achte ich", fuhr der aR Arzt fort, beiden die Hand schüttelnd. „Es ist ein GM daß viele so denken, sonst ginge es uns schlecht in dieses Kriege. Es sollte eben nur ein Vorschlag zur Güte M ich zum Herbst einige Schulden abzahlen zu können. . Sie schritten dann durch die Ställe, da der Doktor für die Landwirtschaft sehr interessierte und sprachen E diesem und jenem. Als der alte Hausfreund sich verabschiedet hatte E mit langen Schritten zum Schulhaus schritt, um auch Holms einmal hineinzugucken, da folgte Stine ihm leE füßig, holte ihn auf halbem Wege ein nnd sah recht ve> legen aus. Er strich ihr über die Wange und fragte: Mädel, was hast du denn auf dem Herzen? Mal 'rE mit der Sprache!" I „Ach, Gott, Herr Doktor", kam es zaghaft und abgerissenen Sätzen über ihre Lippen. „Sie haben immer so großen Einfluß aus Hinrichsens gehabt. Sie doch ja zu, daß rechtzeitig reklamiert wird. Hans koA doch nicht fort! Wenn er da in Frankreich totgeschoß^ würde, was sollte dann werden? Sein Vater hatte vorgestern wieder einen von seinen Schwindelanfällen, daß er am Hellen Tag die Lampe anzünden wollte und wußte, wo er war. Und mit meinem Vater ist garnE mehr los, der ist ganz schwermütig geworden und kann nm'" mehr leisten." Der Arzt schaute dem schönen Mädchen fest in die grE klaren, bittenden Augen. „Kind, wie ich schon sagte, mir soll es nicht fehlen", sprach er nach einer Weile. viel zureden darf ich da nicht- Es würde auch nichts nE Uebrigens ginge ich am liebsten selber mit so wie daw^ anno 48. Gräme dich nur nicht um Hans. Jede KE trifft ja nicht." .. Ach, das schien Stine ein schlechter Trost. Sie koB' die Tränen nicht zurückhalten und schluchzte, daß es »e" Doktor ins Herz schnitt. Er faßte ihre Hand und sie durch ein paar derbe Späße aufzuheitern. „Komm zu Holms, die werden dich trösten", sagte er dann, das tat sie auch. ' - Acht Tage später war die Kriegserklärung da. Hinrichsen und außer ihm drei andere Reservisten Arendrup erhielten ihre Order, und Hals über Kopf A es bei Nacht und Nebel aufzubrechen. Hermine schien v, Trennungsschmerz wahnsinnig gemacht zu haben. Sie iE' ihren Bräutigam nicht loslassen, hängte sich an seinen und weinte und jammerte und schrie, daß die Leute eH der Landstraße stehen blieben. Ja, ihre Liebe mußte E sein! Nie hatte er das deutlicher empfunden als in dm. Scheidestunde. Oder sollte doch etwas Komödie bei dien. Gebaren sein? — Die Tränen saßen ja bei Hermine iw^ ebenso lose wie bei ihrer Mutter. Weinen konnten die bei» § auf Kommando. „Bleib mir auch treu!" Das waren unglücklichen Mädchens letzten Worte, wie Hans sich...i ihrer Umarmung losriß und hastigen Schrittes davow" da es höchste Zeit war. Sein Vater, Stine und der alte Lorenzen führens ihm bis zur Bahnstation. Es wurde nicht viel gespro^ auf dem Wege. Der Riese vom Eichhof saß gerade ein Licht auf dem Strohsack und gab sich verzweifelte heiter zu scheinen. Aber das Zucken um seinen M» § verriet nur zu deutlich, daß er es nicht war. Lorenz stierte, wie immer in der letzten Zeit, vor sich hin, als ihn das alles nichts an, was in der Welt passierte. Fortsetzung Wie sind Eure Ernteaussichten?" „Gut, recht gut in diesem Jahr!" rief der alte Re» aus. „Es hat viel Heu gegeben, und seit zehn Jahre' hatte ich noch keinen Roggen wie diesen Sommer. WA nicht noch Hagel kommt oder sonst ein Unglück, dann Hoß" Druck und Vertag: Ernst Flick, Steichenvrand.