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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 19.1975
- Erscheinungsdatum
- 1975
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-197500004
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19750000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19750000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 19.1975
-
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- Ausgabe Nr. 2, 23. Januar 1
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- Ausgabe Nr. 5, 13. Februar 1
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- Ausgabe Nr. 8, 7. März 1
- Ausgabe Nr. 9, 14. März 1
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- Ausgabe Nr. 11, 28. März 1
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- Ausgabe Nr. 37, 14. November 1
- Ausgabe Nr. 38, 21. November 1
- Ausgabe Nr. 39, 28. November 1
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- Ausgabe Nr. 41, 12. Dezember 1
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Band
Band 19.1975
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Zur demokratischen Neugeburt unserer Universität Von Uwe Feige, Franz-Mehring-Institut der Karl-Marx-Universität * 30.jahrestag DIE NEUEROFFNUNG r der befreiung DER LEIPZIGER UNIVERSITÄT vom faschismus AM 5. JANUAR 1946 Am 8. Februar 1946 erschien die „Sächsische Volkszeitung“ mit der Schlag zeile „Volksuniversität Leipzig eröffnet“. Sie schrieb über die Neueröffnung der Leipziger Universität am 5. Februar: „An diesem Tage begann die Alina mater nach Jahren unsagbarer Schmach ..sich ihrer Aufgabe wie der bewußt zu werden, eine Bildungsstätte wahrer Menschlichkeit und eine Lehranstalt der Wahrheit und des Fortschritts zu sein.“ \ Initiatoren der Demokratisierung Die entscheidenden Voraussetzungen für die Neueröffnung wurden durch den Kampf der Kommunisten und ihrer Verbündeten an der Universität und in der Öffentlichkeit für die weitgehende Demokratisierung des Lehr körpers und der Studentenschaft geschaffen. Umfassend unterstützt durch die zuständigen sowjetischen Dienststellen, konzentrierten sich die treiben den Kräfte der 1. Hochschulreform in dieser Phase vor allem auf die Amts enthebung unbelehrbarer Exponenten der faschistischen Ideologie. Rektor Prof. Schweitzer, der sich diesen Bemühungen entgegenstellte und ver suchte, aktive Nazis zur „Sicherung der Lehrtätigkeit“ an der Universität zu halten, mußte dem Druck der demokratischen Öffentlichkeit weichen und sein Amt zur Verfügung stelle. Die am 21. Januar erfolgte Wahl Prof. Dr. Hans-Georg Gadamers, des Direktors des Philosphischen Instituts, zum neuen Rektor änderte jedoch noch nichts am reaktionären Charakter der Universitätsleitung. Gadamer vertrat vor und nach der Neueröffnung der Universität mit feineren Mitteln praktisch die gleichen Ziele wie sein Vorgänger. Bezeichnend für die raffinierte Tätigkeit des neuen Rektors zur Hintertreibung der durchgreifenden Erneuerung der Universität und seine wirkungsvolle Demagogie war bereits seine Antrittsrede am 5. Februar 1946, in der er u. a. in großen Tönen die demokratische Erneuerung und das Arbeiterstudium bejahte. Dennoch konnte auch ein Rektor Gadamer nicht verhindern, daß die Alma mater lipsiensis neu- und nicht wieder eröffnet wurde, daß die Eröffnung im Zeichen der Abkehr auch von der bankrotten bürgerlichen Demokratie und grundlegender gesellschaftlicher Umwälzungen stand. Das neue Anliegen der Universität Leipzig, der erst mals die Arbeiterklasse und alle Werktätigen den gesellschaftlichen Auf trag gaben, drückte der Chef der Volksbildungsabteilung der SMAD, Prof. Solotouchin, in seiner Ansprache zur Neueröffnung aus: „Wir nehmen an der feierlichen Wiedergeburt einer neuen Universität teil, deren Aufgabe darin besteht, neue Menschen zu schaffen, die fähig sind, einen entschiede nen und unversöhnlichen Kampf gegen die faschistischen ..Ideen des Mili-. tarismus, der Rassenlehre und des Nazismus zu führen sowie jegliche Re aktion zu entlarven, in welcher Gestalt sie auch erscheinen mag.“ Von dem neuen Geist, der an der Universität Einzug halten muß, kündeten gleich falls die Ausführungen des Präsidenten der Landesverwaltung Sachsen, Prof. Dr. h. c. Friedrichs. Als aufrechter Demokrat forderte er eine grund sätzliche Neuorientierung in Forschung und Lehre, eine enge Verbindung von Wissenschaft und Volk sowie die Abschaffung des bürgerlichen Bil dungsprivilegs. Zugleich appellierte er an die Hochschullehrer, „die neu erstandene Universität zu einem Mittelpunkt für die demokratische Neu gestaltung unseres Vaterlandes zu machen“. / N Mehr als symbolischer Wert kommt der Tatsache zu, daß anläßlich ihrer Neueröffnung das erste Mal in der Geschichte der Leipziger Universität ein Arbeitervertreter auf einer akademischen Feier das Wort ergriff. Der Kom munist und antifaschistische Widerstandskämpfer Max Walther bekräftigte die Forderung der Arbeiterklasse, allen begabten Arbeiterkindern den Weg zur Universität zu ebnen und die Erziehung und Ausbildung der Arbeiter studenten und der gesamten akademischen Jugend im Geiste der Demo kratie und des gesellschaftlichen Fortschritts zu gewährleisten. Gemäß dem Befehl Nr. 12 der SMAD vom 15. Januar 1946 nahmen am 5. Februar die Philosophische, Medizinische, Veterinärmedizinische, Theo logische, Finanzwirtschaftliche und Juristische Fakultät den Lehr- und Studienbetrieb auf. Obwohl seit dem Einzug der sowjetischen Truppen in Leipzig besonders Von Seiten der demokratischen Öffentlichkeit und der im August 1945 ge- Befehl des Oberkommandierenden der Sowjetischen Militärverwaltung des Oberbefehlshabers der Gruppe der sowjetischen Besatzungs truppen in Deutschland Nr. 12 15. Januar 1946 Betrifft: Wiederaufnahme des Studienbetriebs an der Universität Leipzig Zum Zwecke der Ausbildung deutscher Kader höherer Qualifikation, die imstande sind, in der Praxis die demokratischen Prinzipien zu verwirklichen, befehle ich: 1. Dem Gesuch des Präsidenten des Föderalgebietes Sachsen ist zu entsprechen und ab 5. Januar 1946 ist der Studienbetrieb an der Universität Leipzig an folgenden Fakultäten wieder aufzunehmen: der philosophischen, medizinischen, veterinär-medizinischen, der theologischen, finanz-wirtschaftlichen und juristischen. 2. Zur Leitung der Universität, Fakultäten, Institute, Lehrstühle sowie Vorlesungen und der Leitung von Seminaren sind keine ehemaligen Mitglieder der NSDAP zugelassen. 3. Die Aufnahme ehemaliger Mitglieder der NSDAP sowie von Hitlerjugendführern und Aktivisten der Hitlerjugend in die Studentenschaft ist zu verbieten. 4. Die direkte Verantwortung für die Auswahl des Professoren kollegiums und die Aufnahme der Studenten ist dem Universitäts rektor zu übertragen. 5. Der Präsident der Verwaltung des Föderalgebietes Sachsen hat die Liste der Personen, die von dem Universitätsrektor für die Besetzung der Ämter der Fakultätsdekane, der Institutsdirektoren, der Leiter der Lehrstühle sowie der Professoren vorgeschlagen werden, zu prüfen und sie zusammen mit seinem Gutachten über die Deutsche Verwaltung für Volksbildung der sowjetischen Militär verwaltung zur Bestätigung vorzulegen. 6. Die Verantwortung für die rechtzeitige und genügende Finan zierung des verwaltungstechnischen Personals ist dem Präsidenten der Verwaltung des Föderalgebietes Sachsen zu übertragen. 7. Der Präsident der Deutschen Verwaltung für Volksbildung hat auszuarbeiten und bis zum 25. Januar 1946 der Abteilung für Volksbildung der Sowjetischen Militärverwaltung zur Bestätigung zu unterbreiten: a) eine Liste der Spezialfächer für jede Fakultät mit Angabe des Profils der zu entlassenden Spezialisten; b) das Aufnahmekontingent für jede Fakultät und jeden Lehrgang; c) die Lehrpläne und Programme für jede Spezialität; d) eine Liste der Kandidaturen, die von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung für die Ämter des Rektors, der Fakultätsdekane und Institutsdirektoren empfohlen werden. 8. Der Leiter der Abteilung für Volksbildung der Sowjetischen Militär verwaltung in Deutschland, Genosse Solotuchin, hat zu prüfen und nach Billigung der kompetenten und interessierten Abteilungsleiter und Verwaltungen der Sowjetischen Militärverwaltung die in Absatz 5 und 7 dieses Befehles aufgeführten Unterlagen zu bestätigen. 9. Der Präsident der Verwaltung des Föderalgebietes Sachsen hat auszuarbeiten und zum 25. Januar 1946 dem Leiter der Sowjetischen Militärverwaltung des Föderalgebietes Sachsen zur Bestätigung vor legen : a) eine personalliste für das Professorenkollegium und das verwal tungstechnische Personal, b) eine Personalliste der immatrikulierten Studenten. 10. Der Leiter der Verwaltung der Sowjetischen Militärverwaltung des Föderalgebietes Sachsen hat: a) die Liste der in Absatz 5 dieses Befehls aufgeführten Personen zu prüfen und sie mit einem Gutachten der Abteilung für Volksbildung der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland zuzustellen. b) hinsichtlich der übrigen Kontigende die Personen zu bestätigen, die zur Arbeit zugelassen und in die Studentenschaft aufgenommen werden. Der Stellvertr. des Oberbefehlshabers der Sowj. Milit.-Verwalt, in Deutschland — der Stellvertr. des Oberkommand. der Gruppe der Das Mitglied des Chefs der Sowjetischen Militär-Ver waltung in Deutschland Generalleutnant: B. Bokow Sowjet. Besatzungstruppen in Deutschland Armeegeneral: W. Sokolowskij Der Chef des Stabes der Sowjet. Militär-Verwaltung in Deutschland Generalleutnant: M. Bratwin gründeten KPD-Universitätsgruppe vielfältige Initiativen zur Förderung des Arbeiterstudiums ausgelöst wurden, befanden sich unter den im Früh jahr 1946 neuimmatrikulierten 767 Studenten nur 26 Arbeiter- und Bauern- kinder. Diese Tatsache wies die Arbeiterklasse, ihre Partei und alle gesell schaftlichen Organisationen auf die Notwendigkeit hin, die Werbung von Arbeiterstudenten zu verstärken und die Bündnispolitik mit den aufbau willigen Vertretern der alten Intelligenz auf einer breiten Basis auszu bauen. Letzterer kam nach der notwendigen Entlassung von 76 Prozent des akademischen Personals und im Hinblick darauf, daß alle progressiven Kräfte von den faschistischen Gewalthabern aus den Universitäten ver trieben worden waren, besondere Bedeutung zu. Die Bündnispolitik mit den humanistisch eingestellten bürgerlichen Wissenschaftlern war eine wesentliche Voraussetzung für die Demokratisierung der Universität und die Zerschlagung des Einflusses der reaktionären Kräfte in der Universitäts leitung. Erschwerend für die Intelligenzpolitik der KPD bzw. SED wirkte sich in dieser Zeit noch die politische Labilität der Mehrheit der Intelligenz sowie die traditionelle Bindung vieler Wissenschaftler und Hochschullehrer an imperialistische Großunternehmen aus. Jedoch hatte die Schreckens zeit des „Tausendjährigen Reiches“ auch vielen humanistisch denkenden Angehörigen der Intelligenz die Augen geöffnet und ihnen ihre große Ver antwortung für die demokratische Neugestaltung der Gesellschaft bewußt gemacht. In ihnen wuchs der Willen, ihr politisches Versagen in der Zeit des Faschismus wiedergutzumachen. So konnte Paul Wandel, der Präsident der Deutschen Verwaltung für Volksbildung, auf der 1. Zentralen Kultur tagung der KPD (3. bis 5. Februar 1946) feststellen: „ .. wir finden heute bei der alten Intelligenz eine ... Bereits^aft zur Zusammenarbeit mit den demokratischen Kräften und mit der Aroeiterbewegung." Durch ihre kon struktive, zukunftsweisende Arbeit an der Universität gelang es der SED, immer mehr parteilose Antifaschisten und Demokraten um sich zu scharen und sie — unterstützt speziell durch Prof. Plushnikow — zur Ausarbeitung neuer Lehrpläne, einer Neuorientierung der Forschung und dem demokra tischen Neuaufbau der Universität heranzuziehen. Solche hervorragenden Vertreter der alten bürgerlichen Intelligenz wie Theodor Frings, Richard Arwed Pfeifer, Erwin Jacobi, Robert Schröder, Friedrich Weller, Max Bür ger, Felix Burkhardt, Waldemar Ilberg, Otto Theodor Schulz traten aktiv für die Überwindung der faschistischen Ideologie bei den Studenten und Hochschullehrern ein. v Dennoch erkannte die SED frühzeitig, daß eine entschiedene, die Rück- kehr des Weimarer Systems ausschließende Demokratisierung der Univer sität im Rahmen der traditionellen Fakultäten und gestützt auf die kleine Zahl der hier tätigen Kommunisten, Sozialdemokraten und kämpferischen Humanisten nicht so schnell wie geboten durchgesetzt werden konnte. Obwohl die Universitätsleitung unter Gadamer nicht mehr offen gegen demokrati sche Förderungen auftrat, gelang es ihr doch, einschneidende Maßnahmen zur Demokratisierung zu verhindern. Entsprechend der Devise des neuen Rektors, nur „zu opfern, was geopfert werden muß“, sabotierte die reaktio näre Führungsgruppe Litt—Gadamer—de Boer auch nach der Neueröffnung das Arbeiterstudium und die Wiedereinstellung emigrierter, von den Fa schisten gemaßregelter Wissenschaftler. Um diesen antidemokratischen Be strebungen zu begegnen, initiierte die SED die Einrichtung der Vorstudien anstalt (1. März 1946), der Pädagogischen (Oktober 1946) und der Gesell schaftswissenschaftlichen Fakultät (15. Februar 1946). Auftakt für sozialistische Uni Die Neueröffnung der Universität Leipzig am 5. Februar 1946 ordnete sich organisch in die antifaschistisch-demokratische Umwälzung in der Sowje- tischen Besatzungszone Deutschlands ein. Entgegen allen reaktionären Ob struktionen hatte die Offensive der um die KPD gescharten und von der SMAD tatkräftig unterstützten fortschrittlichen Kräfte dazu geführt, daß die Alma mater als neue, demokratische Lehr- und Forschungseinrichtung eröffnet wurde. Damit markierte die Neueröffnung einen wichtigen Schritt zur weiteren Zurückdrängung und Überwindung der reaktionären Kräfte an der Universität, zur Brechung des bürgerlichen Bildungsprivilegs und zur festen Verankerung des Marxismus-Leninismus. Der 5. Februar 1946 bildete den Auftakt für die Entwicklung der Leipziger Universität zur Stätte sozialistischer Lehre und Forschung. Rezension.- Hermann Duncker - Lehrer dreier Generationen Günter Griep/Heinz Siegel: Hermann Duncker — Lehrer dreier Generationen. Ein Lebensbild, Verlag Tribüne. Berlin 1974, 221 Seiten und Dokumentenanhang, Broschur „Ein Satz von Marx ist gemeinhin wichtiger und aufschlußreicher als zwanzig Sätze über ihn!“ (Hermann Duncker) Das Zentralkomitee der Sozialisti schen Einheitspartei Deutschlands Würdigte Hermann Duncker in einem Nachruf als Lehrer dreier Generatio nen der deutschen Arbeiterbewe gung. Bertolt Brecht schrieb ihm als Widmung in ein Exemplar der „Ka lendergeschichten“ : „Hermann Dun- cker, dem Lehrer, der Schüler Brecht.“ Er selbst nannte die Ver- mittlung der Lehren von Karl Marx sein Lebenswerk. Anläßlich des 100. Geburtstages die ses bedeutenden Funktionärs der Ar beiterklasse und Propagandisten ih rer Weltanschauung erschien im Ver- lag „Tribüne“ eine Duncker-Biogra- Phie, die den Anspruch erheben darf, die erste und damit bisher einzige zu sein. Das Werk von Annelies La- schitza und Günter Radczun „Rosa Luxemburg. Ihr Wirken in der deut schen Arbeiterbewegung“ (Berlin 1971), die Biographie Karl Lieb knechts von Heinz Wohlgemut (Ber lin 197-) und die Vorarbeiten zu der gep nten Biographie Ernst Thäl- manns sind ein weiterer Beweis da für, daß der oft erhobene Vorwurf, die Historiker der DDR stünden der Biorraphie stiefmütterlich gegen über, mehr und mehr an Berechti gung verliert. Die Autoren der Duncker-Biographie haben sich — wie sie im Vorwort selbat mitteilen — das Ziel gestellt, „das Erbe eines großen, revolutionä ¬ ren Propagandisten, der ganze'Perio den der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung maßgeblich ver körpert“, bewußt zu machen, „sein Vermächtnis für unsere Zeit“ stärker zu erschließen (S. 7). Sie „verzichte- ten ... auf die Wiedergabe vieler De tails der politisch-organisatorischen Tätigkeit und auf eine allseitige und vollständige Analyse der theore tischen Aussagen in Schriften und Reden“ und „konzentrierten sich vor allem auf das Wirken Dunckers als Lehrer des Marxismus-Leninismus“ (S. 7 f.). Dieses Bekenntnis provoziert sofort d: Frage, ob das Erbe Hermann Dunckers tatsächlich erschlossen wer den kann, wenn man auf eine gründ liche Analyse seiner Reden und Schriften von vornherein verzichtet. Im Gegensatz zu Laschitza/Radczun und zu Wohlgemuth haben die Auto ren keine chronologisch ausgewiesene Gliederung nach Teilen, Kapiteln oder Zeiträumen gewählt, sondern . sie reihen 21 mit Überschriften ver sehene Abschnitte aneinander. Vier von ihnen (S. 9—60) beinhalten die Zeit von 1874 bis zur Gründung der KPD, zwölf die Zeit der Weimarer Republik, des Faschismus und die Jalre bis zur Rückkehr Dunckers aus der Emigration im Mai 1947 (S. 60 bis 156) und die letzten fünf die Zeit seines Wirkens als Funktionär der SED bis zu seinem Tode im Jahre 1960 ( Q . 136— 221). Im Anhang sind 17 Arbeiten Hermann Dunckers ver öffentlicht, von denen zehn der zwei- bändin .i Reden- und Schriftenaus gabe „Einführungen in den Marxis mus“ (Berlin 1959 und 1959) entnom men worden sind. Nach Celina Bobinska ist es die Auf gabe jedes verantwortungsbewußten Historiographiekritikers, „stets die Quellen zu überprüfen, die jeweils benutzt worden sind“. (Historiker und historische Wahrheit. Zu er kenntnistheoretischen Problemen der Geschichtswissenschaft, Berlin 1967, S. 93.) Aus den Anmerkungen ist er sichtlich, daß die Verfasser neben den gedruckten vorliegenden Reden und Schriften Hermann Dunckers sowohl schwer zugänglich gedruckte Quellen (Berichte aus Bezirks- und Bcircbs. Zeitungen über Vorträge Duuckers) als auch eine Vielzahl v5a gedruck ten Quellen aus dem Zentralen Par- teiarchiv des Instituts für Marxismus- Leninismus und aus der Hermann- Duncker-Gedenkstätte ausgewertet haben. Ihr Hauptverdienst besteht darin, daß in sicherlich mühevoller Arbeit über haupt eine Duncker-Biographie ent standen ist, die dazu anregt, sich mit dessen Arbeiten näher zu befassen — dazu trägt auch der Dokumenten anhang bei —, daß neue Quellen er schlossen worden sind und daß auf Lücken in der Duncker-Forschung aufmerksam gemacht worden ist. So ist es unbedingt notwendig, die „Ein führungen in den Marxismus“ nach Möglichkeit in erweiterter Form neu aufzulegen, mit der Herausgabe der gesammelten Schriften und Reden bzw. der Briefe zu beginnen und wei tere Einzeluntersuchungen vorzuneh men, damit — eventuell aus Anlaß des 20. Todestages — eine zweite Duncker-Biographie geschrieben wer den kann. Das Buch ist für einen großen Leser kreis gedacht und enthält mannig fache Stellen, aus denen das Feuer des Dunckerschen Geistes spricht. Das betrifft z. B. seine Ansichten über das „Kommunistische Manifest“ (S. 90 f„ S. 163 f„ S. 181 f„ S. 205), über Sowjetrußland und die UdSSR (S. 96), über Karl Liebknecht. Franz Mehring und Rosa Luxemburg (S. 196), über die Einheit von Theo rie und Praxis (S. 209 f.), über die Einheit der Arbeiterklasse (S. 155), übe den Faschismus (S. 148) und den zweiten Weltkrieg (S. 150) oder über das Buch (S. 123) und das Studium (S. 195, 204). Die generelle Schwäche des Werkes resultiert aus der Kon zeption der Autoren, die sicherlich mit mangelnden Vorarbeiten im Zu sammenhang steht. Ohne eine allsei tige Analyse der Reden und Schriften Dunckers muß seine Biographie frag würdig bleiben. Die Arbeit der Ver fasser bleibt über weite Strecken in der Faktographie stecken, ohne daß Entwicklungslinien sichtbar werden. So wird nachgewiesen, daß sich Dun cker zu verschiedenen Zeiten seines Lebens intensiv dem „Kommunisti schen Manifest“ zuwandte. Es bleibt aber völlig offen, welche Gedanken aus der Geburtsurkunde des wissen schaftlichen Kommunismus er zu welcher Zeit als besonders wertvoll empfand und welche neuen Erkennt nisse er jeweils selbst gewann. Das trifft auch auf andere Themen zu, denen sich Duncker widmete. Beson ders der erste Teil des Buches kann a i wenigsten befriedigen, mutet er doch wie eine in fortlaufende Sätze gekleidete Chronik an. Es ist den Autoren auch nicht in jedem Falle gelungen, die richtige Verbindung zwischen dem Lebensbild Dunckers und der Geschichte der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung zu finden. Dafür einige Beispiele: Das, was über die Gründung der KPD gesagt worden ist, dürfte allgemein bekannt sein. Hingegen bleibt unklar, warum Duncker 1919 nach Dänemark emigrieren mußte (S. 63). Im Zusam menhang mit dem V. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale h..e man unbedingt auf die V. Ta gung des Erweiterten EKKI und auf den Begriff „Bolschewisierung" ein gehen müssen. Der Bezug auf „Die deutsche Ideologie“ ist nicht richtig, da sie zwar 1897 geschrieben, aber noch nicht veröffentlicht (erst 1932 in Moskau vorlag, S. 13). Die Verfasser weisen wiederholt auf die „schöne, bildreiche Sprache“ (S. 102) Hermann Dunckers hin. Leider sind sie auch in dieser Beziehung ihm nicht gerecht geworden. (So häufen sich Worte und Wendungen wie „auseinandersetzen“, „brachte zum Ausdrude“, „Schwer punkte“, „durchsetzen“). Einige An merkungen lassen letzte Sorgfalt ver missen. Wird eine Auswahl von Do kumenten vorgenommen, kann man immer streiten, ob sie glück’ich war, Auf alle Fälle hätte man den im Text teil mehrfach erwähnten „Marxschen- Leitfaden zum Geschichtsstudium“ aufnehmen sollen. Günter Katsch
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