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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 19.1975
- Erscheinungsdatum
- 1975
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-197500004
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19750000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19750000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 19.1975
-
- Ausgabe Nr. 1, 9. Januar 1
- Ausgabe Nr. 2, 23. Januar 1
- Ausgabe Nr. 3, 30. Januar 1
- Ausgabe Nr. 4, 6. Februar 1
- Ausgabe Nr. 5, 13. Februar 1
- Ausgabe Nr. 6, 20. Februar 1
- Ausgabe Nr. 7, 28. Februar 1
- Ausgabe Nr. 8, 7. März 1
- Ausgabe Nr. 9, 14. März 1
- Ausgabe Nr. 10, 21. März 1
- Ausgabe Nr. 11, 28. März 1
- Ausgabe Nr. 12, 4. April 1
- Ausgabe Nr. 13, 11. April 1
- Ausgabe Nr. 14, 18. April 1
- Ausgabe Nr. 15, 25. April 1
- Ausgabe Nr. 16, 9. Mai 1
- Ausgabe Nr. 17, 16. Mai 1
- Ausgabe Nr. 18, 23. Mai 1
- Ausgabe Nr. 19, 30. Mai 1
- Ausgabe Nr. 20, 6. Juni 1
- Ausgabe Nr. 21, 13. Juni 1
- Ausgabe Nr. 22, 20. Juni 1
- Ausgabe Nr. 23, 27. Juni 1
- Ausgabe Nr. 24, 4. Juli 1
- Ausgabe Nr. 25, 11. Juli 1
- Ausgabe Nr. 26, 18. Juli 1
- Ausgabe Nr. 27, 23. Juli 1
- Ausgabe Nr. 28, 12. September 1
- Ausgabe Nr. 29, 19. September 1
- Ausgabe Nr. 30, 26. September 1
- Ausgabe Nr. 31, 3. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 32, 10. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 33, 17. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 34, 24. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 35, 31. Oktober 1
- Ausgabe Nr. 36, 7. November 1
- Ausgabe Nr. 37, 14. November 1
- Ausgabe Nr. 38, 21. November 1
- Ausgabe Nr. 39, 28. November 1
- Ausgabe Nr. 40, 5. Dezember 1
- Ausgabe Nr. 41, 12. Dezember 1
- Ausgabe Nr. 42, 19. Dezember 1
-
Band
Band 19.1975
-
- Titel
- Universitätszeitung
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Die letzten Worte Daniel Vergaras vor der Verhaftung an seinen Sohn „...PASS AUF DEINE MUTTER AUF!" Interview der „Universitätszeitung" mit Genossin Ana Vergara, Frau des Stellvertretenden Innenministers der UP-Regierung Da mein Mann eine Schußverletzung an der Hand hatte.., ritzte Luis Cor- valan für mich einen Stein mit dem Profil meines Mannes und mit sei ner Häftlingsnummer. Sie verstehen, daß dieses Stück für mich besonders wertvoll ist. Mit einem breitgeklopften Nagel schnitzte mir mein Sohn in ein Stück Holz einer alten Tür dieses Relief mit einer Ansicht vom Konzentrations- lager Chacabuco, Frage: Sie sind seit längerer Zeit in Leipzig und arbeiten an der Universität als Dokumentalistin. Welche Gedanken bewegen Sie? Antwort: Sie können sich wahrscheinlich nicht vorstellen, was es für uns chile nische Emigranten bedeutet, hier in Leipzig an der Universität zu arbeiten und ein solches Interview zu geben. Ich sage das nicht nur aus gefühlsmäßigen Gründen, sondern weil Leipzig für uns Chilenen seit langem sehr viel bedeutet. Es ist eine bei uns sehr bekannte Stadt und wir haben damals schon viel von dieser Universität gehört. Und es gibt ja auch einen sehr starken Einfluß des progressiven deutschen Geisteslebens in Chile. Frage: Vor fast genau zwei Jahren putschte die Pinochet-Clique. Können Sie uns sagen, wo Sie sich zu diesem Zeitpunkt aufhielten und wie sie diese Nach richt persönlich aufgenommen habe? Antwort: Als ich die ersten Nachrichten hörte, habe ich zunächst geglaubt, wie viele andere Chilenen, daß es sich um eine Wiederholung einer Meuterei han delte, wie wir sie ja schon am 29. Juli 1973 erlebt hatten, also um eine konter revolutionäre Erhebung eines kleinen Teils reaktionärer Militärs und nicht um einen Putsch dieses Ausmaßes. Aber dann rief mein, Mann,an, der wie immer schon sehr zeitig in den Präsidentenpalast gefahren war. Er sprach nur kurz mit meinem Sohn und sagte „paß auf deine Mutter auf". Heute weiß ich, daß das der Abschied war. Ich habe in dieser Zeit in der nationalen Weihnachtskommission als Exekutiv sekretärin gearbeitet. Sie wurde von Frau Hortensia Bussi de Allende geleitet. Wir hatten die Aufgabe, uns zu Weihnachten um jene Kinder zu kümmern, die besondere soziale Probleme hatten, und da ich Spezialistin auf diesem Gebiet bin, ich bin Lehrerin für sozial geschädigte Kinder, war das für uns eine sehr schöne und dankbare Aufgabe. Aber zurück zu jenem Tag. Ich wollte zur Arbeit gehen und bat meinen Sohn, mich mit dem Auto hinzufahren. Auf der Straße sahen wir dann etwa 40 Panzer. Wir dachten zunächst, sie seien eingesetzt, um den Putsch niederzuschlagen und die Polizeikaserne abzudecken. Doch noch als wir im Auto saßen, merkten wir, daß es nicht so war. Frage: Wann gingen Sie in die Emigration? Antwort: Ich war bis Juli 1974 in Santiago. Diese Wochen und Monate waren für uns furchtbar und außerordentlich schwierig. Wir mußten ständig Haus suchungen über uns ergehen lassen, und was das Schlimmste war: Den Frauen der führenden UP-Funktionäre wurde keinerlei Nachricht über den Verbleib der Männer gegeben. Ich wußte nicht, ob mein Mann noch lebte. Nicht wenige sagten mir, er sei bereits tot. Er hatte ja unmittelbar an den Kämpfen um die Moneda an der Seite Allendes teilgenommen. Aber nach einiger Zeit erhielten wir anonyme Anrufe, in denen uns der jeweilige Aufenthaltsort — sprich Lager — mitgeteilt wurde. Frage: Sie sind in der Zeit der UP-Regierung mit vielen führenden Genossen zusammengetroffen. Welche Erinnerungen haben Sie heute, was kennzeichnete die Atmosphäre? Antwort: Natürlich kannten wir schon längere Zeit Luis Corvalan. Während wir z. B. Allende und General Brats erst später kennenlernten. Ich habe sehr oft und sehr intensiv mit Frau Brats zusammengearbeitet. Das ist eine Frau, sehr fleißig, intelligent, und sie entsprach so gar nicht den landläufigen Vor stellungen von einer Frau eihes bürgerlichen Generals. Besonders eng waren wir natürlich mit den Innenministern befreundet. Clodomiro Almeyda, Belcando, Orlando Letelier und besonders freundschaftlich verbunden waren wir mit Jose Toha. Frage: Können Sie sich an eine für die damalige Atmosphäre typische Begeben heit erinnern? Antwort: Das Kennzeichnendste für die Atmosphäre waren die ungeheure Ar beitsanspannung und ständige Wachsamkeit. Verstärkt wurde das noch dadurch, daß ja bei meinem Mann alle Nachrichten eintrafen, was im Lande passierte, also Besetzungen, Unternehmerstreiks, Attentate usw. Und ich kann mich nicht erinnern, daß wir damals zu einem ruhigen Familienleben, wie man so sagt, gekommen wären. Aber vielleicht eine Episode, die in einem kleinen De tail den großen Optimismus jener Jahre illustriert. Im Parteibüro wurde eine Frauentagsfeier veranstaltet. Versammelt waren das ZK der Kommunistischen Partei und natürlich die Frauen. Es war so üblich, daß die Männer den Frauen Blumen überreichen. Wir waren natürlich gespannt, wem Lucho die Blumen geben würde. Er stand mit seiner Frau Lili zusammen, ein Fotograf kam und wollte eine Aufnahme machen, er zog mich mit heran. Ja und nun warteten wir, die Blumen, Sie verstehen. Lucho sagte, „die Blume erhält die Jüngste" und ging zu Gladis Marin. Es gab ein großes Gelächter, und darüber wurden später viele Witze gemacht. Frage: Putsch, Faschismus, Morde, Repressalien haben die Siegeszuversicht jener Männer, die jetzt in Pinochets Lagern schmachten, nicht brechen können. Was ist Ihnen über die Stimmung unter den Genossen, unter den gefangenen chilenischen Patrioten bekannt? Antwort: Ich habe eine ganze Reihe solcher Nachrichten bekommen. In erster Linie von meinem Sohn, der selbst in einem Konzentrationslager war, aber auch von der Insel Dawson und am Ritoque. Unter den Gefangenen entwickelte sich eine echte Brüderlichkeit, ein stärkerer Zusammenhalt denn je, auch zwischen den Vertretern der verschiedenen Linksparteien. Es wurde ein außerordentlich hoher Grad der Einheit, natürlich in erster Linie politischer Einheit erreicht. Es ist tatsächlich gelungen, daß die Häftlinge ihre moralische Festigkeit und ihren Lebensmut bewahrt haben trotz der sehr schweren Bedingungen, und ich weiß auch, daß sich mein Mann die gleiche Zuversicht bewahrt hat, das weiß ich von entlassenen Mitkämpfern und aus seinen Briefen. Miguel Lawner hat, wie Sie wissen, in den Konzentrationslagern Zeichnungen von den Gefangenen angefertigt. Es gelang teilweise, diese herauszuschmuggeln und nach Santiago zu schicken. Das war für uns Frauen, die auf ihre Männer warteten, eine große Aufmunterung. Zumal er wahrscheinlich instinktiv die Zeichnung sehr detailliert anfertigte, mit Einzelheiten, die für uns sehr bedeutsam waren. Meinen Mann hat er z. B. dargestellt mit den Schuhen, die er immer trug, und mit dem Hemd, das ich kannte. Oder ein anderes Beispiel. Die Ge fangenen von Dawson fertigten auf Schiefergestein Ritzzeichnungen an und schickten diese Steine über verschiedene Wege, auch über das internationale Rote Kreuz an ihre Frauen, die sie dann an Kettchen trugen. Die Witwe von Jose Toha hat fünf Steine von ihrem Mann erhalten, und die letzten beiden, das war für uns sehr erschütternd, hat Jose, als er schon todkrank war, nur noch mit den Fingernägeln geritzt. Da mein Mann eine Schußverletzung an der Hand hatte, weder schreiben noch zeichnen konnte, ritzte Luis Corvalan, ohne es meinem Mann zu sagen, für mich einen Stein mit dem Profil meines Mannes und. seiner Häftlingsnummer. Sie verstehen, daß dieses Stück für mich besonders wertvoll ist. Wie stark die Moral der Genossen in den Lagern war und ist, konnte ich auch persönlich erleben. Einer der schlimmsten Schläge für mich und meinen Mann (er war bereits inhaftiert) war die Verhaftung unseres einzigen Sohnes. Ich wollte ihm aber diese Nachricht nicht eher überbringen, als ich mich davon überzeugt hatte, wie die Umstände in Chacabuco sind. Dort traf ich meinen Sohn zusam men mit dem Sohn Luis Corvalans, sie sind Schulkameraden und seit langem befreundet. Er hatte schon an seinen Vater, Luis Corvalan, geschrieben und die Mitteilung bereits gemacht. Mein Mann drückte in einem Brief an mich aus, daß er der festen Überzeugung sei, daß Daniel sich auch in dieser gefährlichen Situation als Genosse bewäh ren würde. Inzwischen ist mein Sohn frei und beendet hier an der Universität sein Studium an der Sektion TV. Wenn ich eine zusätzliche Bemerkung machen darf. Ich glaube, man sollte gegenüber den sehr auffallenden Erscheinungen des Terrors der Junta, wie die Absicht des chilenischen Geheimdienstes, politische Emigranten zu ermorden, und der Tatsache, daß Luis Corvalan, meinem Mann und anderen Funktionä ren der Prozeß gemacht werden soll, das Leid der chilenischen Menschen, ins besondere der chilenischen Frau nicht vergessen. Es ist ein Leid, dessen Aus maß kaum mit Worten auszudrücken ist, es ist ein stummes Leiden. Frage: Eben aus all diesen Gründen spielt auch solidarische Anteilnahme und Hilfe für das chilenische Volk in der DDR und auch an der Karl-Marx-Universi tät eine hervorragende Rolle. Wie empfinden Sie diese Aktivitäten? Antwort: Wenn wir von der Solidarität sprechen, die uns das Volk der DDR und auch die Angehörigen der KMU entgegenbringen, dann reicht es nicht aus, sich zu bedanken. Es sind ja nicht nur die beeindruckenden großen Solidaritätsaktionen. In vielen kleinen Dingen drückt sich das auch aus. Als ich Anfang des Jahres im Krankenhaus lag, konnte ich noch nicht einmal „Guten Tag" auf deutsch sagen, trotzdem habe ich Schwestern gefunden, die meine Freundinnen wurden, die mir heute noch schreiben . .. man kann das schlecht in Worten ausdrücken .. . Solche Haltungen sind für uns ebenso wertvoll wie alle anderen Formen der Solidaritätsbewegung in der DDR und geben nicht nur uns chilenischen Emi- - granten, sondern dem ganzen Volk die Gewißheit, daß unsere Sache letztlich doch siegen wird. Das Gespräch führte U. Fischer meumanmammannmanaanamamaummanmmounmemmmmemmammammmnmmamanmzerunarmmzmmmcnee Daniel Vergara, stellvertretender In nenminister in der UP-Regierung, auf der KZ-lnsel Dawson. Gruß Ana Vergaras an die Leser der Universitäts zeitung Jalud m- omlia..ü . 1, ke de h • LL-iamibtaek-- qe om omo nRidowi) Atjan Ia, Dcha d? yuKo eliteua- towha 3 Jwoc-wP- Cm •imoel 76üd Ond-ega * Ich grüße herzlichst die Leser der „UZ", die mit so vielen Solidaritätsaktionen den Kampf des chilenischen Volkes ge gen den Faschismus unterstützen. Mit tiefbewegter Dankbarkeit Anita VERGARA Foto links oben: Frau Vergara im Ge spräch mit Prof. Dr. Hackethal, FMI, und U. Fischer, UZ. * Foto rechts: Direkte politische Betäti gung ist den gefangenen Patrioten verboten. Mit Lagerzeitungen (Aus schnitte von illegalen Zeitungen aus dem Lager in Ritoque) teilen sie indi- sekt ihre Gedanken und Gefühle mit, auch mit den Mitteln des Humors (die Zeichnungen sind von Miguel Lawner) und des Gedichts. Einige dieser Ge dichte wurden von Prof. Dr. E. Hacke thal (FMI) für die Akademie der Kün ste nachgedichtet. Fotos: HFBS/Aschenbrenner (4) UZ/Fischer (2)
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