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02 Wochenblatt für Reichenbrand, Siegmar, Neustadt, Rabenstein und Rottluff
- Titel
- 02
- Erscheinungsdatum
- 1910-12-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Heimatverein Reichenbrand e. V.
- Digitalisat
- Heimatverein Reichenbrand e. V.
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1067800220-19101217028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1067800220-1910121702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1067800220-1910121702
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatvereins Reichenbrand e. V.
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Reichenbrand, Siegmar, Neustadt, ...
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-12
- Tag 1910-12-17
-
Monat
1910-12
-
Jahr
1910
- Titel
- 02 Wochenblatt für Reichenbrand, Siegmar, Neustadt, Rabenstein und Rottluff
- Autor
- No.
- [1] - -
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Zweites Blatt. Wochenblatt Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 244. für Reichcnbmnd, Siegmar, Neustadt, Rabenstein und Rottlaff. M 50. Sonnabend, den 17. Dezember 1010. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition Meichenbrand, Ncvoigtstraße 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand, Kaufmann Emil Winter in Rabenstein und Friseur Thiem in Rottluff entgegen- genommcn und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bet öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Auzeigeu-Armahme in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags 5 Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags 2 Uhr. VereiuSinserate müssen bis Freitags nachmittags L Uhr eingegangen sein und können nicht durch Telephon aufgegeben werden. Reichenbrand. Wie aus dem Inseratenteil des heutigen Wochen blattes ersichtlich, findet am 1. Weihnachtsfeiertag, wie zeither üblich, im hiesigen Klobeschen Gasthaus ein Gesangskonzert des Manner gesangvereins unter der bewährten Leitung seines langjährigen Dirigenten Theo Nestler statt. Der Verein singt bei dieser Gelegenheit Thöre der älterm und neueren Literatur. Es seien hier nur genannt das Türmerlied von Eyken, der Stundenchor des letzten Kaiserpreis- ! singens „Jung Volker" von Röntgen und einige neuere im Volkston gehaltene Lieder des Leiters des Konzerts. Ganz besondere Anziehungs kraft auf Sänger und Sängerfreunde dürfte aber die Wiederholung des bereits vor vielen Jahren von diesem Verein aufgeführten Werkes des verstorbenen unvergeßlichen Dresdner Komponisten Julius Otto »Die Gesellenfahrt" ausüben. Das Werk, welches die große Hälfte des Abends ausfüllen wird, enthält Deklamationen, Einzel- und Ehor- gesänge, sodaß der Besuch des Konzerts Jedem aufs Wärmste zu em pfehlen sein dürfte. Siegmar. Der Männer-Ges.-Ver. Lyra hält am 1. Weihnachts feiertag im hiesigen Gasthof eine Abendunterhaltung, bestehend aus gesanglichen und theatralischen Vorträgen, ab. Zu derselben ist ein reichhaltiges, gut ausgewähltes Programm aufgestellt worden. Da der Reingewinn zu wohltätigen Zwecken verwendet werden soll, ist dem Verein ein zahlreicher Besuch zu wünschen. Die Alette. Humoreske von Elsa Baronin von Jaroldshausen. Nachdruck verboten. Als Karl Lindner als frisch gebackener Assessor in die Stadt kam, wurde er allseitig umschwärmt. Man lud ihn zu gemütlichen Abenden, zum Skat, hauptsächlich aber zum Tanzen ein, denn ein Assessor muß im Nebenberuf ein vor- Mglicher Tänzer sein, und der Damenflor der Stadt konnte denn auch bald konstatieren, daß Herr Lindner diesen Neben beruf zu allgemeiner Zufriedenheit ausfüllte. Er tanzte nicht nur leicht und sicher, er hatte auch große Ausdauer. Keinen Tanz ruhte er, und in den Pausen stand er dann erschöpft mit roten Backen an die Wand gelehnt lind wartete auf die wiederbeginnende Musik. Aeußerlich war er ja kein Adonis. Er war ein bißchen klein, dick und sein rotblondes Haar etwas borstig, aber das braucht ein Mann Schönheit! Die jungen Mädchen der Stadt wußten Tüchtigkeit und Liebenswürdigkeit weit höher zu schätzen. Als aber Karl Lindner vertrauter in der Gesellschaft wurde, stellte sich bei ihm eine unangenehme Schwäche her aus. Er redete nämlich leidenschaftlich gern. Hatte sich jemand einmal in einer Unterhaltung mit ihm eingelassen, so konnte er sicher sein, daß er vor zwei Stunden nicht von Lindner loskam. Insonderheit hatten die jungen Damen darunter zu leiden, denn während er früher als Unbekannter in den Tanzpausen schweigsam und erschöpft an der Wand lehnte, hielt er es jetzt für seine Pflicht, seine Dame zu unterhalten. Er verbiß sich dann in irgend ein Thema, und keine Macht der Welt konnte ihn davon abbringen. Anfangs nahmen die jungen Mädchen die langweilige Unterhaltung mit in Kauf, denn Karlchen Lindner tanzte dann noch einige Tänze mit ihnen, nur um nicht unterbrochen zu werden, und er tanzte brillant. Aber allmählich bemerkten die Damen, daß, hatten sie sich einmal mit Lindner in eine Unterhaltung eingelassen, die anderen Herren sie nicht von seiner Seite hinweg aufforderten, denn sie wußten, daß Karl chen die Aermste doch nicht so bald freigebe. Da aber Karlchen schrecklich eintönig und langweilig sprach, und die jungen Damen fanden, daß ein guter Tänzer stoch längst kein liebenswerter Mann sei, so zogen sie sich allmählich von ihm zurück, und der arme Assessor bekam nur stoch sehr selten eine Einladung. Seine Freunde und Kollegen bemerkten wohl, daß er sich darüber ärgerte, aber so sehr sie auch ihre Schwestern und Kusinen baten und beschworen, Karlchen nicht so schnöde zu verlaffen, es half nichts, sie weigerten sich einfach, seinen Aedeerguß über sich ergehen zu lassen. Ja, eine von ihnen, die hübscheste von allen, die Karlchen immer ganz besonders oft mit Beschlag belegt hatte, meinte: „Wenn er einen einmal hat, wird man ihn ja auch nicht wieder los; er ist eine richtige Klette; wo sie hinfällt, bleibt sie haken." Man belachte natürlich diesen Ausspruch sehr und weil die, die ihn getan, hübsch, jung und die Tochter des Bürger meisters war, so fand man ihn sehr geistreich und zutreffend, stnd das arme dicke Karlchen hieß von nun ab überall „die Nette". Karl Lindner kannte wohl seine unheilbare Schwäche, stch, er hatte schon oft darunter gelitten, aber so arg wie hier war ihm noch niemals mitgespielt worden. Verbittert zog er sich in die Einsamkeit zurück. Er machte weite Wege durch die schönen Wälder, die nahe der Stadt lagen. Aber es wurde ihm doch recht schwer, sein Mitteilungsbedürfnis so unterdrücken zu müssen. Er hatte ja keinen Menschen, dem er auch nur schreiben konnte. Ach, wenn er heiratete, dann wärs vielleicht besser, aber wer wollte ihn denn heiraten, ihn, die vielbelachte „Klette"! Lud man ihn ein, und er konnte nicht absagen, so saß er blaß und schweigsam mit älteren Herren zusammen und hörte neidisch das Lachen und Scherzen der Jugend an sein Ohr dringen. „Nein, dieses Leben ließ sich nicht länger ertragen, da mußte etwas geschehen. Und wirklich sollte sich sein böses Schicksal wenden. Die junge Frau eines neu angekommenen Regierungsrat war ein guter Engel. Kaum hörte sie durch ihren Mann von der armen „Klette," als sie sich auch schon für Karlchen Lindner ins Zeug legte. „Pfui," sagte sie, „wie kann man so schlecht über einen Menschen sprechen. Der Aermste, wie leid er mir tut. Die jungen Dinger sind eben noch zu dumm," und sie beschloß, Karlchen, sobald er seinen Besuch gemacht hatte, einzuladen und besprach sich mit ihrer „Stütze der Hausfrau," daß sie ein gutes Abendbrot für den armen Assessor bereit halte. Karlchen gefiel ihr recht gut. Er hatte sehr höflich seinen Besuch gemacht und durchaus nicht zuviel geredet, und auch die „Stütze," die lauschend hinter der Tür gestanden hatte, war mit ihm zufrieden. Die junge Frau lud ihn zu einem gemütlichen Abend ein und freudig sagte die wieder hoffende Klette zu. Der „gemütliche Abend" war endlich da und fand Karl chen Lindner strahlend vor Freude bei Regierungsrat Teuber. Nein, was für reizende Leute waren das, besonders die junge Frau, die sich so teilnehmend nach seinem bisherigen Leben in der Stadt erkundigte. Die junge Stütze, die ihm als Fräulein Höfner vorgestellt war, gefiel ihm äußerlich auch sehr gut, sie war aber ein bißchen schüchtern und still. Die nächsten Wochen war Karlchen fast allabendlich bei Höfner, und die junge Frau mußte sich zu ihrer Schande gestehen, daß sie den ihr einst so schrecklichen Namen „Klette" durchaus billige. „Mein Himmel," dachte sie, „dieser Assessor ist wirklich schrecklich," und oft entfernte sie sich unter einem nichtigen Vorwand und schickte Fräulein Höfner zu dem Gast. Die saß auch ganz still und hörte andächtig zu und lächelte freundlich zu allem, was die „Klette" sagte. Aber da Kletten nun mal die unangenehme Eigenschaft haben, haften zu bleiben, wo man sie hinwirft, so hatte Frau Regierungsrat Teuber mit ihrer Güte und Menschenliebe etwas recht Böses ganz unwissentlich angerichtet. Karlchen Lindner hatte sich nämlich in die große, schlanke Blondine verliebt. Die junge Frau war ganz ahnungslos, bis sie durch Zu fall die Gefühle der armen Klette entdeckte. Fräulein Höfner, die Stütze, war nämlich seit einigen Tagen ganz gegen ihre Gewohnheit mürrisch und launisch. Sie wischte unordentlich Staub, versalzte das Essen und vergaß die Strümpfe zu stopfen; machte man ihr aber Vor haltungen, so begann sie sofort zu weinen. Die Frau Regierungsrat war ratlos. Um keinen Preis wollte sie das sonst so liebenswürdige, tüchtige und fein gebildete Mädchen entlassen. Was hatte sie nur? War sie vielleicht gar krank? Sie beschloß, der Sache auf den Grund zu gehen. Aber ach, die junge, unerfahrene Frau kannte noch nicht aller Angestellten Gewohnheit, eigenes Leid der Herrschaft ausbaden zu lassen und stolz jede Vertrautheit abzulehnen. So machte es auch Fräulein Höfner. Ihr hübsches, feines Gesichtchen bekam einen fast beleidigten Ausdruck, als die Frau Regierungsrat freundlich nach ihrer Gesundheit sich erkundigte, und sie sagte nur ablehnend: „Ich danke, Frau Regierungsrat, es geht mir sehr gut," und sie wischte ruhig weiter Staub. Ihre Herrin war der Verzweiflung nahe. Was hatte nur das Mädel?" Da schrillte die Entreeglocke, und durch die geöffnete Tür klang ein kräftiges „guten Morgen!" „Die Klette," dachte die junge Frau entsetzt und wandte sich wie hilfe suchend nach Fräulein Höfner um. Aber was war denn das nur? Das junge Ding hatte den Kopf in die Hände gelegt und schluchzte herzbrechend. „Sie liebt ihn," dachte ihre Herrin. Also das wars gewesen? Nun, verlieren würde sie ja Fräulein Höfner, aber sie freute sich doch, denn Karl Lindner war, abgesehen von seiner Redseligkeit, durchaus der Mann, ein so hübsches junges Ding glücklich zu machen. Sie bedeutete also dem Zimmermädchen, Herrn Lindner in ihres Mannes Zimmer zu führen und sich ein paar Minuten gedulden zu wollen, sie käme sofort. Dann trat sie auf Lilli Höfner zu und strich ihr über die oft beneidete Flechtenkrone. Er kommt wohl, um bei mir um Sie anzuhalten?" fragte sie schelmisch. Aber ein noch heftigeres Schluchzen war die Antwort. „Aber, Fräulein Lilli," beschwichtigte die junge Frau, deshalb brauchen Sie doch nicht zu weinen!" Da warf das Fräulein die Arme tragisch gen Himmel, daß das Staubtuch über ihrem Haupte schwebte und rief: „Aber, er liebt mich doch gar nicht, er liebt Sie doch," und fchluchzend sank sie auf einen Stuhl. Die Frau Regierungsrat stand wie erstarrt. Nein, die Kleine mußte sich irren. Das war ja undenkbar, Lindner war doch sonst ein so ruhig und klar denkender Mensch; aber Lilli Höfner gab ihr unter Weinen nur zu bald Aufklärung. Ja, der Herr Assessor habe, wenn die Frau Regierungsrat fort gegangen sei, immer nur von ihrer berauschenden Schön heit gesprochen und was für eine entzückende Frau sie wäre; ach, und sie, Fräulein Lilli, habe das immer mit anhören müssen, und auch wie alle ihn sonst verlachten, und er sei doch ein so guter, herzensguter Mensch. Und schluchzend drückte sie das Gesichtchen in das große, rotkarierte Staubtuch. „Da hab ich ja mit meinem Interesse für die „Klette" was nettes angerichtet," dachte ihre Herrin. Nein, so sollte es nicht weiter gehen. Karl Lindner sollte und mußte be greifen, was für ein unbezahlbarer Schatz ihm in Lilli Höfner und ihrer Liebe blühte. Sie nahm sich vor, von jetzt ab sehr kurz und höflich zu ihm zu sein und immer ihre Stütze vorschieben zu wollen. Und Fräulein Lilli mußte sich dann stets recht nett und jugendlich anziehen, um ihre körperlichen Reize, deren sie eine ganze Anzahl befaß, Karlchen Lindner besser vor Augen zu führen. Für jetzt tröstete sie die Weinende mit dem Versprechen, daß noch alles gut werden würde und begab sich dann zu der im Herrenzimmer wartenden Klette, die sie zum nächsten Abend einlud. Fräulein Höfner weihte sie natürlich ein, und als der Abend kam, stand diese in einem reizenden, hellblauen Sommer kleide und wartete sehnsüchtig auf den Augenblick, wo sie für ihre Herrin die „Klette" unterhalten sollte. Kein finsterer Zug war mehr auf ihrem frischen Gesichtchen, und die Augen hatten wieder den alten Glanz. Der Plan der Frau Regierungsrat gelang über alles Erwarten gut; durch ihre kühle Art erreichte sie, daß Lindners Lobeshymnen über sie, Fräulein Lilli gegenüber, bald auf hörten, ja sogar leisem Tadel Platz machten. Fräulein Lillis Gesicht wurde immer strahlender und sie stimmte mit ein, innerlich natürlich tausend Segenswünsche auf die gute Herrin herabwünschend. Karlchen Lindner lernte unterdessen das kleine, zierliche Fräulein Höfner und ihre stille Art, ihm zuzuhören, immer mehr schätzen. „Sie ist nicht nur ein hübsches Mädchen, sie hat auch Gemüt und versteht mich," sagte er sich, und bald verblaßte das Bild der jungen Frau neben dem ihren und er trug sich mit dem Gedanken, Fräulein Höfner zur Frau Assessor Lindner zu machen. Sie gefiel ihm und war aus guter Familie, der Regierungs rat Teuber hatte ihm selbst erzählt, daß ihr Vater Ober lehrer gewesen sei. Was hinderte ihn also an feinem Herzens wunsch? Daß Fräulein Lilli ihn gern sah, das schien ihm säst sicher. Zudem war sie reichlich so hübsch, als die viel- gefeierte Bürgermeisterstochter, und wer konnte wissen, ob er nicht auch einmal Bürgermeister werden konnte, er mit seinem Rednertalent; dann würde seine Frau sicherlich minde stens so gefeiert werden, als das hochnäsige Fräulein, die ihm den Spitznamen angehängt hatte. Nein, er war jetzt entschlossen, Lilli Höfner zu heiraten und machte sich eines Nachmittags in weißen Handschuhen, mit zwei mächtigen Blumensträußen, einen für die Zukünftige und einen für die Frau Regierungsrat, auf, um in aller Form um Lilli anzuhalten. Es ging alles nach Wunsch. Regierungsrat schüttelten ihm glückwünscheud die Hand, und Lilli sank ihm glückselig an die Brust. Als sie dann noch gemütlich beim Kaffee saßen, sagte die junge Frau zu dem vor Glück ganz schweigsamen Karl chen: „Herr Lindner, nun beweisen Sie den Städtern, daß Sie Ihren Spitznamen mit Recht tragen und seien Sie, was Ihre Liebe zu Lilli anbetrifft, wirklich eine richtige „Klette."
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