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daß sie den Brief vorhin rasch in das Kästchen geworfen und vergessen hatte, den Schlüssel abzuziehen. Eine heiße Angst bemächtigte sich ihrer. Sie fürchtete die Neugier der Dienstboten. Wenn irgend jemand den Brief las, so konnte das möglicherweise für sie verhängnisvoll werden. Auch wollte sie rasch ein paar Zeilen an Alfred schreiben. Er durfte nicht kommen, sie fürchtete ein Wiedersehen mit ihm. Zwar würde er bei der Stiefmutter erfahren, was sich in zwischen ereignet und dann von einem Wiedersehen abstehen, aber sicher war es nicht. „Ich will rasch noch einmal zurück, um mir ein Tuch zu holen, der Wind weht so kalt," sagte sie, sich möglichst zusammennehmend, zu Viktor. „Gehe einstweilen langsam voraus, ich komme sogleich nach." Und ohne seine Antwort abzuwarten, eilte sie den Weg nach der Villa zurück. „Bleib' doch, ich hole es!" rief er ihr nach. „Nein, nein, Viktor, du würdest es doch nicht finden," klang es zurück. Kopfschüttelnd sah er ihr nach, wie sie eilig dahinstürmte. „Sonderbar," murmelte er, „was mag sie nur haben? Sie erscheint so erregt, es ist doch sicher nur ein Vorwand, den sie gebraucht." Er setzte dann langsam seinen Weg fort, indes Gerda in den Salon eilte. Gottlob, niemand war ihr begegnet, das Kästchen stand noch unberührt an derselben Stelle, hastig zog sie den Schlüssel ab, steckte ihn zu sich, setzte sich an den Schreibtisch und warf mit zitternder Hand ein paar Zeilen auf ein Blatt Papier: „Wir dürfen uns niemals Wiedersehen, es ist zu spät, ich bin bereits gebunden, suche mich zu vergessen und ver zeihe mir! Gerda." Sie steckte den Brief in einen Umschlag und schrieb zitternd vor Aufregung die Adresse; sie wollte ihn auf dem Rückwege selbst in einen Briefkasten werfen, jetzt blieb keine Zeit dazu. Sie eilte so rasch sie konnte dem Gatten nach. Etwa eine Viertelstunde später betrat Egon den Salon. Er hatte beobachtet, wie die beiden Gatten zusammen das Haus ver ließen. Daß Gerda nochmals zurückkam, wußte er nicht. Nun sah er sich aufmerksam um, wohin die junge Frau den Brief gelegt haben könnte. Sein Blick fiel sofort auf das Kästchen, allein es war verschlossen. Er setzte bestimmt voraus, daß der Brief darin lag, aber vorläufig durfte er nicht wagen, sich denselben anzueignen. Gerda verfolgte inzwischen eilig ihren Weg. Sie hoffte, den Gatten noch einholen zu können, aber vergebens spähte sie nach ihm aus. Wahrscheinlich wollte er sie bei ihrer Ankunft schon mit dem gefundenen Kettchen überraschen, weil er nirgends zu sehen war. Der Sturm, der immer heftiger wurde, riß und zerrte an ihren Kleidern, sie achtete dessen kaum. Plötzlich stockte ihr Fuß, — sie stand da, wie angewurzelt, ihr Herz pochte in rasenden Schlägen, die Augen starrten wie entgeistert einer hohen Männergestalt entgegen, die eben aus dem dichten Gebüsch trat und mit wenigen Schritten vor ihr stand. Ihre Hand preßte sie auf die Brust, sie vermochte nicht weiter zu gehen, die Füße versagten den Dienst. „Alfred, — um Gotteswillen, — du hier?" stammelte sie mit fast versagender Stimme. Sie bemerkte, wie die Lippen des vor ihr stehenden Mannes sich verächtlich kräuselten und wie blaß und erregt er war. »Ja, — ich!" sagte er, mühsam nach Fassung ringend. „Sie haben mich wohl nicht erwartet, gnädige Frau? Ja, ja, die Sehnsucht, Sie wiederzusehen, ließ mich nicht ruhen noch rasten; ich konnte es ja kaum erwarten, die ganze Nacht bin ich gefahren, — es half mir doch nichts mehr! Wie konnte ich auch ahnen, daß Sie es so verdammt eilig haben würden, unter die Haube zu kommen! Freilich, wenn so ein reicher Fabrikbesitzer kommt, da besinnt man sich nicht lange, da wirft man all den alten Kram, der Liebe und Treue heißt, weit von sich! — Daß auch dich das verdammte, gleißnerische Gold blenden würde, hätte ich allerdings nicht gedacht!" rief er, unwillkürlich zu dem alten vertraulichen „du" übergehend. All seine Bitterkeit, all der künstlich angewandte Groll wollte nicht stand halten beim Anblick derjenigen, die er so heiß geliebt und die ihm nun verloren war für immer. Sie stand vor ihm, ganz fassungslos, mit Tränen in den Augen und rang verzweiflungsvoll die Hände. „Alfred, — ich bitte dich, sprich nicht so, du tust mir weh," flehte sie. „Weshalb bist du gekommen, wenn du doch wußtest, daß es zu spät ist?" setzte sie leise hinzu. „Weshalb?" brach er leidenschaftlich aus. „Das fragst du? — du? Begreifst du denn nicht, daß ich dich noch einmal sehen wollte, daß ich nicht glauben konnte, was mir deine Stiefmutter erzählte, daß du einem andern angehörst, daß du mich vergessen hast? Ich hielt es für boshafte Ver leumdung. Ich lachte sie einfach aus. „Meine Gerda vergißt mich nicht," sagte ich mir. Abnungslos kam ich in deiner Vaterstadt an, das Herz ganz erfüllt von Wonne und Glück! Ich durfte ja nun das Haupt wieder hoch tragen, unser Name ist gereinigt von dem entehrenden Verdacht, mein Vater ist glänzend gerechrfertigt. Nun kam ich, mir mein lachendes Glück zu holen! Ich wunderte mich, daß ich dich nicht am Bahnhof sah, denn ich hatte meine Ankuuft tele graphisch gemeldet. Wie schwebte mir doch auf der ganzen Fahrt dein glückliches Gesicht vor Augen, dein Lächeln, deine Freude, daß sich nun alles so züm Guten gewendet. Als sich auch am Fenster und an der Treppe niemand sehen ließ, klopfte mir das Herz, denn ich dachte an ein Unglück. Bebend vor Aufregung betrat ich die Wohnung. Deine Stiefmutter teilte mir mit boshaftem Lächeln mit, daß du sie heimlich verlassen und zu deinem Großvater, dem Müller gegangen seiest. Fortsetzung folgt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zv Reichenbrarü vom 26. Junk bis t. Juli 1910. Geburten: Dem Kernmacher Max Moritz Kretzschmar 1 Knabei dem Maurer Robert Scholtz 1 Knabe; dem Fräser Fritz Hug« Martin 1 Knabe. Aufgebote: Der Färber Louis Otto Della-Bella mit der TaM' buriererin Anna Helene Buschmann, beide wohnhaft in Reichen- brand; der Schuhmacher Otto Heinrich Kurze, wohnhaft in Sieven- lehn mit der Strickerin Johanna Marie Meier, wohnhaft in Reichenbrand; der Strumpfpresser Paul Max Roscher mit der Strickerin Emma Martha Uhlig, beide wohnhaft in Reichenbrand. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Siegmar vom 23. bis 29. Juni 1919. Geburten: Dem Güterbodenarbeiter Friedrich Wilhelm Geißler 1 Knabe. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rabenstein vom 24. Juni bis 1. Juli 1910. Geburten: Dem Maurer Kurt Willy Kutzner 1 Sohn; den, Strümp!' Wirker Ernst Emil Berthold 1 Sohn; hierüber ein unehel. geb. Knabe. Eheaufgebote: Der Maler Emil Arthur Herold mit Frieda Klar» Höppner, beide wohnhaft in Rabenstein. Eheschließungen: Der Holzbildhauer Max Louis Mönch, wohnhaft in Rottluff mit Helene Klara Hößler, wohnhaft in Rabenstein. § Sterbefälle: Die Schutzmannsehefrau Ida Marie Fiedler geboren! Müller, SS Jahre alt; der Handschuhfabrikant Otto Oskar Felber 38 Jahre alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rottluff vom 24. bis 30. Juni 1910. Geburten: Dem Fabrikarbeiter Ernst Robert Berthold 1 Mädchen Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 6. Sonntag p. Trinit. den 3. Juli 1910 voB- !/z9 Uhr Predigtgottesdienst. Kollekte für den Kirchens in Klaffenbach. Freitag, den 8. Juli 1910 vorm. 10 Uhr Wochen kommunion. Parochie Rabenstein. Am 6. Sonntag p. Trinit. den 3. Juli 1910 vor^ 9 Uhr Predigtgottesdienst. (Hilfsg. Gebh.) (Kollekte fN den Kirchenbau in Klaffenbach). Vorm. 11 Uhr Kindck gottesdienst. (Hilfsg. Gebh.) Nachm. 2 Uhr ev. Jüngling verein: Ausflug. Mittwoch, den 6. Juli abends 8 Uhr Bibelstunde Pfarrhause. (Pf. Wdr.) Amtswoche vom 4.—10. Juli Hilfsg. Gebhardt. 1 —"X geb. Hößler. Rabenstein, den 19. Juni 1910. Dank. Anläßlich unserer Hochzeit sind uns von selten vieler Freunde und Bekannten in liebevoller Weise große Ehrungen und Geschenke zuteil geworden, wofür wir hierdurch unsern besten Dank aussprechen. Dem Mannergesangverein „Doppclquartett" für seine dar gebrachten Gesänge, sowie den Kaffeeschwestern für das schöne Geschenk entbieten wir unsern besonderen Dank. Max Mönch und Zrau, ^ZLe/7L^6//7, 25. 7970. Le^a/r/rZe/r /uz' atze ü/rs a/r/üM/er'/t /tEEZZ «/rse/'/r Oa/rL. ^a/n/7/ö Ko-s/'l lichsten Dank aus. Herrmann Stache. Rabenstein, am 23. Juni 1910. Für die mir zu meinem 25jährigen Arbeitsjubilänm dar gebrachten Glückwünsche, sowie für die überreichten wertvollen Ge schenke von der Firma Hermann Reinhardt nebst deren Beamten und des gesamten Arbeiterpersonals spreche ich hierdurch meinen Herz- Für die überaus zahlreichen und wohltuenden Beweise herzlicher Teilnahme bei dem Heimgange meiner lieben Gattin, unserer treu sorgenden Mutter, Frau Marie Ida Fiedler geb. Müller, sagen wir hierdurch allen, besonders Herrn Pastor Weidauer für die trostreichen Worte am Grabe, unsern herzlichsten Dank. Rabenstekn, Chemnitz, Dresden, am 2. Juli 1910. Die trauernde» Hinterbliebenen. MO 700 Rsk. An- genügen, zu kaufen gesucht. Werte Offerten unter 2. W. 800 in die Exp. dss. Bl. erbeten. Schuppen oder kl. Mederlage gesucht. Offerten mit Preis an ll. Hubert, Siegmar, Hoferstr. 42, Hinterh. Eine Kinderkutsche ist billig zu verkaufen Rabenstein, Kirchstraße 108. 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