Volltext Seite (XML)
eigene Kosten drucken lassen. Auch schrieb sie seit drei Jahren an einem Roman, der da einmal heißen sollte: „Das Leid der Einsamen." Die Gedichte hat die prosaische moderne Welt bisher absolut nicht zu würdigen gewußt, ja sogar verlacht. Aber das schien der gottbegnadeten Dichterin nur natürlich. Aurora, die jetzt 29 Lenze zählte, war trotz der seltsamen Haartour, die sie, um sich von anderen Sterblichen auch darin zu unterscheiden, tragen zu müssen glaubte, eigentlich gar nicht häßlich zu nennen. Sie hätte gewiß bei der großen, ihr zugestandeneu Mitgift längst einen Mann gekriegt, wenn sie nicht eben allzu poetisch veranlagt gewesen wäre. Als Edgar heute bei dem Rentmeister, der ein nicht gerade großes, aber schönes, von zwei Gärten umgebenes Haus bewohnte, seinen Besuch machte, da trat Aurora ihm mit ver zücktem Antlitz entgegen und ries unbefangen aus: „Wir schätzen uns glücklich, Herr Oberförster, endlich Ihre werte Bekanntschaft machen zu dürfen. Wie ich weiß, sind Sie Offizier in der Armee unseres geknechteten Bruderstammes gewesen. O, darum verehre ich Sie, darum bin ich glücklich, Sie näher kennen zu lernen." Edgar wurde angst und bange, denn fast mußte er eine Umarmung befürchten. Doch nun kam der Herr Rentmeister dazu und die Visite wurde zu einer mehr formellen, nicht allzu ausgedehnten, wie Edgar es beabsichtigt. Indessen hatte er das zweifelhafte Vergnügen, nachdem Schneider ihm drei Tage später seinen Gegenbesuch gemacht, schon am nächsten Sonntag zur Abendgesellschaft eingeladeu zu werden. Da lernte er eine Unmenge Vettern, Basen und Tanten kennen, die Aurora als den Stolz der ganzen Sippe bewunderten und ihm, dem Freiheitskämpfer, dem interessanten Fremdem, viel Lob spendeten, was seine gerade Natur stets unangenehm berührte. In seiner taktvollen gutmütigen Art ließ er aber alle Schmeicheleien ruhig über sich ergehen und zeigte sich als angenehmer Gesellschafter. Aurora war entzückt von diesem vielseitig gebildeten Manne, von diesem Kämpfer für Freiheit und Recht, sie sann auf einen neuen Roman, in dem sie Edgar ein bleibendes Denkmal zu setzen gedachte. Süßmann hatte ein paar Mal über den Zaun des Gartens geschaut, in dem die Abendgesellschaft in dem selten günstigen Wetter stattfand. Da war es ihm nicht entgangen, wie Fräulein Aurora den Oberförster vor den übrigen Herren bevorzugte. Er hörte sie sogar sagen: „Den Helden meines nächsten Romans will ich Edgar von Erlenhus taufen." „Ha, ha, ha," lachte der Diener vor sich hin, „so ist's recht! Nun hat er der alten Schraube auch den Kopf ver dreht. Nur so fort, Herr Don Juan!" Ilse fand fast täglich Gelegenheit, mit Edgar zusammen zutreffen. Heute, an einem rauhen Novembertag, verpaßte sie ihn zum ersten Mal, da er bereits in aller Frühe in ein entferntes Revier hatte reiten müssen. So kehrte sie denn mißmutig von ihrem Spaziergang heim und dachte mit Sorge an den nahe bevorstehenden Winter, wo sie wohl manchmal auf das Glück mit dem geliebten Manne zusammen sein zu können, würde verzichten müssen. Huh, wie das sauste in in dem kahlen Geäst! Wie das fahle Laub dahinflog in alle Welt! Kein Finkenschlag, kein Lerchensang ergötzte heute das Ohr, nur das Krächzen der Dohlen hörte Ilse als eine schaurige dem Sturm und Toben wohl angepaßte Musik, lieber die kahlen Stoppelfelder lagerte sich früh ein dichter Nebel. Es war eben so ein rechter, hoffnungsloser Novembertag. Wie banges Zagen zog es da durch das sonst so heitere Gemüt des jungen Mädchens. „Hat er dich denn auch lieb?" lautete die ernste Frage, die sich ihr heute ganz plötzlich aufdrängte. „Ist seine Freundlichkeit nicht bloß Höflichkeit? Ach, ich bin ja noch ein so albernes Ding, das so wenig in Männeraugen zu lesen versteht. Wenn nun alles nur eitler Wahn wäre?" „Ei, guten Tag, gnädigste Comtesse!" rief oder besser flötete da eine hohe Fistelstimme. Erschreckt schaut Ilse sich um, und siehe da, Aurora Schneider steht vor ihr, einen der wunderbarschön gebundenen Gedichtbände ihrer eigenen Muse unter dem Arm und einen gewaltigen Strauß von Georginen und Astern in der Hand. Sie sah heute gar nicht übel aus. Der Wind — oder sollte es gar Schminke gewesen sein — hatte die sonst etwas fahlen Wangen hochrot gefärbt und das bisweilen schon etwas alt jüngferliche Gesicht sah um mehrere Jahre verjüngt aus. Wie Um alles in der Welt kam denn aber die Dichterin bei diesem Wetter in den finsteren Wald? Sie, die Aengst- liche, die das ganze Jahr lang nicht über den väterlichen Garten hinausschritt, hier draußen? Ilse konnte sich das gar nicht erklären und fragte sehr neugierig nach dem Grunde. „Nun, ich will offen gegen Sie sein, Comteßchen, wie Sie es ja gegen mich auch immer waren. Also, ich hatte die Absicht, ein gegebenes Versprechen zu erfüllen. Sie kennen gewiß unsern neuen Herrn Oberförster, den Herrn Leutnant Edgar von Erlenhus. Nun, dieser Herr interessiert sich sehr für Literatur, wie er denn überhaupt für alles Schöne ein reges Interesse bekundet; wir kamen nun dieser Tage auch auf meine bescheidenen Dichtungen zu sprechen, und er äußerte den Wunsch, dieselben kennen zu lernen. Da er ein so sehr netter Herr ist, so konnte ich ihm seine Bitte nicht abschlagen. Ich versprach ihm einen Band meiner Gedichte zu — nun zu leihen. Ich wollte ihm denselben soeben überbringen, doch leider ist die Oberförsterei ganz wie ausgestorben. Kein lebendes Wesen, außer dem Jagdhund, war dort zu sehen." Ilse war bleich geworden. Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben lernte sie das herbe Gefühl der Eifersucht kennen. „So sollten die Blumen natürlich auch für Herrn von Erlenhus sein?" fragte sie mit ein wenig zitternder Stimme. „Allerdings, meine Gnädigste," erwiderte Aurora mit einem Knix. Dann gingen sie beide nebeneinander dem Schlosse zu, die Dichterin beständig redend, Ilse aber in tiefe, trübe Ge danken versunken. Sollte ein Mann, wie Edgar, denn wirklich Geschmack finden können an einer so überspannten Person? Aber, über den Geschmack läßt sich nicht streiten. Aurora war sehr reich, Edgar besaß gar nichts und hatte für die Seinen mit zu sorgen. Und in diesem Weibe steckte etwas von der List einer Schlange, das wußte Ilse aus früheren Jahren noch genau genug. Sie würde ihn vielleicht zu um garnen verstehen, oder batte es schon verstanden. Das war es, was das liebende Mädchen so traurig stimmte. In den nächsten Tagen war es Jlst unmöglich, das Schloß zu verlassen, und Edgar zu sehen, denn es tobte ein solches Unwetter, daß man keinen Hund hiuausjagen mochte. Außer dem war der Oberförster fast beständig in den entfernteren Revieren beschäftigt, wo ganze Waldstrecken abgeholzt wurden. IV. „Mein Kind, ich habe eine Ueberraschung für dich" sagte der Graf eines Morgens zu Ilse, als dieselbe ernst und nachdenklich in ihrem Zimmer saß. „Wir bekommen in den nächsten Tagen Besuch. Rate einmal, wer kommt!" „Annette etwa mit ihrem Mann?" „Fehlgeschoffen!" Ilse riet hin und her, ohne das Richtige zu treffen. , „Nun, dann muß ich es dir sagen," sprach der Gra! mit eigentümlichem Lächeln. Baron von Radkowski begleit Schmachtenberg. Sie werden die großen Jagden hier mit machen. Durchlaucht kommt dieses Jahr leider nicht. AnneN reist zu ihrer Erholung nach Rom." „Aber, Papa, du kennst doch den Baron gar nicht! WarB immer neue Gäste? Es ist doch so ungemütlich, wenn wü so oft Besuch haben." Der Graf zog die Stirn in finstere Falten, schüttB den Kopf und brummte: „Albernes Geschöpf! Du bist nB achtzehn Jahre, Ilse, da wird es Zeit, daß du die Kinderschuh ablegst." Damit ging er ärgerlich hinaus. Da schien allerdings wenig Aussicht zu sein, daß des Kammerherrn Plan sich verwirklichen könnte. Radkowski, so schrieb Annettens Mann, wäre bis übel die Ohren in Ilse verliebt. Sie hätte freilich oft sehr küß getan, doch dürfte das lediglich auf ihr noch allzukindliches Gemüt und auch auf das Heimweh, an dem sie so sehr lA zurückzuführen sein. Nun, in der Heimat würde sie viellei^ alles mit anderen Augen anschauen. „Daß dir, lieber Freund und Schwiegerpapa," so schloß der Kammerherr seinen lange" Brief, „der Baron als Schwiegersohn noch weit willkommene" sein muß, als ich es seinerzeit war, setze ich als bestimm" voraus. Du kennst ja übrigens die Familie von früher Ich kann dir nach bestem Wissen und Gewissen die Versichert geben, daß Ignaz von Radkowski ein herrlicher Mensch st Doch du wirst dich ja selber bald davon überzeugen." , „Wenn das Mädchen doch nur nicht so eigensinnig wäre,, seufzte der Graf und schritt nachdenklich im Zimmer t und ab. Fortsetzung folgst Nachrichten des Kgl. Standesamtes zn Reichendra^ vom 6. bks 12. August 1910. Geburten: Dem Ränderarbeiter Hermann Max Irmschler Zwilling Kinder; dem Gutsbesitzer Karl Max Uhlig 1 Knabe; dem Ht schuhzuschnetder Theodor Willy Nebel 1 Mädchen. Aufgebots: Der Bäcker Reinhold Max Heinrich mit Louise 2t Freyer, beide wohnhaft in Reichenbrand. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zn Siegmar vom 3. bis 10. August 1910. Geburten: Dem Maschinenschlosser Alfred Bruno Hermann Rütt und dem Eisenbohrer Paul Otto Uhlig je 1 Knabe. Sterbesälle: Dem Handschuhzuschneidcr Franz Müller 1 Soh"' 2 Monate alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Raberistei* vom 5. bis 12. August 1910. Geburten: Dem Eisenfrüser Oskar John 1 Sohn; dem Handst sormer Lonrad Ottomar Müller 1 Sohn; dem Handschuhstrim" Ernst Willy Schmidt 1 Sohn. Sterbefälle: Dem Handschuhformer Lonrad Ottomar Müller 1 Soh" 4 Tage alt; die Strickersehefrau Frieda Rosa Winkler geb. Zscht 31 Fahre alt; hierüber 1 totgeborener Knabe. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 12. Sonntag p. Trin. den 14. August Vorm, "^9 E Lesegottesdienst. Parochie Nabenstein. Am 12. Sonntag p. Trinit. den 14. August 1910 vo^' 9 Uhr Predigtgottesdienst. (Pf. Wdr.) Abends 8 Uhr Jünglingsverein. Mittwoch, den 17. August abends 8 Uhr Bibelstu»^ (Pfarrer Weidauer.) Freitag, den 17. August Vorm. 9 Uhr WochenkommunE (Pfarrer Weidauer). Wochenamt vom 15. bis 21. August Pf. Weidauer- XH Hk X'k xU Eine Wohnung zu vermieten bei t^ut. Verstsuber^er, Rottluff. Eine Halb-Etage im Parterre zu vermieten Neustadt, Kahnstr. 4ll. Wohnungen sind sofort oder später zu vermieten in Rabenstein, Reichenbr. Str. 68, neben dem Carolabad. Näheres zu erfahren Nr. 68, 1 Treppe rechts. /«/- Ure «/rse/'em aL Ue§ Ve^er/r^ r/r /e/e^/e/re/- Ua/-- F-e-meZUe/r ^^«/rFe/r «/re/ (7e§e/re/r^e, Uem /in/- pEt'^e/rUe/r ser'/re UZe u/rs M /Ze/^e/r n7rU, saZM nv> ^ZeeUuee/r ü/rLem öe§7e/r 7)a/rL. am 72. 7976. Siegmar. Eine größere und eine kleinere Halb- Etage mit sämtlichem Zubehör für sofort resp. 1. Oktober zu vermieten. Wo? sagt die Exped. dss. Bi. IM. HO-Etage für 1. Oktober zu vermieten Siegmar, Kaufmannstr. 2. Dem MMWlMM „WelMtett" sind anläßlich der Feier seines silbernen Vereinsjubiläums von Behörden, Vereinen und allen Seiten der hiesigen Einwohnerschaft soviele Zeichen der Anteilnahme an seinem Feste in Gestalt von Schmückung der Häuser, Geschenken und sonstigen Ehrungen zuteil geworden, daß er nicht unterlassen kann, an dieser Stelle nochmals allen seinen herzlichsten Dank hiermit öffentlich auszusprechen. Rabenstein. ZN MMMsUWMiN „IoMliMM." Eine HO-Etage ist zu vermieten Relchenbrand, Weststr. 20. Eine freundliche ist für 15. August oder 1. Oktober an ruhige Familie zu vermieten. Näheres zu erfahren: Siegmar, Luisenstratze 1, bei Herrn Flade. r Otto Aurich, Uhlmcher * Rabenstein, Chemnitzerstraße 80^ 5 Empfehle: z Silberne Herren- UN- Damenuhren mit Goldrand von 12an, Z Goldene Herren- und Damenuhren von 20 an, * Wecker- und Wanduhren. z Gold Double-Netten für Herren und Damen. Nickelketten. * Reparaturen an Uhren aller Art billigst. Eine Giebelstube mit Zubehör für 1. Oktober zu vermieten Reichenbrand, Hofer Straße 60. Eine Halb-Etage sofort oder später beziehbar Reichenbrand, Sofer Straße 70. Eine Werkstelle, evmt. mit Wohnung, ist zu vermieten Siegmar, Hofer Straße 1a. WHmerWWmdLWs Siegmar, Larolastr. 1, pari, rechts. Zum Mitbewohnen eines einfach möb lierten Zimmers wird Logisherr gesucht Siegmar, Larolastr. 3, 1. Et. rechts. 2 Herren köMnWMÄB und 2 Personen Mittagstisch erhalten Siegmar, Rosmarinstr. 40, II. Mädchen erW schönes Ägis Reichenbrand, Hofer Str. 51. Einige anständige Herren können noch gnlen PrioniMGiisch erhalten. Wo, zu erfahren in der Exp. d. B. Ein Jagdhund entlaufen. Gegen gute Belohnung ab zugeben Siegmar, Rosmarinstr. 22. UUoknksus in Siegmar, in schöner Lage, mit SekA gebäude und großem Garten, und gutem Innenausbau, unter günstig Bedingungen sofort zu verkaufen. . Off, unt. v 12 an die Exped. d. Bl^-- WmchBttWeoesFahr^ steht billig zum Verkauf Reichenbrand, Nevoigtstr. 27,^ Schöner grotzer WrlM zu verkaufen Rottluff, Bringe mein Lager in ^chuhwarell aller Art in nur besten Fabrikaten soliden Preisen in empfehlende Erinne"^ Schnhwarenlager Rabenstein.