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konnte man jedes Wort deutlich verstehen und die Sprechen den mußten direkt bei der Tür Halt gemacht haben. „Aber du zerdrückst mir ja meine schönen Rosen," rief draußen eine lachende, übermütige Mädchenstimme, „sei doch nicht so ungestüm — du sollst ja hundert Küsse haben — meinetwegen, aber laß mich doch erst zu Atem kommen, ich ersticke ja! Der Weg hier herauf ist so steil!" „Himmel, welch peinliche Situation," murmelte Gerda, „wenu die beiden da draußen nun hier hereinkämen — was sollen wir nun beginnend" Völlig ratlos schaute sie Viktor an. Er aber antwortete nicht. Mit tief verfinstertem Gesicht stand er da, er hob die Hand, als müße er irgend ein drohen des Unheil abwehren. Draußen war es eine kleine Weile still, dann Hub die Mädchenstimme wieder an: „Beinahe hätte ich mein Ver sprechen, daß ich dir gestern gab, nicht halten können. Wir bekamen nämlich Besuch, so eine alte Tante, die mich gleich völlig in Beschlag nahm. Ich mußte meine ganze Schlau heit aufbieten, um fortzukommen. Aber die Liebe macht er finderisch. Was denkst du, was ich zu Hause vorgab d Das kannst du nicht raten! Ich schickte unseren Diener zu meiner Freundin mit einem Brief. Darin flehte ich sie an, mich sogleich abzuholen unter dem Vorwand, sie wollten ein Theater stück aufführen, bei dem ich unbedingt mittun müßte. Sie kam dann auch und machte ihre Sache ganz ausgezeichnet. Niemand schöpfte Verdacht. Bin ich nicht schlau?" Da antwortete die andere Stimme: „Du bist mein süßes, kleines, herziges Mädchen — ohne das ich nicht leben kann! Ich hätte es nicht ausgehalten, wenn du nicht ge kommen wärst, ich zählte die Stunden, die Minuten, bis ich dich wieder an mein Herz drücken durfte, meine Else, meine Braut, — wann darf ich kommen, um mir deine Hand von deinen Eltern zu erbitten?" Diese Stimme trieb dem lauschenden Mädchen, das sich plötzlich zitternd an die Wand des alten Turmes lehnte, das Blut in die Wangen. Die Hand auf das pochende Herz gedrückt, lauschte Gerda mit angehaltenem Atem auf das, was draußen gesprochen wurde. Viktor betrachtete sie mit besorgten Blicken. „Mein Gott," flüsterte sie, „er ist es, — ach, welche Gemeinheit!" Ein Ausdruck tiefer Verachtung lag auf dem schönen Gesicht. Draußen wurde indes das Gekose fortgesetzt und als die Stimme des Mädchens fragend erklang: „Nicht war, Egon, du liebst nur mich, — mich ganz allein — und die Antwort folgte: „Nur dich — dich meine Else, — noch nie habe ich eine andere geliebt, das will ich dir schwören, was sind alle anderen gegen dich, du Einzige." Da verstummte der Sprecher mitten in der Rede, denn die Türe, die in den Turm führte, wurde plötzlich aufgerissen und unter derselben erschien Gerda, zürnend und hoheitsvoll, mit dem lodernden Feuer tödlichen Hasses in den schönen Augen. Viktor hatte vergebens versucht, das Mädchen zurückzuhalten. „Um Gotteswillen — Gerda, machen Sie keine Torheit" — raunte er ihr zu — zu spät, es war geschehen. Und laut schrie sie es dem bestürzten Mädchen, das sich im höchsten Schrecken wie Schutz suchend an Egon klammerte, zu: „Glauben Sie seinen Schwüren nicht, er lügt und betrügt — er ist ein Meineidiger, — der Sie elend machen wird! Dieselben Worte, die er Ihnen soeben sagte, hat er auch mir gesagt, denselben Schwur hat er mir geschworen, er wird sich über Sie lustig machen, wird über Sie lachen, wird mit seinen Erfolgen prahlen, wie er über mich lachte. Ach wie ich ihn verachte!" Man sah es, Gerda war ihrer selbst nicht mehr mächtig. Tiefaufatmend hielt sie inne. Totenstille folgte dem leiden schaftlichen Ausbruch. Als aber Viktor, der bisher im Hintergründe stand, sich wie zum Schutz neben das an allen Gliedern bebende Mädchen stellte, da stimmte Egon ein lautes, häßliches Gelächter an. — „Schau, schau, ein reizendes Plätzchen für ein Stelldich ein, nicht wahr? Wer hätte das gedacht, daß sich mein tugendsamer Vetter dazu hergibt! Wahrhaftig ein famoser Spaß! Die Ueberraschung ist Euch beiden geglückt!" Jetzt erst erkannte Gerda, daß sie eine Unbesonnenheit be gangen. Von Zorn und Wut fortgerissen, hatte sie an nichts weiter gedacht, als sich an dem zu rächen, der sie schmählich betrogen. Da es für sie kein Zurück mehr gab, redete sie sich immer tiefer in ihren rasenden Zorn hinein: „Ich werde mich zu rächen wissen für den Frevel, verlassen Sie sich dar auf! — Sie sollen an mich denken! Ich schwöre es, daß ich mich rächen werde!" Dann eilte sie, so rasch sie konnte, den stillen Pfad hinab, Viktor folgte ihr. Die beiden sahen sich nicht einmal um, sonst hätten sie bemerkt, daß Egon auf das bestürzte Mädchen an seiner Seite eifrig einredete und daß dieses schließlich laut weinend davon lief. — Gerda befand sich in einem unbeschreiblichen Gemütszu stand. Sie war auf sich selbst zornig, daß sie sich so weit hatte Hinreißen lassen. In welch häßliche Lage hatte sie sich und Viktor gebracht! Die Röte der Scham stieg ihr ins Gesicht, wenn sie daran dachte, daß Egon die Sache auf seine Weise ausbeuten würde. Und daß er sie nicht zu schonen gedachte, davon war Gerda im Voraus überzeugt. Viktor betrachtete das Mädchen verstohlen von der Seite; er ahnte, welcher Art die Gedanken waren, die hinter der weißen Stirn kreuzten. Doch wagte er nicht, das eingetretene Schweigen zu unterbrechen. So stiegen sie den sonnigen Weg hinab. Vogelgezwitscher drang aus jedem Busch. Der Ginster blühte, und geschäftig flogen die Bienen umher. Ein Summen wie ferne Musik erfüllte die sommerliche Luft. Sie waren schon nahe bei der Mühle angelangt, als Gerda sich an ihren schweig samen Begleiter wandte mit den Worten: „Sie verachten mich jetzt jedenfalls sehr?" Er schaute sie bewegt an. „Ich, Fräulein Gerda? Weshalb?" „Ich habe mich vorhin unverantwortlich benommen. Ich hätte bedenken sollen, daß ich nicht allein mich, sondern auch Sie in eine schiefe Lage brachte. Aber der Zorn riß mich fort, ich — konnte nicht anders. Jener schamlose Lügner mußte entlarvt werden. Denken Sie nicht schlecht von mir, weil ich mich dem Verräter so schnell ergab, weil ich mich so rasch von ihm einfangen ließ, er verstand es, mich mit List zu umgarnen, dieser Scheinheilige handelte nach einem wohlüberlegten Plan, — wenn ich nur wüßte, zu welchem Zweck." „Ich sehe darin ganz klar," entgegnete Viktor. „Es war meinem Vetter bekannt, daß —" er stockte und wußte nicht recht, wie er die Worte setzen sollte, um Gerda nicht zu verletzen — „daß ich eine Interesse für Sie habe," — fuhr er nach sekundenlangem Zögern fort, „deshalb — beeilte er sich, mir zuvorzukommen; denn er hatte mich für seine Schwester Ada zum Gatten ausersehen. Mir fällt jetzt so mancherlei ein, was meine Annahme bestätigt. Deshalb heuchelte Egon eine Liebe, die er nie empfand, denn er ist keiner Leidenschaft fähig. Und Sie glauben, daß ich Sie deswegen gering achten würde, weil es dem Elenden gelungen ist, Sie in seine Netze zu ziehen? Wie wenig kennen Sie mich!" Er versuchte, ihr in das Gesicht zu sehen, sie wandte sich rasch ab. „Nur eines sagen Sie mir," Hub er wieder an, „haben Sie Egon wirklich geliebt? Verzeihen Sie, — die Frage mag Ihnen vielleicht indiskret erscheinen, — aber ich möchte Sie recht innig bitten, grämen Sie sich nicht, — jener Mensch ist es nicht wert, daß Sie ihm nachtrauern. Sie sind viel zu gut für ihn." Gerda hob den Kopf und sah Viktor offen an. „Es war eine Täuschung, daß ich mir kurze Zeit hindurch einredete, ich liebe Egon Helldorff. Ich glaubte seinen Liebesbeteuer ungen, seinen Schwüren, und wenn er mir bei jedem Zu sammentreffen versicherte, nicht ohne mich leben zu können, so schmeichelte das mehr meiner Eitelkeit, als daß es mein Herz berührte. Ich war stolz darauf, einem Menschen alles sein zu können." Viktor atmete wie befreit auf. „Ich danke Ihnen für dieses offene Bekenntnis," sagte er, „es nimmt mir eine schwere Sorge vom Herzen." Gerda schaute ihn betroffen an. „Sie dachten doch nicht etwa, daß — ich es machen könnte wie — die arme Trude?" Da keine Antwort erfolgte, fuhr Gerda fort: „Fürchten Sie nichts, denn das werde ich nicht tun! Freiwillig aus dem Leben gehen, — nein! Ich werde mein Los zu tragen wissen. Das bin ich dem Andenken meines guten Vaters schuldig. Er erzog mich im Glauben an einen strengen, ge rechten und gütigen Gott und lehrte mich, alles, — Gutes wie Böses — als von oben kommend zu betrachten. Daran will ich mich halten. Und was das Schicksal auch noch Schweres für mich aufgespart hat, — ich hoffe oben zu blei ben!" — Er sah sie mit einem leuchtenden Blick an. Sie beschleunigte ihre Schritte, so daß er ihr kaum folgen vermochte. Die Mühle war bald erreicht. Unter d Linde vor dem Hause stand Rosel und schaute nach Gerda aus. Das Mädchen flog auf die Alte zu mit den Worten: „Wie geht es dem Großvater?" Die Angeredete zuckte die Achseln. „Schlecht, — er findet nirgends Ruhe. Bald ist er oben bald unten, er macht so ein merkwürdiges Gesicht, — freilü nun gilts bald Abschied zu nehmen von der alten Heimat und das tut weh." Viktor war inzwischen grüßend näher getreten. Rost beachtete ihn kaum. Sie warf ihm nur einen finsteren Bli< zu. Sie zürnte ihm, weil er versprochen hatte, und nun do< keinen Finger rührte. Fortsetzung folgte Reichenbrand. Am Freitag, den 27. Mai abends r/zS M eröffnet der hiesige Stenographenverein einen Kursus für Anfänge in der Gabelsbergerschen Stenographie. In diesem ist Gelegenheit geboten, die Stenographie, dieses gewichtige Hilfsmittel im heutige" Erwerbsleben, und zwar nicht allein im kaufmännischen, sonder" in allen schreibenden Berufsarten, zu erlernen. Die ständige Nah frage nach stenographiekundigen Kräften ist zur Genüge Beweis ft» die Bedeutung, welche der Stenographie in unserer Zeit beigemessen wird Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Reichenbra^ vom 14. bis 20. Mai 1SI0. Geburten: Dem Schlosser Karl Friedrich Lehm 1 Sohn; dem Fabri"' arbeiter Albin Emil Wiederhold 1 Sohn; dem Schlosser Friedrs Wax Georgi 1 Sohn. Aufgebote: Der Schraubendreher Max Ernst Vogel mit der Hand schuhnäherin Lina Anna Wetzel, beide in Reichenbrand. Eheschließungen: Der Maurer Max Oswald Büchner mit dN Besetzerin Selma Klara Steinbach, beide in Reichenbrand. Sterbefälle: Dem Malermeister Max Lasch 1 Tockter, 1 Monat "5 Nachrichten des Kgl. Standesamtes zv Siegmar vom >2. bis mit 18. Mai 1910. Geburten: Dem Sparkassenkassierer Otto Karl Krauße 1 Mädche" dem Ziegeleiarbeiter Albert August Wrschlawsky 1 Knabe; Packer Ernst Albin Bretschneider 1 Mädchen. Aufgebote: Der Kaufmann Paul Richard Wolf, wohnhaft Limbach, mit Anna Milda Preußner, wohnhaft in Siegmar; dd Einarbeiter Paul Albert Weber mit Hedwig Gertrud Ella Keßl^ beide wohnhaft in Siegmar. Eheschließungen: Der Schlosser Albert Hugo Henze mit Frie^ Ella Brabant, beide wohnhaft in Siegmar. Sterbefälle: Die Rentenempfängerin Henriette Amalie BerE verw. Polter, geb. Künzel, 72 Jahre alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zv Rabevst^ vom 13. bis 20. Mai 1910. Geburten: Dem Zimmermann Johann Friedrich Wussack 1 TochA dem Trikotagenfabrikant Karl Gustav Fischer 1 Sohn; dem tzA schuhfabrikant Max Richard Hähnel, 1 Tochter; dem Färbet arbeiter Max Emil Schramm 1 Sohn. Eheaufgebote: Der Stricker Kurt Edgar Kutzner mit der Besetzt Helene Klara Steiner, beide wohnhaft in Rabenstein. Eheschließungen: Der Schlosser Fritz Otto Löwe mit der TA tagenbesetzerin Olga Milda Schmidt, beide wohnhaft in RabensA der Tischler Max Georg Arnhold, wohnhaft in Dresden-Pies^ mit der Trikotagenbesetzerin Lina Minna Ittner, wohnhaft/ Rabenstein. Sterbesälle: Der Invalidenrentner und Handarbeiter Albin OA Fritzsche, 54 Jahre alt, wohnhaft in Reichenbrand und die A züglerin Christiane Juliane verw. Heinig, geb. Künzel, 73 alt, wohnhaft in Rabenstein. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu RottluÜ vom 13. bis 19. Mai 1910. Geburten: Dem Handelsmann Ernst Bernhard Herbst 1 Knabe , Eheschließungen: Der Geschirrführer Robert Arthur Schilling " Frieda Alma Delling, beide in Rottluff. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am Trinitatisfest, den 22. Mai 1910 vorm. Vr9 A Predigtgottesdienst. Vorm. 11 Uhr Unterredung mit konfirmierten Jugend. Parochie Rabenstein. Am Trinitatisfest, den 22. Mai 1910 vorm. 9 U Predigtgottesdienst (Hilfsg. Gebh.) 11 Uhr Christen^ (Pf. Wdr.) Nachm. 3 Uhr Heidenmissionsfest in WE brand. Nachversammlung 5 Uhr. (Predigt und BfA Missionsinspektor?. Lohmann, Leipzig). 8 Uhr ev. Jüngli"» Verein im Pfarrhause. > Mittwoch, den 25. Mai abends 8 Uhr ev. Jungst»^ verein im Pfarrhause. Wochenamt vom 23. bis 29. Mai: Hilfsg. Gebh> tM! M-Mer tu alltzv kr«t8lL8tzll, euaxtiellt im Llnrolvki'kauf veukeke Kognaebi'knnei'ki I oder 2 Herren Können Kost und Logis erhalten Siegmar, Rosmarinstraße 40, 2 Tr. Ein ordcntl. 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Mai, abends ' Versammlung in Klobes Wichtige Tagesordnung. Um za» - Erscheinen bittet