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Wochenblatt Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 144. für Reichenbrand, Siegmar, Neustadt nnd Rabenstein. Hs 45. Sonnabend, den 9. November 1907. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition (Reichenbrand, Pelzmühlenstraße 47v), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Psg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Anzeigeu-Aunahme bis spätestens Freitags nachmittag S Uhr. Bekanntmachung, die Kirchenvorstandswahl in Reichenbrand betr. Der unterzeichnete Kirchenvorstand giebt hiermit bekannt, daß nächsten Sonntag den 10. November c. die Frist zur Eintragung in die Wählerliste für die bevorstehende Kirchenvorstands wahl «bläust. Bis dahin werden Anmeldungen für Reichenbrand auf dem Pfarramt, für Siegmar m der Gemeindeverwaltung entgegengenommen. Später ist eine Aufnahme in die Wählerliste für die bevorstehende Kirchenvorstandswahl nicht mehr zulässig. Vom 11. November bis zur Wahl wird die Wählerliste auf dem Pfarramte öffentlich ausgelegt sein. Einwendungen gegen die Liste sind bei dem Kirchenvorstand schriftlich anzubringen. Die Wahl selbst soll am 1. Dezember vormittags 11 Ahr stattfinden. Reichenbrand, am 8. November 1907. Der Kirchenvorstand. Rein, Pf. Nachstehende Bekanntmachung wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Reichenbrand, am 19. Oktober 1907. Der Gemeindevorstand. Vogel. Gemeinde Reichenbrand. Alle im obengenannten Bezirke aufhältlichen nicht vom Waffendienst zurückgestellten Reservisten, Dispositions-Urlauber und zur Disposition der Ersatzbehörden Entlassenen erhalten hierdurch Befehl, zu der am Donnerstag den 14. November 1907 vormittags 10 Uhr in Mittelbach, „Eckerts" Gasthof, stattfindenden Kontrollversammlung pünktlich zu erscheinen. Anzug: Reine bürgerliche Kleidung; Schirme, Stöcke und Zigarren sind vorher wegzulegen. Zur Jahresklasse 1902 Zugehörige haben wegen der vorzunehmenden Nutzniessung in sauberer Futzbekleidung zu erscheinen. Befreiungsgesuche sind spätestens 5 Tage zuvor einzureichen, später eingehende Gesuche finden keine Berücksichtigung. 2m übrigen wird auf Punkt III und V der Patzbestimmungen hingewiesen. Welcher Jahresklasse jeder einzelne angehört, ist auf dem Deckel des Mllitärpasses verzeichnet. König!. Bezirks-Kommando Chemnitz. Bekanntmachung. Es wird andurch bekannt gegeben, daß nach 8 26 des hiesigen Gemeindeanlagen-Regulativs vom 20. Juni 1899 es jedem Anlagenpflichtigen frei steht, sein steuerpflichtiges Einkommen bis Ende November er. schriftlich an die Gemeindebehörde anzuzeigen. Rabenstein, am 8. November 1907. Der Gemeinderat. Wilsdorf, Gemeindevorstand. Bekanntmachung. Gefunden wurde 1 Filzschuh, zugelaufen ist 1 Gans. Rabenstein, am 8. November 1907. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Bekanntmachung. Am 15. dieses Monats war der 5. Termin der Gemeindeanlagen und des Schulgeldes für das laufende Jahr fällig. Derselbe ist bis spätestens zum 15. November 1907 an die hiesige Gemeindekassenverwaltung abzuführen. Es wird dies mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß nach Ablauf dieser Frist gegen Säumige das Mahn- bezw. Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet werden wird. Neustadt, am 25. Oktober 1907. Der Gemeindevorstand. Geißler. Die Sparkasse zu Neustadt Telephon Nr. 85, Amt Siegmar. unter Garantie der Gemeinde verzinst Einlagen mit »Vs °/o Für Einlagen, welche bis zum 3. eines Monats bewirkt werden, erfolgt Verzinsung für den vollen Monat. Die Sparkasse expediert täglich vormittags von 8—12 Uhr und nachmittags von 2—6 Uhr. Durch die Post eingehende Einlagen werden sofort expediert. Sitzung des Gemeinderates zu Reichenbrand vom 5. November 1907. 1. Es wird Kenntnis genommen s) von einer Verfügung der 8gl. Amtshauptmannschaft, die Abweisung eines Widerspruchs gegen den Teilbebauungsplan der Stelzendorfer Straße betr., b) von einem Bericht derselben Behörde, das Wohnungswesen im amtshauptmann- schaftlichen Bezirk betr. 2. Zu dem von der Gemeinde Grüna für das Areal südlich der Staatsbahn aufgestellten Bebauungsplan wird betreffs der nahe der hiesigen Flurgrenze ausmündenden Straße Zustimmung erteilt. 3. Die Ausführung der Wasserversorgungsanlage am Pfannborn wird dem Erbauer des Wasserwerks, Herrn Ingenieur 2ensen in Freiberg übertragen. 4. Zu dem vom Gemeindevorstande aufgestellten Regulativ über Aufrechterhaltung der Ordnung, der Reinlichkeit und des Verkehrs aus den Straßen und Wegen in der Gemeinde Reichenbrand wird Zustimmung erteilt. 5 Zur Neueinrichtung des Meldewesens werden die erforderlichen Mittel bewilligt. 6. Schätzung Zugezogener. 7. Ein Abgabenerlaßgesuch wird berücksichtigt. Gertliches. Neustadt. Wie aus dem Anzeigenteil ersichtlich, wird die hiesige freiwillige Sanitätskolonne vom Roten Kreuz Mitte dieses Monats einen neuen Ausbildungskursus eröffnen. Auch Herren aus den Aachbargemeinden Schönau, Siegmar, Reichenbrand und Stelzendorf können daran teilnehmen und wollen sie sich bei dem Kolonnen- sührer, Herrn Alexander Uhlmann in Neustadt Nr. 6L, melden. Ausbildender Arzt ist Herr vr. Kanold in Siegmar. Reichenbrand. Bei der hiesigen Gemeindesparkaffe erfolgten im Monat Oktober dss. Js. 171 Einzahlungen im Bettage von 45861 Mk. - Pf. und 60 Rückzahlungen im Betrage von 50168 Mk. 02 Pf. Die Gesamteinnahme betrug 87574 Mk. — Pf-, die Gesamtausgabe 82607 Mk. 63 Pf. und der bare Kassenbestand am Schluffe des Monats 4966 Mk. 37 Pf. Der gesamte Geldumsatz im Monat Oktober beziffert sich auf 170181 Mk. 63 Pf. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage vormittags von 8—12 Uhr Und nachm. von 2—6 Uhr geöffnet und expediert auch schriftlich. Alle Einlagen werden mit 3'/2°/o und solche, welche bis zum 3. eines Moatns erfolgen, noch für den vollen Monat verzinst. Alle Einlagen werden streng geheim behandelt. Rabenstein. Ber der hiesigen Gemeinde-Sparkaffe wurden im Monate Oktober dss. Js-104 Einzahlungen im Betrage von 30851 Mk. 16 Pfg. geleistet; dagegen erfolgten 48 Rückzahlungen im Betrage von 16453 Mk. 52 Pfg. Eröffnet wurden 28 neue Konten, geschlossen 13 Konten. Zinsbar angelegt wurden 27500 Mark. Die Gesamt einnahme betrug 37465 Mk. 49 Pfg., die Gesamtausgabe 43992 Mk. 52 Pfg. und der bare Kaffeilbestand am Schluffe des Monats 3482 Mk. 43 Pfg. Der gesamte Geldumsatz im Monat Oktober beziffert sich auf 81458 Mk. 01 Pf. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage von 8—12 Uhr Vorm und 2—6 Uhr nachm. geöffnet und expediert auch schriftlich. Alle Ein. lagen werden mit W/2"/« verzinst und streng geheim behandelt. Das Heimatlied. Original-Roman von Irene v. Hellmuth. (Nachdruck verboten.) „Aber ein kleines Kind verlangt sorgfältige Pflege", mischte die Präsidentin sich wieder ein, „die Dienstboten sind völlig unzuverlässig. Sie können doch Ihren Sohn nicht so einsam aufwachsen lasten und werden schon um des Kindeswillen daran denken müssen, sich wieder zu vermählen, damit ihm die zarte Sorgfalt zu teil wird, die er zu seinem Gedeihen nicht entbehren kann." „Und Sie glauben, daß eine Stiefmutter dem Kinde diese „zarte Sorgfalt" angcdeihen lasten wird?" „O ganz gewiß," erwiderte die Präsidentin eifrig, „wenn Sie eine Gattin finden, die Sie liebt, so wird sie diese Liebe auch auf das Kind übertragen." Der Fürst konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken, wie die Wangen der Sprecherin sich immer höher färbten. „Meine Güter liegen ziemlich einsam," hob er wieder an, „hart an der österreichischen Grenze, wer weiß, ob eine Frau sich dort glücklich sühlen würde, ich selbst bin ein stiller Mann geworden und wenig geeignet, den Gesellschafter einer anspruchsvollen Frau zu spielen." Es amüsierte ihn, die Präsidentin so in Eifer geraten zu sehen. „Ja, müssen Sie denn gerade eine „anspruchsvolle" Gatlin wählen?" fragte sie sanft. „Das kann man doch im voraus gar nicht wissen, außerdem sind die Frauen alle mehr oder minder anspruchs voll, das stellt sich gewöhnlich erst nach der Hochzeit heraus. „O, Sie sind boshaft, Fürst, und tun den armen Frauen Unrecht." Lothar stand mit auf der Brust verschränkten Armen und finsterem Gesicht dabei. Er bemerkte sehr wohl den spöttischen Blick, den Santoff mit Siegfried tauschte, und fühlte sogleich heraus, daß die beiden sich über seine Mutter lustig machten. Er kannte auch genau ihre Schwäche, die auf eine nochmalige Verheiratung hinauslief. „Du wolltest doch vorhin mit mir einen Gang durch den Park machen, Mama", suchte er sie abzulenken, doch sie wies den Sohn ganz entsetzt ab. „Wo denkst Du hin, Lothar, jetzt ist es viel zu kühl geworden; um keinen Preis möchte ich noch den Park auf suchen." Wiederum zuckte es verräterisch um die Mundwinkel Santoffs. „Aber uns beiden könnte eine kleine Promenade im Mondschein nicht schaden", wandte er sich an Siegfried. „Was meinst Du, wenn wir noch ein wenig frische Luft schöpften? Ich liebe das und man schläft auch bester." „Ich bin gern bereit, Alex." „So komm." Als Lothar bemerkte, daß seine Mutter sich anschickte, trotz der „Kühle" ebenfalls mitzugehen, vertrat er ihr energisch den Weg. „Du bleibst hier", flüsterte er, „Fühlst Du denn nicht, wie Du Dich lächerlich machst?" Laut fügte er hinzu: „Komm, Mania, wir wollen jetzt unsere Zimmer aufsuchen, es ist spät geworden." Dabei reichte er ihr den Arm und führte sie hinaus. „Die Alte ist köstlich", raunte Santoff Siegfried zu. Noch lange wanderten die Freunde Arm in Arm durch den mondbeschienenen Park. Sie sprachen wenig, nur hie und da blieben sie stehen, um irgend eine Gruppe alter Bäume, eine Statue oder die seltene Pracht der gärtnerischen Anlagen zu bewundern. Sie atmeten in vollen Zügen die reine Luft dieser köstlichen Sommernacht. IV. Am folgenden Morgen kam die Sonne golden und majestätisch hinter den Bergen hervor. Siegfried hatte seine alten Zimmer wieder bezogen, in denen alles unverändert geblieben war und die sich in dem runden, mächtigen Turm befanden. Er liebte von allen Gemächern im Schlosse gerade diese am meisten und behauptete stets, es seien die schönsten, weil man von da aus eine herrliche Fernsicht genoß. Der Blick konnte ungehindert Hinausschweifen über die gesegneten, grünenden Fluren, bis zu den blauen Bergen, die dort drüben den Horizont begrenzten. Die. Sonnenstrahlen spiegelten sich heute in Millionen von Tautropfen, die an Gräsern nnd Blumen hingen. Siegfried war früh aufge standen. Er schob die seidenen Gardinen zurück und öffnete das Fenster, dessen runde, in Blei gefaßte Scheiben den anheimelnden Blick noch vermehrten, den man beim Betrachten der ganzen Einrichtung empfand. Der junge Mann schaute entzückten Auges auf die Herrlichkeit, die sich unten aus breitete. Eine fast weihevolle, andächtige Stimmung kam über ihn und unwillkürlich faltete er die Hände, wie er als Kind immer getan, wenn er Morgens an dieser Stelle stand. Sein Blick flog hinauf zum wolkenlos blauen Himmel, so verharrte er eine Weile unbeweglich. Dann bog er sich weit hinaus. Er sah, wie einer der Stallknechte ein gesatteltes Reitpferd herausführte. „Wer reitet denn so früh schon aus?" murmelte er er staunt, doch noch mehr verwunderte er sich, als er gleich darauf seinen Vetter Lothar aus dem Portal des Schlosses treten sah. „Wohin willst Du denn in aller Morgenfrühe, Du bist doch nie ein solcher Frühaufsteher gewesen?" rief er hinab. Der Angerufene schien ein wenig verlegen. „Der schöne Morgen lockte mich, — ich weiß selbst noch nicht, wohin mein Weg mich führt!" Dabei schwenkte er grüßend den hellgrauen Hut gegen den jungen Grafen, und dem Pferde die Sporen gebend, ritt er davon. Kopfschüttelnd schaute Siegfried dem Reiter nach, der es sehr eilig zu haben schien, den „schönen Morgen" zu genießen. Erst später, beim Frühstück, wurde Siegfried die Sache klar, denn als er zufällig dem Vater feine Verwunderung über Lothar und dessen ungewohnt frühes Aufstehen aus sprach, lachte Graf Düren auf: