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an Geduld, und es gelang ihr manchmal, den Gatten etwas aufzuheitern. Er mochte keinen seiner Verwalter empfangen, alles Geschäftliche war Lothar übertragen worden, der auch alles zur Zufriedenheit des Onkels 'besorgte. Die Frau Präsidentin, die sich fast gar nicht verändert hatte, verfehlte nicht, gelegentlich die Vorzüge ihres Sohnes ins beste Licht zu stellen und dabei herauszubringen, ob Graf Düren ge sonnen sei, Lothar als seinen einstigen Erben einzusetzen. Sie wußte es wohl, daß im Herzen des stolzen Grafen ein heftiger Grimm gegen Siegfried wohnte, und sie bemühte sich nach Kräften, ihn, wo es nur anging, zu schüren. „Mein armer Lothar", sagte sie einmal seufzend, während ein Seitenblick verstohlen das Gesicht des Grafen streifte, „da bewirbt er sich nun schon jahrelang um die Gunst der Komtesse Beatrice, er liebte sie so treu, so aufrichtig und so wahr und wagte doch immer nicht, um ihre Hand zu bitten oder bei ihrem Vater seine Werbung anzubringen. Freilich, er besitzt nichts, was Ihre Güte, Graf, ihm nicht zukommen läßt. Was vermöchte er der Komtesse zu bieten? Welche Garantie könnte er ihr leisten, daß ihre Zukunft ebenso sorgenfrei sich gestalten wird, wie sie es zu verlangen berechtigt ist? Was wartet ihrer an Lothars Seite? Er kann ihr nichts bieten als seine Liebe." „Ja, glauben Sie denn, Leonore," fuhr der Graf in seiner barschen Weise auf, daß ich das, was Lothar für mich leistet, nicht zu schätzen weiß? Glauben Sie, falls Beatrice einwilligt, seine Fran zu werden, ich würde nicht genügend für die beiden sorgen? Er soll sich nur erst des Mädchens versichern, das andere werde ich zur vollsten Zufriedenheit aller in Ordnung bringen. Ich werde ihm eines meiner Güter überlassen, falls er sich verheiratet, aber ich kann ihn hier nicht entbehren, man braucht hier den Herrn, den er ausgezeichnet zu spielen versteht, zu notwendig. Ich bin ein alter Mann, ja, ja, wiedersprechen Sie mir nicht, Leonore," unterbrach er sich, als die Präsidentin wie abwehrend die Hand hob, „habe viel durchwachen müssen in der letzten Zeit, und das hat meine Kraft gebrochen, ich brauche eine feste Stütze, auf die ich mich verlassen kann. Wenn die Leute erst einmal merken, daß man die Zügel nicht mehr so stramm halten kann wie früher, werden sie nachlässig und bestehlen einen noch obendrein, wo sie können. Ich habe längst gelernt, Lothar als meinen Sohn zu betrachten, und er wird der einst voraussichtlich mein Erbe sein, wenn man mir das stille, kleine, enge Haus gezimmert hat." Ein Blitz des Triumphes schoß bei den Worten des Grafen aus den Augen der Präsidentin. Sie wandte sich rasch ab, um ihre Freude zu verbergen und führte das Taschentuch an die Augen, als ob die Rührung sie über manne. „Sie sind so gütig," stammelte sie wie in tiefer Bewegung, „aber — von Ihrem Tode dürfen Sie nicht wieder sprechen, Sie tun mir weh damit!" Der Graf ließ sich durch ihre Heuchlerei täuschen. „Nun," begann er wieder," „mag der Sensenmann an klopfen, wann er will, er soll mich wenigstens gerüstet finden, mein Haus ist bestellt." Die Präsidentin fiel ein wenig aus der Rolle. Mit einer jähen, hastigen Bewegung wandte sie ihr Gesicht dem Sprechenden zu, ihre Hand erfaßte krampfhaft die Lehne des hinter ihr stehenden Stuhles, ihre Stimme klang beinahe heißer, als sie fragte: „Was soll das heißen? Ich — ver stehe Sie nicht!" „Das soll heißen, daß ich vorgestern mein Testament aufsetzen ließ. Es bedarf nur noch der Unterschrift. Man kann doch nicht wissen, was passiert und vorkommenden Falles möchte ich gerüstet sein. Das stolze Besitztum unseres alten Geschlechtes muß in einer Hand vereinigt bleiben. So handelten meine Vorfahren, so will auch ich es halten. Das Majorat verlangt einen ganzen Mann, der es ver steht, zu herrschen, zu befehlen und ein strenges Regiment zu führen!" Die Präsidentin wußte genug; denn da der Graf aus drücklich betont hatte, Lothar würde voraussichtlich sein Erbe,- so vermutete sie ganz richtig, daß dies auch in dem Testament so niedergeschrieben sei. Nun galt es nur noch, alle eintreffenden Nachrichten über Siegfried geschickt fern zu halten, und dies erschien ihr durchaus nicht schwer. Ueberdies, allzulange würde das Erbe ohnehin nicht mehr auf sich warten lassen, meinte die kluge Frau. Die letzte Krankheit hatte das Haar des Grafen gebleicht; es war schneeweiß geworden. Eines Tages ließ Graf Düren Beatrice zu sich bitten. In gewohnter Weise ging er ohne Umschweife auf sein Ziel los. „Ich habe wichtiges mit Dir zu besprechen, mein liebes Kind," begann er im ernsten Ton. Gräfin Luise zog das Mädchen, dessen zartes Gesicht sich mit Heller Röte bedeckte, neben sich auf einen Sessel nieder. „Höre mich ruhig an, Bea," fuhr der Gras fort. „Du weißt, Lothar bewirbt sich schon lange um Deine Zuneigung, er liebt Dich wirklich von ganzem Herzen und hat mich gebeten, ein gutes Wort bei Dir zu seinen Gunsten zu sprechen. Ich glaube, Du würdest es nicht bereuen, wenn Du seine Frau würdest. Natürlich habe ich bei dieser Fürsprache auch meinen Vorteil im Auge, es ist ein gutes Stück Egoismus dabei, denn wenn ein Fremder käme und Dich von uns losreißen wollte, ich glaube, ich würde Dir nicht zureden, ihn zu nehmen. Wir zwei alten Leute wären denn auch ganz und gar verlassen und das könnten wir nur schwer verwinden. Du warst immer unser Trost, unser Sonnenschein in all dem Leid, das über uns hereinbrach, und deshalb bitte ich Dich, überlege es Dir, ob Du Lothars Werbung annehmen kannst. Ich ahnte freilich nicht, daß ich einmal in die Lage käme, für Lothar um Deine Hand zu bitten, — solltest uns ja mehr werden, wenn unsere Hoffnungen uns nicht betrogen hätten! Doch das ist vorbei — vorbei —" Er brach plötzlich ab, da seine Gattin schluchzend in ihren Sessel zurückgesunken war, und da ihm selbst etwas in eigentümlicher Weise an der Kehle würgte. Beatrice, die den Grafen mit keinem Wort unterbrochen hatte, faßte nach der Hand der Gräfin. „Beruhige Dich, Tantchen," bat sie innig, von tiefem Mitleid ergriffen, „ich werde Euch nicht verlassen, ich brächte es nicht übers Herz. Ihr sollt an mir eine Tochter haben, die Euch pflegen wird. Ich will tun, was in meinen Kräften steht, um Euch das Leid erträglicher zu machen." „Gott segne Dich, Kind," sagte Gräfin Luise, ihre Tränen trocknend. „Lothar darf also hoffen? Er wird überglücklich sein!" Beatrice nickte nur. Sie stand auf und schritt nach dem Musikzimmer. Dort setzte sie sich still an den Flügel. Gleich darauf vernahm man die zwar nicht starke, aber wohllautende Stimme der Komtesse, die Siegfrieds „Heimat lied" sang. „Traute Heimat, sei gegrüßt." Wie ein Hauch drangen die Schlußworte des Lieds herüber, dann ward es still. Beatrice liebte dieses Lied, sie sang es oft und die Gräfin lauschte der süßen, schwer mütigen Melodie immer aufs neue. Sie schien ihr wie ein letzter Gruß des schmerzlich betrauerten Sohnes. Wo er wohl weilen mochte? Ob er noch lebte? Keine Kunde war zu der sehnsüchtig harrenden Mutter gedrungen. Wenn sie nur wüßte, ob er glücklich geworden wäre, es würde sie schon beruhigt haben, wenn sie irgend etwas über sein Schicksal erfahren könnte. Wie oft hatte sie heimlich 'Siegfrieds Bild, das in ihrem Zimmer an der Wand hing und ihn als kleinen Knaben darstellte, von der Wand genommen und es tränenden Auges betrachtet, um es mit tiefen Seufzern wieder an seinen Platz zu hängen. Beatrices Verlobung mit Lothar wurde auf den be sonderen Wunsch der Braut ganz still in kleinem Kreise gefeiert, wie man sich überhaupt in letzter Zeit von jedem Verkehr mit der Außenwelt fast ängstlich fern hielt. Die Gäste waren, nachdem es so still im Schlosse geworden, von selbst ausgeblieben, man lud auch niemand mehr ein. Fortsetzung folgt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Reichenbrand vom IS. bis SV. Dezember 1VV7. Geburten: Dem Tischler Ernst Paul Gruner 1 Knabe; dem Eisen former Max Martin Demmler 1 Knabe. Aufgebote: Der Maurer Karl Friedrich Pilz in Mittelbach mit Ida Marie Richter in Reichenbrand. Sterbefälle: Der Strumpfwirker Karl Otto Schettler, 61 Jahre alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Siegmar vom 13. bis IS. Dezember 1S07. Gebürte«: Dem Werkmeister Richard Paul Lange und dein Hilfs bahnsteigschaffner Karl Ernst Hantusch je 1 Tochter. Eheaufgebote: Der Eiseudreher Richard Alfred Pfüller mit Paula Anna Friebel, beide wohnhaft in Siegmar. Sterbcfälle: Dem Hilfsbahnsteigschaffner Karl Ernst Hantusch 1 TWter, 2 Tage alt- Nachrichten des König!. Standesamtes zu Neustadt vom 14. bis SV. Dezember 1SV7. Geburten: Dem Briefträger Carl Otto Lohs 1 Sohn; dem Former Johann Demmer 1 totgebornes Mädchen. Eheschließungen: Der Schleifer Georg Osmar Neubert in Siegmar mit Tony Hedwig Köhler in Neustadt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rabenstein vom 14. bis SV. Dezember 1VV7. Geburten in Rabenstein: 1 Sohu dem Handschuhstricker Max Weiland, dem Fleischcrmeister Ernst Paul Melzer, 1 Tochter dem Gießerei- arbciter Max Emil Reichel und dem Geschirrführer Karl Nahlhaft; in Rottluff: 1 Tochter dem Eisenformer Karl Hermann Wienhold. Sterbefälle: Der Strumpfwirker Moritz Hermann Türk, 45 Jahre alt, die Handschuhrepassiererin Anna Klara Berndt, 32 Jahre alt, 1 Sohn dem Brauer Ernst Heinrich Mose, 10 Wochen alt, und 1 Tochter dem Brauer Friedrich Carl Albert Rothe, 3 Monate alt, sämtlich in Rabenstein. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. 1. Am 4. Sonntag des Advents, den 22. Dezbr. 1907 Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. 2. Am 1. Weihnachtsfeiertag, Mittwoch den 25. Dezember vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst mit Feier des heiligen Abendmahls. Beichte '/r9 Uhr. 3. Am 2. Weihnachtsfeiertag, Donnerstag den 26. Dezbr. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. 4. Am Sonntag nach Weihnachten, den 29. Dezbr. vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Parochie Rabenstein. Am 4. Advent 9 Uhr Predigottesdicnst. Am 24. Dezbr. 5 Uhr Christvesper. Am 1. Feiertag ^9 Uhr Beichte. 9 Uhr Predigt gottesdienst. Am 2. Feiertag 9 Uhr Predigtgottesdienst. stuck LiMM kMImtzö, in allen IMern döMMdi'te kabiMe! Elegant s Dsuekksst H LuvepIZssig Iseiekt laufend 5pe2lal-6bteHuiigen: 5ckrejbke6em, Sslflkazsetten. Sebr. Hevolgt, MjsngslsHsckakt, kelckenbrand. o XataloAe Ullä kl-aspekte Fern rni Diensten, o Z/r em/t/Z^ZZ menZe/r am -esZe/r /eZrZ SesZeZ/Z, eZa cZZe -laLum^Z aaFe/r-ZZc^ZZc/r am zrZeH- HaZZrAsZe/r ZsZ. MSmkrgchWMkm Rabenstein. Heute Abend '/JO Uhr Singstunde. Der gesamte Kirchenchor hat Sonnabend abends 8 Ubr in Gustav Müllers Re staurant Ucvung und Montag um 8 Uhr Hauptprobe in der Schule. Allseitiges Erscheinen dringend nötig. Frmemmn I, RabeiEm Freitag den 27. Dezember Vo4 Uhr Christbcschcrung in Kühn's Restaurant. Werte Mitglieder werden gebeten, recht zahlreich zu erscheinen. Mit freundl. Gruß die Vorsteherin. Konsumverein Niederrabenstein Freitag den 27. Dezember abends 6 Uhr Gcneralversammlmng im Restaurant Schweizerhaus, Rabenstein. Tagesordnung: 1. Abänderung des Statuts 8810,11,14, 20, 21, 23, 32, 34, 35, 36, 37, 40. 2. Bestimmung der Dauer des gegen wärtigen Geschäftsjahres. 3. Beschlußfassung über Anträge, die nach 8 22 des Statuts von wenigstens 5 Mitgliedern gestellt und spätestens 5 Tage vor der Versammlung beim Vor stände eingereicht sind. Zur Beratung über Punkt 1 ist es zweckmäßig, das Statut zur Hand zu haben. Die Mitgliedskarte berechtigt zum Ein tritt. Schluß der Präsenzliste um 7 Uhr. Der Vorstand. KmichrnDterDtttin zu Siegmar u. Umg. Heute Sonnabend den 21. 12. Ver sammlung im Gasthof. Anfang V-9 Uhr. Pünktliches und zahlreiche? Erscheinen wünscht der Vorstand. Turmer. Oterrabeustein zu Rabenstein fj. P). Allen lieben Vereinsangehörigen zur gefl. Mitteilung, daß unser dicsj. Silvester- Vergnügen Dienstag den 31. Dezbr. von abends 6 Uhr ab im Goldnen Löwen statt findet. Ferner den 1. Weihnachtsfeiertag vormittags im Bahnhofsrestaurant Früh schoppen, wozu um recht zahlreiche Be teiligung gebeten wird. „Gut Heil!" Der Vorsteher. Kerem sklWll-igMittn für Reichenbrand u. Umg. Hierdurch allen Mitgliedern zur Nachricht, daß unser Mitglied Herr Otto Schettler plötzlich und unerwartet verschieden ist. Auf Wunsch seiner Hinterlassenen soll der Verein dasselbe zur letzten Ruhe begleiten. Da der Verstorbene bis zur letzten Stunde ein treuer Anhänger des Vereins war, so werden alle Mitglieder hierdurch ersucht, sich morgen Sonntag nachmittag 2'/^ Uhr pünktlich im Vereinslokal dazu einzufinden. Der Vorstand. ChorgchWtt. SiMM. Montag den 30. Dezember pünktlich Vs9 Uhr Uebung in der Kirche. Der Vorstand. M.-G.-U. Ari, Mgnm. Der Feiertage wegen, findet die nächste Uebung am Silvesterabend statt. Der Vorstand. Fpmmin „Kmim" Reichenbrand. Den Mitgliedern hierdurch zur Kenntnis, daß die diesjährige Auszahlung der Spareinlagen Sonntag den 29. Dezbr. im bekannten Vercinslokal stattfindet, und zwar von nachmittags 3—>^5 Uhr der Bezirk des Kassierers Thiele, einschließlich der Mitglieder, welche am Jahresanfang vom selbigen kassiert wurden; von 5- >/r7 Uhr der Bezirk des Kassierers Seifert. Es wird hiermit noch darauf hingewiesen, daß an Kinder kein Geld ausgezahlt wird; überhaupt vor den 29. Dezbr- die Kasse geschlossen bleibt. Am genannten Tage findet Ball in Wendlers großem Saal statt. Ans. 7 Uhr- Mittwoch den 1. Januar findet die erste Generalversammlung statt Tagesordnung: 1. Rechnungsablage. 2. Bericht der Prüfungs-Kommission. 3. Neuwahl. Der Vorstand. Z'lMen-KMsM Reichenbrand. Nächsten Sonnabend den 4. Feiertag abends 8 Uhr findet unsere diesj. General versammlung bei Louis Reichel statt. Tagesordnung: 1. Neuwahl. 2. Sil vester u. Winterball betreffend. 3. Vereins angelegenheiten. Einer recht zahlreichen Beteiligung sieht entgegen der Vorstand.