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ochenblatt Fernsprecher: Amt Siegmar Nr» 144. für ReichenLmnd, Siegmar, Neustadt und Rabenstein. ^2 21. Sonnabend, den 25. Mai 1807. Erscheint jeden Sonnabend Nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition (Reichenbrand, Pelzmühlenstraße 47v), sowie von den Herren I. Oebser in Reichenbrand, Buchhändler Clemens Bahner in Siegmar und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Bekanntmachung, Volksbad betr. Der unterzeichnete Gemeindeälteste bringt hierdurch zur öffentlichen Kenntnis, daß das Dolksbad vom I. Juni d. I. an zu folgenden Zeiten geöffnet ist: In den Monaten Juni und Juli von uachmittags 1 bis 9 Uhr wochentags, in dem Monat August von 1 bis 8 Uhr und im September von 1 bis 7 Uhr nachmittags, Sonntags von vormittags 7 Uhr bis nachmittags 2 Uhr und zwar für männliche Personen Montags, Dienstags, Mittwochs, Freitags, Sonn abends und Sonntags, für weibliche Personen Donnerstags. Das Volksbad befindet sich im Teiche des Herrn Gutsbesitzers B r. Hört sch hier und wird die Benutzung desselben der Einwohnerschaft von Reichenbrand und Umgebung aufs beste empfohlen. Reichenbrand, am 23. Mai 1907. Der Gemeindeälteste. Enge. Bekanntmachung Am 1. Juni d. I. wird der 2. Termin der diesjährigen Gemeindeanlagen fällig. Es wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß diese Anlagen zur Vermeidung des Zwangsvollstreckungsverfahrens bis zum 15. Juni ». v. an die hiesige Gemeindekasse abzuführen sind. Rabenstein, am 24. Mai 1907. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Bekanntmachung. Die Zahlungsfrist für den 1. Termin der Einkommen- und Ergänzungssteuer ist abgelaufen, und es hat nunmehr das Mahn-, bezw. Zwangsbeitreibungsverfahren zu beginnen. Für das Mahnverfahren sind die Gebühren nach dem Kostengesetz vom 30. April 1907 zu entrichten und betragen diese bei einer Forderung: bis zu 5 Mk. 10 Pfennige, über 5 Mk. bis 20 Mk. 20 Pfennige, über 20 Mk. für je volle 10 Mk. je 10 Pfennige, mehr bis zum Höchstbetrag von 10 Mk. Rabenstein, am 24. Mai 1907. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Bekanntmachung. Gefunden wurde 1 goldener Trauring und 1 Doppelschlüssel. Rabenstein, am 23. Mai 1907. Drr Gemeindevorstand. Wilsdorf. Die Sparkasse zu Neustadt unter Garantie der Gemeinde verzinst Einlagen mit 3^2 "/o Für Einlagen, welche bis zum 3. eines Monats bewirkt werden, erfolgt Verzinsung für den vollen Monat. Die Sparkasse expediert täglich vormittags von 8—12 Ahr und nachmittags von 2—6Uhr. Durch die Post eingehende Einlagen werden sofort expediert. Merkliches. Rabenstein, 23. Mai. Heute wurde von Herrn Amts- hauptmann On Morgenstern, im Beisein des Ortsgeistlichen, bcs-Gemetndevorstands und 1. Gemeinde-Ältesten, sowie des dirigierenden Lehrers, dem hiesigen Branddirektor Herrn Emil Großer das ihm von Sr. Majestät dem Könige verliehene „Allgemeine Ehrenzeichen" feierlichst überreicht. Rabenstein. Zur Nachfeier des Geburtstages Sr. Mast des Königs Friedrich August findet laut Beschlusses des Schul vorstandes Montag früh 7 Uhr in den Fortbildungsschul klassen und um 8 Uhr in allen Oberklassen der Volksschule Aktus statt. Der Erbe von Riedheim. Roman nach einer Idee von K- Felden von Irene v. Hellmuth. (Fortsetzung) Nachdruck verboten. „Ich gehe mit", sagte Grollmann, doch der Ober förster wehrte ab: „Bleiben Sie hier, das ist nichts sür Ihre alten Beine, — was möglich ist werde ich allein vollbringen, ich fühle die Kraft in mir." Der Alte ließ sich indessen nicht abhalten. Frau Hellborn sah den beiden Männern nach, wie sie rüstig vorwärtsschritten, umkreist von den freudig bellenden Hunden, die froh waren, der langen Haft entronnen zu sein. Die alte Frau sandte einen bangen, fragenden Blick zum Himmel und faltete die Hände im Schoß. Schwer lastete die Sorge auf ihrem Herzen. Sie wußte es, wenn Klaus heute die Baronesse fand, dann war es vorbei mit seiner Selbstbeherrschung, dann hielt er das Wort der Liebe nicht mehr zurück. Was daraus entstand, mochte Gott allein wissen. Schon seit zwei Stunden stieg Hellborn mit seinem Gefährten bergauf. Sie sprachen wenig miteinander, jeder hing seinen Gedanken nach. Sie kamen nur mühsam vorwärts auf dem beschwerlichen Wege, der nur einen Fuß breit Raum bot. Es war eine Art Jägersteig, der auf der einen Seite den Blick in den schauerlichen Abgrund gewährte, auf der andern an nackten, kahlen Felswänden entlang lief. Hellborn war dem alten Guts-Inspektor immer eine Strecke voraus. Angst und Unruhe trieben ihn vorwärts, so daß der Alte nur mühsam zu folgen vermochte. Manchmal war der schmale Steig verschüttet durch Geröll und Steine, die im Lauf der Jahre abgebröckelt sein mochten und da und dort den Weg völlig versperrten. Dann galt es mit aller Vorsicht zu klettern, Schritt um Schritt. Immer steiler wurde der Pfad, bei jedem Tritt geriet man in Gefahr, abzustürzen; dazu strömte noch immer der Regen herab. Die zwei schweigsamen Wanderer trieften vor Nässe. Hellborn spähte bei jeder Biegung angstvoll in die Tiefe und ein Schauer durchrieselte seinen Körper, wenn er daran dachte, daß das süße Geschöpf, das seine Gedanken so unablässig beschäftigte, da unten liegen könnte in der grausigen Schlucht. Manchmal stöhnte er schmerzlich auf; aber ohne sich Zeit zum Ausruhen zu gönnen, hastete er vor wärts. Sie hatten nach unsäglichen Mühen ein kleines Hochplateau erreicht; verschiedene Felsstücke lagen hier verstreut. Grollmann sank ermattet nieder aus den nassen Stein. „Ich kann nicht mehr", klagte er, „ich muß hier ausruhen, sonst versagt meine Kraft. Ich brauche dieselbe notwendig für den schwierigen Abstieg. Es tut mir leid, daß ich mit meiner Mutmaßung Ihnen diese viele Mühe bereitet habe. Ich glaube selbst nicht mehr, daß die Baronesse hier heraufgestiegen ist, wir hätten sie längst finden müssen; denn weiter hinauf kann man nicht; wenigstens ist es für eine Dame ein Ding der Unmöglichkeit, noch höher zu steigen. Wo nur die Männer hingekommen sein mögen, die seit heute Mittag unterwegs sind! Sie müßten uns doch eigentlich begegnet sein." „Sie haben wahrscheinlich einen andern Weg ge nommen", meinte der Oberförster. „Ich glaube nicht, daß es einen solchen gibt, wenig stens keinen besseren." Hellborn, der sich einige Minuten gesetzt hatte, erhob sich schon wieder. „Wo wollen Sie denn hin?" fragte Grollmann; er stand bei diesen Worten schon neben dem jungen Mann. „Ich will versuchen, ob ich den Gipfel erreichen kann", entgegnete er; „bleiben Sie einstweilen ruhig hier, ich komme bald zurück. Sie haben recht, Ihre Kraft könnte Sie beim Abstieg verlassen und das wäre sehr schlimm." Grollmann nickte. Er versuchte nicht, den Gefährten zurückzuhalten, ahnte er doch längst, was diesen so rastlos vorwärts trieb. Hellborn wollte sich eben wieder aufmachen, als bei einer Biegung des Weges die Männer auftauchten, von denen Grollmann gesprochen. „Hallo!" rief er ihnen schon von weitem zu, „was ist's, haben Sie keine Spur?" „Nichts gefunden", antworteten diese, „wir haben so weit es möglich war, alles genau durchforscht." Der Oberförster senkte den Kopf. „Also nichts! Wie weit seid Ihr denn gestiegen?" „Wenn man von hier aus noch eine halbe Stunde aufwärts klettert, hört jeder Weg auf", entgegnete einer, ein stämmiger Bursche mit wettergebräuntem Gesicht, „es ist umsonst, da hinauf zu steigen, — denn weiter wie bis hierher wäre die Baronesse ja doch nicht gegangen, es ist schon bis hierher lebensgefährlich. Wir haben auch gerufen, aber es regte sich weit und breit nichts. Da oben war noch keine menschliche Seele, wie sollte sich so ein junges Ding hinauf wagen." Hellborn hörte die letzten Worte schon nicht mehr. „Bleibt einstweilen hier!" rief er über die Schulter zurück, „ich mache noch einen letzten Versuch —" Das andere blieb unverständlich, denn er war schon zu weit entfernt. „Du kehrst auch bald wieder um", klang es hinter ihm her, aber er hörte es nicht. Die Zurückbleibenden, zu denen sich auch Grollmann gesellte, hatten es sich so bequem als möglich gemacht. Der eine holte aus dem Rucksack, den er auf dem Rücken getragen, eine Flasche mit Rum, Brot und Fleisch hervor, und sie luden auch den alten Inspektor ein, zuzulangen. Einen kleinen Rest sparten sie für Hellborn auf, denn der würde eine Stärkung wohl nötig haben, wenn er zurück käme, meinten sie. Etwa eine Stunde lang war der junge Oberförster unter großen Mühen aufwärts gestiegen. Den Gipfel zu erklimmen erschien allerdings als eine Unmöglichkeit; denn steiler und steiler wurde der Pfad, der zuletzt völlig verschüttet war. Die grauen Nebelwolken hatten sich nach und nach verzogen, hie und da lugte ein Stückchen des blauen Himmels heraus, und endlich brach die Sonne siegreich durch. Die wogenden Nebelmassen begannen zu sinken, und wie aus einem Meer ragten die Spitzen der umliegenden Berge hervor. Es war ein gewaltig schönes Schauspiel, aber Hell born hatte kaum einen Blick dafür. Die Schwierigkeit des Weges nahm seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Eine tiefe Hoffnungslosigkeit bemächtigte sich seiner. Vergebens spähte er nach der heißgeliebten Gestalt aus. Sein Ruf verhallte ungehört. Doch plötzlich war es ihm, als hätte er eine schwache, menschliche Stimme vernommen. Er wandte seine ganze Kraft an, — er stieg so schnell er konnte vor wärts, — nun klang es schon deutlicher, schon ganz in der Nähe: „Zu Hilfe! Hierher!" Es gab keinen Zweifel mehr, das war sie, die schmerzlich Gesuchte, und die Gewißheit, daß sie lebte, versetzte ihn in einen wahren Freudentaumel. Ver gessen war alle Müdigkeit, alle Qual und Pein der letzten Stunden. Nun galt es noch eine letzte Kraft anstrengung — und da sah er sie vor sich: ein wenig unterhalb des Weges lag sie, aber seinen Armen doch erreichbar und scheinbar unverletzt. Sie hielt sich mit beiden Händen an dem vorspringenden Ge stein fest, um nicht noch weiter abzurutschen. Als Marianne den auf sie zustürzenden Mann erblickte, stieß sie einen Freudenschrei aus und versuchte, sich emporzuarbeiteu, sank aber mit einem leisen Stöhnen wieder zurück. „Gott sei Lob und Dank!" rief sie, und all die ausgestandene Angst löste sich in einen Tränenstrom auf. Sie fühlte sich von zwei Armen fest umschlungen und eine Stimme, die so weich und mild klang, als spräche sie zu einem verirrten, verängstigten Kinde, tönte in ihr Ohr: „Marianne, Geliebte, — weine nicht! — Du lebst, und nun bist Du mein — mein! Niemand darf Dich wieder von mir reißen!" Er hätte nicht fagen können, wie es gekommen, daß sie plötzlich an seiner Brust lag, — woher er den Mut genommen, sie zu küssen, und mit den