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„Nun und was weiter?" drängte sie lachend, als er plötzlich verlegen schwieg. „Nun möchten Sie ein Kompliment von mir hören, nicht wahr?" gab er launig zurück. „Das nicht gerade, — aber wissen möchte ich gerne, ob Ihre Voraussetzungen, Ihre Erwartungen getäuscht wurden" „O, weit übertroffen wurden sie" Sie lachten jetzt beide wie ein paar übermütige Kinder und schritten nebeneinander in den Wald hinein, als wäre das schon immer so gewesen. Mit mächtigen Sätzen kamen die Hunde zurück und die Baronesse lobte die schönen Tiere, die ihren Herrn freudig bellend umkreisten. Oberförster Hellborn war entzückt von dem reizenden, halb kindlichen Geplauder der jungen Dame. Sie war ein echtes Naturkind geblieben, trotz langjähriger, standesgemäßer Erziehung. Ein berauschender Duft schien von dieser süßen Waldblume auszugehen, ein Duft, die den stattlichen Manu wie mit unsichtbaren Fäden umstrickte. Als die beiden sich endlich trennten, geschah es mit einem festen Händedruck und mit einem von beiden gleichzeitig ausgesprochenen: „Auf Wieder sehen!" Die Baronesse kehrte in ihr grünes Versteck zurück, nahm das Buch auf, das sie vorhin auf den Boden geworfen, und versuchte zu lesen. Aber ihre Gedanken irrten immer wieder ab, hin und wieder lachte sie leise auf, dann saß sie wie träumend still und lauschte dem Gezwitscher der Vögel. Als Klaus Hellborn am Mittag nach Hause kam, rief er der Mutter zu: „War das ein herrlicher Morgen! Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie schön es ist, so durch den taufrischen Wald zu laufen! Wie freut mich doch mein Beruf! Ich bin fo froh, daß Du keinen gelehrten Stubenhocker aus mir gemacht hast, Mutter! Da könnte ich jetzt im dumpfen Zimmer sitzen, während draußen die Sonne lacht, und", setzte er langsam und stockend hinzu, „die Waldfee wäre mir dann auch nicht begegnet, denn ihr Reich ist die Natur, der herrliche, grüne Wald, den sie genau so liebt, wie ich. " Er lachte leise in sich hinein, und als er dem fragenden Blick der Mutter begegnete, die aus seiner Rede nicht klug zu werden vermochte, schüttelte er sie leise bei den Schultern und sagte launig: „Ja, ja, schilt ihn nur, Deinen großen Jungen, weil er von Kindermärchen träumt! Mir ist heute eine holde Fee erschienen, die war so schön, und sie ist auch eine Zauberin, denn wer sie sieht, der wird glücklich und froh!" „Du bist ja ganz aus dem Häuschen, Klaus, erzähle doch einmal ordentlich, was geschehen ist." Da saß er nun neben ihr und berichtete sein kleines Abenteuer und wußte nicht, daß seine Augen glänzten und seine Wangen glühten. Als er geendet, wunderte er sich, daß die Mutter so still und stumm blieb und erschrak fast über den sorgenvollen Blick, den sie ihm zuwarf. Da fiel es wie ein kalter Reif auf seine frohe Stimmung. Der Märchenzauber zerrann. Während des Essens sprachen sie nur über gleich- giltige Dinge, und die Mutter erschien ihm noch blässer und gedrückter als sonst. Sie fing an, ihm ernstliche Sorge zu machen, die Augen lagen tief in den Höhlen, ihr Gang war so schleppend, als könnte sie sich nur mit Mühe aufrecht erhalten. III. Der alte Freiherr v. Riedheim, ein achtzigjähriger Greis mit schneeweißem Haar, saß in seinem dunkelge täfelten Zimmer, dessen hohe, mit bunter Glasmalerei versehene Bogenfenster auf den prangenden Park hinaus gingen. Die Einrichtung des Gemaches zeigte eine altertümliche Pracht. Schwere seidene Gardinen fielen in dichten Falten an den Fenstern herab; die Wände waren geschmückt mit kostbaren Bildern und Gobelins von seltener Schönheit; die Deckmalerei erschien zwar etwas verblaßt, aber es war doch deutlich zu erkennen, daß eine Künstlerhand sie gemalt. Die schönen, alt deutschen Möbel zeigten überall kunstvolle Schnitzereien; reich verzierte silberne Humpen und Kannen befanden sich auf dem Buffet, das beinahe die ganze Längswand einnahm; Frühlingsblumen dufteten überall und gaben dem in dunklen Farben gehaltenen Gemach einen unendlich freundlichen Anstrich. Baron von Riedheim war in denkbar schlechtester Laune; die Gicht plagte ihn wieder, sein runzelvolles Gesicht war schmerzlich verzogen. Da wurde ihm der Besuch seines Neffen, des zukünftigen Majoratsherrn, des Rittmeisters Julius v. Saldern, gemeldet. Derselbe war eine hohe, stattliche Erscheinung, die auf den ersten Blick wohl imponieren konnte. Aber in seinen Augen flackerte ein unheimliches Feuer, das auf Leidenschaft lichkeit deutete. In dies blasse, beinahe schlaffe Gesicht gruben sich schon kleine Fältchen ein; das Haar zeigte an den Schläfen bereits einen leichten, grauen Schimmer, man sah es dem Rittmeister ohne Mühe an, daß er sein Leben genossen und die Freuden der Jugend gehörig ausgekostet hatte. Sporenklirrend trat er bei dem ihn erwartenden Oheim ein, eilte hastig auf ihn zu und schüttelte ihm die Hand. „Ich habe die Ehre, Sie begrüßen zu dürfen, wer tester Oheim", rief er mit erkünstelter Lebhaftigkeit und Freundlichkeit. „Wie geht es Ihnen? Ich freue mich, Sie beim besten Wohlsein anzutreffen! Sie sehen wirklich ausnehmend frisch und jugendlich aus. Mein verehrter Oheim, Sie müssen irgend ein Geheimmittel besitzen, das Sie immer jung erhält; möchten Sie mir nicht verraten, woher man dasselbe bezieht?" Der Alte lachte ingrimmig. „Na, Du trägst etwas dick auf, mein Junge; willst Du mich verspotten? Schlecht geht's, sehr schlecht sogar! die Gicht plagt mich unausgesetzt, dazu der viele Aerger und Verdruß, — nicht mehr auszuhalten ist es, sage ich Dir! Doch nimm Platz, alter Junge, — ich bin froh, daß Du gekommen bist; ich habe niemand, mit dem ich reden kann. Dort steht Malaga, — ein guter Tropfen, — willst Du ein Glas mit mir trinken, so bediene Dich." Der zukünftige Majoratsherr zeigte eine sehr teil nahmsvolle Miene. Er schien sehr niedergeschlagen von dem eben Gehörten und faßte nach der Hand des Alten, während er traurig den Kopf senkte. „Also wieder schlecht, lieber Oheim? O, wie leid mir das tut! Und Sie hatten doch den Winter, der so grimmig auftrat, recht gut überstanden." „Ja, mein lieber Junge, das Alter macht sich eben recht bemerkbar." „Aber Onkel, wie können Sie so sprechen, Sie sehen gar nicht alt aus —" Ein lauernder Seitenblick streifte die hinfällige Ge stalt des Frciherrn, der eine abwehrende Handbewegung machte. „Laß das, alter Sohn, Du bist ja auch froh, wenn ich Dir Platz mache." Der zärtliche Neffe legte beteuernd die Hand auf die Brust. „Onkel, Sie tun mir furchtbar unrecht!" rief er zerknirscht. „Ach was, das ist der Lauf der Welt! Es geht, Wie es gehen muß! Eine alte, knorrige Eiche wie ich fällt freilich nicht auf den ersten Hieb, doch merke ich, daß es mit mir langsam aber sicher bergab geht. — Mag es doch! Das Leben hat mir dreißig lange Jahre nichts geboten, und bietet mir am Rande des Grabes überhaupt nichts mehr. Ein guter Tropfen Wein ist der einzige Genuß, den ich noch habe. Nun kommt der Doktor, dieser alte Quacksalber, und will mir den auch noch verbieten! Aber mag er sagen, was er will! Was liegt daran, wenn ich in's Gras beiße? Nichts, — gar nichts!" Rittmeister von Saldern hatte die Gläser gefüllt. „Sie tun mir weh' mit Ihren Reden, Onkel", fagte er scheinbar traurig, „wir wollen anstoßen, — der Weinistgut, er wird Sie auf andere Gedanken bringen." Er redete dem Alten zu, sich den Genuß des Weines ja nicht zu versagen, und der Freiherr ließ sich sein Glas immer wieder aufs neue von dem besorgten Neffen füllen. Dabei wurde der Alte immer gesprächiger. „Weißt Du," begann er, nachdem sie eine Flasche des fchweren Weines geleert hatten, „der Aerger, den mir Marianne bereitet, macht mich krank. Ich kann der eigensinnigen Kröte zureden so viel ich will, sie bleibt bei ihrem „nein". Da die Angelegenheit gar nicht vom Flecke gehen will, ließ ich das Mädchen vor ein paar Tagen wieder zu mir rufen. Ich rückte klar und deutlich mit der Sprache heraus, und das Mädchen sollte Farbe bekennen! Doch die Hexe bot mir Trumpf! Da ist mir die Galle übergelaufen." „Sie haben jedenfalls Mariannchen etwas zu Hart angesaßt, verehrter Oheim", warf Julius von Saldern erschrocken ein. „Bot mir Trumpf", wiederholte der Freiherr und stieß wütend seinen Stock auf den Boden. „Durch den Aerger find die gichtischen Schmerzen wieder heftiger aufgetreten. Der Doktor meint zwar, sie würden bald wieder zurückgehen. Na, aber das Mädel soll mich noch kennen lernen! Will sehen, wer seinen Willen durchsetzt, ich oder sie! Von mir hängt es ab, ob sie eine Bettlerin wird oder nicht! Sie mag sich hüten, mich noch mehr zu reizen — ich jage sie hinaus, — einfach hinaus!" Er hatte sich so in Wut geredet, daß er schon wieder ganz blaurot im Gesicht war; der Neffe versuchte vergebens, ihn zu beruhigen. Doch der Alte fuhr in steigender Heftigkeit fort: „Ich zwinge sie doch noch, verlaß Dich darauf. Einstweilen spreche ich seit jenem Tage kein Wort mehr mit der eigensinnigen Kröte, obwohl sie ihr Benehmen zu bereuen scheint; denn sie ist voll Sanft mut gegen mich." „Ich glaube, Verehrtester Oheim, mit Milde ist bei der Baronesse das meiste zu erreichen", bemerkte der Rittmeister in sanftem Ton. „Man muß Geduld haben, sie ist eine echte Riedheim, stolz und selbständig, — sie besitzt Charakter, man darf ihren Widerspruchs geist nicht reizen, man muß mit der größten Zartheit und Liebe zu Werke gehen." „Nun hast Du vielleicht mit Deiner Zartheit und und Liebe schon etwas erreicht bei dem Trotzkopf?" höhnte der Alte. „Bist immer noch so klug wie zu vor. Ich will doch ihr Bestes. Nach meinem Tode steht sie allein auf der Welt. Ich will, daß sie Dich heiratet! Nötigenfalls werde ich sie zwingen. Ich weiß, Riedheim ist ihr ans Herz gewachsen, sie würde sich sehr schwer in eine Trennung finden. Darauf baue ich meinen Plan. Gib nur acht, sie läßt es nicht bis zum Aeußersten kommen, eher gibt sie nach. Das Mädchen wird einmal eine echte, tüchtige Landedelfrau werden. Aber Du mußt auch das Deinige beitragen, wenn Du ihre Hand erringen willst, Du mußt so oft als möglich zu uns kommen und die Festung jim wiederholten Sturm zu erobern suchen. Halte Dich tüchtig dazu, alter Sohn, daß nicht einmal ein anderer kommt und Dir das Mädel vor der Nase wegschnappt — denn andere haben eben falls Augen im Kopfe — und verteufelt hübsch ist die Kleine in den letzten Jahren geworden." Julius von Saldern fuhr mit allen Zeichen der Erregung von seinem Sitz in die Höhe. Seine für ge wöhnlich matt blickenden Augen funkelten in grimmigem Haß, seine schlaffen Züge belebten sich und er preßte zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor: „Das sollte keiner wagen! Ich glaube, ich wäre im stände, ihn zu töten! Die Hand des Mädchens ist mir zu gesagt, sie gehört mir — keinem andern! Onkel, sprechen Sie, wissen Sie etwas? Liebt Marianne einen andern?" Fortsetzung folgt. Nachrichten des K.Standesamtes zu Reichenbrand vom 12. bis 19. April 1997. Geburten: Dem Buchhalter Emil Clemens Rabe in Siegmar 1 Knabe; dem Fabrikarbeiter Karl Heinrich Nebel in Siegmar 1 Mädchen. Aufgebote: Der Fabrikarbeiter Ernst Louis Gebhardt mit Minna Agnes Förster, beide wohnhaft in Reichenbrand. Eheschließungen: Der Eisenbohrer Albin Max Rother in Mittelbach mit Anna Alma Herrmann in Reichenbrand; der Stationsgehilfe Friedrich Wilhelm Ernst in Eibenstock mit Anna Selma Porstein in Reichenbrand. Sterbefälle: Dem Bäckermeister Ernst Eduard Louis Leh man» in Siegmar 1 Tochter, 14 Jahre alt; dem Friseur Ernst Otto Kirsch in Reichenbrand 1 Tochter, 13 Tage alt. KLpeditionszeit des Standesamtes. Wochentags: 8—12 Uhr Vorm, und 2—6 Uhr nachm. Nachrichten des Kgl. Standesamtes Rabenstein vom 12 bis 19. April 1907. Gebürte«: 2 uneheliche Knaben in Rabenstein. Eheaufgebote: Der Hufschmied Paul Richard Rothe mit Julianne Wellna, beide in Rottluff. Eheschließungen: Der Eisenschmclzer Franz Louis Wend mit Lina Clara Maudrich; und der Fabrikarbeiter Max Oskar Pappelbaum mit Miuna Helene Junghans, sämtlich in Rabenstein. Sterbefälle: Keine. Nachrichten des König!. Standesamtes Neustadt vom 1». bis 19. April 1907. Geburten: Dem Einarbeiter Oswald Gustav Korb 1 tot geborener Knabe. Aufgebote: Keine Eheschließungen: Keine. Sterbcfälle: Dem Former Ernst Oswald Meyer 1 Sohn 1 Jahr 8 Monate alt. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am Sonntag Jubilate d. 21. April Vorm. ^9 Uhr Predigtgottesdienst mit Feier des heil. Abendmahls. Beichte 8 Uhr. Vorm. 11 Uhr Unterredung mit der konfirmierten Jugend. Parochie Rabenstein. Am Sonntag Jubilate d. 21. April Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Nachm. 1 Uhr Christenlehre für die konfirmierte Jugend. Am Montag den 22. April 8 Uhr Abendunter haltung für Jungfrauen im Pfarrhaussaale. Am Freitag den 26. April Vorm. 10 Uhr Wochen kommunion. DchiUl z« mkM. Niederrabenstein, Gut Nr. 42. Gasthaus „Meißer Adler", Rabenstein. Morgen Sonntag SAvniii«!»« kok. Wäsche wird sauber gewaschen und geplättet. Für gute Ausführung wird gesorgt. Glanzplätterei und Gardinenspannerei von kelone ko^knig, Siegmar, Hoferstr. 43, hinter der Bahnbrücke. Mn Kinderwagen mit Gummirädern ist billig zu verkaufen. Rabenstein, Poststraht 11 c, I. Mn Fahrrad ist billig zu verkaufen. Rabenstein, Antonstratze 25^. HuMalMt verloren Forststratze. Abzugeben Limbacherstr. 316, Rabenstein. Cm Wim HmimM billig zu verkaufen Rabenstein, Limbacherstrahe 316. kme Näbma;cbine (Hartig) billig zu verkaufen. I-äwrnel, Rabenstein, Gartenstrahe- Kin Amm gute Legehühner (5—6 Stück mit Hahn) wird zu kaufen gesucht. Siegmar, Rosmarinstr. 3. Anständiger Herr sucht möbl. Zimmer. Offerten unter 2. 2. 2S in die Exped. d- Blattes erbeten.