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Zweites Blatt. ochenblatt Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 144. für Rcichenbrand, Siegmar, Neustadt und Rabenstein. Hs ZO. Sonnabend, den 15. Dezember LLMO. Erscheint jeden Sonnabend Nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition Meichenbrand, Pelzmühlenstraße 47v), iowie von den Herren I. Ocbser in Reichenbrand, Buchhändler Clemens Bahner in Siegmar und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Gertliches. Siegmar. Die dramatische Gesellschaft „Eintracht" für Siegmar-Neustadt gab am 10. d. M. im Gasthause Neustadt ihren zweiten Theater-Abend mit Ball und kann mit dem Erfolge sehr zufrieden sein. Es hatte sich eine ausgewählte Cästeschar eingefunden, sodaß der große Saal ziemlich besetzt war. Auch der Bruderverein Sanssouci Schönau hatte es sich nicht nehmen lassen, dem Vergnügen beizuwohnen, um gegenseitige freundschaftliche Beziehungen anzuknüpfen. Zur Aufführung gelangten drei Einakter: „Kinder um jeden Preis", „2n die Falle gegangen" und „Der Hausarzt". Die Darstellung über traf alle Erwartungen und verdient, besonders in Rücksicht darauf, daß das Ensemble zum großen Teil fast ganz neu zusammengesetzt ist, volles Lob. Die einzelnen Damen und Herren hatten sich sehr gut in ihre Rollen hineingelebt und waren in der Wiedergabe sehr glücklich. Das Zusammenspiel war ein flottes und sind alle drei Stücke durch Anstrengung der ganzen Kraft der Mitspielenden vorzüglich gelungen. Ein gut Teil der Anerkennung, mit welcher das Auditorium nicht sparte, gilt auch dem Spielleiter, durch dessen ungesehene aber angestrengte Wirksamkeit das Ganze so wohlgelungen vom Stapel ging. Der allgemeine Beifall, der den Stücken folgte, möge den Beteiligten ein Beweis für die dankbare Aufnahme ihrer Leistungen und ein Ansporn zu weiterem Streben sein. Recht praktisch hatte es die Spielleitung ein gerichtet, daß die Stücke nicht direkt hinter einander folgten, sondern nach jedem einzelnen und vorher von der tanzlustigen Jugend das Tanzbein geschwungen werden konnte. Der Abend verlief in der angenehmsten Weise und hielt die Teil nehmer bis zum Schluffe des Balles beisammen. Wiederum, wie bereits beim ersten Vergnügen im Gasthause zu Siegmar haben ein Tei! der geladenen Gäste ihren Beitritt zur „Ein tracht" erklärt, um dieselbe in ihrem Bestreben, durch Auf führung guter dramatischer Werke die Bildung in unserer Nation fördern zu helfen, durch geringe monatliche Beiträge zu unterstützen und lebensfähig zu erhalten. Möchten sich hierzu noch viele gern entschließen. Heil Thalia! Siegmar. Die hiesige Aktiengesellschaft Deutsche Cognacbrennerei bringt seit einiger Zeit einen Likör, genannt „körn» seo", in den Handel, der in der Tat eine Ungewöhnliche Feinheit zeigt und den der Kenner ohne weiteres dahin beurteilt, daß es sich hier um ein besonders gelungenes Und edles Produkt handelt, das berufen erscheint, das bedeutende Ansehen, welches deutsche Liköre schon seit langen Jahren beim Publikum genießen, weiterhin vermehren zu helfen, „koms, seo" ist aus den edelsten Kräutern und Blättern hergestellt, mit feinstem Weindestillat verarbeitet und bietet Nach übereinstimmendem sachverständigen Urteil einen vollen Ersatz für bekannte ausländische Erzeugnisse, gilt namentlich aber als vollwertiger Ersatz für Chartreuse, der heute echt und altgelagert aus Frankreich nicht mehr zu haben ist. Bei seiner Vorzüglichkeit ist Voms. sev außerordentlich preiswürdig, er ist im ganzen Reiche in den ersten Geschäften zu Einheits preisen geführt und steigt fortgesetzt in der Gunst der Kon sumenten. Rcichenbrand. Bei der hiesigen Gemeindesparkasse er- solgten im Monat November d. 1.117 Einzahlungen im Betrage don 23957 Mk. 85 Pf. und 37 Rückzahlungen im Betrage von 8561 Mk. 36 Pf. Die Gesamtcinuahme betrug 48677 Mk. 58 Pf., die Gesamtausgabe 20785 Mk. 13 Pf. und der bare Kassenbestand am Schluffe des Monats 27892 Mk. 45 Pf. Der gesamte Geldumsatz im Monat November beziffert sich auf «9462 Mk. 71 Pf. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage vormittags von 8—12 Uhr und nachm. von 2—6 Uhr geöffnet und expediert auch schriftlich. Alle Einlagen werden mit M/zO/g und solche, welche bis zum 3. eines Monats erfolgen, noch für den vollen Monat verzinst. Alle Einlagen werden streng geheim behandelt Rabenstein. Bei der hiesigen Gemeinde-Sparkasse wurden 'M Monate November ds. Js- 86 Einzahlungen im Betrage von 8247 Mk. 55 Pf. geleistet; dagegen erfolgten 32 Rückzahlungen Mi Betrage von 4313 Mk. 88 Pf. Eröffnet wurden 8 neue Konten, geschlossen 2 Konten. Zinsbar angelegt wurden 13140 Mark. Die Gesamteinnahme betrug 31496 Mk. 05 Pf., die Gesamtausgabe 19120 Mk. 61 Pf. und der bare Kassenbestand am Schluffe des Monats 17594 Mk. 61 Pf. Der gesamte Geld- »mfatz im Monat November beziffert sich auf 50624 Mk. 66 Pf. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage von 8—12 Uhr darin, nnd 2—6 Uhr nachm. geöffnet und expediert auch schrift- "ch. Alle Einlagen werden mit 3V2°/o verzinst und streng Scheim behandelt. Nachrichten des K. Standesamtes zu Reichenbrand vom 1. bis 14. Dezember 1906. Geburten: Dem Maurer Franz Zeug in Siegmar 1 Knabe; dem Dachdecker Hermann Ernst Paul Simon in Reicheubrand 1 Mädchen; dem Eisenformer Fritz Karl Melzer in Reicheu brand 1 Knabe; dem Fabrikarbeiter Max Bernhard Albrecht in Rcichenbrand 1 Knabe; dem Scherer Max Paul Heide in Siegmar 1 Knabe; dem Kunstgärtner Karl August Richard Göycl in Siegmar 1 Mädchen; dem Dreher Walther Bruno Tetzner in Reichenbrand 1 Knabe; dem Färber Ernst Oskar Reinhold in Reichenbrand 1 Knabe; dem Arbeiter Joseph Emil Rosenberg in Reichenbrand 1 Mädchen. Aufgebote: Der Fabrikarbeiter Richard Ernst Ficker in Reichenbrand mit Ella Helene Herrmann in Siegmar. Der Schmied Osw. Richard Beyer in Siegmar mit Anna Marie Fiedler in Reichenbrand. Eheschließungen: Vakat Sterbcfälle: Die Armenhäusleriu Christiane Wilhelmine verw. Haase, geb. Otto in Rcichenbrand, 91 Jahre alt; dem Klempner Kurt Walther Gruner in Siegmar 1 Knabe, 5 Monate alt; dem Vorarbeiter Alb- Emil Mainert in Reichen brand 1 Knabe, 22 Tage alt; dem Hausmann Ernst Max Lindner in Siegmar 1 Mädchen, 3 Monate alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes Rabenstein vom SV. November bis 14. Dezember 1906. Geburten: In Rabenstein: 1 Tochter dem Strumpfwirker Bernhard Walther; dem Eisendreher Ernst Otto Schulze; und dem Handschuhstricker Carl Otto Küchler; 1 Sohn dem Handarbeiter Johann Warta; dem Eisenhobler Paul Arthur Seidel; und dem Bäckermeister Gustav Adolf Oehme. In Rottluff: 1 Sohu dem Fabrikarbeiter Ernst Bernhard Herbst; dem Pernickler Ernst Alfred Schütze; und 1 Tochter dem -Eisendreher Karl Emil Schönherr. Eheaufgebote: Der Monteur Eugen Curt Berger mit Clara Liddy Felber, beide in Rabenstein. Eheschließungen: Der Steindrucker Guido Moritz Türk mit Rosa Auguste Mosig; der Handschuhstricker Fritz Linus Lohse mit Selma Agnes Stecher, sämtlich in Rabenstein. Sterbefälle: Keine. Nachrichten des Königl. Standesamtes Neustadt vom 1. bis 14. Dezember 1996. Geburten: Dem Tischler Ernst Kurt Guhlmann 1 Tochter; dem Handarbeiter Karl Wotruba 1 Sohn; dem Fabrikarbeiter Robert Emil Steinert 1 Sohn; dem Sattler und Tapezierer Heinrich Schulz 1 Sohn; dem Kaufmann Richard Hermann Hammer 1 Tochter. Aufgebote: Keine Eheschließungen: Der Fabrikarbeiter Ernst Hermann Müller mit Helene Clara Weber, beide wohnhaft in Neustadt. Sterbefälle: Keine. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 3. Adventsonntag den 16. Dezember 1906 vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Parochie Rabenstein. Am 3. Adventsonntag den 16. Dezember vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Freigesprochen. Familien-Roman v. Ludw. Nutzer. (Fortsetzung). „Da hast Du recht getan, Kind," sprach Berger zu seiner Tochter. „Oh, wie freue ich mich, daß ihre Leidenszeit endlich ein Ende nimmt", erwiderte diese. „Ja, gottlob, endlich naht der heißersehnte Augen blick heran", sprach Berger. „Mir scheint es wie ein Traum, Irma, daß ich heute — heute noch Deine Mutter sehen werde!" „Auch Karl hat mir in seinem letzten Briefe ge schrieben, daß der Seelenzustand der Mutter fein tiefstes Mitleid errege. Ich habe den Brief hier", fuhr sie fort, indem sie ihr Reisetäschchen öffnete; „wenn er Dich interessiert . . .?" „Aber Kind, dieser Brief wird mich doch interes sieren!" „Er schreibt im Eingänge, wie er in Vickenried empfangen wurde. Das darf ich wohl überspringen?" „Alles interessiert mich, Irma." „Meine liebe, teure Braut!" begann Irma zu lesen. „Ein bedeutsamer Schritt ist geschehen und ich will nicht länger säumen, Ihnen das erfreuliche Ergebnis desselben mitzuteilen. Gestern kam ich hier an, nachdem ich Ihrer Frau Mutter und dem Herrn General ein paar Tage zuvor meinen Besuch angekündigt hatte. Obwohl ich wußte, daß Ihre lieben Angehörigen bereits einen ausge zeichneten von Georg ausgesertigten Leumund über meine Person besaßen, bekam ich doch etwas Herz klopfen, als ich durch den Schloßhof ging und dann die Treppe zu deu Wohnräumen emporstieg. Ich wurde ungemein liebenswürdig ausgenommen und eine halbe Stunde später habe ich mich in den Räumen, in denen Sie, meine süße Irma, ausgewachsen sind, sy heimisch gefühlt, wie in meinem Elternhause. Ihre lieben Angehörigen haben zu unserer ehelichen Ver bindung ihre Zustimmung gegeben und sich damit einverstanden erklärt, daß wir uns an Weihnachten verloben. Ihre Frau Mutter, der Sie auffallend ähnlich sehen, habe ich rasch lieb gewonnen. Sie hat sich erstaunlich jugendlich erhalte». Wenn sie lächelt, was leider selten der Fall ist, erscheint sie mir fast so schön, wie Sie, mein Herzensengel. Auch Ihr Großvater ist ein sehr liebenswürdiger Mann. So oft ich Ihre Mutter ansehe, empfinde ich das innigste Mitleid. Dutzendmal im Tage steht sie vor dem Bild des Vaters und weint. Und ein einziges Wort, das ich leider nicht sagen darf, würde sie von all' ihren Seelenqualen erlösen! Glücklicherweise sind ihre Leiden nur mehr auf wenige Tage bemessen; der Gemütszustand Ihrer guten, warmfühlenden Mutter gibt zu den ernstesten Sorgen Anlaß. Ihre liebe Mutter und der Herr General bestehen darauf, daß ich bis nach Weihnachten in Bickenried bleibe, was mir ja gewiß nicht schwer fällt. Wo auf der Welt sollte ich lieber sein als hier, nachdem ich in Ihrer Nähe nicht mehr weilen kann? Ich freue mich sehr auf Weihnachten und zähle die Stunden, bis der selige Augenblick kommt, an dem wir unter deni Christbaum den Segen der wiedervereinten, geliebten Eltern em pfangen werden und ich Sie öffentlich meine Braut nennen darf. Am 24. Dezember werde ich Sie mit Josef, der als Anstandsperson zu fungieren hat, mittels Schlitten in Kaufbeuren abholen. Da voraussichtlich auch unser lieber Vater mit Ihnen ankommen wird, werde ich den Josef mit dem Schlitten in der Stadt zurück lassen nnd allein auf dem Bahnhofe warten. Ich komme zu dem Zuge der nachmittags fünf Uhr von Augsburg eintrifft. Von Ihrer lieben Mutter und dem Herrn Großvater soll ich Ihnen viele herz liche Grüße schreiben. Gleich mir können auch sie Ihre Ankunft kanm mehr erwarten. Unter tausend innigen Grüßen verbleibe ich Ihr Sie treu liebender Karl." „Der Fußweg durch den Wald nach Bickenried wird wohl nicht gebahnt sein?" fragte Berger nach längerem Schweigen. „Es wird gut sein, wenn ich das Sträßchen über Kemnat wähle. Wesentlich weiter ist ja dieser Weg, der an der Oelmühle vorbeiführt, auch nicht." „Es ist vielleicht ein Unterschied von zehn Minuten", erwiderte Irma. „An Deiner Stelle würde ich jedoch in Kanfbeuren einen Lohnkntscher nehmen und fahren. Das Sträßchen über Kleinkemnat wird wenig benützt, und Du wirst meist durch tiefen Schnee waten müssen." „Das macht nichts, Irma; ich gehe doch zu Fuß. Ich habe diesen Weg so oft mit schwerbedrücktem Herzen zurückgelegt, und kann dem Reiz nicht wider stehen, ihn einmal mit dem Bewußtsein zu gehen, daß ich das so lange ersehnte Ziel sicher erreichen werde. Wo sind wir jetzt wohl?" fragte er nach einer Weile, als der Zug längere Zeit anhielt. „Man sieht nicht hinaus", erwiderte Irma. „Er laubst Du, daß ich das Fenster einen Augenblick herunterlasse? — Buchlohe!" rief sie gleich darauf erfreut. „Was, Buchlohe schon?" sagte Berger überrascht. „Der Bahnhof dieses Ortes liegt aber meines Wissens auf der andern Seite . . . Richtig, 's ist Buchlohe;