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Bericht über die Sitzung des Gemeinderates zu Siegmar am 16. November 1906. Vorsitzender: Herr Gemeindevorstand Klinger. Es wird die Nachschätzung verschiedener zugezogener Per sonen zu den Gemeindeanlagen vorgenommen. Vor Ablauf der Garantieftist für den Wasserleitungshochbehälter beschließt man, noch eine Dichtigkeitsprobe vorzunehmen. 2n Sachen der sich durch die Unterführung der Friedrich - August - Straße nötig machenden Verlegung der Schleusenaniage dieser Straße wird Beschluß gefaßt. Von einem Dankschreiben wird Kenntnis genommen. Eine Gemeindeanlagen-Reklamation findet Er ledigung. Zu einem Beschlusse des Sparkassen-Ausschusses, Grundstücksbeleihung betr., wird Zustimmung erteilt. Einige angemeldete Licht- und Kraftanschlüsse an das Elektrizitäts werk werden genehmigt und beschlossen, eine Ergänzung des Haftpflichtversicherungsvertrages für das Elektrizitätswerk vorzunehmen. Zum Zwecke der Straßenbeleuchtung wird be schlossen, 11 Stück neue Bogenlampen anzuschaffen. Von dem Sachverständigen-Gutachten zu einem Fluchtlinienplane wird Kenntnis genommen. Zwei Punkte eignen sich nicht zur Veröffentlichung. An kahlen Grüften. Nachdruck verboten. Vorbei sind die goldenen Tage des blühenden Lenzes, des reifenden Sommers und des so früchtereichen Herbstes und wieder zieht es dahin über verödete Fluren und entblätterte Bäume, mit rauhen Stürmen die letzten Reste vergangener blütenreicher Tage hinweg fegend, und immer öder und kahler wird es da draußen in der noch vor kurzem so herrlichen Gottesnatur. Und wenn auch die Sonne am Himmelszelt noch ver sucht, durch ihren strahlenden Schein das Leben in der Natur zu erhalten, ihr fehlt die Wärme der herr lichen Frühlings- und Sommerszeit und selbst noch in ihrem hellsten Scheine fällt doch vom Baume Blatt auf Blatt wie sterbend nieder. Durch nichts läßt sich rings in der Runde das große Welken, Sterben und Verderben aufhalten, denn der rauhe Herbstwind sorgt dafür, daß die Natur draußen immer mehr und mehr verödet und erkaltet. So liegt eine düstere Stimmung über Feld und Fluren, über Wald und Haine und sie zieht mit hinein in die Städte und Dörfer, in die Häuser der Menschen, in deren Brust wie lähmend gleichfalls ein Herbsthauch mahnend einzieht. Er erinnert an das Welken und Sterben auch im menschlichen Leben, wo nach goldenen Lenzes- und Sommertagen auch dann das herbstliche Welken und das winterliche Sterben kommt und unwillkürlich schweifen die Blicke hinaus an die heilige Stätte des Friedhofs, wo in den kahlen Grüften alle die geliebten Toten ruhen, die ihnen einst in Liebe und Treue im Leben so nahe gestanden haben. Auch hier an der Stelle des Friedens ist alles öde und kahl geworden, verschwunden ist die herrliche Rosenpracht des St. Johannistages und der rauhe Wind spielt auf kahlen Grüften mit verdorrten Blumen und Blättern. Wohin man fchaut, das Zeichen des Sterbens, des Todes! Und mitten in diese trübe Stimmung hinein, so recht zu derselben passend, da schallt mahnend von dem alten Kirchturme das dumpfe Läuten der Glocken in die Welt hinaus, dieser zu rufend, daß heute das Fest der Toten, daß Allertoten tag ist. Der Glockenruf ist nicht umsonst erschallt, die alte treue Liebe regt sich gewaltig im Herzen der Menschen und hinaus ziehen sie mit des Herbstes letzter kärglicher Habe nach dem stillen, verödeten Friedhofs hag, um damit dort nochmals die kahlen Grüfte ihrer geliebten Toten zu schmücken. „Wer Liebe säet, wird Liebe ernten", das sieht man so recht deutlich an dem Allertotentage, auf dem sich vor langer Wintersnacht nochmals festlich schmückenden Friedsofe, denn auch der Aermste bringt den Seinen da draußen noch eine letzte Liebesspende. Und all der Schmerz und alle die Tränen, die wir da an den Gräbern der Eltern, Kinder, Brüder und Schwestern sehen, geben Zeugnis dafür ab, daß die geliebten Toten, welche heute neben ein ander hier in ewigem, friedlichem Schlummer ruhen, von den Lebenden noch nicht vergessen sind und daß sie heute bei dem Stehen am kahlen Hügel im Geiste wieder mit ihnen vereint sind. Vorbei ziehen die Tage des Glückes und' der Freude, aber auch die des Leides und der Sorge und bitter ist der Schmerz über das durch den Tod verlorene. Trost soll sein, daß es euch doch wenigstens noch vergönnt ist, an diesem Toten festtage die kahleu Hügel eurer teuren Entschlafenen zu besuchen und zu schmücken, wie mancher würde so gern an das Grab eines geliebten Dahingeschiedenen an dem Tage eilen, wenn ihn nicht Raum und Zeit so weit davon trennten. Nuhn sie jetzt auch in ew'gcm Frieden Vom Kampf des Lebens alle aus, So ist euch doch der Trost beschieden, Zu schmücken noch ihr stilles Haus. Wie traurig ist's, wer fern den Seinen Im fremden Land zum Grabe sinkt, An dem kein Mutteraug' kann weinen Und dem die Lieb' kein Blümlein bringt. Das gilt besonders von unseren wackeren deutschen Brüdern in Deutsch-Südwestafrika, welche dort den Heldentod für das Vaterland starben und nun in wilder Einöde im stillen, schmucklosen Grabe im ewigen Schlafe ausruhen von allen den Kämpfen und Ent behrungen, die sie für ihr geliebtes Vaterland erlitten haben. So manches Eltern- und Geschwisterange sucht wohl heute im Geiste den einsamen Hügel im fernen Lande, wo ihr Bestes, der geliebte Sohn und Bruder, für immer schläft und ein stilles Sehnen zieht durch die kranke Brust nach jener heiligen Stätte, die sie niemals in ihrem Leben schauen können. Trost mag diesen Schwergeprüften sein, daß die gefallenen deut schen Helden auch im fremden Lande in des allmäch tigen Gottes Schutze ruhen und daß auch ihre Hügel an dem Allertotentage ein kräftiger Hauch der Liebe umweht durch den Schmerz ihrer Hinterbliebenen in der fernen Heimat und durch den Dank des gesamten deutschen Vaterlandes für den Opfermut, mit welchem die gefallenen Söhne der Germania ihr Lebensblut für die Macht und Herrlichkeit des treugeeinten Reiches Hingaben. Ihr aber, denen es vergönnt ist, die Gräber der geliebten Toten zu schmücken, geht hinaus und bringt ihnen des Herbstes letzte Spende. Wen aber die Vorsehung noch vor einem derartigen Schicksals schlage bewahrt hat, der überhebe sich nicht, sondern gehe gleichfalls hinaus an die Hügel der Toten und gelange bei Beschauen all' des tiefen Schmerzes und Kummers zu der Ueberzeugung, daß auf der großen Gotteswelt, wenn sie auch noch so schön ist, alles vergänglich ist, daß das höchste Glück durch den bitteren Tod schnell zu nichte gemacht werden kann und daß man deshalb stets so tun, leben und handeln soll, daß, wenn die Abschiedsstunde schlägt, man mit seinem verflossenen Leben vor Gott und der Menschheit be stehen kann. Das sei die Lehre des Allertotentages. Karl Emmrich. Lreigesprochen. 1 Familien-Roman v. Ludw. Nutzer. (Fortsetzung). „Es ist ein ehrlicher Antrag", sprach Berger nach längerem Schweigen, während er Irma den Bries zurückgab. „Was hast Du dem Herrn Leutnant geantwortet?" „Ich habe seinen Antrag mit dem Vorbehalt an genommen, daß meine Eltern mit unserer Verbindung einverstanden sind." „Dann weiß er auch bereits, daß ich Dein Vater bin?" „Ja, lieber Vater. Er weiß aber auch, daß das vorerst noch ein strenges Geheimnis bleiben muß." „Du hast ihn also auch lieb, Kind?" „Ich habe ihn sehr lieb, Vater. Er ist so fein fühlend, so ideal . . . o, Vater, ich glaube, daß wir recht glücklich werden." „Ich habe gegen Deinen Auserkorenen nichts ein zuwenden, Kind", sagte Berger. „Er hat eine heitere, lebensfrohe Natur, ein warmes Gemüt und Sinn für das Schöne und Ideale; solche Menschen sind in der Regel gute Menschen. Ich kannte Schütz bereits als jungen Kadetten; er war mir einer meiner liebsten Schüler." „Oh, lieber, lieber Vater — wie gut Du bist!" rief Irma überglücklich. „Meinen innigsten Dank für Deine Einwilligung!" „Ich darf doch nicht gegen Dein Glück sein, Irma. Du sollst recht, recht glücklich mit ihm werden!" sagte Berger zärtlich. „Wie geht es meinem Freund Fern wald?" fragte er dann plötzlich. „Hast Du schon mit ihm gesprochen?" „Ich komme täglich wiederholt zu ihm. Der Herr Rittmeister ist wohlgemut uud immer aufgeräumt, und seine Genesung schreitet ungewöhnlich rasch vor wärts. Die Frau Baronin glaubt, daß sie in längstens vierzehn Tagen mit ihm nach Passau reisen kann." „Das freut mich", sagte Berger gedankenvoll. „Glaubst Du immer noch, daß die Baronin den Rittmeister liebt?" „Das weiß ich jetzt bestimmt, Vater. Wir sind intime Freundinnen geworden und haben kein Geheimnis vor einander." „Hast Du ihr auch gesagt, daß Du Dich mit Schütz verloben willst?" „Gewiß, Vater. Die Frau Baronin hatte eine große Freude uud ist seitdem nm den Herrn Leutnant besorgt, wie eine Mutter." Nach Verlauf von weiteren zwei Wochen konnte Fernwald zum erstenmal das Bett verlassen. Sein erster Besuch galt dem Major Berger. „Es hat nicht sollen sein, Georg", sagte er im Verlauf des Gespräches, „und es ist vielleicht gut so. Ich fange an, ein alter Knabe zu werden. Die jungen Leutchen passen besser zu einander. Schütz ist ein reizender Mensch, und ihm gönne ich Deine Tochter." „Mich freut es aufrichtig, Robert, daß Du Dich mit Deiner Frau Base verlobt hast, und ich wünsche Dir von Herzen Glück dazu", sagte Berger mit Wärme. „Dein Herz gehört ihr schon seit Jahren, und Deine Neigung zu Irma war wohl eine vorübergehende Selbsttäuschung." „Das Letztere glaube ich nicht", erwiderte Fern wald ernst; allein ich habe mich mit dieser Sache abgefunden. Das soll einer begreifen", fuhr er gleich darauf mit Humor weiter: „Als flotter, junger Ober leutnant habe ich von Emilie Korb über Korb erhalten, und in den alternden gebrechlichen Invaliden ist sie verliebt, wie ein Mädchen mit siebzehn Jahren. Ich gebe mir natürlich keine Mühe, dieses Rätsel zu lösen. Im Studium von Frauenherzen bin ich über die erste Deklination noch nicht hinäusgekommen." „Darüber kommen auch die wenigsten Männer hinaus", erwiderte Berger lächelnd. „Allein ich glaube, daß die Frauen idealer ver anlagt sind, als wir Männer." „Ihr Element ist die Liebe", versetzte Berger. „Sie sind groß, heroisch, wo sie lieben, und klein, wo sie hassen. Der Gedanke ist nicht neu, aber dieses Urteil bleibt immer wahr. Die Ausnahme bestätigen die Regel." Ein paar Tage darauf traten der Rittmeister und die Baronin die Reise nach Passau an. Gegen Mitte Oktober konnte auch Berger das Bett verlassen. Schütz unternahm bereits seit acht Tagen kleinere Spaziergänge in der Umgegend von La Monzelle. Seine erste Sorge war, dem Haupt mann Schwarzwild ein kleines Denkmal zu setzen und dessen Grab zu schmücken. Dann saß er wieder stundenlang am Bette seines zukünftigen Schwieger vaters, der ihn täglich lieber gewann. Berger fühlte sich nach wenigen Tagen so gekräftigt, daß er den Entschluß faßte, mit Schütz nach München zu reisen, um dort in einer Klinik Aufnahme zu suchen. Kurz vor der Abreise, an einem schönen Herbst nachmittage, besuchten Berger, Schütz und Irma das Grab des Hauptmann Schwarzwild. Von La Monzelle aus erreichten sie nach halbstündiger Wanderung das kleine Fleckchen Erde am Ufer der Givonne, unter dem der unvergeßliche Freund ruhte, lieber dem mit weißen und blauen Astern und einer prächtigen Dracäne geschmückten Grabe erhob sich ein einfacher Stein mit der Inschrift: „Am 1. September 1870 starb hier den Heldentod: Otto Schwarzwild, Hauptmann und Kompagnie-Kommandant im 9. Jäger-Bataillon. Die Kompagnie hat in dem Dahingeschiedenen einen wahren Vater und einen tapfern, unübertrefflichen Führer verloren. Friede seiner Asche." Fortsetzung folgt. Nachrichten des K. Standesamtes zu Reichenbrand vom 17. bis 23. November 1906 Geburten: Dem Glasermeister Albin Gustav Friedrich in Reichenbrand 1 Mädchen; dem Oberpostassistenten Johannes August Eduard Bethke in Siegmar 1 Mädchen; dem Vor arbeiter Albin Emil Meinert in Reichenbrand 1 Knabe. Aufgebote: Der Wirtschaftsgehilfe Gustav Albin Wicklein mit Marie Milda Eckert, beide wohnhaft in Reichenbrand. Ehcschliesiungcn: Vakat. Lterbcfällc: Dem Strumpfwirker Friedrich Max Martin iu Siegmar 1 Mädchen 9 Monate alt- Nachrichten des Kgl. Standesamtes Rabenstein vom 16. bis 23. November 1966. Geburten: In Rabenstein: 1 Sohn dem Schlosser OScar Erdmann Stein, dem Handschuhstricker Julius Oswald Otto, und dem Vorarbeiter Ernst Richard Neuhaub; 1 Tochter dem Eisendreher Paul Otto Aurich, und dem Strumpfwirker Heinrich Hermann Arnold. In Rottluff: 1 unehelich ge borener Knabe. Eheaufgebote: Der Expedient Carl Johannes Buchheim in Chemnitz-Altendorf mit Emma Lina Lorenz in Rabenstein. Der Schlosser Friedrich Otto Augustin in Chemnitz-Altendorf mit Elsa Thekla Schmeling in Rottluff. Der Maschinist Gustav Emil Oswald Hoffmann in Chemnitz-Altendorf mit Anna Marie Hofmann in Rabenstein. Eheschließungen: Der Packer Georg Ernst Naumann in Limbach mit Elsa Maria Sonntag in Rabenstein. Der Fabrikarbeiter Willy Curt Milde mit Martha Franziska Lindner, beide in Rabenstein. Der Modelltischler Emil Reinhardt Zimmermann in Chemnitz-Altendorf mit Emma Clara Wendler in Rabenstein. Der Gutsbesitzer Franz Otto Jung in Mittelbach b. Chtz. mit Rosa Franziska Drechsler in Rottluff. Der Schuhmacher Ernst Bruno Enger mit Anna Martha Rölke, beide in Rabenstein. SterbefäUe: Der Strumpfwirker Heinrich Wilhelm Müller, 75 Jahre alt, und 1 Sohn der Handschuhrepassiererin Alma Meta Lohse, 11 Monate alt, beide in Rabenstein. Nachrichten des Königl. Standesamtes Neustadt vom 17. bis 23. November 1906. Geburten: Keine. Aufgebote: Der Schlosser Otto Paul Herold mit Alma Lina Siebert, beide wohnhaft in Neustadt Eheschließungen: Keine. Stcrbefälle: Keine. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 24. Sonntag p. Irin. (Totenfest) den 25. No vember L. c. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst mit Feier des hl. Abendmahls. Beichte ^9 Uhr. Nachm- 5 Uhr Abendkommunion. — Kollekte für die kirchliche Versorgung der evangel. Deutschen im Auslande. Parochie Rabenstein. Totenfest: ffz9 Uhr Beichte, 9 Uhr Predigtgottcs- dienst mit Kommunion. Kirchenmusik: 1. Sei still, 2. Das Land der Seligen, Arien für gemischten Chor von Gast. 6 Uhr Abendkommunion. 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