Volltext Seite (XML)
ochenblatt Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 144. für Reichenvmnd, Siegmar, Neustadt und Rabenstein. Dieses Blatt wird an jede Haushaltung der obigen Gemeinden unentgeltlich vertheilt. 36. Sonnabend, den 8. September 1906. Erscheint jeden Sonnabend Nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition Meichenbrand, Pelzmühlenstraße 47v), sowie von den Herren I. Oebser in Reichenbrand, Buchhändler Clemens Bahner in Siegmar und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Corpuszeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Bekanntmachung. Die zum Bau eines Wohnhauses erforderlichen Dachdecker-, Klempner-, Glaser-, Tischler-, Schlosser- und Malerarbeiten sollen vergeben werden. Die Formulare zu den Kostenanschlägen können im Gemeindeamt ent nommen werden. Die ausgefüllten Kostenanschläge sind bis zum IS. September ISO« abends « Uhr kostenlos im Gemeindeamt mit entsprechender Aufschrift einzureichen. Die Auswahl unter den Bewerbern behält sich der Gemeinderat vor. Reichenbrand, am 7. September 1906. Der Gemeiudevorstand. . Woget. _ Gemeindeabgaben. Am I. September u. e. ist der 3. Termin der Gemeindeabgaben und des Schulgeldes auf 1906 fällig. Der unterzeichnete Gemeindevorstand macht dies mit dem Bemerken hierdurch bekannt, daß nach Ablauf der für die Bezahlung zugelassenen 14tägigen Frist gegen Säumige das Mahn- bez. Pfändungsverfahren ein geleitet werden wird. Reichenbrand, am 29. August 1906. Der Gemeindevorstand. - Woget. Bekanntmachung. Es wird zur Kenntnis gebracht, daß die Schulgeldreste auf das erste Halbjahr ISO« am IO. September ISO« dem Vollstrecknngsbeamten zur Einziehung übergebe» werden. Von diesem Zeitpunkte ab hat die Bezahlung dieser Reste und der geordneten Gebühren Nur an diesen zu erfolgen. Der Vollstreckungsbeamte expediert an jedem Wochentage von 8—io Uhr vorm. und 2—3 Uhr nachm. im Rathause. Rabenstein, am 7. September 1906. Der Gemeindevorstand. Witsdorf. Bekanntmachung. Am 15. September a. c. wird der 3. Termin "der diesjährigen Rente fällig und ist spätestens bis zum 25 September n. e. an die hiesige Ortssteuereinnahme zu bezahlen. Reichenbrand, am 5. September 1906. Der Gemeindevorstand. Wogek. Bekanntmachung Den I. September 1S06 war der 3. Termin der diesjährigen Gemeindeanlagen fällig. Es wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß diese Anlagen zur Vermeidung des Zwangsvollstreckungsverfahrens bis zum 15. September 1S06 an die hiesige Gemeindekasfe abzuführen find. Rabenstein, am 7. September 1906. Der Gemeinderat. Witsdorf, Gemeindevorstand. Bekanntmachung. Am IS. September er. wird der 3. Termin der diesjährigen Rente fällig und ist spätestens bis zum 30. September dieses Jahres an die hiesige Ortssteuereinnahme zu bezahlen. Rabenstein, am 7. September 1906. Der Gemeindevorstand. Witsdorf. Bekanntmachung. Gefunden wurde: 1 Portemonaie und 1 Wagenkapsel. Rabenstein, am 7. September 1906. Der Gemeindevorstand. Witsdorf. Lreigesprochen. Familien-Roman v. Ludw. Nutzer. (Fortsetzung). Der ununterbrochene, betäubende Kanonendonner der gewaltigen Schlacht begann zu schweigen; in weiter Ferne nur rollten noch dann und wann ver einzelte Salven. Nun dräuten die Mündungen von achthundert deutschen Geschützen auf die im Talgrunde liegende Festung, von deren Toren und Zitadellen die Weißen Fahnen wehten. Aus den grauen, meist schiefer gedeckten Häusern Sedans schlugen rotqualmende Feuergarben in die Höhe, und eine finstere, langge dehnte Rauchwolke lag über der Stadt, die den Hinter grund der Landschaft verhüllte. Ueber dem weiten Schlachtfelde schwebten noch die weißen, zähen Pulver dämpfe der eben verstummten Geschütze und auf allen Seiten flackerten die Biwakfeuer, züngelten die Flammen brennender Dörfer und Einzelhöfe zur dunkelnden Himmelsbläue empor. General von Schiefweg hatte nach beendeter Schlacht in einem kleinen Häuschen am Nordrande von Balan Quartier genommen. Es begann allmählich dunkel Zu werden. Der General stand am Fenster der niederen Wohnstube und sah durch die zertrümmerten Scheiben auf das ungewöhnlich belebte Treiben, das unter den biwakierenden Regimentern ringsum herrschte. „Der Kaiser ist in Sedan! Napoleon ist gefangen!" rief einer dem andern zu. Die Soldaten umarmten sich Und warfen jubelnd ihre Helme in die Luft, und tausendstimmig klang „Die Wacht am Rhein" an die uahegelegenen Festungswälle, deren Umriffe und Alleen uch scharf von dem blutroten Feuerschein abhoben, der über Sedan ausgebreitet lag. Die Stube war leer, bis aus einen zertrümmerten Stuhl und ein hölzernes Kruzifix, das noch unversehrt w einer Ecke hing. Auf dem Boden lagen ein paar Strohbündel mit einerdarüber gebreiteten wollenenDecke. „Haben Sie eine Kerze, Johann?" fragte der General einen soeben eintreteuden Soldaten. „Jawohl, Herr General", meldete dieser. „Ein Paket zu fünf Stück habe ich und gutes, frisches Wasser." Der Diener stellte bei diesen Worten einen irdenen Krug auf den Fenstersims und zündete eine Kerze au, die er mit flüssigem, vom Lichte träufelnden Unschlitt auf dem Simse befestigte. „Wasser haben Sie auch? Das ist recht", sagte der General erfreut. „Da kommt auch schon mein Koffer", fügte er hinzu, als zwei von einem älteren Unter offizier geführte Soldaten unter der Türe erschienen. „Tisch habe ich keinen auftreiben können und auch keinen Stuhl, Herr General", meldete der Unteroffizier. „Das macht nichts; ich setze mich auf den Koffer", erwiderte der General. „Ist das für mich?" fuhr er fort, als er in der Hand des Unteroffiziers ein Paket Zeitungen unter Umschlag bemerkte. „Sehr wohl, Herr General. Die Feldpost ist vorhin eingetroffen." „War kein Brief für mich dabei?" „Nein, Herr General." „Schön. Weiter brauche ich vorerst nichts. Ich danke Ihnen, Müller", sprach der General. „Sie können auch abtreten, Johann", wandte er sich an seinen Diener. „In einer Stunde schauen Sie wieder nach." Der General schloß den Koffer auf und entnahm ihm ein Stück Zwieback und eine kleine Flasche Wein. Dann ließ er sich auf dem Koffer nieder und suchte unter den eingetroffenen heimatlichem Zeitungen die neuste Nummer. An der Spitze des Blattes fand er die in fetten Lettern gedruckten Siegesnachrichten von Metz und eingehende Schilderungen über die dort stattgehabten blutigen Kämpfe, die ihm zum größten Teile neu waren. Beim Durchfliegen des übrigen Teiles der Zeitung fesselte ihn plötzlich ein Artikel mit einer ungewöhnlichen Stichmarke. Als ob er seinen Augen nicht traue, beugte er sich weiter gegen das Licht zu, und eine lebhafte Spannung malte sich in seinen Zügen. „Endlich, endlich, — ist es denn möglich?" sprach er laut. Dann erhob er sich rasch und schritt der Türe zu. „Sie kommen wie gerufen, Herr Adjutant", sagte er zu einem Offizier, der in diesem Augenblick den Hausflur betrat. „Herr General befehlen?" „Bitte, ordnen Sie an, der Herr Major Berger möchte zu mir kommen." „Sehr wohl, Herr General", versetzte der Adjutant. „Mir fällt soeben auf, daß vom Bataillon Berger bis zur Stunde keinerlei Meldungen eingetroffen sind." „Richtig, das ist mir bis jetzt auch entgangen", sprach der General besorgt. „Was mag das für eine Ursache haben?" „Wie verlautet, sollen sämtliche Offiziere des Bataillons teils gefallen, teils verwundet sein. Auch der Adjutant." „Daß der Adjutant verwundet wurde, ist mir bekannt. Das war heute früh gegen neun Uhr bei Villa Dorival, nächst der Bahnstation von Bazeilles. Mir wurde fast gleichzeitig mein Pferd unter dem Leibe erschossen, wie Sie wissen, Herr Adjutant; ich möchte bezüglich des Bataillons Bergers möglichst eingehende Meldung haben. Bitte, veranlassen Sie das Weitere." „Sehr wohl, Herr General." „Das wäre die höchste Tücke des Schicksals", murmelte der General, während er erregt in der Stube auf und ab ging. „Siebzehn Jahre hat der arme Dulder nun gewartet, von Tag zu Tag und nun . . . Nein, so grausam kann das Schicksal nicht sein!" Er trat ans Fenster und sah in die Dunkelheit hinaus. Das dunkle Gebirge hinter den westlichen Höhen hatte sich aufgelöst und finstere Wolken schwebten