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Diejenigen, welche trotz erfolgter amtlicher Aufforderung ihre Kinder oder Pflegebefohlenen ohne gesetzlichen Grund der Impfung und Nachschau entziehen oder die behauptete Befreiung von der Impfung durch ärztliche Zeugnisse nicht nachweisen, werden mit Geldstrafe bis zu 30 Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft. Rabenstein, am 29. Mai 1906. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Verhaltungsvorschriften für die Angehörigen der Impflinge (nach 812 der Verordnung vom 14. Dezember 1899. — Seite 633—636 des Ges.- u. Verordn.-Bl.) Für die Angehörigen der Erstimpflinge. 8 1. Aus einem Hause, in welchem ansteckende Krankheiten wie Scharlach, Masern, Diphtherie, Krupp, Keuchhusten, Flecktyphus, rosenartige Entzündungen oder die natürlichen Pocken herrschen, dürfen die Impflinge zum allgemeinen Termine nicht gebracht werden. § 2. Die Eltern des Impflings oder deren Vertreter haben dem Jmpfarzte vor der Ausführung der Impfung über frühere oder noch bestehende Krankheiten des Kindes Mitteilung zu machen. 8 3. Die Kinder müssen zum Impftermine mit reingewaschenem Körper und mit reinen Kleidern gebracht werden. 8 4. Auch nach dem Impfen ist möglichst große Reinhaltung des Impflings die wichtigste Pflicht. 8 b. Der Impfling soll womöglich täglich gebadet werden, wenigstens versäume man eine tägliche sorgfältige Waschung nicht. 8 6. Die Nahrung des Kindes bleibe unverändert. 8 7. Bei günstigem Wetter darf das Kind ins Freie gebracht werden. Man vermeide im Hochsommer nur die heißesten Tagesstunden und die direkte Sonnenhitze. 8 8. Die Impfstellen sind mit großer Sorgfalt vor dem Aufreiben, Zerkratzen und vor Beschmutzung zu bewahren; sie dürfen nur mit frisch gereinigten Händen berührt werden; zum Waschen darf nur ein reiner Schwamm oder reine Leinwand oder reine Watte verwendet werden. Vor Berührung mit Personen, welche an eiternden Geschwüren, Hautausschlägen oder Wundrose (Rotlauf) erkrankt sind, ist der Impfling sorgfältig zu bewahren, um die Ucbertragung von Krankheitskeimen in die Impfstellen zu verhüten; auch sind die von solchen Personen benutzten Gegenstände von dem Impflinge fern zu halten. Kommen unter den Angehörigen des Impflings, welche mit ihm denselben Haushalt teilen, Fälle von Krankheiten der obigen Art vor, so ist es zweckmäßig, den Rat eines Arztes einzuholen. 8 9. Nach der erfolgreichen Impfung zeigen sich vom vierten Tage ab kleine Bläschen, welche sich in der Regel bis zum neunten Tage unter mäßigem Fieber vergrößern und zu erhabenen, von einem roten Entzüudungshof umgebenen Schutzpocken entwickeln. Dieselben enthalten eine klare Flüssigkeit, welche sich am achten Tage zu trüben beginnt. Vom zehnten bis zwölften Tage beginnen die Pocken zu einem Schorfe einzutrocknen, der nach drei bis vier Wochen von selbst abfällt. Die erfolgreiche Impfung läßt Narben von der Größe der Pusteln zurück, welche mindestens mehrere Jahre hindurch deutlich sichtbar bleiben. 8 10. Bei regelmäßigem Verlaufe der Schutzpocken ist ein Verband überflüssig, falls aber in der nächsten Umgebung derselben eine starke, breite Röte entstehen sollte, sind kalte, häufig zu wechselnde Umschläge mit abgekochtem Wasser anzuwenden; wenn die Pocken sich öffnen, ist ein reiner Verband anzulegen. Bei jeder erheblichen, nach der Impfung entstehenden Erkrankung ist ein Arzt zuzuziehen; der Jmpfarzt ist von jeder solchen Erkrankung, welche vor der Nachschau oder innerhalb 14 Tagen nach derselben eintritt, in Kenntnis zu setzen. 8 11. An dem im Impftermine bekannt zu gebenden Tage erscheinen die Impflinge zur Nachschau. Kann ein Kind am Tage der Nachschau wegen erheblicher Erkrankung, oder weil in dem Hause eine ansteckende Krankheit herrscht (81), nicht in das Jmpflokal gebracht werden, so haben die Eltern oder deren Vertreter dieses spätestens am Terminstage dem Jmpfarzte anzuzeigen. 8 12. Der Impfschein ist sorgfältig aufzubewahren. L. Für Wiederimpflinge. 8 1. Aus einem Hause, in welchem ansteckende Krankheiten, wie Scharlach, Masern, Diphtherie, Krupp, Keuchhusten, Flecktyphus, rosenartige Entzündungen oder die natürlichen Pocken herrschen, dürfen die Impflinge zum allgemeinen Termine nicht kommen. 8 2. Die Kinder sollen im Impftermine mit reiner Haut, reiner Wäsche nnd in sauberen Kleidern erscheinen. 8 3. Auch nach dem Impfen ist möglichst große Reinhaltung des Impflings die wichtigste Pflicht. 8 4. Die Entwickelung der Impfpusteln tritt am driten oder vierten Tage ein und ist für gewöhnlich mit so geringen Beschwerden im Allgemeinbefinden verbunden, daß eine Versäumnis des Schulunterrichts deshalb nicht notwendig ist. Nur wenn ausnahmsweise Fieber eintritt, soll das Kind zu Hause bleiben. Stellen sich vorübergehend größere Röte und Anschwellungen der Impfstellen ein, so sind kalte häufig zu wechselnde Umschläge mit ab gekochtem Wasser anzuwenden. Die Kinder können das gewohnte Baden fortsetzen. Das Turnen ist vom dritten bis zwölften Tage von allen, bei denen sich Jmpfblattern bilden, aus zusetzen. Die Impfstellen find, so lange sie nicht vernarbt sind, sorgfältig vor Beschmutzung, Kratzen und Stoß, sowie vor Reibung durch enge Kleidung und vor Druck von außen zu hüten. Insbesondere ist der Verkehr mit solchen Personen, welche an eiternden Geschwüren, Haut ausschlägen oder Wundrose Motlauf) leiden, und die Benutzung der von ihnen gebrauchten Gegenstände zu vermeiden. 8 5. Bei jeder erheblichen, nach der Impfung entstehenden Erkrankung ist ein Arzt zuzuziehen; der Jmpfarzt ist von jeder solchen Erkrankung, welche vor der Nachschau oder innerhalb 14 Tagen nach derselben eintritt, in Kenntnis zu setzen. 8 6. An dem im Impftermine bekannt zu gebenden Tage erscheinen die Impflinge znr Nachschau. Kann ein Kind am Tage der Nachschau wegen erheblicher Erkrankung oder weil in dem Hause eine ansteckende Krankheit herrscht <8 1), nicht in das Jmpflokal kommen, so haben die Eltern oder deren Vertreter dieses spätestens am Terminstage dem Jmpfarzte anzuzcigen. 8 7. Der Impfschein ist sorgfältig aufznbewahrcn. Bekanntmachung. Verloren wurde: 1 silberne Cylinder-Uhr. Rabenstein, am 8. Juni 1906. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Nachstehende Bekanntmachung wird hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Rabenstein, am 7. Juni 1906. Der Gemeiudevorstand. Wilsdorf. Invalidenversicherung. Es kommt noch immer vor, daß Personen, die in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden und durch zahlreiche Beiträge bereits eine wertvolle Anwartschaft auf Rente oder Beitragserstattung erworben hatten, nach einer Aenderung in ihrer Beschäftigung diese Anwartschaft dadurch verloren gehen lassen, daß sie die geringen Kosten der Weiterversicherung nicht aufwenden. Die aus der Versicherungspflicht sich ergebende Anwartschaft erlischt, wenn während zweier Jahre nach dem ans der Quittungskarte ver zeichneten Ausstellungstage nicht wenigstens SV Marken geklebt oder SV Wochenbeiträge an eine Einzugsstelle entrichtet werden. Die bloße Aufrechterhaltung der Anwartschaft kostet somit bei Weiterversicherung in der ersten, niedrigsten Lohnklasse mit Marken zu 14 Pfg., nur 1 Mk. 40 Pfg. jährlich. Wenn niemals Versicherungspflicht, sondern von vornherein nur die so genannte Selbstversicherung bestanden hatte, müssen zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft während zweier Jahre mindestens 40 Marken geklebt oder 40 Wochenbeiträge entrichtet werden. Die Leistung von mehr und höheren Beiträgen ist behufs Erhöhung der einstigen Rente empfehlenswert, aber nicht zur Erhaltung der Anwartschaft nötig. Eine einmal erloschene Anwartschaft lebt nur dadurch wieder auf, daß nach Erneuerung des Versicherungsverhältniffes eine neue Wartezeit von 200 Beitrags- Wochen zurückgelegt wird. Die Gemeindebehörden, sowie die Einzugsstellen werden wiederholt dringend aufgefordert, dafür zu sorgen, daß Vorstehendes den Beteiligten möglichst bekannt wird. Die Königliche Amtshauptmannschaft Chemnitz, den 6. Juni 1906. L. 1030. Bekanntmachung. Für die im Bau begriffene Centralschule ist die Stelle eines Schulhausmannes voraussichtlich am 1. September oder 1. Oktober 1906 zu besetzen. Gehalt 1000 Mark per anno, bei freier Wohnung, Heizung und Beleuchtung. Verheiratete Bewerber wollen Gesuche mit Angaben über ihre bisherige Beschäftigung und eventuellen Zeugnisabschriften spätestens bis SV. Juni LSV« an den unterzeichneten Schulvorstand bei der hiesigen Gemeindeverwaltung ein reichen. Persönliche Vorstellung ist zunächst nicht erwünscht. Rabenstein, am 2. Juni 1906. Der Schulvorstand. Eugen Werkel', Vorsitzender. Bekanntmachung, Grundstücksverkauf betr. Infolge Erbauung einer Centralschule beabsichtigt der unterzeichnete Schul vorstand mit zu erhoffender oberbehördlicher Genehmigung die beiden Schul gebäude Brandkataster Nr. 31^ im Ortsteil Ober-Rabenstein gelegen, mit 37450 Mark Brandkasse und 35,1 a Grund und Boden, und Brandkataster Nr. 11v, Ecke Post- und Kirchstraße gelegen, mit 35210 Mark Brandkasse und 15,4 L Grund und Boden zu verkaufen. Infolge ihrer Geräumigkeit eignen sich beide Gebäude vorzüglich für industrielle Unternehmen. Reflektanten wollen Offerten an den unter zeichneten Schulvorstand einreichen. Weitere Auskünfte hierüber sind im Rathause zu erhalten. Rabenstein, am 6. Juni 1906. Der Schulvorstand. Eugen Werkel', Vorsitzender. Sitzung des Gemeinderats zn Siegmar am 30. Mai 1906. Vorsitzender: Herr Gemeindevorstand Klinger. Nach Eintritt in die Tagesordnung wird Kenntnis genommen a) von dem abgeschlossenen Vertrage über die Lieferung elektrischen Stromes für die Beleuch tungsanlage auf hiesigem Bahnhof und b) von dem Berichte des hiesigen Volksbibliotheks-Ausschuffes auf das verflossene Jahr. Die Rechnungsunterlagen werden dem Finanzausschuß zur Prüfung überwiesen. Weiter wird Kenntnis genommen von der ergangenen Entscheidung aus einen Anlagenrekurs. In zwei Steuersachen wird Beschluß gefaßt. Die Neuwahl von Mitgliedern in den Ortsschätzungsausschuß für die staatliche Schlachtviehversicherung wird vorgenommen. Desgleichen nimmt man die Wahl eines Straßen wärters vor. Zu einer vorliegenden Bausache sind Gemeindebedingungen nicht zu stellen. Zu verschiedenen Sparkassen-Ausschußbeschlüffen wird Zustimmung er teilt. Schließlich wird die Neuregelung des Orts gesetzes, die Pensionsverhältnisse der hiesigen Ge meindebeamten betr., beschlossen. Hreigesprochen. Familien-Roman v. Ludw. Butzer. (Fortsetzung). „DerHerrMajorBerger!" meldete die Kammerzofe. „Ich lasse den Herrn Major bitten", erwiderte die Baronin. „Meinen ergebensten Respekt, meine sehr verehrten Damen!" grüßte der eintretende Major mit höflicher Verbeugung. „Ich verursache doch keine Störung?" „Bitte sehr, Herr Major", erwiderte die Baronin, ihm die Hand reichend, „Ihr Besuch ist uns nur angenehm. Sie treffen uns heute allein; mein Vater und Robert sind nach der Stadt gegangen, dürften aber bald zurückkehren. Herr Major besuchten uns seit mehreren Tagen nicht mehr. Macht sich die gegen wärtige politische Krisis wohl schon dienstlich bemerkbar. „Nicht im geringsten, gnädigste Frau Baronin. Ich war mit gewöhnlichen Arbeiten stark beschäftigt." „Fräulein Irma muß leider in den nächsten Tagen wieder nach Hause", bemerkte die Baronin. „Wirklich? Das tut mir aber leid", sagte Berger. „Es ist doch hoffentlich Niemand bei Ihnen erkrankt?" „Nein, Herr Major. Ich habe ja die von meinem Großvater bestimmte Frist bereits überschritten. Vor gestern waren es acht Wochen, seit ich hier bin." „Was, schon acht Wochen? Diese Zeit ging aber rasch vorüber", sagte Berger nachdenklich. „Wollen wir uns nicht auf den Balkon begeben, Herr Major?" fragte die Baronin; es ist dies ja doch Ihr Lieblingsplätzchen." „Gnädigste sind sehr liebenswürdig; ich bin mit diesem Vorschläge natürlich vollkommen einverstanden." Auf dem Balkon angekommen, fuhr die Baronin fort: „Ich werde Irma sehr vermissen. Der Urlaub meines Cousins läuft übermorgen ebenfalls ab; da wird es auf Villa Nonnengnt wieder recht einsam werden." „Gnädige Frau kommen wohl selten von hier fort? Daß Sie wenig Sehnsucht nach einer sogenannten Sommerfrische haben, ist begreiflich; denn einen reizen deren Ort als Ihr Heim dürften Sie in landschaftlicher Hinsicht schwerlich finden. Wien oder München aber würde Ihnen zuweilen doch einige Abwechslung bieten." „Mein Vater mag nicht fort. Alte Leute klammern sich bekanntlich am Gewohnten fest und scheuen jede Veränderung. Auch ich vermisse das großstädtische Leben wenig. Daheim ist's doch am schönsten." „Sie haben recht, gnädige Frau, daheim ist's am schönsten", sagte Berger, und sein tiefes Organ klang eigentümlich weich. „Herr Major entschuldigen, wenn ich Sie einige Augenblicke mit Irma allein lasse?" sagte die Baronin zu dem in Gedanken Versunkenen. „Ich habe noch einiges nachzusehen, bevor die beiden Herren kommen." „Bitte recht sehr; lassen sich Gnädigste durchaus nicht abhalten", erwiderte Berger, sich höflich ver neigend. Und sich an Irma wendend fuhr er fort: „Gnädiges Fräulein versprachen mir neulich, als wir uns in der Stadt begegneten, mir Ihr Photographie- album zeigen zu wollen; dürfte ich Sie an dieses Versprechen erinnern?" „Gewiß, Herr Major. Das Album ist aber durch aus nichts Besonderes, und die Bilder dürften Ihnen größtenteils unbekannt sein. Ich will es aber sogleich herbeiholen." „Sehr liebenswürdig, gnädiges Fräulein." . „Eine Photographie von Ihnen, Herr Major, würde mich besonders freuen", sagte Irma, als sie zurückkam und Berger das Album reichte. „Auch