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Wochenblatt Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 144. für ReitheMlmd, Siegmar, Neustadt und Radensteiu. Dieses Blatt wird an jede Haushaltung der obigen Gemeinden unentgeltlich vertheilt. ^2 20. Sonnabend, den 19. Mai 1906. , , Erscheint jeden Sonnabend Nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition <Reichenbrand, Pelzmühlenstraße 47v), sowie von den Herren I- Oebser in Reichenbrand, Buchhändler Clemens Bahner in Siegmar und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein cntgegengenommen und pro Ispaltige Corpuszeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Bekanntmachung. Am LV. April dieses Jahres war der 1. Termin der diesjährigen Einkommen- und Ergänznngssteuer fällig und ist spätestens bis zum 21. Mai d. I. bei Vermeidung des Mahn- bezw. Zwangsvollstreckungsverfahrens an die hiesige Ortssteuereinnahme zu bezahlen. Reichenbrand, am 5. Mai 1906. Der Gemeindevorstand. - Woget. Bekanntmachung, Volksbad betr. Der unterzeichnete Gemeindevorstand bringt hierdurch öffentlichen Kenntnis, daß das Volksbad vom 1. Juni dieses Jahres an zu folgenden Zeiten geöffnet ist: In den Monaten Juni und Juli von nachmittags 1 bis 9 Uhr wochentags, in dem Monat August von 1 bis 8 Uhr und im September von 1 bis 7 Uhr nachmittags, Sonntags von vormittags 7 Uhr bis nachmittags 2 Uhr und zwar für männliche Personen Montags, Dienstags, Mittwochs, Freitags, Sonnabend und Sonntags, für weibliche Personen Donnerstags. Das Volksbad befindet sich im Teiche des Gutsbesitzers Br. Hörtsch hier und wird die Benutzung desselben der Einwohnerschaft von Reichenbrand und Umgegend aufs beste empfohlen. Reichenbrand, am 16. Mai 1906. Der Gemeindevorstand. Woget. Bekanntmachung. Nachdem die Gemeinde-, Armen-, Feuerlöschgeräte- und Parochialkassen- Rechnungen vom Jahre 1905 geprüft worden sind, liegen dieselben gemäß 8 69 der revidierten Landgemeindeordnung in der Zeit vom 17. Mai bis 17. Juni 1SVK an Expeditionsstelle zur Einsicht der Gemeindemitglieder innerhalb der Expeditions zeit hier aus. Reichenbrand, am 16. Mai 1906. Der Gemeindevorstand. Woget. Bekanntmachung. Die nächste Reinigung der Schornsteine in hiesiger Gemeinde findet vom 25. Mai bis 2. Juni d. I. statt. Rabenstein, am 18. Mai 1906. Der Gemeindevorstand. Witsdorf. Bekanntmachung. Nachdem die Frist zur Bezahlung der Einkommen- und Ergänzungssteuer für den I. Termin 1906 abgelaufen ist, wird nunmehr mit dem Mahn- bez. Zwangsvollstreckungsverfahren begonnen werden. Rabenstein, am 18. Mai 1906. Der Gemeindevorstand. Witsdorf. Bekanntmachung, Gefunden wurde: 1 Schlüssel und 3 Brotchensäcke. Rabenstein, am 18. Mai 1906. Der Gemeindevorstand. Witsdorf. Sitzung des Gemeinderats zu Rabenstein am 8. Mai 1906. Der Vorsitzende begrüßt zunächst den an Stelle des ausgeschiedenen Herrn Postverwalter Gebauer in den Gemeinderat neu eingetretenen Herrn Kauf mann Ernst Siegel und verpflichtet ihn auf die Geschäftsordnung. Herr Siegel wird dem Bibliotheks- und Anlagenrestausschuß zugeteilt. Hiernach wird in die Tagesordnung eingetreten und werden 1 ., verschiedene Armenunterstützungssachen zur Er ledigung gebracht; 2 ., von einem Urteil des Königl. Oberverwaltnngs- gericht, die Wertzuwachssteuer betreffend, und einer Verfügung der Königl. Amtshauptmannschaft, An legung von Sparkassengeldern betreffend, Kenntnis genommen, Beschluß hierüber aber vorläufig ausgesetzt; 3 ., die Mitvollziehung einer Stiftungsurkunde des Königl. Sächs. Militärvereins, hier, genehmigt. 4 ., Hierauf wird in die Beratung der Kosten anschläge und der Anliegerleistungstabellen über den beabsichtigten Straßenbau des unteren Tracts der Poststraße, ab der Kirch- bis zur Talstraße, ein getreten und den Anträgen des Bauausschusses gemäß beschlossen, nunmehr den Straßenbau vorzunehmen, den Tiefbauunternehmer Herrn Hermann Müller, Siegmar, mit der Bauausführung zu beauftragen und letztere unter Aufsicht des Bauausschusfes und des Kgl. Amtsstraßenmeisters zu stellen. 5 ., werden eine Anzahl Reklamationen gegen die Gemeindebesteuerung auf 1906 zur Erledigung gebracht. Freigesprochen. Familien-Roman v. Ludw. Butz er. (Fortsetzung). „Meinen Ansprüchen wird Paffan vollkommen ge nügen, Frau Baronin", entgegnete Major Berger. „Herr Major, bleiben doch zu Tisch bei uns? Nachmittag haben wir eine kleine Familienunterhaltung. Es wird mich sehr freuen, wenn Sie uns die Ehre geben." „Ich nehme ihr Anerbieten dankbarst an, gnädigste Frau." In diesem Augenblicke erschien unter der Tür eine hohe, etwas gebeugte Gestalt mit schneeweißem, wallendem Barte und tiefliegenden, aber lebhaft hinter den weißbuschigen Brauen hervorleuchtenden Augen. „Mein Vater — Herr Major Berger", stellte die Baronin die beiden Herren vor. „Ah, sehr erfreut, Herr Major! Seien Sie herz lich willkommen!" rief der Greis, indem er Berger die Hand schüttelte. „Nehmen Sie vor Allem meinen Dank und meine vollste Anerkennung entgegen für Ihre wackere Tat am Starnbergersee! Es war längst mein Wunsch, Sie persönlich kennen zu lernen. Darf ich Herrn Major bitten, in das Gesellschaftszimmer einzutreten? Herr Hauptmann Schwarzwild ist so eben angekommen, und mein Neffe, der Rittmeister, erwartet Sie mit Sehnsucht." Die eiserne Ruhe in den Zügen des Majors ver änderte sich plötzlich in ausfallender Weise, als er mit der Baronin und dem alten Fernwald das Gesellschafts zimmer betrat. Zuerst erstaunt und dann von Freude verklärt, haftete sein Blick auf Irma, die sich bei seinem Eintritt gleich den beiden Herren erhoben hatte und an die Seite der Baronin getreten war. Mechanisch erwiderte er die Verbeugung Schwarzwilds und den Händedruck des Rittmeisters, der ihm mit herzlichem Gruße entgegengeeilt kam, ... er stand bewegungs los und starrte einige Augenblicke wie verzückt auf die holde Erscheinung des Mädchens. Das seltsame Verhalten Berger's machte auf die Anwesenden einen fast peinlichen Eindruck. Irma errötete und wurde verlegen, die Herren sahen flüchtig sich gegenseitig an, und aus dem Mienenspiel der Baronin sprach ein Gemisch von Ueberraschung und Befremden. „Herr Major Berger — Fräulein Hartfeld . . . die Tochter einer Freundin von mir", unterbrach die Dame das minutenlange Schweigen. „Herr Major scheinen das Fräulein bereits zu kennen?" fügte sie mit erzwungener Unbefangenheit hinzu. „Doch nicht, gnädige Frau Baronin . . . eine momentane Verwechslung . . . überraschende Aehnlich- keit . . . Verzeihen Sie, gnädiges Fräulein!" sagte Berger, wie aus einem Traume erwachend und etwas bestürzt, indem er Irma mit einer Verbeugung die Hand reichte. Dann trat er auf den Rittmeister zu und streckte ihm beide Hände entgegen. „Grüß Dich Gott, Robert", sprach er herzlich. Fernwald sah ihn erstaunt an: Seit jenem Tage, da er am Seeufer zum Bewußtsein erwachte, hatte er seinen Freund nicht mehr in so glücklicher Stimmung gesehen. Auf dem Gesichte Bergers lag der Sonnen schein der Freude, und die entwölkten Augen schimmerten, wie von verhaltenen Tränen. Einige Stunden später wurden Hartfeld und Schütz von der Baronin begrüßt und dann von ihrem Vater den Gästen vorgestellt, die sich bereits zum größten Teile eingefunden hatten. Die Gesellschaft bestand aus Offizieren und Angehörigen der ersten Beamten- und Bürgerkreise der Stadt. Man stand noch gruppen weise im Gesellschaftssaale in zwangloser Unterhaltung beisammen, oder genoß von dem mit dem Saale in Verbindung stehenden rebenumrankten Balkon aus das entzückende Bild der Landschaft. Während der gegenseitigen Vorstellungen betraten Berger und Fernwald mit Irma in der Mitte den Saal. Das junge Mädchen eilte hocherfreut auf ihren Bruder zu und begrüßte ihn mit einer leichten Um armung. „Mein Freund, Herr Leutnant Schütz — meine Schwester!" Hartfeld betrachtete bei der Vorstellung scheinbar flüchtig und gleichmütig seinen Freund, mußte sich aber beim Anblick desselben zusammennehmen, um den Ernst zu bewahren. Schütz stand regungslos da und schaute mit dem Ausdruck der höchsten Ueberraschung auf Irma. Sein Gesicht war wie von Blut über gossen, und es hatte den Anschein, als ob ihm die Erscheinung des Mädchens den Atem genommen habe. Die ungewöhnliche Befangenheit ihres Gegenüber brachte auch Irma einen Augenblick aus der Fassung. Sie errötete merklich und blickte wie hilfesuchend auf ihren Bruder. Gleich darauf aber reichte sie dem Leutnant die Hand. „Es freut mich, den liebsten Freund meines Bruders kennen zu lernen", sprach sie mit einiger Schüchternheit. Der'Klang ihrer Stimme löste endlich den Vann, der die Zunge des jungen Offiziers gefangen hielt, und er erwiderte: „Ich bin sehr überrascht und erfreut, gnädiges Fräulein, Sie so unerwartet . . ." Er stockte wieder und blickte ebenfalls auf Hartfeld, als erwartete er von diesem die Lösung eines ihm unfaßbaren Rätsels. Hartfeld verneigte sich gerade vor dem Major, der mit dem Rittmeister in nächster