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Der Ellernhof. (Nachdruck verboten.) austat, sah sie in sein hübsches, sie meinte, so ernst wäre es noch denn alle sterben, Fritz?" frug sie Anna, leben wollen wir hier auf Es ergeht deshalb andurch au die betr. Personen hiesigen Ortes die Aufforderung, die neuen für das Jahr 1SV« gültigen Radfahrkarten im Rathaus zu lösen. Rabenstein, am 11. Januar 1906. Der Gemeindevorstand. Witsdorf. als sie die Augen ehrliches Gesicht, nie gewesen. „Müssen wir ängstlich. „Anna, meine auf der Welt als sie. Sie wollte ihn ja auch lieben! Oh, sie wollte es wieder gut machen, wenn sie nur leben durfte! Sie hatte ihu ja immer lieb gehabt, sie hatte es nur nicht gewußt. Darum mußte sie nun leben, leben! Die starren Fesseln mußten sich abschütteln lassen, sie war doch noch so jung. „Fritz!" sie richtete sich auf. „Anna, meine Anna!" hörte sie ihn sprechen und über sich fühlte sie seinen heißen, jungen Atem und Preisgekrönte Erzählung von Hans v. Echtlitz. (Fortsetzung). In dieser Verzweiflung faßte Fritz Haller den halb bewußtlosen Ellernbauer und trug ihn wie ein kleines Kind durch das Wasser, welches ihnen entgegenströmte über die gesunkene Schwelle, den Leuten des Dorfes entgegen. Das Mädchen lehnte dort an der schwanken Mauer, das Haar war ihr wie ein dunkler, glänzender Mantel auf die schmalen Schultern gefallen, das Gesicht leuchtete unheimlich blaß durch die Dämmerung. Die großen, grauen Augen blickten sehnsüchtig, verlangend ihnen nach. Das Wasser und der dichte Regen klatschte gegen ihre bebende, frostzitternde Ge stalt. In der Stube wehte es die Lampe aus, dunkel wurde es um sie her, — ihr graute. Das war das Vaterhaus, welches sie so lieb gehabt hatte, dieser Ort des Elends! Nur fort können! Aber sie ver mochte es nicht, gegen die Elemente anzukämpfen. „Anna!" sie hörte ihren Namen rufen, das war seine Stimme. „Ja", ein warmes, sicheres Gefühl drang ihr zum Herzen. Sie wollte der Stimme folgen, sie wollte zu ihm. Vor sich sah sie das Licht der Leuchten, Sturm, Regen und die Wasser, sie hielten sie, sie zogen sie in die Tiefe, verzweifelnd hatte sie dagegen an gekämpft, nun wich die Kraft dahin, ihr schwindelte. -„Fritz", sie griff mit den Armen in die Lust, als müsse sie sich halten. Ob zwei Arme sie umfingen? Sie fühlte es nicht mehr. War dieser tiefe Traum wirklich der Tod, der Tod vor dem sie sich gefürchtet, rettete sie niemand, vor ihm? Auch er nicht? Und er hatte ihr doch gesagt, daß er nichts so lieb habe Gefühl des Grauens hielt sie zurück, hinüber zu sehen. Wasser, nichts als Wasser, sie wußte es, aber sie wollte es nicht sehen. Kaum vermochte sie seinen eiligen Schritten zu folgen. Nun stand er da, das Wasser leckte an seinen Füßen hinauf, er achtete es nicht. Nur die Richtpfähle des Staues suchte er auf der Wasserblänke. Jetzt meinte er sie gefunden zu haben, es war ihm, als bewege sich zwischen denselben eine dunkle Masse hin und her, und ein Arm reckte sich gen Himmel. „Hilfe!" Das war kein menschlicher Schrei mehr, es war wie das letzte Aufächzen eines zu Tode ge hetzten Tieres. „Hilfe!" „Vater!" kam es zurück. Fritz Haller wollte sich ins Boot werfen, aber das Wasser war über Nacht in Spritzwelleu hineingeschlageu, nun drohte er zu sinken. Das Mädchen hielt ihn. „Fritz, um Gottes Willen, das hieße unseren Herrgott versuchen. Wenn er ihm helfen will: sein ist die Macht und Kraft, unsere Hilfe braucht er nicht!" Sie hatte das Wort noch nicht heraus, da wars wie eine Antwort, eine Sprache, welche die Menschen verstummen macht, die Sprache Gottes. Wie ein Donnerschlag dröhnte es an ihr Ohr. Noch einmal hatte der Nordwest eingesetzt und seine ganze Riesen kraft hob das Bretterwerk der Wassermühle gegen den Strom auf. Sie hatte dem Sturm der Nacht Wider stand geboten, diesem Stoß mußte sie weichen! Ein Schlag: es war, als ob ein Schiff zu Grunde ging, — in die Tiefe fuhr das Holzwerk und nun hob es sich gurgelnd in die Höhe, die Steine suchten den Grund, die Bohlen stossen stromab und hinter ihnen stürzte das Wasser nach in einer Riesenwelle, die hoch über's Stau hinwegschlug, den Mann, der dort seine letzte Zuflucht gesucht, und auf den Morgen gewartet hatte, erbarmungslos in die Tiefe reißend, — er sah ihn nicht mehr! So nahe der Hilfe und doch verloren! Menschliche Ohnmacht und Gottes Kraft, das sind ungleiche Mächte. Die beiden jungen Menschenkinder, die dort fest aneinander lehnten, sie lernten es verstehen in dieser Stunde, sie hatten die Welle kommen sehen, sie wüMn es wohl, daß sie dem dort den Tod brachte, und mußten es willenlos geschehen lassen. Die dunklen Wasser glätteten sich wieder und der fahle Schein im Osten, welcher durch die Dämmerung brach, warf seine Streiflichter drüber, — das war alles. Nun schüttelte ein hartes, tränenloses Schluchzen die mächtige Gestalt des Burschen. „Anna", sagte er leise, „er hat seine Schuld mit sich genommen!" Da nahm sie seine Hand und ihre darüber faltend, sprach sie ein Vater-Unser. Wie ein Strahl brach es durch die Wetterwolken der Nacht, — das war der neue Tag. Wie Frieden kam es über die Beiden. Sie sahen wohl das Bild der Zerstörung vor sich, aber in sich fühlten sie die Kraft zu neuem Leben. „Anna", sagte der junge Beekenmüller, „die Mühle die unser Herrgott uns weggerissen hat, ich baue sie nicht wieder auf. Mit all' dem Geld ist kein Segen in's Haus gekommen! Und nun laß uns gehen, wir müssen doch sehen, daß der Tote wenigstens ein ehr liches Grab findet." Sie sah noch einmal zurück. Da wo der Ellern- hof gestanden hatte, ragten nur noch die Mauern über dem Wasser und die Weiden und Erlenkronen bewegten sich leise über dem dunklen Spiegel des Wassers, — es hielt sie nichts mehr, es zog sie nicht zurück. Als der Bursche nach ihrer Hand faßte und seinen ArM nm sie legte, ließ sie es geschehen. „Anna", sagte er, „wir beide haben viel verloren, aber wir haben uns im Unglück doch gefunden!" Sie antwortete nicht, aber sie legte den dunklen Kopf an seine breite Brust, so schritten sie der Beeken- mühle zu. — Der von den Leuten des Dorfes gerettete und verpflegte alte Ellernbauer erholte sich bald wieder, Der alte Beekenmüller hatte seine Schuld mit dem Leben gebüßt, der Ortspfarrer hielt bei dem Begräbnis eine ergreifende Grabrede. H Der junge Beekenmüller hat das Wort gehalten, welches er sich gegeben und die Mühle nie wieder aufgebaut, trotzdem ist er nicht arm geworden; denn die Mühle am Berge bringt allein das Brot in's Haus, und die kornschweren Felder tun das ihre. Seit der alte Ellernbauer und seine Anna mit auf die frühere Beekenmühle gezogen sind, geht auch über den Hof, wo das Haus gestanden hat, der Pflug. Der Ellernbauer sehnt sich nicht mehr hinab, obgleich das Wasser nie wieder an den Garten des Ellernhofs, welchen noch die Erlen und Weiden abzeichnen, ge- der Beekenmühle zusammen!" Sie hatte den Kopf an seine Brust gelegt, sein Herz konnte sie hören und wie es unruhig schlug. Das Mühlrad da draußen ging doch ruhig weiter, trotz Sturm und Wetter, wie die Uhr, als sie eben die Stube verlassen, sich gleichmäßig weiter bewegte. Was mocht er haben ? Sie hob den Kopf auf und horchte. „Wo sind wir, Fritz? Was ist das?" sie richtete sich plötzlich in die Höhe. „Auf der Beekenmühle sind wir, Anna! Da innen ist das Wasserwerk." „Und dein Vater, Fritz", frug sie erschreckt, „weiß er, daß wir hier sind?" Er schüttelte den blonden Kopf. Nun sah sie in sein Gesicht, wie ernst das war. Ueber Nacht hatte das Leben die Sorglosigkeit der Jugend dort sort- gewischt und mit einem harten Griffel die Linien um den festen, jungen Mund gezogen. Was war das? Eine namenlose Angst packte sie, sie sprang auf die Füße. Sie war nicht mehr elend, sie war stark, sie wollte alles tragen „Fritz, wo ist mein alter Vater?" schrie sie, „er ist doch nicht mehr dort, — drunten auf dem Ellern- hof werden sie ihn doch nicht gelassen haben? Wo ist er? In ihrer Erregung faßte sie ihn am Arm und schüttelte ihn. „Nein, Anna, aber hier ist er nicht. Dich haben sie hier gelassen, das Dorf war zu weit; er wollte aber um keinen Preis hier bleiben, um meinem Vater nicht im Wege zu sein, Anna", — Fritz Haller's Stimme bebte leise, „Anna, ich glaub' er ist ihm nicht mehr im Wege!" „Wie meinst Du das, Fritz!" die großen, grauen Augen öffneten sich entsetzt, „wie meinst Du das?" „Ich meine", — der Bursche würgte die Worte nur so heraus, „mein Vater könnte in dieser Nacht im Wasser umgekommen sein, sie haben ihn dort drunten nicht finden können. Das ist eine böse Nacht, Anna; nicht die Hände vor den Augen kann man sehen, überall habe ich gerufen, überall bin ich gewesen und nirgends konnte ich ihn finden!" Der Bursche schüttelte sich frostig den Regen von den Kleidern. „Nun wird es Tag, ich will noch einmal suchen, Anna, er kann doch nicht umgekommen sein? Er ries mir noch zu, ich soll Euch holen, der Ellernhof ginge unter Wasser, er müßte nach dem Stau sehen. Ich wollte ihm noch sagen, daß ich ihm das nicht vergessen, daß ich ihm das danken würde, aber die Angst um Dich, Anna, die trieb mich fort, und so habe ich ihm kein gutes Wort mehr gegeben." Er deckte das zuckende Gesicht mit beiden Händen. Um ihretwillen hatten sich Vater und Sohn verloren, das traf sie wie ein Vorwurf. Sie nahm ihm die Hände vom Gesicht und wies hinaus. Am dunklen Nachthimmel zeigte sich im Osten ein Heller Schein, das war der kommende Tag. „Komm, Fritz, nun wird es Morgen, wir beide zusammen, wir wollen noch einmal suchen, wir müssen ihn finden!" VII. Da riß er die Tür auf und ließ das Mädchen hinaustreten. Ein Windstoß schlug ihm die schwere Eichentür aus der Hand und krachend, zersplitternd fiel sie ins Schloß. Fritz Haller achtete es nicht, mochte das Haus hinter ihm in Trümmer fallen, er hastete vorwärts, nur vorwärts, noch einmal der Stelle zu, wo er den Vater zum letzten Mal beim Notstau ge sehen hatte. Es war ihm, als höre er einen Schrei um Hilfe. „Hörst Du nichts, Anna?" frug er atemlos. Sie horchte. „Nein, Fritz, die Weiden biegen sich wohl bloß Uber dem Wasser und knarren." Und ihre Augen sahen über die riesige, dunkle Fläche, die sich vor ihnen wie eine trostlose Wasserwüste aus dehnte. Da mußte der Ellernhof liegen, ein unbestimmtes Bekanntmachung. Nach § 12 der Verordnung der Königlichen Ministerien des Innern und der Finanzen vom 2. April 1901, den Verkehr mit Fahrrädern auf den öffent lichen Wegen betr., hat jeder' Radfahrer, der in Sachsen seinen Wohnsitz hat, eine auf seinen Namen lautende und auf die Dauer des Kalenderjahres gültige Radfahrkarte bei sich zu führen und den Aufsichtsbeamten auf Verlangen vorzuzeigen. G ertliches. Ueichenörand. Beim hiesigen Staudesamte sind im verflossenen Jahre 286 Geburten zur Anmeldung gelangt, wovon auf die Gemeinde Reichenbrand 181 (82 männliche und 99 weibliche) und auf die Ge meinde Siegmar 105 (48 männliche und 57 weibliche) entfallen. Eheschließungen wurden 48 vollzogen. Ge storben sind 121 Personen und zwar 69 in Reichen brand und 52 in Siegmar. Aeustadt. Als Gemeindewaisenrat ist Herr Privat mann Karl Backhaus und als dessen Stellvertreter Herr Fleisch- und Trichinenbeschauer Robert Geithner vom Gemeinderat wiedergewählt und vom Kgl- Amts gericht Chemnitz für hiesigen Ort bestellt. — Am 3. d. Mts. wurde dem Signalist Herrn Hermann Albin Seerig durch Herrn Amtshauptmann Or. Morgen stern das Allgemeine Feuerwehr-Ehrenzeichen für 25jährige ununterbrochene Tätigkeit bei Feuerwehren in Gegenwart des Gemeinderates und der versammelten Mannschaft der hiesigen Freiw. Feuerwehr im hiesigen Gasthofe überreicht. — In diesem Jahre hat sich der Prozentsatz des Zuschlags für Gemeindeanlagen wieder um um 10 Prozent vermindert. Wabensteiu. Aus dem Kirchspiel Rabenstein mit Rottluff ist folgendes aus dem Jahre 1905 zu be richten: Geburten haben 218 stattgefunden (26 weniger als 1904), 111 Knaben und 107 Mädchen. Dar unter waren leider 13 totgeborene und 24 uneheliche (5 weniger). Auf Rabenstein kamen 163 Kinder, also weniger 29, auf Rottluff 55 Kinder (4- 3). Getauft wurden 196 Kinder. Zum Palmsonntage sammelten sich 98 Kinder zur Konfirmation am Altäre des Herrn (— 26), 50 Knaben und 48 Mädchen, davon 74 aus Rabenstein, 24 aus Rottluff. Das heilige Abend mahl haben leider nur 1392 Gemeindeglieder gefeiert, 509 männliche und 883 weibliche, darunter waren 33 Hauskommunikanten, es sind das trotz der gewachsenen Seelenzahl 189 weniger als 1904. Bei der seit 1900 sestgestellten Seelenzahl von 4636 Seelen fast 30 v. H., bei der Seelenzahl aber, die 1905 festge stellt worden ist, nämlich 4892, sind es nur 28^/^ vom Hundert. Die Gemeinde steht also auf dem geringsten Maße des Abendmahlsbesuches in unserer Landes kirche, die allerdings bis etwa 23 v. H. in einigen Ephorien heruntergesunken ist. Gott helfe da auf wärts! Aufgeboten wurden 69 Paare, getraut 48 Paare (4-1), 42 aus Rabenstein und 6 aus Rott luff. Ein Ehepaar ist leider bis Ende des Jahres der Trauung ferngeblieben. Und verstorben sind 132 Personen (-st 19), 53 männliche und 69 weib liche ; in Rabenstein 94 Glieder der Gemeinde (-st 8), in Rottluff 38 (-st 11). Begraben worden aber sind mit den auswärts gestorbenen und hierher überführten Leuten 134 Personen. Wollte der treue Herr, es ginge in allen Stücken äußeren und inneren Christen tums aufwärts, himmelwärts auch mit der Kirch gemeinde Rabenstein mit Rottluff.